Artikel vom 24. Januar, 2002 Karl Kroeschell: Der Amtmann Zur Kulturgeschichte eines Juristenberufs Für Clausdieter Schott zum 1. November 2001 |
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I. Einleitung |
Im Jahre 1834 erschien in Kassel ein kleines Buch mit dem seltsamen Titel "Prinz Rosa-Stramin"1. Sein Verfasser, der sich Eduard Helmer nannte, war der junge kurhessische Jurist Ernst Koch, der kurz darauf aus persönlichen und politischen Gründen seine Heimat verlassen mußte und nach Jahren in der französischen Fremdenlegion endlich eine Anstellung als Professor der deutschen Sprache in Luxemburg fand2. Mit dem Titel seines Büchleins spielte er auf den morgenländischen Prinzen an, den ihm seine Braut Henriette von Bosse in rosafarbenen Stramin auf den Deckel des Notizbuchs gestickt hatte, das seine kleinen Texte zuerst aufnahm. In der äußeren Form eines Tagebuchs wechseln hier ("jeanpaulisierend", wie man gesagt hat) Erinnerungen und Gedichte, Schwänke, Satiren und ernste Betrachtungen. | 1 |
Hier interessieren Kochs Kindheitserinnerungen an "Lenzbach", hinter welchem Namen sich das hessische Witzenhausen an der Werra verbirgt - als Heimatstadt des Germanisten Edward Schröder den einen, des Rechtshistorikers Karl August Eckhardt den anderen bekannt. Der Erzähler erinnert sich des sonntäglichen Kirchgangs, da er läutend am Glockenseil hing oder auf der Orgelempore die Bälge trat, und sinniert darüber, wer zur Kirche kommt, und wer nicht3: | 2 |
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Auf die Frage, wer der hier geschilderte Amtmann war, wird noch zurückzukommen sein4. Jedenfalls wird er uns als ein Richter der unteren Instanz vorgestellt, der es mit Zivilsachen verschiedenster Art zu tun hat, bei denen gegen seine Entscheidung an eine höhere Instanz appelliert werden kann, aber auch mit der Voruntersuchung von Strafsachen sowie (vielleicht gar im Wege der Amtshilfe) mit der Vernehmung und Vereidigung von Zeugen und mit gerichtlichen Augenscheinseinnahmen. | 4 |
II. Ämter und Patrimonialgerichte |
Dieser Aufgabenkreis kennzeichnet den Amtmann als einen Richter des "Eingangsgerichts", das bei uns noch heute Amtsgericht heißt. Es liegt an dem späten Datum 1834, daß Ernst Koch seinem Amtmann nur noch richterliche und keine sonstigen Aufgaben zuschreibt. Ursprünglich war sein Pflichtenkreis viel weiter und umfaßte alle Angelegenheiten des Amtes, das wir als untersten Gerichts- und Verwaltungsbezirk seit dem späten Mittelalter in fast allen deutschen Territorien finden können5. Ein besonders frühes Beispiel bietet die Bestallungsurkunde für den mainzischen Amtmann auf der Burg Rusteberg im Eichsfeld von 1252, die noch gelegentlich zu nennen sein wird6. | 5 |
Den Mittelpunkt des Amtes bildete eine landesfürstliche Burg, auf der der Amtmann seinen Sitz hatte. Der zugehörige Amtsbezirk umfaßte bisweilen nur zwei oder drei Dörfer, oft aber auch ein Dutzend oder mehr - Marktflecken und kleine Städte mit eingeschlossen. Gegenüber benachbarten Ämtern, aber auch gegenüber den Gerichtsbezirken größerer Städte sowie der adligen und geistlichen Herrschaften im Lande, bedurfte er eindeutiger Grenzen. Wie unsere Geschichtsatlanten zeigen, war das fast lückenlose Netz aus Ämtern und anderen Gerichtsbezirken etwa im 16. Jh. weitgehend fertig7. | 6 |
Innerhalb des Amtsbezirks hatte der Amtmann sämtliche Herrschaftsrechte seines fürstlichen Herrn wahrzunehmen8. Er erhob die Nutzungsabgaben der bäuerlichen Hintersassen und trieb auch die Steuern und Zehnten ein. Er bot alle wehrfähigen Männer zur Landfolge auf, wenn ein bewaffneter Einfall drohte oder eine räuberische Burg zu brechen war. Da er den Fürsten auch als Gerichtsherrn vertrat, war er auch bei den Gerichtssitzungen in seinem Amtsbezirk anwesend oder übernahm sogar selbst den Vorsitz. Modern gesprochen, waren also Gerichtsbarkeit und Verwaltung in der Hand des Amtmanns vereinigt, und dies blieb so bis ins 19. Jh. | 7 |
Die Amtmänner konnten unterschiedliche Titel führen. Der mainzische Amtmann auf dem Rusteberg, dem das ganze Eichsfeld anvertraut war, hieß als Vertreter seines fernen Herrn geradezu vicedominus9. Als dieser Titel zum Familiennamen "Vitzthum" geworden war, hießen spätere Inhaber des Amtes "Oberamtmann", denn inzwischen waren auf unterer Ebene kleinere Ämter gebildet worden10. Lag der Burgsitz des Amtmanns, was häufig der Fall war, in oder bei einer Stadt, so konnten Amtmann und Stadtrichter gleichsam eine Doppelspitze bilden. So zeigen uns die Amtsrechnungen des niederhessischen Homberg von 1376 den adligen Vogt, der nach seiner Ernennung mit 41 Pferden einreitet, um sein Amt in Besitz zu nehmen und einen unruhigen Adligen der Nachbarschaft in Schach zu halten, dessen beschworener Friede demnächst ablief11. Neben ihm steht der bürgerliche Schultheiß, der das ungebotene Ding abhält und über Einnahmen und Ausgaben des Amtes sorgfältig Buch führt. Vogt und Schultheiß - beides sind traditionelle Richtertitel, die sowohl auf dem Lande als auch in den Städten noch lange üblich blieben. Doch kommt auch der Titel "Landvogt" vor; man denke an Gottfried Kellers "Landvogt von Greifensee", den Patrizier und Offizier Salomon Landolt, der sein Amt im Landgebiet von Zürich recht autokratisch verwaltete12. Landvogt war aber auch der einstige Göttinger Hainbündler Heinrich Christian Boie, und zwar zu Meldorf in Süderdithmarschen, der durch diese Ernennung im Jahre 1781 seinen Freunden Johann Heinrich Voß, Matthias Claudius und den Grafen Friedrich und Christian Stolberg, auch räumlich näher kam13. | 8 |
Der häufigste und zugleich bezeichnendste Titel war jedoch der des Amtmanns14 (mit Varianten wie dem erwähnten Oberamtmann, dem Bezirksamtmann, dem Amtshauptmann und anderen mehr). Nicht als Lehen hatte nämlich der Amtmann Burg und Gerichte, Zwangsgewalt und Abgabenhoheit inne, sondern eben als Amt15. Er war nur widerruflich damit betraut, das Amt und seine Dörfer "zu handhaben, zu schützen und zu schirmen"16. Das bedeutete vor allem, daß er abgesetzt werden konnte und daß seine Stellung nicht vererblich war. Wenn er seine Funktionen ausübte, nahm er nicht wie ein Lehnsmann eigene Rechte wahr, sondern die seines fürstlichen Herrn. Selbst wenn ihm das Amt, was nicht selten geschah, pfandweise übertragen wurde, blieb es doch ein Amt. So wurde der Amtmann, der in höherem Auftrag tätig wurde und über sein Wirken Rechenschaft schuldete, zum maßgeblichen Vorbild modernen Beamtentums. Mehr noch: vor allem in der protestantischen Fürstenethik wurde der getreue Amtmann zum Vorbild des Regenten selbst! "Euch ist die Obrigkeit gegeben vom Herrn und die Gewalt vom Höchsten, welcher wird fragen, wie ihr handelt, und forschen, was ihr ordnet. Denn ihr seid seines Reichs Amtleute" - so redet die Heilige Schrift (Weisheit Salomos 6,5) in den Worten der Lutherschen Übersetzung die Fürsten an, und es gab manchen Landesherrn, der seine fürstliche Würde im Sinne dieser Schriftstelle als ein Amt verstand, das ihm von Gott verliehen war17. | 9 |
Soviel zunächst zu den Ämtern und Amtmännern. Nun war schon davon die Rede, daß die landesherrlichen Ämter im Gemenge lagen mit den adligen oder geistlichen Herrschaften im Lande. Auch diese bedürfen daher einer kurzen Betrachtung, weil sie die Verhältnisse in den Ämtern des Landesherrn gewissermaßen widerspiegeln. Die adligen Patrimonialgerichte18 - so genannt, weil die Gerichtsbarkeit gleichsam zum Vermögen des adligen Gutsbesitzers gehörte - verfügten zwar oftmals nicht über sämtliche gerichtlichen und hoheitlichen Kompetenzen und waren dann partiell dem benachbarten Amt untergeordnet. Dennoch hatten sie oft einen stattlichen Umfang, wie das Beispiel des adligen Gerichts Hardenberg bei Göttingen zeigen mag. Es stammt aus der spitzen Feder des Ritters Karl Heinrich von Lang, der nach der preußischen Besitzergreifung der fränkischen Markgraftümer Ansbach und Bayreuth dort Mitarbeiter des Ministers und späteren preußischen Staatskanzlers Hardenberg gewesen war, der ihn 1793/94 vorübergehend als Archivar seines Familienbesitzes beschäftigt hatte19. | 10 |
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Dieser Text wurde so ausführlich zitiert, weil er die ganze Lebenswelt einer solchen adligen Herrschaft und damit auch ihrer Amtleute vor uns erstehen läßt. Aus ihm ergibt sich zugleich, daß auch hier die Unterrichter den Titel Amtmann führten, obwohl der amtliche Sprachgebrauch sonst zwischen den Amtmännern des Fürsten und den adligen Gerichtsverwaltern, Gerichtshaltern oder Justitiaren unterschied20. | 13 |
Was endlich die Amtmänner der im Lande belegenen Stifte und Klöster angeht, so sind keine Besonderheiten zu berichten. Es sei nur angemerkt, daß in protestantischen Territorien wie Württemberg, Hessen oder Braunschweig-Lüneburg die Klosterherrschaften säkularisiert worden waren, so daß der Klosteramtmann nunmehr vom Landesfürsten ernannt wurde. In den welfischen Landen hatte sich oftmals noch ein Konvent evangelischer Stiftsdamen erhalten, den es zu versorgen galt21. Sonst aber bildeten die allmählich verfallenden Kirchen- und Klosterbauten nur noch den romantischen Hintergrund für einen Amtshof, der sich von anderen seinesgleichen nicht unterschied22. | 14 |
III. Die Aufgaben des Amtmanns |
Die Frage nach den Aufgaben des Amtmanns und ihren Wandlungen im Laufe der Zeit ist für den Rechtshistoriker von besonderem Interesse. Sie kann hier freilich nicht umfassend dargestellt, sondern nur in ihren wichtigsten Aspekten angedeutet werden. Als Grundlage kann dabei die sog. Amtmannsliteratur dienen - eine lange unterschätzte Literaturgattung des 18. und frühen 19. Jh.23. | 15 |
Es handelt sich dabei einerseits um Schriften von Amtmännern selbst, etwa die "Briefe eines Beamten über das Justizwesen auf dem Lande", die der kurhannoversche Amtmann zu Oldershausen Johann August Weppen im Jahre 1800 veröffentlichte24. Das beste Werk dieser Gattung ist die dreibändige "Anweisung für angehende Justizbeamte und Unterrichter" (1772) des braunschweigischen Klosteramtmanns Johann Christian Fredersdorff zu Walkenried, die zugleich eine Fülle von authentischen Aktenbeispielen bietet. Andererseits gibt es aber auch Bücher von Professoren, die damit den künftigen beruflichen Bedürfnissen ihrer Studenten zu entsprechen suchten. Ein eher abschreckendes Exempel ist das Buch des Marburger Professors Johann Georg Estor, "Anweisung für die Beambten und adelichen Gerichts-Verwalter in den gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshändeln, auch zu den summarischen Processen" (Marburg 1762)25. Auch der Göttinger Prozessualist Justus Claproth lehrte und schrieb aber nicht zuletzt für die künftigen Amtmänner und Gerichtsverwalter. Seinen Schriften verdanken wir deshalb gleichfalls viele anschauliche Beispiele aus der Praxis der Zeit26. | 16 |
Betrachten wir nun kurz die wichtigsten Aufgabenfelder des Amtmanns, so ist zunächst festzuhalten, daß seine "militärische" Funktion immer stärker zurücktrat27. Für den Amtmann auf dem Rusteberg war es 1252 ebenso selbstverständlich wie noch 1346 für den hessischen Vogt zu Homberg, daß er nicht nur seine Burg instandhielt und verteidigte, sondern auch über die bewaffnete Macht verfügte, die den Landfrieden garantierte28. Im Zeitalter gemieteter Landsknechtsscharen oder gar moderner stehender Heere war hierfür kein Raum mehr. Für den Adel waren die Ämter seither eher unattraktiv. Wer sich standesgemäß kriegerisch bewähren wollte, wurde nicht mehr Amtmann auf dem Rusteberg, sondern bewarb sich (notfalls gar bei einem fremden Fürsten) um eine Offiziersstelle. | 17 |
Einschneidende Veränderungen gab es aber auch bei den gerichtlichen Aufgaben des Amtmanns29. Früh hatte er die Aufsicht über die Gerichte in seinem Bezirk übernommen - nicht nur über die Blutgerichte, deren Besitz vielfach als untrügliches Zeichen der Landeshoheit galt, sondern auch über die mannigfaltigen Bauerschafts-, Dorf-, Fronhofs-, Mark- oder Holzgerichte, in denen die verschiedenen bäuerlichen Rechtsangelegenheiten verhandelt wurden. Hier nahm der Amtmann neben dem bäuerlichen Richter Platz oder verdrängte ihn gar aus dem Gerichtsvorsitz30. Mit seinem Amtsschreiber sorgte er bisweilen dafür, daß Rechtssprüche von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeichnet wurden. Sonst aber boten diese Gerichte auf lindenbestandener Dingstätte mit der umständlichen Wechselrede von Frage und Antwort und mit der Rollenverteilung zwischen Richter, Dingleuten und Fürsprechern noch lange Zeit das gewohnte Bild31. | 18 |
Dies änderte sich mit dem Vordringen des gelehrten Rechts, insbesondere des schriftlichen, sog. römisch-kanonischen Prozesses. Seit 1495 gab es das Reichskammergericht, das nach diesem Prozeßrecht verfuhr und dessen Entscheidung man mit dem Rechtsmittel der Appellation auch aus den Territorien und Reichsstädten anrufen konnte. Damit sich das Kammergericht jedoch mit einer Appellation befassen konnte, bedurfte es, was jedem Juristen einsichtig ist, einer Appellationsschrift, welche die Rüge des angegriffenen Instanzurteils in juristisch nachprüfbarer Weise begründete. Das heißt: auch die Obergerichte der Territorien mußten mit studierten Juristen besetzt sein, die nach den Regeln des gelehrten Prozesses verfuhren und das gemeine römische Recht anwenden konnten. Ein gleiches galt allerdings auch für das Verhältnis zwischen Ober- und Untergerichten. Sollte der Landbevölkerung die Möglichkeit der Appellation nicht abgeschnitten sein, so mußte auch der Amtmann nach dem gelehrten Prozeßrecht verfahren; auch er mußte also studierter Jurist sein32. | 19 |
Für sein fiktives Amtsstädtchen Heustedt an der Weser (gemeint ist Hoya) hat der hannoversche Jurist Heinrich Albert Oppermann in seinem großen Historienroman "Hundert Jahre" den Zustand am Ende des 18. Jh. folgendermaßen skizziert: | 20 |
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Für das Hochstift Paderborn ist in einer Reichskammergerichtsakte eine Bilddarstellung dieser Gerichtsverfassung überliefert34. Oben sieht man die konkurrierenden höchsten Reichsgerichte, das Reichskammergericht (links) und den Reichshofrat (rechts); darunter in der Mitte das weltliche Hofgericht als höchstes Gericht des Hochstifts und unten drei Untergerichte, welche die landesfürstlichen Ämter, die adligen und geistlichen Herrschaften sowie die Städte darstellen. Diese Gerichte sind jeweils mit drei Personen besetzt (dem Richter, einem Beisitzer und dem Schreiber), die durch ihre Amtstracht samt Allongeperücken gleichermaßen als studierte Juristen gekennzeichnet sind. | 23 |
Es kann hier nicht näher auf die einzelnen richterlichen Wirkungsfelder des Amtmanns eingegangen werden: die Ziviljustiz, bei der man sich meist des summarischen Verfahrens bediente35; die freiwillige Gerichtsbarkeit, wo es bei der Errichtung von Testamenten, Eheberedungen oder Auszugsverträgen in besonderem Maße auf den örtlichen Rechtsbrauch ankam36; schließlich die Strafgerichtsbarkeit, die der Amtmann hauptsächlich bei geringeren Delikten ausübte, während er bei schweren Freveln auf die Voruntersuchung beschränkt war, um dann die Akten an ein Obergericht weiterzugeben37. Für alles dies bietet die Amtmannsliteratur zahlreiche farbige Beispiele, von denen hier nur eines erwähnt sei, das in neuerer Zeit literarisch Karriere gemacht hat: Gottfried August Bürgers Verhör einer Kindsmörderin von 1781, das Peter Glotz und Wolfgang Langenbucher 1965 in ihr Lesebuch "Versäumte Lektionen" aufgenommen haben38 und das seitdem wieder und wieder abgedruckt wird. Bürger war seit 1772 Amtmann des adligen Gerichts Altengleichen bei Göttingen, mußte diese Stelle aber 1784 wegen seiner zerrütteten persönlichen Verhältnisse aufgeben. Sein Verhör zeigt das Bestreben, die Notlage der erst zwanzigjährigen Täterin aktenkundig zu machen; bekanntlich war die Kindestötung eines der rechtspolitischen Hauptthemen der Aufklärungszeit39. | 24 |
Wenigstens kurz muß das vielseitigste Tätigkeitsfeld des Amtmanns erwähnt werden: seine Verwaltungstätigkeit oder, um es mit den Worten der Zeit zu sagen, seine Sorge für die "gute Policey"40. Dieses Thema würde eine eigene Abhandlung verdienen, so mannigfaltig sind die hier zu nennenden Aktivitäten. Der Amtmann hatte für den Wegebau ebenso zu sorgen wie für die Reinhaltung der Brunnen. Er hatte eine tüchtige Hebamme anzustellen, aber auch einen Tierarzt, der ihm bei der Bekämpfung von Viehseuchen half41. Das Duzen der Eltern durch ihre Kinder42 mußte er ebenso mit Buße belegen wie das allzu wüste Tanzen bei der Dorfkirmes43. Auch polizeiliche Aktivitäten im modernen Sinne fehlten freilich nicht. Der württembergische Amtmann Schäffer in Sulz am Neckar wie der badische Amtmann Roth in Emmendingen machten sich durch die Aufstellung von Gaunerlisten um die Bekämpfung der Bandenkriminalität verdient. Hunderte von Bandenmitgliedern waren hier mit ihren Decknamen und ihren Personenbeschreibungen verzeichnet44. | 25 |
Endlich darf aber auch eine geradezu typische Aufgabe des Amtmanns nicht vergessen werden: die Bewirtschaftung seines Amtshofes mit Ackerbau und Viehhaltung, natürlich mit Hilfe eines zahlreichen Gesindes. Das Hardenberger Beispiel hat gezeigt, daß die Ökonomie von der Verwaltung des Amtes getrennt sein konnte, doch war dies im 18. Jh. wohl noch die Ausnahme45. Gerade seine Landwirtschaft konnte für den Amtmann recht einträglich sein. Für das kurhannoversche Amt Lauenstein-Eggersen hat man errechnet, daß die bei Amtsantritt vorzuschießende erste Jahrespachtsumme mehr als 2400 Reichstaler betrug. Die Einnahmen aber beliefen sich auf das Doppelte und konnten gar bis zu 8000 Reichstaler ausmachen46. Gerade seine landwirtschaftliche Tätigkeit hat das Bild des Amtmanns so sehr geprägt, daß nach all den Gerichts- und Verwaltungsreformen des 19. Jh. der Titel Amtmann für die Domänenpächter noch bis ins 20. Jh. gebräuchlich blieb. | 26 |
IV. Studium und Laufbahn |
Die Frage liegt nahe, wie man denn alle die Kenntnisse erwerben konnte, die man auf einem so vielseitigen Tätigkeitsfeld benötigte. Manches mag durch praktische Anschauung oder durch eine "Lehrzeit" als Amtsschreiber oder Volontär gewonnen worden sein. Auch das akademische Studium bot aber eine breitere Unterweisung als wir heute erwarten würden. | 27 |
Da der Amtmann in erster Linie Richter war, mußte er ein juristisches Studium absolviert haben. Dabei ist aber festzuhalten, daß noch im 18. Jh. die Disziplinen der "praktischen Jurisprudenz" in den Studienplänen breiten Raum einnahmen: die Kautelarjurisprudenz, die Referier- und Dekretierkunst, die Staats- und Kanzleipraxis samt Archiv- und Registraturwissenschaft sowie endlich die Verteidigungskunst. Jan Schröder hat schon vor mehr als zwanzig Jahren in einer großen Monographie gezeigt, wie diese Gegenstände erst um 1800 durch eine neues Verständnis von Rechtswissenschaft aus dem akademischen Unterricht verdrängt worden sind47. | 28 |
Jedenfalls die modernste der juristischen Ausbildungsstätten des 18. Jh., die Göttinger Juristenfakultät, bot aber noch mehr. Es gibt dafür ein farbiges Zeugnis in Gestalt des "Sendschreibens über die Anfrage, in was für einem Zustand sich die Rechtsgelehrsamkeit auf der blühenden Georg-Augusta befinde. Nebst einer Belehrung über die Wahl der Collegien und der dahingehörenden Schriften"48. Verfasser des 1775 erschienenen Büchleins war Friedrich Philipp Carl Boell, Professor der Geschichte, Statistik und Wappenkunst an der protestantischen Kriegsschule in Colmar, selbst ein früherer Göttinger Student. In Gestalt zweier Briefe an den Vater eines angehenden Studenten und an diesen selbst werden die Göttinger Universitätslehrer jener Zeit ausführlich vorgestellt49; dazu wird ein Studienplan entworfen und eine Bücherliste hinzugefügt. Natürlich stehen die juristischen Disziplinen im Vordergrund, aber auch Gatterers Diplomatik (also Urkundenlehre) und Schlözers Staatenhistorie werden dem Studenten empfohlen. Dann aber geht es weiter: | 29 |
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Mit dem Hausvater ist das Werk eines Freiherrn von Münchhausen gemeint; zusätzlich werden dem Studenten Erxlebens Naturlehre und Naturgeschichte, Linnés System der Natur sowie Beckmanns Landwirtschaft und Technologie zur Anschaffung empfohlen. Man sieht: die praktischen Aufgaben des künftigen Amtmanns sind durch dieses Studienprogramm weitgehend abgedeckt. | 32 |
Da es eine allgemeine Abschlußprüfung nicht gab und längst nicht jeder junge Jurist den akademischen Grad eines Lizentiaten oder Doktors erwarb, mußte man sich im 18. Jh. durch eine der neu eingeführten Zulassungsprüfungen für sein künftiges Amt qualifizieren. Für die Gerichtsverwalter in den adligen Patrimonialgerichten genügte die Advokatenprüfung; nicht wenige von ihnen haben tatsächlich zugleich auch als Advokaten praktiziert51. Die landesherrlichen Amtmänner dagegen mußten die untere der beiden staatlichen Richterprüfungen, das Auditorexamen, ablegen. Doch war dies von Territorium zu Territorium, von Herrschaft zu Herrschaft verschieden; oft verließ sich der Dienstherr auf Empfehlungen, Studienzeugnisse oder auf den persönlichen Eindruck52. | 33 |
So verwundert es nicht, daß Amtmannskarrieren oft ganz anders verliefen als eine moderne Juristenlaufbahn. Nicht selten trat der junge Jurist zunächst als Hauslehrer in den Dienst eines adligen Herrn, dessen Sohn er dann als Hofmeister an die Universität begleitete, um seine Studien zu beaufsichtigen und die Kasse zu verwalten. Die Anstellung als Amtmann war dann vielleicht der nächste Schritt. Mancher Amtmann strebte danach ein höheres Richteramt an, vielleicht gar eine Präsentation zum Reichskammergericht53. Es fehlte aber auch nicht an Beispielen dafür, daß sich Männer aus hohen Regierungs- oder Gerichtskollegien auf die unabhängigere Stellung als Amtmann zurückzogen54. | 34 |
V. Herkunft und soziale Stellung |
Es war schon davon die Rede, daß der Adel im 17. und 18. Jh. die Amtsstellen zunehmend mied. Zwar gab es noch immer auch adlige Amtmänner; im Hannoverschen führten sie zur Unterscheidung von ihren bürgerlichen Kollegen den auszeichnenden Titel "Drost"55. Da sie aber das gleiche Studium absolvieren und die gleichen Prüfungen ablegen mußten wie die Nichtadligen, zog es sie begreiflicherweise zu den Stellen, wo ihnen ihr adliger Stand noch gewisse Vorrechte gewährte, also beim Militär oder bei Hofe. | 35 |
Die Amtleute dagegen rekrutierten sich vorwiegend aus den Familien, die man heute als bürgerlich bezeichnen würde, obwohl das eigentliche Stadtbürgertum der Handwerker und Kaufleute kaum daran Anteil hatte. Es handelte sich um die schmale Schicht der Gebildeten: der studierten Juristen, Theologen oder Mediziner, Gymnasial- oder Universitätsprofessoren, höheren Beamten und städtischen Ratsfamilien. Sie waren zugleich die Leser der jetzt aufkommenden Zeitschriften, die Subskribenten der literarischen Neuerscheinungen, die Korrespondenten der gelehrten Gesellschaften, die mit ihren Preisaufgaben die Fragen der Zeit zur Erörterung stellten - von der Reform des Strafrechts bis zur Aufhebung von Flurzwang und Koppelweide, kurz: die Träger der aufklärerischen Geistesbewegung. | 36 |
Im einzelnen gab es allerdings erhebliche Unterschiede. Der Zürcher Patrizier Salomon Landolt hatte gewiß eine andere Position als die württembergischen Amtmänner, die der kleinstädtischen "Ehrbarkeit" entstammten56. Dieser Schicht ähnelte dagegen die Gruppe von miteinander verschwägerten Beamten- und Pastorenfamilien, die in der Landgrafschaft Hessen im Jahrhundert nach der Reformation alle wichtigen Stellungen einnahmen57. | 37 |
Ein besonders gut untersuchtes und dokumentiertes Beispiel bieten im Kurfürstentum Hannover jene etwa zwanzig "hübschen Familien", die man geradezu als ein "Staatspatriziat" bezeichnet hat58. In Abwesenheit des Kurfürsten, der als britischer König in England residierte, wurde das Land von einem Kollegium adliger Minister regiert. Die eigentliche Funktionselite bildeten jedoch die bürgerlichen Kabinettssekretäre, und sie entstammten den gleichen Familien, die auch die Amtmänner auf dem Lande stellten: den Bacmeisters, Hoppenstedts und Kestners, den Hinübers, Ramdohrs und Hüpedens, und anderen mehr. Einige Angehörige dieser Familien fanden sogar den Weg auf die nichtadlige Bank des Oberappellationsgerichts in Celle. Der Zutritt zur adligen Bank blieb ihnen allerdings selbst dann verschlossen, wenn ihre Familien dank einem kaiserlichen Adelsprivileg von Hinüber oder von Ramdohr hießen. | 38 |
Wie sehr sich diese Familien ihrer Stellung und ihres Zusammenhalts bewußt waren, zeigt ein Hochzeitsgedicht aus dem Jahre 1736, "als Louise Kotzebue das einsame Leben in dem hochadligen Kloster Marienwerder mit der ehelichen Gesellschaft des hochwohlgeborenen Rechtsgelehrten Herrn Albrecht Andreas von Ramdohr hochvergnügt verwechselte"59: | 39 |
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Diese Verse geben ein genaues Bild der Abstammung beider Brautleute; lediglich zwei Namen von Voreltern geringeren Ansehens sind übergangen worden. | 41 |
Es wäre nun sehr reizvoll, der Lebensweise und dem Kulturmilieu dieser Familien im einzelnen nachzugehen. So war etwa der Klosteramtmann Jobst Anton von Hinüber (1718-1784) der erste, der im Hannoverlande englische Gärten anlegte, und zwar sowohl auf seinem Klosteramt Marienwerder bei Hannover wie bei seinem Stadthause vor dem hannoverschen Steintor60. Von den Amtshäusern wie den Privathäusern in Hannover, Celle und anderswo gibt es übrigens eindrucksvolle Beschreibungen, welche die zweckmäßige Anordnung und Einrichtung der Dienst- und Amtsräume schildern - einschließlich der Treppe zum Obergeschoß, die mit niedrigen Stufen so breit sein muß, daß man zu zweit bequem nebeneinander gehen kann61. Doch kann dies hier nicht vertieft werden. Stattdessen soll uns eine besonders reizvolle Quelle das Bild des Amtmanns noch einmal anschaulich vor Augen rücken. | 42 |
Es handelt sich um den Briefwechsel von Luise Mejer, der früh verwaisten Tochter einer der "hübschen Familien", mit ihrem späteren Ehemann Heinrich Christian Boie, dem schon erwähnten Landvogt zu Meldorf in Süderdithmarschen62. In Hannover hatten sich beide kennengelernt, und als Boie 1781 sein Amt in Meldorf antrat, blieb Luise zunächst in Hannover und Celle zurück. 1783 versuchte die Gattin des Grafen Christian von Stolberg in Tremsbüttel, sie als Gesellschafterin für sich zu gewinnen; Luise fühlte sich hier wie in einem goldenen Käfig. Dies beschleunigte den Entschluß zur Eheschließung mit Boie, die 1785 erfolgte. Ein Jahr später starb Luise (wie einst Lessings Frau und so viele andere) im Kindbett und nahm ihr Kind mit sich ins Grab. | 43 |
Nach seiner Ankunft in Meldorf schrieb Boie am 3. April 1781: | 44 |
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Drei Wochen später, am 28. April 1781, heißt es: | 46 |
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Am 11. Mai 1781 schreibt Boie: | 48 |
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Am 24. Mai heißt es hierzu weiter: | 50 |
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Und schließlich am 31. Mai 1781: | 52 |
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Soweit dieses anschauliche Selbstporträt! Vielleicht darf man noch hinzufügen, daß die Heranbildung von "juristischen Geschäftsmännern" das erklärte Ziel des Göttinger Studienprogramms war63. | 54 |
VI. Schluß |
Im 19. Jh. ging diese Amtmannswelt allmählich zu Ende - zuerst in den napoleonisch geprägten süddeutschen Staaten, dann auch im übrigen Deutschland. Die Patrimonialgerichte wurden aufgehoben - hier früher, dort später, und auf der staatlichen Ebene wurden Justiz und Verwaltung voneinander getrennt, so daß nun neben den Bezirksamtmann, Amtshauptmann oder wie er sonst heißen mochte, der Amtsrichter trat. Weitere Veränderungen wie die Bildung großer Landkreise haben die Spuren der alten Amtsorganisation immer mehr verwischt, während sie sich in den Bezirken der Amtsgerichte vielleicht am längsten abzeichnete. In meiner Studentenzeit um 1950 gab es vor den Toren Göttingens immer noch das kleine Amtsgericht Reinhausen als letzten Überrest eines hannoverschen Klosteramtes. | 55 |
Im Königreich Hannover erfolgte die Trennung von Justiz und Verwaltung erst im Jahre 185264. Im Kurfürstentum Hessen war sie dagegen schon 1821 durchgeführt worden65, und dies führt noch einmal auf die Frage zurück, wer der im "Prinz Rosa-Stramin" geschilderte unsympathische Amtmann war. Das Büchlein erschien, wie berichtet, im Jahre 1834. Damals aber gab es einen Amtmann des dargestellten Typs schon seit dreizehn Jahren nicht mehr. Zudem hatte Ernst Koch selbst nur bis 1821 in Lenzbach (Witzenhausen) gelebt; damals war sein Vater in ein höheres Verwaltungsamt nach Kassel berufen worden. Wer aber war bis 1821 Amtmann in Witzenhausen? Niemand anders als der Vater von "Eduard Helmer" selbst! So muß man also befürchten, daß der Amtmann im "Prinz Rosa-Stramin" ein Porträt des, wie man weiß, ungeliebten Vaters ist66. | 56 |
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Fußnoten: 1 Zu den Ausgaben und zum Inhalt F. Neumann, Was erzählt der "Prinz Rosa Stramin"?, in: Festschrift K.A. Eckhardt (1961) 285-310. 2 K. Brethauer, Ernst Koch, der Dichter des "Prinz Rosa Stramin" (1960). 3 In der schönen Marburger Ausgabe des "Prinz Rosa Stramin" von 1922/1965 mit den Zeichnungen von Otto Ubbelohde wird dieser Witzenhäuser (und dann Göttinger und Kasseler) Hintergrund auch bildlich sichtbar. 4 Nach unserer Familienüberlieferung hat Ernst Koch hier ein Porträt meines Vorfahren Carl Friedrich Suntheim (1783-1850) gezeichnet, der in der Tat bis zu seinem Tode Amtmann in Witzenhausen war. Obwohl die Schilderung im "Prinz Rosa Stramin" alles andere als schmeichelhaft ist, war man auf diese fragwürdige literarische Prominenz einer sonst angesehenen Familie fast ein wenig stolz. Ich bin heute überzeugt, daß Ernst Koch bei seinem Bilde des Amtmanns nicht Carl Friedrich Suntheim vor Augen gehabt haben kann. Vgl. unten Anm. 66. 5 Vgl. D. Willoweit, Die Entwicklung und Verwaltung der spätmittelalterlichen Landesherrschaft, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte I (1983) 66-143, bes. 81 ff. (Das "Amt") und 93 ff. (Die Entstehung der Amtsverfassung). 6 UB des Eichsfelds I (1933), bearb. v. A. Schmidt (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaats Anhalt N.R. 13) Nr. 356. Mit deutscher Übersetzung bei K. Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte II (8. Aufl. 1992) S.198 Nr. 59. 7 Vgl. im Geschichtlichen Atlas von Hessen (1984) die Karten 18 (Hessen um 1550), 22 (Hessen im Jahre 1789) und 24 (Verwaltungseinteilung 1821). Im Historischen Atlas von Baden-Württemberg sind zu nennen die Karten VI 10 (Einteilung Württembergs in Ämter um 1525) und VI 13 (Herrschaftsgebiete und Ämtergliederung in Südwestdeutschland um 1790). Der Geschichtliche Handatlas von Niedersachsen (1989) stellt die Ämtereinteilung erst für das Ende des 18.Jh. dar; vgl. Karte 37 (Niedersachsen und Bremen. Territorien 1780). Ein Beispiel für die Amtsbildung bietet G. Wolters, Das Amt Friedland und das Gericht Leineberg (Studien und Vorarbeiten zum Histor. Atlas Niedersachsens H. 10, 1927). 8 Zu den Aufgaben des Amtmanns vgl. Willoweit (wie Anm.5) 118-130. 9 Wie Anm. 6. 10 Vgl. H. Falk, Die Mainzer Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfelde bis Ende des 14. Jh. (1930) passim. 11 Druck bei Kroeschell (wie Anm. 6) S. 177 ff. Nr.53. Zur Geschichte des Amts Homberg vgl. F. Schunder, Der Kreis Fritzlar-Homberg. Geschichte der Verwaltung vom 13. Jh. bis zur Gegenwart (1960) bes. 26-47. 12 Vgl. D. Hess, Salomon Landolt. Ein Charakterbild nach dem Leben ausgemalt (Zürich 1820). Die Novelle von Gottfried Keller ist am leichtesten zugänglich in der Reclam-Ausgabe von 1983 (RUB Nr.6182). 13 Zu den im Text genannten Personen vgl. Göttinger Vademecum, hrsg. v. A. Schöne (1985) S. 28 ff., 39 f. Weiter unten bei Anm. 62. 14 Vgl. K. Kroeschell, Art. Amt, in: HRG I (1971) 155 f. 15 Dazu Willoweit (wie Anm. 5) 86-90 über die rechtliche Struktur des Amtsverhältnisses. 16 So die Formulierung in der kurpfälzischen Bestallung eines Grafen von Zweibrücken zum Amtmann im Elsaß von 1390, zitiert bei J.A. Hellfeld, Repertorium reale practicum iuris privati oder: Vollständige Sammlung aller üblichen und brauchbaren Rechte im Heil. Röm. Reich (Jena 1753) 189. 17 Neben dem Herzog Christoph von Württemberg (1515-1568) und dem Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (1532-1592) ist hier vor allem der "Betfürst" Herzog Ernst von Sachsen-Gotha (1601-1675) zu nennen. In seinem Auftrag schrieb Veit Ludwig von Seckendorff seinen "Teutschen Fürsten-Staat", in dem er den "Lobwürdigsten Teutschen Regenten" (und damit gewiß auch dem seinen) bescheinigte, daß sie sich "dapffer / gewissenhaft / treu und embsig in ihrem hohen Beruff des Obrigkeitlichen Ampts erwiesen" (3.Aufl.1665; Neudruck 1976) 91 f. 18 Vgl. A. Erler, Art. Patrimonialgerichte, in: HRG III (1984) 1547 f. Eine zeitgenössische Übersicht bietet Th. Hagemann, Handbuch des Landwirthschaftsrechts (1807) 400-418. 20 Vgl. Hagemann (wie Anm. 18) 20-25. 21 Von diesen Einrichtungen sind die lüneburgischen Klöster bis heute selbständig geblieben; das bekannteste unter ihnen ist das Kloster Wienhausen bei Celle. Die calenbergischen Klöster dagegen wrden von der hannoverschen Klosterkammer verwaltet; vgl. zur Geschichte und Rechtslage die Schrift: Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds und die Klosterkammer Hannover (1975). 23 Sie ist vorbildlich erschlossen durch C.A. Agena, Der Amtmann im 17. und 18. Jh. (jur. Diss. Göttingen 1972). 26 Vgl. insbesondere seine "Sammlung verschiedener gerichtlichen vollständigen Acten zum Gebrauch practischer Vorlesungen (2. Aufl, Göttingen 1790; Nachtrag 1792). 27 Willoweit (wie Anm. 5) 120 f. betont mit Recht, daß es hier vor allem um Friedensschutz ging. 28 Die Beispiele oben bei Anm.6 und 11. 29 Dazu allgemein Agena (wie Anm. 23) 40-106. Reiches Material in den territorialen und regionalen Abschnitten des V. Kapitels der "Deutschen Verwaltungsgeschichte" Bd.I (wie Anm. 5) 468 ff. 30 Für die aus den alten Gogerichten erwachsenen Landgerichte vgl. G. Landwehr, Die althannoverschen Landgerichte (1964) 12-19 und (zur wachsenden Bedeutung des Amtmanns gegenüber den herkömmlichen Gerichtspersonen) 86-102. 31 Für die Landgerichte der welfischen Lande vgl. J.G. Schottelius, De singularibus quibusdam et antiquis in Germania juribus et observatis. Kurtzer Tractat von unterschiedlichen Rechten in Teutschland (Frankfurt/Leipzig 1672) 583-591. Weitere Beispiele bei W. Ebel, Alte deutsche Gerichtsformeln (1981), etwa Nr. 17 (Hemmendorf) und 18 (Leineberg). 32 Diese Umwandlung der Gerichte durch das gelehrte Prozeßrecht ist das Thema des bis heute unersetzten Buches von A. Stölzel, Die Entwicklung des gelehrten Richtertums in deutschen Territorien I-II (1872), das hauptsächlich auf Quellen aus Kurhessen beruht. Kurze Skizzen bei E. Döhring, Geschichte der deutschen Rechtspflege seit 1500 (1953) 8 ff., 14 ff. 33 H.A. Oppermann, Hundert Jahre 1770-1870. Zeit- und Lebensbilder aus drei Generationen (1871; Nachdruck 1982) 7. 35 Dazu L. Sedatis, Art. Summarischer Prozeß, in: HRG V (1998) 79 f. 36 Beispiel einer oberhessischen Eheberedung von 1758 bei Estor (wie Anm. 25) 302-306 (dort auch zur Bedeutung der Formel "Hut bei Schleier und Schleier bei Hut"). 37 Agena (wie Anm. 23) 73 ff. 38 Versäumte Lektionen. Entwurf eines Lesebuchs, hrsg.v. P. Glotz und W. Langenbucher (1965) 255-258. Zuerst gedruckt bei Claproth (wie Anm. 26) 656 f. Zu Bürger vgl. das Göttinger Vademecum (wie Anm. 13) 63 ff. 39 Vgl. W. Wächtershäuser, Das Verbrechen des Kindesmordes im Zeitalter der Aufklärung (1973) bes. 72-108. 40 Dazu Agena (wie Anm. 23) 106-137. 41 Das Beispiel des Wegebaus bei Estor (wie Anm. 25) 155 ff. die Hebamme ebd. 107 ff. 42 Vgl. W. Ebel, Curiosa iuris germanici (1968) 16. 43 Polizeiordnung der Herren von Adelebsen (1550) bei K. Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte 2 (wie Anm. 6) 284-286, hier Art.24. 44 Näheres bei K. Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte 3 (3. Aufl. 2001) 102 f. 45 Agena (wie Anm. 23) 141 stützt seine gegenteilige Ansicht auf eine hannoversche Darstellung von 1824. In Hessen-Kassel war die Verwaltung der Domänen nicht Aufgabe der Amtmänner, sondern besonderer Rentmeister. Erst 1781 ging man für einige Jahrzehnte zur Verpachtung an die Amtmänner über; vgl. S. Brakensiek, Fürstendiener - Staatsbeamte - Bürger (1999) 122 f. 46 Vgl. J. Lampe, Aristokratie, Hofadel und Staatspatriziat in Kurhannover Bd.1 (1963) 334 f. 47 J. Schröder, Wissenschaftstheorie und Lehre von der "praktischen Jurisprudenz" auf deutschen Universitäten an der Wende zum 19. Jh. (Ius Commune Sonderheft 11, 1979). 48 Vgl. dazu Abb. 6 sowie K. Kroeschell, Zur juristischen Studienliteratur im 18. Jh., in: Deutsches Recht zwischen Sachsenspiegel und Aufklärung. Rolf Lieberwirth zum 70. Geburtstag dargebracht (1991) 151-163. 49 Eine Probe hiervon (v. Selchow und Pütter) bei Kroeschell, Deutsche Rechtsgeschichte 3 (wie Anm. 44) 106 f. 50 Estor (wie Anm. 25) 119 exemplifiziert die gewerbepolizeilichen Aufgaben des Amtmanns an einem Streit zweischen den Schustern und den Rotgerbern im oberhessischen Grünberg um das Recht zum Lederverkauf. 51 Vgl. Th. Roscher, Gerichtsverfassung und Anwaltschaft im einstmaligen Kurstaat und Königreich Hannover, in: Festschrift zum 17. Deutschen Anwaltstage in Hannover (1905) 79. 52 Die satirische Darstellung einer persönlichen Prüfung des Bewerbers durch einen adligen Gerichtsherrn in Bayern findet sich bei K.H. Ritter von Lang, Merkwürdige Reise über Erlangen, Dresden, Kassel und Fulda nach Hammelburg, Dritte Fahrt (2. Aufl. 1818) 33-61. 53 Ein Beispiel bietet der nassauische Oberamtmann Langsdorf in Lahr (1783-1803/06), der noch 1806 zum Reichskammergericht präsentiert wurde. Dazu Julia Maurer, Der "Lahrer Prozeß" 1773-1806. Ein Untertanenprozeß vor dem Reichskammergericht (1996) 392 und passim. 54 So der Vater des Göttinger Rechtsgelehrten Gustav Hugo (1764-1844), der sich 1763 aus Karlsruhe, wo er Hofrat und Beisitzer des Hofgerichts gewesen war, als Landschreiber nach Lörrach hatte versetzen lassen. Vgl. G. Hugo, Erinnerungen aus dem Leben eines practischen Juristen, in: Civilistisches Magazin Bd.4 (1815) 51 ff. 55 Vgl. E.v. Meier, Hannoversche Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte I (1899) 470 ff. 56 Dazu etwa die Untersuchung von J.A. Vann, The Making of a State. Württemberg 1593-1793 (Ithaca/London 1984) 38-47 und öfter. 57 Dazu K.E. Demandt, Amt und Familie, in: Hess.Jb.f. Landesgesch. 2 (1952) 79-133 sowie jetzt die materialreiche Arbeit von Brakensiek (wie Anm. 45) über die hessischen Amtmannsfamilien im 18. und 19. Jh. 58 Vgl. dazu das oben Anm.46 zitierte Werk von Lampe. 59 Bei Lampe (wie vor. Anm.) 259. 60 Lampe (wie vor. Anm.) 350. 61 Lampe (wie vor. Anm.) 340 f. mit Verweis auf C. Meyer-Rasch, Alte Häuser erzählen I (3.Aufl. 1972) 315. 62 Ilse Schreiber (Hrsg.), "Ich war wohl klug, daß ich dich fand". Heinrich Christian Boies Briefwechsel mit Luise Mejer 1777-85 (2. Aufl. 1963) 87-97. 63 Dazu W. Ebel, Zur Geschichte der Juristenfakultät und des Rechtsstudiums an der Georgia Augusta (Gött. Universitätsreden 29, 1960) 17, 25 und öfters. 64 Vgl. dazu den Festvortrag von W. Ebel, Ein Jahrtausend Gerichtswesen im Lande Göttingen, in: Göttinger Jb. 2 (1953) 10-20. 65 Zum Organisationsedikt vom 26. Juni 1821 vgl. K.E. Demandt, Geschichte des Landes Hessen (2.Aufl. 1972) 549 f. 66 Mein Vorfahre Carl Friedrich Suntheim (oben Anm. 4) war erst seit 1840 in Witzenhausen, und zwar als bloßer Domänenamtmann auf dem Wilhelmshof, einem früheren Wilhelmitenkloster. |
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