Dr. Anne Strunz-Happe, Bonn
Die Paderborner Tilgungskasse von 1836
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Ordnungspolitische Wohltat im Preußischen Nachtwächterstaat
Zusammenfassung:
Mit der Einrichtung der Paderborner Tilgungskasse in den dreißiger Jahren
des 19. Jahrhunderts hatte das preußische Königreich im östlichen
Teil seiner Provinz Westfalen, einem der ärmsten Gebiete der Monarchie,
eine Anstalt zur Regulierung der bäuerlichen La-sten und Abgaben geschaffen,
die eine Vorbildfunktion für die gesamte preußische Monarchie und
die benachbarten Staaten ausübte. Gegen den Grundsatz einer äquivalenten
Ablösung wurde aufgrund des Tilgungskassenreglements von 1836 der Ablösungssatz
zum Vorteil der Bauern abgesenkt. Der große Erfolg der Tilgungskasse im
Rahmen der sogenannten Bauern-befreiung rührte daher, dass sie staatlich
abgesicherte Schuldverschreibungen für die Berech-tigten anbot. Auch wenn
die Bauern durch die Ablösung der Reallasten mittels der Tilgungs-kasse
nicht automatisch von ihren weiteren Schulden und Schuldenquellen befreit waren,
so erhielten sie doch relativ früh die Dispositionsfreiheit über ihre
Höfe. Der staatliche Eingriff wirkte sich damit positiv auf die Liberalisierung
des Agrarsektors aus, zumal der Staat durch Geldleistungen unterstützend
eintrat.
Erstaunlich und rühmlich ist dieser staatliche Eingriff in dem ehemaligem
Hochstift Pader-born gerade deshalb, weil er in einer Zeit vollzogen wurde,
in der die Gesetzgebungspolitik eigentlich als laissez-faire zu beschreiben
ist. Der Sozialdemokrat Lassalle sprach ein wenig spöttisch sogar davon,
dass das Königreich Preußen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
ein Nachtwächterstaat gewesen sei.
Die Verfasserin geht den Gründen des staatlichen Eingreifens nach und stellt
die Erfolge der Einrichtung dar.