Artikel vom 14. Mai 2007 © 2007 fhi ISSN 1860-5605 Erstveröffentlichung |
Zitiervorschlag / Citation:
http://www.forhistiur.de/zitat/0705janke.htm |
Gerd Janke, Rechtsanwalt i.R., Berlin:Zur Kassationstätigkeit des Obersten Gerichts der DDR in Zivilsachen |
I. Kassation und Nichtigkeitsbeschwerde als Mittel zur Aufhebung unrichtiger rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen1. Begriff der Kassation |
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Unter „Kassation“ wird allgemein die Beseitigung einer fehlerhaften oder auf fehlerhafte Weise zustande gekommenen gerichtlichen Entscheidung durch ein höheres Gericht verstanden. Das Rechtsinstitut der Kassation entstammt dem französischen Recht. Dieses unterscheidet – auch im Zivilprozess – zwei Möglichkeiten der Kassation:
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Die Kassation galt nicht als dritte Instanz, sondern als Mittel zur Wahrung der Gesetzlichkeit und Rechtseinheit.3
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2. Die während des NS-Regimes eingeführte Nichtigkeitsbeschwerde |
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Außerordentliche Rechtsbehelfe, die ein Justizorgan berechtigten, bereits rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen mit dem Ziel anzugreifen, jeweils eine andere Entscheidung herbeizuführen, waren dem deutschen Prozessrecht zumindest seit dem Inkrafttreten der 1877 erlassenen Prozessgesetze (StPO und ZPO) fremd. Die Möglichkeit, rechtskräftige Urteile und Beschlüsse auf dem Gebiet des Strafrechts sowie rechtskräftige Strafbefehle aufzuheben und durch andere (in der Regel meist härtere) Entscheidungen zu ersetzen, hatte das NS-Regime zu Beginn des Zweiten Weltkrieges durch die Einführung des außerordentlichen Einspruchs4 und der Nichtigkeitsbeschwerde5 des Oberreichsanwalts geschaffen. |
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Im Sommer 1941 erließ die NS-Regierung das „Gesetz über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen“.6 Während durch dessen § l ein umfassendes Mitwirkungsrecht der Staatsanwaltschaft in zivilrechtlichen Streitigkeiten eingeführt wurde, bestimmte § 2 dieses Gesetzes, dass | |
„in rechtskräftig entschiedenen bürgerlichen Rechtssachen der ordentlichen Gerichte … der Oberreichsanwalt beim Reichsgericht binnen eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen (kann), wenn gegen die Richtigkeit der Entscheidung schwerwiegende rechtliche oder tatsächliche Bedenken bestehen und er wegen der besonderen Bedeutung der Entscheidung für die Volksgemeinschaft die erneute Verhandlung und Entscheidung für erforderlich hält“. | 4 |
Über einen solchen Wiederaufnahmeantrag hatte der Große Senat für Zivilsachen des Reichsgerichts durch Beschluss zu entscheiden.7 Die am früheren Verfahren beteiligten Personen, insbesondere die Parteien, konnten vom Reichsgericht angehört werden, jedoch keine Anträge stellen. Wurde dem Wiederaufnahmeantrag des Oberreichsanwalts stattgegeben, so war die Sache an das mit dem früheren Verfahren befasste Gericht, an ein anderes Gericht gleicher Ordnung oder an einen Senat des Reichsgerichts zurückzuverweisen. Dort nahm der Prozess seinen Fortgang, wobei das Gericht an die rechtliche und tatsächliche Beurteilung gebunden war, die das Reichsgericht seinem Wiederaufnahmebeschluss zugrunde gelegt hatte. Die Vorschriften dieses Gesetzes waren auch auf arbeitsgerichtliche Verfahren anwendbar.8 | 5 |
Der Senatspräsident am Reichsgericht Dr. Martin Jonas legte dar, dass „die außerordentliche Wiederaufnahme nach § 2“ des oben genannten Gesetzes „einen rechtsgrundsätzlichen Einbruch in die materielle Rechtskraft zivilrechtlicher Entscheidungen – eine Abkehr von der der liberalen Zeit entstammenden These 'Rechtskraft über alles'“ bedeute und die Rechtskraft „da ihre Grenze (findet), wo der Fortbestand der Entscheidung gegen Belange der Allgemeinheit verstößt.“9 Auf die Anwendung dieses Gesetzes während der NS-Diktatur soll hier nicht eingegangen werden.10 Es sei jedoch bemerkt, dass die für die Stellung eines außerordentlichen Wiederaufnahmeantrages in § 2 des Gesetzes genannten Voraussetzungen mitunter sehr „weitherzig“ bejaht wurden. Dies war z.B. im Zivilprozess des „Leibfotografen“ Adolf Hitlers und ehemaligen Arbeitgebers von Eva Braun, Heinrich Hoffmann, geschehen, der mit seiner Klage rechtskräftig abgewiesen worden war.11
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3. Zur Anwendung der Nichtigkeitsbeschwerde in der Sowjetischen Besatzungszone |
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Nach dem 8. Mai 1945 gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob das StAMitwG weiterhin angewendet werden sollte. In Thüringen wurde dieses Gesetz zusammen mit der abändernden KriegsmaßnahmeVO und anderen vom NS-Regime erlassenen „Kriegsbestimmungen“ bereits im Oktober 1945 aufgehoben.12 Dagegen ging die Landesverwaltung Sachsen im Januar 1946 von einer weiteren Geltung des StAMitwG aus. Es sollte jetzt „im Geiste des demokratischen Aufbaus“ angewendet werden. |
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In einer im März 1946 von der sächsischen Landesregierung veröffentlichten amtlichen Bekanntmachung wurde dargelegt, dass „die Voraussetzungen für den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens … auch dann vor(liegen), wenn die Entscheidung des Gerichts mit den gegenwärtigen Rechtsanschauungen in offensichtlichem Widerspruch steht, im besonderen, wenn sie auf der Anwendung nazistischer Rechtssätze beruht“. In diesen Fällen konnte die außerordentliche Wiederaufnahme des Verfahrens auch noch später als ein Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung beantragt werden. Die Antragstellung oblag jetzt dem Generalstaatsanwalt des Landes Sachsen; für die Verhandlung über den Wiederaufnahmeantrag war der Vereinigte 1. und 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden zuständig.13 Dieser Zivilsenat hat in der Zeit von 1945 bis 1949 in 43 Fällen über außerordentliche Wiederaufnahmeanträge des sächsischen Generalstaatsanwalts entschieden; wobei etwa die Hälfte der Anträge abgewiesen wurde.14 | 8 |
Nach anfänglichem Zögern stellte auch die Deutsche Justizverwaltung der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland in einem Rundschreiben vom 1.6.1948 fest, dass die „Anwendung des Gesetzes (gemeint war das StAMitwG – G. J.) im demokratischen Sinne und insbesondere in der Form, wie sie die sächsische Bekanntmachung vorsieht, durchaus auch im Sinne der Demokratisierung der Rechtspflege wirksam sein kann“.15 In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die im Jahre 1947 in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone erlassenen Kassationsgesetze lediglich die Kassation von Urteilen zugelassen hatten, die in Strafsachen ergangen waren.16 | 9 |
So führte der erste Präsident des Obersten Gerichts, Kurt Schumann, im Jahre 1950 bezüglich der Anfang 1940 eingeführten strafrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde rückblickend aus, dass „die aus dem österreichischen Recht übernommene Nichtigkeitsbeschwerde … sich auch in der vom nazistischen Gesetzgeber abgewandelten Form als brauchbarer Prozeßbehelf verwenden lassen (hätte). Sie ist aber durch die Praxis der nazistischen Gerichte mißbraucht worden und hat deshalb nicht zur Rechtssicherheit, sondern im wesentlichen zur nazistischen Rechtsunsicherheit beigetragen“.17 | 11 |
Vermutlich auch aus diesem Grund entschloss sich die Provisorische DDR-Volkskammer im Dezember 1949 bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlage für das Oberste Gericht, das Rechtsinstitut der Kassation auch zur Beseitigung unrichtiger rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen einzuführen, die auf dem Gebiet des Zivilrechts (einschließlich des Familienrechts) ergangen waren.18 | 12 |
Zwei Jahre später wurde auch die Kassation von unrichtigen rechtskräftigen Entscheidungen ermöglicht, die auf dem Gebiet des Arbeitsrechts erlassen worden waren.19 | 13 |
a) auf einer Verletzung des Rechts iSd §§ 549-551 ZPO20 beruhte oder b) der Gerechtigkeit gröblich widersprach.21 Trotz der Vorschrift des § 563 ZPO wurde auch die Kassation unrichtiger Entscheidungsbegründungen für zulässig gehalten.22 | 15 |
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Seit Mitte April 1963 waren die Staatsanwälte der Bezirke und die Direktoren der Bezirksgerichte berechtigt, die Kassation von rechtskräftigen Entscheidungen der Kreisgerichte bei den Bezirksgerichten zu beantragen (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 2 ÄEG). | 17 |
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Eine Prozesspartei oder eine andere Person, die eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung für unrichtig hielt, war nicht berechtigt, einen Kassationsantrag zu stellen. Sie konnte sich aber mit einer Eingabe (Kassationsanregung) an den kassationsantragsberechtigten Justizfunktionär wenden und diesen bitten, einen Kassationsantrag zu stellen. Einen Anspruch auf Stellung eines Kassationsantrages hatten jedoch weder die Parteien noch andere Personen. 25 | 19 |
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Außerdem war es möglich, gegen alle zivil- und familienrechtlichen Entscheidungen, die zwischen dem 8.5.1945 und dem 19.12.1949 rechtskräftig geworden waren, noch bis zum 19.12.1950 einen Kassationsantrag zu stellen.27 | 21 |
Arbeitsgerichtliche Entscheidungen, die zwischen dem 8.5.1945 und dem 30.12.1951 rechtskräftig geworden waren, konnten bis zum 30.12.1952 mit einem Kassationsantrag angegriffen werden.28 | 22 |
In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass Generalstaatsanwalt Dr. Ernst Melsheimer niemals gefordert hatte, „jegliche Frist bei der Kassation fallenzulassen“ und somit auch die Kassation rechtskräftiger Zivilrechtsentscheidungen zeitlich unbegrenzt zuzulassen.29 | 23 |
Einer im April 1963 von den Rechtswissenschaftlern Prof. Hans Nathan und Dr. Heinz Püschel vertretenen Forderung nach Abschaffung der Kassationsfrist30 war der Oberrichter am Obersten Gericht Dr. Kurt Cohn überzeugend entgegengetreten. Er legte dar, dass „ernste Unzuträglichkeiten … entstehen (müssten), wenn die Kassationsfrist beseitigt wäre. Eine wirklich vollkommene Rechtskraft würde dann nur noch den Kassationsentscheidungen des Präsidiums des Obersten Gerichts zukommen. Daran würde grundsätzlich auch die Zurückweisung von Kassationsanregungen durch die beiden obersten Antragsberechtigten nichts ändern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es neben einer Mehrzahl von Bürgern mit begründeten oder doch begreiflichen Kassationsanregungen eine Zahl von Unbelehrbaren gibt, die auch durch wiederholte und noch so zutreffende und gut begründete Abweisungen nicht überzeugt werden können, sondern ihre Anregungen mit rein äußerlichen Änderungen ständig wiederholen. Ihr Verhalten würde sich bei fristloser Zulässigkeit der Kassation zu einer ernsten Belastung vor allem der Kassationsabteilungen entwickeln können.“31 | 24 |
An der einjährigen Frist für die Stellung von Kassationsanträgen gegen rechtskräftige Entscheidungen in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen wurde daher festgehalten. | 25 |
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Der Kassationsantrag konnte zunächst ohne Begründung beim Kassationsgericht eingereicht werden. Die Begründung eines solchen als „vorläufig“ bezeichneten Kassationsantrages war nachzureichen, was in der Regel innerhalb von drei Monaten geschah.33 | 27 |
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Entgegen den Darlegungen von T. Reich 35 fehlten diese ZPO-Bestimmungen nur in der 3. Auflage der ZPO-Textausgaben;36 dort war der Abdruck irrtümlich unterblieben.In allen folgenden, in der DDR herausgegebenen ZPO-Textausgaben waren die §§ 548-566 ZPO abgedruckt, soweit sie im Kassationsverfahren entsprechend anwendbar waren.37 | 29 |
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Über jeden Kassationsantrag war mündlich zu verhandeln. Zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die vom Generalstaatsanwalt der DDR und die vom Präsidenten des Obersten Gerichts gestellten Kassationsanträge war das Oberste Gericht.40 | 31 |
Über Kassationsanträge der Staatsanwälte der Bezirke und der Direktoren der Bezirksgerichte war vor den Bezirksgerichten zu verhandeln und entscheiden.41 | 32 |
In den Kassationsverhandlungen ließen sich die Kassationsantragsteller grundsätzlich vertreten, und zwar der Generalstaatsanwalt der DDR und die Staatsanwälte der Bezirke durch ihnen beigeordnete Staatsanwälte, der Präsident des Obersten Gerichts durch wissenschaftliche Mitarbeiter des Obersten Gerichts und die Direktoren der Bezirksgerichte durch Richter am Bezirksgericht. | 33 |
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Seit Mitte 1961 waren jedoch in arbeitsrechtlichen Kassationsverfahren Ermittlungen und Beweiserhebungen auch zu materiellrechtlichem Vorbringen ausnahmsweise zulässig.43 | 36 |
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Das Kassationsgericht konnte a) in der Sache selbst entscheiden und die mit dem Kassationsantrag angegriffene Entscheidung aufheben und durch eine andere Entscheidung ersetzen oder einen unbegründeten Kassationsantrag zurückweisen oder b) die mit dem Kassationsantrag angegriffene Entscheidung aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht, dessen Entscheidung aufgehoben wurde, zurückverweisen. | 39 |
Dieses Gericht hatte die rechtliche Beurteilung, die im Urteil des Kassationsgerichts enthalten war, auch seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (§ 565 Abs. 2 ZPO). | 40 |
Aus dem Prinzip des demokratischen Zentralismus wurde abgeleitet, dass das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden war, auch Weisungen zu beachten hatte, die im Kassationsurteil für die weitere Bearbeitung der Sache (so auch für eine weitere Tatsachenermittlung und Beweiserhebung) erteilt worden waren.46 Eine diesbezügliche Rechtsvorschrift bestand seit Mitte 1961 für Arbeitsrechtssachen, die von Kassationsgerichten zurückverwiesen worden waren.47 | 41 |
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Wurde eine Entscheidung, aus der bereits vollstreckt worden war, durch ein Kassationsurteil aufgehoben, so war der Kläger entsprechend § 717 Abs. 3 Sätze 1-3 ZPO verpflichtet, dem Verklagten das auf Grund der aufgehobenen Entscheidung Geleistete gemäß den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 ff. BGB) zu erstatten. Dabei war jedoch von Amts wegen eine Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) des Klägers zu berücksichtigen, die vor der Zustellung des Kassationsantrages an ihn eingetreten war.49 | 43 |
Allerdings waren § 717 Abs. 3 und § 719 Abs. 2 ZPO in den ZPO-Ausgaben seit deren 4. Auflage nicht mehr abgedruckt worden. | 44 |
Von der Möglichkeit, auf Antrag eines Kassationsberechtigten die Zwangsvollstreckung entsprechend § 719 Abs. 2 ZPO einstweilen einzustellen, haben die Zivilsenate des Obersten Gerichts relativ häufig Gebrauch gemacht. Diesen Anträgen, die auf Grund von Anregungen der zu einer Leistung verpflichteten Partei gestellt worden waren, hatten m.E. die zuständigen Senate des Obersten Gerichts stets entsprochen. | 45 |
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Den Prozessparteien wurden der Kassationsantrag und eine Benachrichtigung vom Termin der Kassationsverhandlung zugestellt. Sie waren berechtigt, sich im Kassationsverfahren durch Rechtsanwälte oder durch andere Bürger vertreten zu lassen und dem Kassationsgericht ihre Rechtsauffassung zur Sache mitzuteilen. Die Parteien konnten auch an der Kassationsverhandlung teilnehmen und sich in der Verhandlung zur Sache äußern. | 47 |
Die Parteien waren aber nicht berechtigt, im Kassationsverfahren Sachanträge zu stellen; sie konnten weder die Klage oder Rechtsmittel zurücknehmen noch die Hauptsache für erledigt erklären, Vergleiche schließen oder sonstige prozessuale Verfügungen über den Streitgegenstand treffen.52 | 48 |
Horst Kellner, der später führende Zivilprozessrechtswissenschaftler der DDR, hatte in seiner 1957 erfolgreich verteidigten, aber nicht veröffentlichten Dissertation vorgeschlagen, auch den Prozessparteien das Recht einzuräumen, Kassationsanträge zu stellen.53 | 49 |
Dieser Vorschlag, der offenbar in der „Tauwetterperiode“ entstanden war, die 1956 nach dem XX. Parteitag der KPdSU eingesetzt hatte, wurde jedoch nicht verwirklicht.54 Auch H. Kellner hat seinen damaligen Vorschlag, den Parteien das Kassationsantragsrecht zuzubilligen, in seinen Publikationen nicht erwähnt.55 | 50 |
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Es sei noch
Folgendes bemerkt:
Nachdem bereits in den Jahren nach dem Inkrafttreten des OGStAG mehrere Zeitschriftenbeiträge erschienen waren, in denen auch die Kassation und dabei anzuwendende ZPO-Bestimmungen behandelt worden waren,56 erschien 1958 das Lehrbuch des Zivilprozessrechts, das eine geschlossene Darstellung der Kassation zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen enthielt.57 | 51 |
Fünf Jahre nach dem Erlass der AGO folgte 1966 auch eine Beschreibung des arbeitsrechtlichen Kassationsverfahrens.58 | 52 |
Schließlich sei noch auf den bereits erwähnten instruktiven Beitrag von K. Cohn und H. Blöcker hingewiesen.59 | 53 |
3. Die Rechtsgrundlagen von 1976 bis 1990 |
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Am 1.1.1976 trat zusammen mit dem Zivilgesetzbuch der DDR60 auch eine neue Zivilprozessordnung in Kraft.61 |
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Seit diesem Zeitpunkt war die Kassation von rechtskräftigen zivil-, familien- und arbeitsrechtlichen Entscheidungen und deren Begründungen sowie von verbindlichen, vor Gericht geschlossenen Einigungen durch die §§ 160-162 sowie durch § 168 Abs. l und § 176 Abs. 4 ZPO/DDR geregelt. Die ZPO von 1877 nebst ihren Änderungen und Ergänzungen, die AGO und das ÄEG waren seit dem 1.1.1976 aufgehoben.62 Die bisherigen Regelungen und die daraus abgeleiteten Grundsätze hatten jedoch Eingang in die ZPO/DDR gefunden. | 55 |
So blieb es dabei, dass das Rechtsinstitut der Kassation der Beseitigung von rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen diente, die auf einer Verletzung des Gesetzes beruhten und dass nur der Präsident des Obersten Gerichts sowie der Generalstaatsanwalt der DDR berechtigt waren, Kassationsanträge beim Obersten Gericht zu stellen (§ 160 Abs. 1 ZPO/DDR), während die Direktoren der Bezirksgerichte und die Staatsanwälte der Bezirke weiterhin die Kassation kreisgerichtlicher Entscheidungen bei den Bezirksgerichten beantragen konnten (§ 160 Abs. 2 ZPO/DDR). | 56 |
Nach dem Erlass des GVG 1974, dessen § 21 Abs. l u. 2 dem Ministerium der Justiz die Anleitung und Kontrolle der Bezirks- und Kreisgerichte übertragen hatte, war im Verlauf der Diskussion des Entwurfs der ZPO/DDR von Vertretern des Justizministeriums vorgeschlagen worden, auch dem Minister der Justiz das Recht zur Stellung von Kassationsanträgen einzuräumen.63 | 57 |
Es war abzusehen, dass die Verwirklichung dieses Vorschlages den Einfluss des Ministeriums der Justiz auf die Rechtspolitik und die Rechtsprechung zulasten des Obersten Gerichts weiter verstärkt hätte. | 58 |
So hatte das Oberste Gericht bei den anderen zentralen Staatsorganen bereits erheblich an Ansehen und Autorität eingebüßt, nachdem das Politbüro des Zentralkomitees (ZK) der SED am 24. April 1973 den vom Generalstaatsanwalt der DDR, Dr. Josef Streit, erstatteten „Bericht über die Entwicklung und Bekämpfung der Kriminalität in den Jahren 1971/72“ bestätigt hatte. Darin war an der Arbeitsweise des Obersten Gerichts massiv Kritik geübt worden. In diesem vom Politbüro ausdrücklich gebilligten Bericht hatte der Generalstaatsanwalt dargelegt, dass „die Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht, die Züge einer formalen juristischen Perfektion in der Anwendung der Gesetze trägt, … nicht im erforderlichen Maße zur Qualifizierung der Tätigkeit der Gerichte beigetragen“ hat.64 Wenig später – im Juli 1973 – war der „Rechtspflegeerlass“, in dem u.a. die dominierende Stellung des Obersten Gerichts im System der Justizorgane verankert war, von der Volkskammer der DDR ersatzlos aufgehoben worden.65 | 59 |
Weiterhin hatte das Politbüro des ZK der SED am 30. April 1974 den Beschluss gefasst, den Sitz des Obersten Gerichts von Berlin nach Leipzig in das Gebäude des ehemaligen Reichsgerichts zu verlegen.66 Der Umzug des Obersten Gerichts nach Leipzig unterblieb jedoch, weil das damals noch kriegsbeschädigte Reichsgerichtsgebäude wegen mangelnder Baukapazitäten nicht umfassend in Stand gesetzt werden konnte. | 60 |
Die Verlegung des Sitzes des Obersten Gerichts nach Leipzig hätte – wegen der Entfernung vom politischen Zentrum der Hauptstadt Berlin – wahrscheinlich die Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht und dessen tatsächliche Stellung im System der zentralen Rechtspflegeorgane weiter geschwächt. | 61 |
Es war daher nur folgerichtig, dass sich das Oberste Gericht gegen einen weiteren „Machtzuwachs“ des Ministers der Justiz wehrte und diesem nicht das Kassationsantragsrecht zugestehen wollte. Außerdem wurde im Obersten Gericht befürchtet, dass vom Minister der Justiz wenig qualifizierte, „politisch überzogene“ und sogar juristisch unrichtige Kassationsanträge gestellt werden könnten, deren Erledigung durch das Oberste Gericht (z.B. mit einem vom Antrag abweichenden Urteil oder mit einer Abweisung des Kassationsantrages) zu unerquicklichen Querelen mit dem Ministerium der Justiz führen würde. | 62 |
Es konnte daher – vermutlich durch Einflussnahme der zentralen Parteiorgane der SED – erreicht werden, dass der Minister der Justiz das Kassationsantragsrecht nicht erhielt. | 63 |
Es sei noch auf folgende, zum Teil neue, in der ZPO/DDR enthaltene Regelungen sowie auf wichtige Grundsätze des Kassationsverfahrens hingewiesen: | 64 |
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War die Einigung vor einem Kreisgericht geschlossen worden, konnte der Kassationsantrag auch vom Bezirksgerichtsdirektor oder vom Staatsanwalt des Bezirkes beim Bezirksgericht gestellt werden (§ 160 Abs. 2 ZPO/DDR). | 67 |
Wurde eine gerichtliche Einigung vom Kassationsgericht aufgehoben, durfte dieses über den Streitgegenstand nicht selbst entscheiden, sondern es musste die Sache an ein Instanzgericht zurückverweisen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO/DDR). | 68 |
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Die Kassation einer Entscheidung oder einer verbindlichen Einigung war nur zulässig, wenn die Rechtsverletzung bereits zum Zeitpunkt der mit dem Kassationsantrag angegriffenen Entscheidung oder Einigung vorgelegen hatte. Tatsachen, die erst später bekannt wurden oder auftraten, waren im Kassationsverfahren unbeachtlich. Die Kassationsgerichte waren an ordnungsgemäß zustande gekommene Tatsachenfeststellungen der Instanzgerichte gebunden.69 | 71 |
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So hielt die Rechtsprechung die Unterbrechung eines Kassationsverfahrens gemäß § 71 Abs. 2 Nr. l ZPO/DDR für zulässig.73 | 78 |
Auch eine Wiederaufnahmeklage einer früheren Prozesspartei oder des Staatsanwalts (§ 163 ZPO/DDR) gegen ein im Kassationsverfahren ergangenes Urteil war möglich.74 | 79 |
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Einige Monate nach dem Inkrafttreten der ZPO/DDR erschien noch 1976 eine kurze Erläuterung der neuen Vorschriften über die Kassation.75 | 81 |
In den folgenden Jahren wurden dann mehrere ausführliche Darstellungen über die Kassation in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen veröffentlicht.76 | 82 |
Die Bestimmungen der ZPO/DDR über die Kassation (§§ 160-162) entsprachen im Wesentlichen dem gerichtlichen Aufsichtsverfahren (Nadsor) des sowjetischen Rechts.77 | 83 |
Auffällig ist, dass die ZPO/DDR keine Bestimmung enthielt, gemäß der ein Gericht, an das eine Sache aus dem Kassationsverfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, an die im Kassationsurteil vertretene Rechtsauffassung und die darin enthaltenen Weisungen gebunden war. Eine solche Bindungswirkung wurde jedoch aus dem „Prinzip des demokratischen Zentralismus“,78 das auch für die Gerichte galt, abgeleitet.79 | 84 |
So hatte das Oberste Gericht in einer unveröffentlichten Kassationsentscheidung unter Bezugnahme auf § 20 GVG 1974 dargelegt, dass „zur Sicherung der einheitlichen Anwendung und Auslegung der Gesetze und anderer Rechtsvorschriften in der Rechtsprechung … Weisungen und Rechtsauffassungen in einem Urteil des Obersten Gerichts für das Gericht, dessen Entscheidung aufgehoben wurde, verbindlich“ sind.80 | 85 |
In dieser Entscheidung wurde ausdrücklich auf ein früheres Urteil des Obersten Gerichts sowie auf eine Veröffentlichung seines Präsidenten Bezug genommen.81 | 86 |
Im Spätsommer 1989 hatten Mitglieder des Obersten Gerichts angeregt, sowohl den Berufungsgerichten als auch den Kassationsgerichten das Recht einzuräumen, „im Falle der Zurückverweisung der Sache dem betreffenden Instanzgericht bindende Weisungen zur gemeinsamen Sachaufklärung, zur rechtlichen Würdigung und zur Beseitigung verfahrensrechtlicher Mängel zu erteilen“.82 | 87 |
Dieser Vorschlag ist jedoch nach der im Herbst 1989 in der DDR eingetretenen politischen Wende nicht mehr realisiert worden. | 88 |
Mit Wirkung vom 1.7.1990 wurde in der „Noch-DDR“ die Kassation zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen abgeschafft und anstelle der Kassation die Revision eingeführt. Die §§ 160-162, § 168 Abs. l und § 176 Abs. 4 ZPO/DDR wurden entsprechend abgeändert.83 | 89 |
„lediglich von der Bedeutsamkeit (abhängen werde), die eine Sache im Rahmen unseres demokratischen Ausbaus besitzt. … Der Sinn der Kassation liegt nicht darin, … den privaten Interessen der … Parteien zu dienen, sondern darin, den Interessen der Allgemeinheit an der Erhaltung und Förderung der demokratischen Gesetzlichkeit und der Sicherheit unseres Staates zu dienen“. Außerdem würde es „zu einer rettungslosen Überflutung des Obersten Gerichts mit Kassationsanträgen führen“, wenn „auch die beteiligten Privatpersonen die Kassation beantragen könnten“.84 | |
Dafür gingen jedoch bei der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR sehr viele Eingaben (Kassationsanregungen) ein, in denen in Zivil- und Familienrechtsverfahren unterlegene Prozessparteien den Generalstaatsanwalt baten, zu ihren Gunsten von seinem Kassationsantragsrecht Gebrauch zu machen. So hatte bereits Ende Januar 1950 der damalige Generalstaatsanwalt der DDR, Dr. Ernst Melsheimer, auf einer Arbeitstagung der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle auf die ihm zugegangenen „Berge von Eingaben“ (Kassationsanregungen) hingewiesen. | 91 |
Zu der in den Kassationsanregungen enthaltenen Kritik an rechtskräftigen Urteilen und zu der Vielzahl solcher Eingaben führte der Generalstaatsanwalt auf dieser Arbeitstagung Folgendes aus: „Damit komme ich auf die letzte Frage, die gleichfalls die Justiz angeht, … ob nicht die staatsrechtliche Entwicklung, die hier bei uns stattfand, zu Verhältnissen geführt hat, die eine minutiöse genaue Innehaltung aller geschriebenen Gesetze verlangt. Das ist nicht der Fall. Die Paragraphenjongliererei und das Jonglieren mit Begriffsjurisprudenz gehört nicht zur demokratischen Gesetzlichkeit; zur demokratischen Gesetzlichkeit gehört eine anständige und richtige, eine lebendige Auslegung der Gesetze, mögen sie so alt sein, wie immer sie wollen. Ich habe in den letzten Tagen Stöße, ja Berge von Eingaben bekommen von Menschen, die unter Berufung auf das neue Gesetz über die Errichtung des Obersten Gerichts und der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR erwarten, dass in ihrem Falle das Urteil von Anno Tobak kassiert werden müsse, weil es gröblich der Gerechtigkeit widerspreche oder gegen die und die Paragraphen verstoße. Dann werden diese Paragraphen zitiert und nochmals zitiert. … Dann kommt eine Tante aus Potsdam zu mir, eine Frau Soundso …“ | 92 |
Dr. Melsheimer schildert dann den Zivilprozess einer Grundstückseigentümerin, die einige Jahre nach 1945 aus der damaligen Tschechoslowakischen Republik zurückgekehrt war und deren Garten inzwischen unter Umsiedlern zur Nutzung aufgeteilt worden war. Eine Klage dieser Grundstückseigentümerin auf Herausgabe des Gartens war auch in zweiter Instanz abgewiesen worden. | 93 |
Der Generalstaatsanwalt führte dazu weiter aus: „Nun kommt die Tante (gemeint ist die Grundstückseigentümerin – G. J.) und verlangt von mir, dieses Urteil wegen groben Verstoßes gegen das Gesetz und gegen die Gerechtigkeit zu kassieren. Ich habe ihr einen entsprechenden Bescheid gegeben. Nach unseren Gesetzen und nach unserer Verfassung kann man nicht unter Berufung auf demokratische Gesetzlichkeit enteigneten Grundbesitzern ihren Grundbesitz oder enteigneten Fabrikdirektoren ihre Fabriken wiedergeben. Eine solche Gerechtigkeit gibt es für uns nicht. Für uns gilt es, das Gesetz richtig anzuwenden, richtig auszulegen, um mit diesem Gesetz (dem OGStAG – G. J.) das zu erreichen, was wir erreichen müssen.“85 | 94 |
In dieser nicht gerade im akademischen Stil gehaltenen Rede des früheren Kammergerichtsrates Dr. Melsheimer kommen folgende Zielvorstellungen zum Ausdruck, die bei der Stellung von Kassationsanträgen gegen unrichtige zivilrechtliche Entscheidungen zu beachten waren:
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Noch im September 1952 wies das Ministerium der Justiz darauf hin, dass „das Kassationsverfahren nur in solchen Ausnahmefällen Anwendung (findet), in denen die Aufhebung einer gerichtlichen Entscheidung … dringend geboten ist, weil diese Entscheidung infolge von Rechtsverletzungen … in ihren Auswirkungen den Interessen des demokratischen Staates entgegensteht. Das Oberste Gericht hat jedoch im Gegensatz zu einer Revisionsinstanz nicht die Aufgabe, im Interesse einer Prozeßpartei jede gerichtliche Entscheidung nachzuprüfen, die zu rechtlichen Bedenken Anlaß geben könnte. Auf diese Tatsache muß der Antragsteller (gemeint war der Anreger der Kassation – G. J.) auf jeden Fall hingewiesen werden“.86 | 96 |
Diese Auffassung erwies sich spätestens mit dem Inkrafttreten des Eingabenerlasses des Staatsrats vom 27.2.196187 in dieser Rigorosität als nicht mehr haltbar, zumal in der Präambel dieser Rechtsvorschrift dargelegt worden war, dass „die Leiter und Mitarbeiter der Staatsorgane die Pflicht (haben), alle Eingaben der Bevölkerung gewissenhaft zu bearbeiten, um so die Einhaltung der Gesetze … und die Wahrnehmung der persönlichen Interessen der Bürger zu gewährleisten“. | 97 |
Die Kassation wurde nunmehr verstärkt dazu angewandt, unrichtige Entscheidungen aufzuheben, um den im Prozess unterlegenen Parteien – in der Regel waren dies die Anreger der Kassation – zu ihrem Recht zu verhelfen, ohne dass im Einzelfall ein Kassationsurteil zur Anleitung der unteren Gerichte notwendig gewesen wäre. Da keine Verpflichtung bestand, unrichtige Urteile oder Beschlüsse mit einem Kassationsantrag anzugreifen, konnte eine gerichtliche Entscheidung zwar falsch und damit kassationsfähig sein; es wurde aber dennoch kein Kassationsantrag gestallt, wenn nach Auffassung des Kassationsantragsberechtigten keine „Kassationsbedürftigkeit“ vorlag. Dieser Begriff war gesetzlich nicht beschrieben. | 98 |
Von der Kassation sollte aber insbesondere Gebrauch gemacht werden:
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2. Zur Häufigkeit von Kassationsverfahren |
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Auch unmittelbar nach der Aufnahme der rechtsprechenden Tätigkeit des Obersten Gerichts, die am 24.3.1950 erfolgte,89 war die Zahl der vom Obersten Gericht in Zivilsachen erlassenen Kassationsentscheidungen – und damit die Zahl der Kassationsverfahren – relativ niedrig. |
100 |
Sie betrug z.B.: | 101 |
Für den Zeitraum von 1971 bis 1990 sei auf folgende Statistik verwiesen:
* Eventuell liegen die Zahlen etwas höher. ** Eventuell liegen die Zahlen etwas höher. Die hier angeführten Zahlen wurden aus den höchsten Aktenzeichen der in der Zeitschrift NEUE JUSTIZ, den Entscheidungsbänden OGZ 14-16 (1974-1983) sowie in den Informationen des OG (1977-1989) abgedruckten Kassationsurteilen abgeleitet.
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Das aus der vorhergehenden Statistik ersichtliche Ansteigen der Zahl der erstinstanzlichen Zivilprozesse und der Kassationsanregungen einerseits sowie die geringe Zahl der Kassationsverfahren andererseits hat verschiedene Ursachen. | 103 |
Die Zunahme der erstinstanzlichen Zivilprozesse (Spalte 2) ist m.E. wie folgt zu erklären:
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Das starke Ansteigen der Zahl der Kassationsanregungen (Spalte 3) ist m.E. auf folgende Ursachen zurückzuführen:
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Die geringe Zahl von Kassationsverfahren (Spalte 4) ist wie folgt zu erklären:
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Aus dieser Statistik ist auch ersichtlich, dass im Verhältnis zu den in der ersten Instanz anhängig gewesenen Zivilsachen nur wenige zivilrechtliche Entscheidungen mit Kassationsanregungen angegriffen wurden, wobei die Tendenz allerdings steigend war (so 1971: ca. 1,08 % und 1985 2,08 %). Von diesen Kassationsanregungen führten wiederum nur wenige zur Einleitung eines Kassationsverfahrens (so 1971 ca. 0,43 %; 1977 ca. 8,56 % und 1985 ca. 2,96 %). | 107 |
Der relativ hohe Anteil an Kassationsverfahren im Jahre 1977 ist auf die Häufung von Fehlern der Bezirksgerichte als Rechtsmittelgerichte bei der Anwendung des am 1.1.1976 in Kraft getretenen neuen Zivilrechts und der ZPO/DDR zurückzuführen. | 108 |
Die weitaus überwiegende Zahl von Kassationsanregungen führte jedoch nicht zur Stellung von Kassationsanträgen. | 109 |
In der Dienststelle des Generalstaatsanwalts der DDR waren seit dem Beginn der 1970er Jahre nur noch wenige Kassationsanregungen eingegangen. Auch wurden vom Generalstaatsanwalt kaum noch Kassationsanträge gegen zivilrechtliche Entscheidungen gestellt. | 110 |
Die Kassationspraxis der Bezirksgerichte war sowohl zahlenmäßig als auch inhaltlich unbedeutend, da unrichtige Entscheidungen der Kreisgerichte meist auf Grund von Rechtsmitteln (Berufung, Beschwerde, Protest des Staatsanwalts) korrigiert wurden. | 111 |
Bis zum Herbst 1975 wurden die Kassationsanregungen als Eingaben bearbeitet.92 | 113 |
Offenbar wegen der Spezifik der Überprüfung der Entscheidungen, die eine gründliche Durcharbeitung der Verfahrensakten erforderte, was in dem für Eingaben vorgeschriebenen Zeitraum von vier Wochen meist nicht möglich war, wurde Ende 1975 vom Präsidium des Obersten Gerichts festgelegt, dass Kassationsanregungen nicht mehr als Eingaben im Sinne des inzwischen erlassenen Eingabengesetzes vom 19.6.197593 galten und somit innerhalb einer längeren Frist bearbeitet werden konnten.94 | 114 |
Letztmalig war die Bearbeitung der Kassationsanregungen beim Obersten Gericht Ende 1987 durch einen nicht veröffentlichten Präsidiumsbeschluss neu geregelt worden.95 | 115 |
In der Präambel dieses Beschlusses wurde dargelegt, dass bei der Überprüfung rechtskräftig abgeschlossener gerichtlicher Verfahrens auf Grund von Kassationsanregungen „davon auszugehen (ist), dass die Verfahrensbeteiligten vor den Gerichten Mitwirkungsrechte hatten und dass die Kassation von … Entscheidungen eine gesetzlich geregelte Ausnahme darstellt“. | 116 |
Im übrigen entsprachen Aufbau und Grundzüge des Beschlusses von 1987 im Wesentlichen dem vorhergehenden Präsidiumsbeschluss des Obersten Gerichts,96 der durch die Neuregelung aufgehoben wurde. | 117 |
Die vom Obersten Gericht erlassenen Regelungen entsprachen, soweit sie Kassationsanregungen von Bürgern und gesellschaftlichen Organisationen betragen – dies waren die weitaus meisten dieser Anregungen – m.E. nicht dem Eingabengesetz. Auch bei den von diesem Personenkreis getätigten Kassationsanregungen handelte es sich um formlose Beschwerden gegen rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen (§ 1 Abs. l Eingabengesetz); nicht aber um durch eine besondere Rechtsvorschrift geregelte Rechtsmittel iSd § l Abs. 3 Eingabengesetz, auf die die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung fanden. Bei den Kassationsanregungen der Bürger und der gesellschaftlichen Organisationen handelte es sich daher um typische Eingaben iSd § l Abs. l Eingabengesetz. So wurden auch in den Rundverfügungen des Ministeriums der Justiz der DDR, die die Bearbeitung von Eingaben geregelt hatten, Kassationsanregungen als Eingaben bezeichnet.97 | 118 |
Da die Zahl der Kassationsanregungen im Laufe der Jahre ständig anstieg,98 wurde im Zuge einer Reorganisation die Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des Obersten Gerichts mit Wirkung vom 1. Januar 1978 aufgelöst, nachdem bereits im Herbst 1977 die Kassationsantragsabteilung für Strafrecht aufgelöst worden war.99 Die bisherigen Leiter und wissenschaftlichen Mitarbeiter dieser aufgelösten Abteilungen wurden den jeweiligen Fachsenaten des Obersten Gerichts zugeteilt und auch deren Richter wurden zur ständigen Bearbeitung von Kassationsanregungen herangezogen. Eine von dem bearbeitenden Richter oder wissenschaftlichen Mitarbeiter als unrichtig erkannte Entscheidung musste jetzt zunächst im Senat bzw. dessen Vorsitzenden vorgetragen werden, der darüber entschied, ob dem für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen zuständigen Vizepräsidenten des Obersten Gerichts die Kassation vorgeschlagen werden sollte. Dieser Vizepräsident entschied dann darüber, ob ein Kassationsantrag gestellt wurde, es sei denn, der Präsident des Obersten Gerichts hatte sich im betreffenden Fall die Entscheidung darüber vorbehalten. | 119 |
Es seit bemerkt, dass der Präsident des Obersten Gerichts, Dr. Heinrich Toeplitz,100 nach der Wahl eines weiteren Vizepräsidenten des Obersten Gerichts durch die Volkskammer im Jahre 1966101 u.a. die Stellung von Kassationsanträgen gegen zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Entscheidungen auf diesen weiteren Vizepräsidenten – und später auf dessen Nachfolger – delegiert hatte. Diese weiteren Vizepräsidenten, die auch das Kollegium für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht anleiteten bzw. leiteten, waren nacheinander Hans Reinwarth (ab 16.3.1966),102 Peter-Paul Siegert (ab 24.9.1969)103 und Dr. Werner Strasberg (ab 19.12.1974),104 Letzterer später (ab 17.6.1986) als 1. Vizepräsident des Obersten Gerichts.105 Nach der Auflösung der Kassationsantragsabteilungen bestand die eigenartige Situation, dass die Fachsenate ein Mitspracherecht darüber hatten, ob im gegebenen Fall ein Kassationsverfahren durchzuführen oder ob die Kassationsanregung – ggf. auch aus rechtspolitischen Gründen – abzulehnen war. | 120 |
Die Auflösung der Kassationsantragsabteilungen wurde neben der Möglichkeit einer effektiveren Arbeitsweise auch damit begründet, dass dadurch die politische und fachliche Verantwortung sowohl für die Bearbeitung der Kassationsanregungen und das Vorschlagsrecht zur Kassation als auch für die Begründung der Kassationsanträge sowie für das Kassationsverfahren selbst bei einer Stelle – den Senaten des Obersten Gerichts – vereint war, | 121 |
An den Inhalt der Kassationsanregungen wurden keine besonderen Anforderungen gestellt. Wichtig war, die beanstandete Entscheidung genau zu bezeichnen, damit die Akte des betreffenden Rechtsstreits unverzüglich vom Kassationsgericht angefordert werden konnte. | 123 |
Fast immer wurden in den Kassationsanregungen die vermeintlichen Rechtsverletzungen gerügt, auf der nach Auffassung des Kassationsanregers die beanstandete Entscheidung beruhte. Die von Rechtsanwälten gefertigten Kassationsanregungen waren meist juristisch exakt abgefasst und erleichterten deshalb die Kassationsprüfung erheblich. | 124 |
Eine Forderung, etwaige Rechtsverletzungen in der Kassationsanregung so substantiiert darzulegen, dass der Bearbeiter allein anhand der Lektüre der Anregungsschrift und der beanstandeten gerichtlichen Entscheidung prüfen konnte, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Kassationsverfahrens vorlagen,106 wäre allerdings mit dem „Eingabencharakter“ der Kassationsanregungen unvereinbar gewesen. | 125 |
Unabhängig von den in einer Kassationsanregung enthaltenen Beanstandungen erfolgte die Prüfung des gesamten Inhalts der Prozessakte. | 126 |
Bei der Begründung eines Kassationsantrages war der Kassationsantragsteller nicht an die in der Kassationsanregung enthaltenen Beanstandungen und Rügen gebunden. Daher konnte es vorkommen, dass die Begründung eines Kassationsantrages mehr oder minder von der Begründung der entsprechenden Kassationsanregung abwich. | 127 |
Die Kassation von Entscheidungsbegründungen erfolgte nur selten. Eine solche Kassation erfolgte grundsätzlich nur dann, wenn die unrichtige Begründung eines Urteils oder Beschlusses für eine Partei unvertretbare Folgen nach sich ziehen konnte oder die Beseitigung einer unrichtigen Begründung im Interesse einer künftigen richtigen Rechtsprechung geboten war.107 | 128 |
In den meisten Fällen wurde den Gerichten, die richtige Entscheidungen unzureichend oder unrichtig begründet hatten, die zutreffende Begründung vom Obersten Gericht in Hinweisschreiben mitgeteilt. Ebenso wurde vom Obersten Gericht verfahren, wenn Fehler in der Rechtsanwendung festgestellt wurden, die nicht zur Einleitung eines Kassationsverfahrens führten. | 129 |
Stellte der Bearbeiter (ein wissenschaftlicher Mitarbeiter oder ein Richter) beim Studium der Gerichtsakten fest, dass eine Entscheidung auf einer unrichtigen Anwendung des Rechts beruhte, trug er die Sache dem Leiter der Kassationsantragsabteilung (ab 1978 dem Senatsvorsitzenden oder dem gesamten Senat) vor. War der Abteilungsleiter oder der Senatsvorsitzende der Auffassung, dass die Entscheidung zur Kassation vorgeschlagen werden sollte, hatte der Bearbeiter bei dem für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen zuständigen Vizepräsidenten (bzw. beim Präsidenten, wenn dieser es wünschte) Vortrag zu halten. Der Vizepräsident bzw. der Präsident entschied dann, ob in der betreffenden Sache ein Kassationsantrag gestellt wurde. | 130 |
Die Ausarbeitung der Kassationantragsschrift erfolgte durch den Bearbeiter der Sache. | 131 |
Die Begründungen der Kassationsantragsschriften waren relativ kurz. Nach einer zusammenfassenden Darstellung des Sachverhalts und der bisherigen Prozessgeschichte wurde erläutert, welche Rechtsvorschriften durch die angegriffene gerichtliche Entscheidung nach Auffassung des Kassationsantragstellers verletzt worden waren und in welcher Weise richtig zu entscheiden bzw. inwieweit der Sachverhalt noch aufzuklären wäre. | 132 |
Die Gliederung der Kassationsanträge entsprach weitgehend den Hinweisen, die das Kollegium für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen des Obersten Gerichts für die Gestaltung der Kassationsurteile gegeben hatte.108 Dabei wurde auf vorhandene einschlägige frühere Entscheidungen des Obersten Gerichts und anderer DDR-Gerichte Bezug genommen. Auch wurde manchmal DDR-Literatur angeführt. | 133 |
Kassationsanträge enthielten allerdings keine tiefgreifenden rechtstheoretischen Ausführungen. „Westliteratur“, vor dem 8. Mai 1945 erschienenes Schrifttum (insbesondere Kommentare zum BGB) sowie Entscheidungen aus dieser Zeit und aus der BRD wurden von den Richtern und wissenschaftlichen Mitarbeitern zwar gelesen und benutzt, durften aber weder in Kassationsantragsschriften noch in den Urteilen zitiert oder genannt werden. Das Gleiche galt für Veröffentlichungen von Autoren, die die DDR oder einen anderen sozialistischen Staat ohne die erforderliche Genehmigung verlassen hatten.109 | 134 |
Die Kassationsurteile des Obersten Gerichts entsprachen sowohl im Aufbau als auch in der Begründung überwiegend den Kassationsantragsschriften. Spätestens seit etwa 1971 waren auch keine Kassationsanträge mehr abgewiesen worden. Durch diese Praxis vermieden die Senate des Obersten Gerichts von vornherein Kritik an ihrer Rechtsprechung. Hier sei darauf hingewiesen, dass auch die Richter des Obersten Gerichts nur für einen gewissen Zeitraum (von fünf, zeitweise nur von vier Jahren) gewählt waren.110 | 135 |
Die Wahl und auch die Wiederwahl zum Richter am Obersten Gericht, die durch die Volkskammer erfolgen musste, bedurfte der Zustimmung des Politbüros des ZK der SED. Die Richter waren somit stets „auf Probe“ tätig. | 136 |
Wurde einer Kassationsanregung nicht stattgegeben, erhielt der Einsender einen diesbezüglichen Bescheid. Die Bescheide, die in Form von Briefen abgefasst wurden, enthielten grundsätzlich eine kurze Begründung, in der dargelegt wurde, dass die vom Einsender beanstandete gerichtliche Entscheidung nicht auf einer Gesetzesverletzung beruhte oder weshalb aus anderen Gründen (z.B. wegen Ablaufs der Kassationsfrist) eine Kassation nicht erfolgte. Der Bescheid wurde in der Regel vom Bearbeiter (dem wissenschaftlichen Mitarbeiter oder dem Richter) unterschrieben. Seit Dezember 1987 waren abschlägige Bescheide von einem Richter oder Oberrichter zu unterschrieben;111 die wissenschaftlichen Mitarbeiter hatten seitdem keine Unterschriftsbefugnis mehr. | 137 |
War der Anreger der Kassation mit dem abschlägigen Bescheid nicht einverstanden, erhielt er vom Vorgesetzten des Bearbeiters (dem Leiter der Kassationsantragsabteilung oder dem Senatsvorsitzenden) ein weiteres Ablehnungsschreiben. | 138 |
Manchmal erhielt der Einsender noch einen endgültigen Bescheid von dem für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen zuständigen Vizepräsidenten des Obersten Gerichts. | 139 |
Da dem betreffenden Vorgesetzten des Bearbeiters und dem Vizepräsidenten solche Fälle stets vom Bearbeiter vorgetragen werden mussten, war die Erledigung mancher Kassationsanregungen mit einem hohen Zeitaufwand verbunden. Es kam sehr selten vor, dass der Vizepräsident oder der Präsident des Obersten Gerichts gegen Entscheidungen einen Kassationsantrag stellte, deren Kassation ein Bearbeiter bereits abgelehnt hatte. Vielmehr bestand von Seiten des Vizepräsidenten die Tendenz, die Kassation auch solcher unrichtigen Entscheidungen abzulehnen, die von Bearbeitern – so auch vom Verfasser dieses Beitrages – zur Kassation vorgeschlagen worden waren. | 140 |
5. Die Kassationsentscheidungen und die Leitungsdokumente des Obersten Gerichts als Mittel zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung in Zivilsachen |
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In der DDR sollten alle Gesetze und anderen Rechtsvorschriften einheitlich angewandt werden. Dies folgte aus dem demokratischen Zentralismus, der auch in der DDR tragendes Prinzip des Aufbaus und der Tätigkeit aller Staatsorgane war.112 Das Prinzip des demokratischen Zentralismus war von Lenin entwickelt worden, der u.a. eine „einheitliche Gesetzlichkeit“ für ganz Russland gefordert hatte.113 |
141 |
Dem Obersten Gericht als dem höchsten Organ der Rechtsprechung, das die Judikatur sämtlicher anderen Gerichte auf der Grundlage der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften zu „leiten“ hatte, oblag es auch, die einheitliche Rechtsanwendung durch alle Gerichte zu sichern (Art. 93 DDR-Verf. 1968/74). | 142 |
Das Oberste Gericht hatte die einheitliche Anwendung und Auslegung der Gesetze und der anderen Rechtsvorschriften durch die eigene Rechtsprechung, die Analyse und Verallgemeinerung der Rechtsprechung sowie durch Richtlinien seines Plenums und Beschlüsse seines Präsidiums zur Leitung der Rechtsprechung zu gewährleisten.114 Das bedeutete letztlich, dass die Nichtbeachtung von Rechtsauffassungen, die in den Urteilen und anderen Einzelentscheidungen sowie in Richtlinien des Plenums und in Beschlüssen des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Leitung der Rechtsprechung verlautbart waren, durch ein unteres Gericht eine Gesetzesverletzung darstellte und zur Aufhebung der betreffenden Entscheidung des unteren Gerichts durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts führen konnte. | 143 |
Die Auslegung der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften durch Plenarrichtlinien und Leitungsbeschlüsse des Präsidiums des Obersten Gerichts war für die unteren Gerichte absolut verbindlich. Die gesetzlich geregelte Verbindlichkeit dieser Leitungsdokumente schloss ein richterliches Nachprüfungsrecht darüber, ob sie auf der Grundlage des geltenden Rechts ergangen waren, aus.115 Die Kreis- und Bezirksgerichte hatten ihrer Rechtsprechung grundsätzlich auch die in den Urteilen und in den Beschlüssen der Senate des Obersten Gerichts dargelegten Rechtsauffassungen zugrunde zu legen. | 144 |
Andererseits legte das Oberste Gericht dar, dass die Bezirks- und Kreisgerichte „allerdings nicht unter allen Umständen zur völligen Übereinstimmung mit den Entscheidungen des Obersten Gerichts verpflichtet (sind). Sie können auf Grund eigener verantwortlicher Erwägungen zu einer abweichenden Begründung oder auch zu einem abweichenden Ergebnis gelangen. Das kann in einzelnen Fällen auch der Fortentwicklung der Rechtsprechung dienen. Als angemessen wird eine solche Abweichung allerdings nur betrachtet werden können, wenn sie auf einer besonders eingehenden Prüfung der in Betracht kommenden Rechtsfragen beruht, insbesondere wenn das Instanzgericht hierbei alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft hat“.116 | 145 |
So hatte das Kreisgericht Strasburg abweichend von der bis dahin vom Obersten Gericht vertretenen Rechtsauffassung117 dahin erkannt, dass auch ein Hehler neben den Tätern eines Eigentumsdelikts zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet ist. Vom Kreisgericht war gem. § 823 iVm § 840 Abs. l BGB entschieden worden, dass fünf Diebe und ein Hehler dem Bestohlenen als Gesamtschuldner schadensersatzpflichtig sind.118 Dieses Urteil wurde vom Obersten Gericht gebilligt, indem es seine bisherige Rechtsprechung zur Schadensersatzpflicht von Hehlern aufgab.119 | 146 |
Ein Fall des Abweichens eines Bezirksgerichts von der Rechtsprechung des Obersten Gerichts ist im Abschnitt V. erwähnt. | 147 |
Das Erfordernis einer einheitlichen Rechtsanwendung, das eine einheitliche Auslegung der Rechtsvorschriften durch alle Gerichte beinhaltete, wurde in Gesprächen, die der Verfasser dazu sowohl mit DDR-Juristen als auch mit Nichtjuristen führte, von fast allen Beteiligten nicht etwa als etwas Falsches oder dem DDR-Recht Aufgezwungenes, sondern vielmehr als eine Selbstverständlichkeit angesehen. Soweit in Urteilen und Beschlüssen der unteren Gerichte auf veröffentlichte Entscheidungen und Leitungsdokumente des Obersten Gerichts Bezug genommen wurde, trug dies dazu bei, die Rechtsprechung überschaubar, nachvollziehbar und berechenbar zu machen. | 148 |
Das Oberste Gericht setzte die einheitliche Anwendung und Auslegung der Rechtsvorschriften vornehmlich mit seiner Rechtsprechung durch. Da seit Ende April 1963 die Bezirksgerichte nur dann für die erstinstanzliche Verhandlung und Entscheidung von Zivilprozessen zuständig waren, wenn diese Zuständigkeit im Einzelfall durch eine Verfügung des Bezirksgerichtsdirektors oder durch einen Antrag des Bezirksstaatsanwalts begründet worden war,120 hatte das Oberste Gericht nur selten über Rechtsmittel, in Zivilsachen zu entscheiden. Die überwiegende Zahl der Zivilurteile des Obersten Gerichts erging daher in Kassationsverfahren.121 | 149 |
Die in Kassationsurteilen des Obersten Gerichts vorgenommene Auslegung der Rechtsvorschriften war daher das meist herangezogene Orientierungsmittel der unteren Gerichte bei der Anwendung des Rechts. | 150 |
So gab es nach dem Inkrafttreten des ZGB (1.1.1976) eine ansehnliche Rechtsprechung zum Kaufrecht,122 zum Wohnungstausch,123 zur Aufhebung von Wohnungsmietverhältnissen wegen Eigenbedarfs des Vermieters,124 zur vertraglichen Nutzung von Bodenflächen zur Erholung,125 zum Nachbarrecht126 und zum Erbrecht.127 | 151 |
Außerdem gab es nach dem Inkrafttreten des ZGB in der Zeitschrift NEUE JUSTIZ eine Reihe von Veröffentlichungen zu dieser Kodifikation, die auch der Anleitung der Bezirks- und Kreisgerichte dienten und zu einer einheitlichen Rechtsprechung auf dem Gebiet des damals neuen DDR-Zivilrechts beitrugen.128 | 152 |
Als weiteres Mittel der Leitung der Rechtsprechung und zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Rechtsvorschriften auf den Gebieten des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts seien die Berichte genannt, die in den Plenartagungen des Obersten Gerichts von dessen Präsidium erstattet worden waren.129 Die in diesen Berichten enthaltenen rechtlichen Ausführungen beruhten auf Analysen der Rechtsprechung, die von Richtern und wissenschaftlichen Mitarbeitern des Obersten Gerichts erarbeitet worden waren. | 153 |
Seit dem Inkrafttreten des ZGB und der ZPO/DDR existierte zum Zivilrecht nur eine Richtlinie des Obersten Gerichts.130 Weiterhin gab es seitdem je einen Beschluss des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten131 und zur Einweisung von geisteskranken Bürgern in psychiatrische Einrichtungen.132 Schließlich existierte noch ein Beschluss des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen des LPG-Rechts, der jedoch 1980 aufgehoben wurde.133 | 154 |
Weshalb seit 1976 auf den Gebieten des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts keine weiteren Leitungsdokumente des Obersten Gerichts erlassen wurden, sollte Gegenstand einer weiteren Untersuchung sein. | 155 |
Eine der Ursachen war, dass sich das Oberste Gericht für eine Änderung der Rechtsprechung „den Rücken frei halten“ wollte, was z.B. bei einer Festschreibung von Rechtsauffassungen in Richtlinien – diese wurden stets im Gesetzblatt veröffentlicht – schwerer gewesen wäre als das Abweichen von Rechtsauffassungen, die lediglich in Urteilsbegründungen enthalten waren. Der für das Zivilrecht zuständige Vizepräsident vertrat die Auffassung, die Rechtsprechung in Zivilsachen müsse flexibel gehandhabt werden, damit sie jederzeit neuen gesellschaftlichen Erfordernissen angepasst werden könne. | 156 |
Neben den im GVG 1974 vorgesehenen Leitungsdokumenten des Obersten Gerichts existierten noch „Gemeinsame Standpunkte“ des Obersten Gerichts und des Ministeriums der Justiz zu Vorschriften des Zivilprozessrechts.134 Auf Teile dieser Gemeinsamen Standpunkte – diese waren der Allgemeinheit nicht zugänglich – wurde im ZPO-Kommentar hingewiesen.135 | 157 |
Obwohl die Sicherung der einheitlichen Rechtsanwendung – und damit die verbindliche Auslegung der Justizgesetze – allein dem Obersten Gericht oblag, wurden seit den 1970er Jahren vom Obersten Gericht gemeinsam mit anderen zentralen Staatsorganen – so mit den Ministerien der Justiz, des Inneren und für Staatssicherheit sowie mit dem Generalstaatsanwalt – „Gemeinsame Standpunkte“ zur Anwendung des Rechts erarbeitet und zur Anleitung der unteren Gerichte verwendet. Die Gemeinsamen Standpunkte dienten gewissermaßen der Rückversicherung des Obersten Gerichts bei den zentralen Staatsorganen, die daran mitgewirkt hatten oder sogar federführend waren. | 158 |
Die Existenz der Gemeinsamen Standpunkte zeugt auch von der geschwächten Stellung des Obersten Gerichts im System der Rechtspflegeorgane, die seit dem VIII. Parteitag der SED (1971) eingetreten war. Bezeichnend ist, dass unmittelbar nach der politischen Wende des Herbstes 1989 zwei leitende Justizfunktionäre den Gemeinsamen Standpunkten die „Daseinsberechtigung“ abgesprochen hatten.136 | 159 |
„Gemeinsame Standpunkte“ des Obersten Gerichts und anderer Staatsorgane gehörten gewissermaßen zur gelebten Rechtswirklichkeit der DDR. Deshalb dürfen Wertvorstellungen und Auslegungsgrundsätze, wie sie auch in solchen Leitungsdokumenten zum Ausdruck kommen, bei der Auslegung des DDR-Rechts grundsätzlich nicht außer Acht gelassen werden.137 | 160 |
IV. SED, Blockparteien, Staatsrat, Ministerrat sowie andere zentrale Staatsorgane und Kassation1. Zur führenden Rolle der SED |
|
Gemäß Art. l Abs. l der DDR-Verf. 1968/74 war „die DDR ein sozialistischer Staat“ sowie „die politische Organisation der Werktätigen … unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei“. Diese Verfassungsnorm diente der SED zur Begründung ihres Führungsanspruchs, den sie bis zur politischen Wende des Herbstes 1989 auch in den Justizorganen ausübte.138 Daher waren die Beschlüsse der leitenden Gremien der SED – ihres Politbüros, des Sekretariats und des Zentralkomitees – sowie auch die Ausführungen (Reden) der leitenden Kader der Partei – insbesondere ihres Generalsekretärs sowie der Mitglieder und Kandidaten des Politbüros – die Grundlage auch für die Tätigkeit sämtlicher Gerichte. Somit hatte die Rechtsprechung des Obersten Gerichts einschließlich der Spruchtätigkeit in Kassationssachen ebenfalls der Durchsetzung der Politik der SED und der von ihr dominierten Staatsführung zu dienen. |
161 |
Zur Verwirklichung dieser Aufgabe hatte das Plenum des Obersten Gerichts nach dem IX. SED-Parteitag Anfang November 1976 einen Beschluss gefasst. Mitte Juni 1981 war vom Minister der Justiz und vom Präsidenten des Obersten Gerichts eine gemeinsame Festlegung „Über die Aufgaben der Gerichte zur Verwirklichung der Beschlüsse des X. Parteitages der SED“ getroffen worden.139 | 162 |
Am 16. Juli 1986 hatten das Plenum des Obersten Gerichts und das Ministerium der Justiz ein „Gemeinsames Dokument“ über die „Aufgaben der Gerichte der DDR zur Verwirklichung der Beschlüsse des XI. Parteitages der SED“ beschlossen.140 | 163 |
Da dem Obersten Gericht gem. § 20 Abs. 1 u. 2 GVG 1974 die Leitung der Rechtsprechung sowie die Sicherung der einheitlichen Anwendung und Auslegung der Rechtsvorschriften oblag, hätte das Oberste Gericht die entsprechenden Festlegungen auch 1981 und 1986 nach dem X. und XI. SED-Parteitag ohne die Mitwirkung des Ministeriums der Justiz treffen können – so wie es 1976 nach dem IX. SED-Parteitag erfolgt war. Wahrscheinlich wurde der Weg des „Gemeinsamen Dokuments“ jedoch vom Obersten Gericht gewählt, um eine spätere Kritik von Seiten des Ministeriums der Justiz an einer allein vom Obersten Gericht beschlossenen Festlegung von vornherein auszuschließen. | 164 |
Auffällig ist, dass der Minister der Justiz, dessen Behörde für die Anleitung, Kontrolle und Revision der Kreis- und Bezirksgerichte zuständig war (§ 21 Abs. 1 u. 2 GVG 1974), jeweils kurze Zeit nach der Verabschiedung der „Gemeinsamen Dokumente“ noch eigene Festlegungen über die Aufgaben seines Ministeriums zu Verwirklichung der jeweiligen Parteitagsbeschlüsse erlassen hatte.141 | 165 |
Hinweise auf eine Mitwirkung des Obersten Gerichts oder auf eine gegenseitige Abstimmung der beiden zentralen Justizorgane bei der Ausarbeitung enthalten diese ministeriellen Festlegungen nicht. | 166 |
Das Zustandekommen der „Gemeinsamen Dokumente“ und der kurze Zeit später erlassenen Festlegungen des Ministers der Justiz in den Jahren 1981 und 1986 spiegelt den Kompetenz- und Prestigeverlust wider, den das Oberste Gericht seit dem VIII. SED-Parteitag und der Aufhebung des Rechtspflegeerlasses142 sowie durch die Ablösung des auf diesem Erlass basierenden GVG 1963 durch das GVG 1974143 erlitten hatte. | 167 |
Im einleitenden Teil des „Gemeinsamen Dokuments“ des Obersten Gerichts und des Ministeriums der Justiz vom 16.7.1986 ist die Feststellung enthalten, dass „die Beschlüsse des XI. Parteitages … verbindliche Grundlage für die Tätigkeit aller Gerichte (sind). Sie sind den Richtern, Sekretären und Mitarbeitern der Gerichte … Richtschnur ihres Handelns und Maßstab für die Qualität ihrer Arbeit“. | 168 |
Weiter wird in dem einleitenden Teil dargelegt, dass „die Erfüllung der den Gerichten übertragenen Aufgaben … eine zielgerichtete Leitungstätigkeit unter Führung der Grundorganisation der SED voraus(setzt)“.
| 169 |
Damit war erneut betont worden, dass die SED auch in den Gerichten – einschließlich des Obersten Gerichts – die führende Rolle beanspruchte und ausübte. Wie aber das Zusammenwirken der „Leitungstätigkeit“ – diese oblag den Direktoren der Kreis- und Bezirksgerichte (vgl. § 26 und § 34 GVG 1974) sowie dem Präsidenten des Obersten Gerichts im Rahmen des § 42 GVG 1974 – mit der „Führung durch die Grundorganisationen der SED“ in der gerichtlichen Praxis erfolgen sollte, war allerdings nicht näher erläutert. Wenig hilfreich war diesbezüglich auch die Festlegung, dass die Rolle des Gerichtsdirektors „im Leitungsprozess bei der Verwirklichung des demokratischen Zentralismus … zu erhöhen“ war (so Teil II Nr. 7 vorletzter Absatz). | 170 |
Für den Verfasser, der einer anderen Partei angehörte, waren die Beziehungen, die zwischen der staatlichen Leitungstätigkeit und der „Führung durch die Grundorganisation der SED“ bestanden hatten, ohnehin nicht durchschaubar. Über die Tätigkeit von SED-Funktionären, die der Verfasser als Eingriffe in die juristische Tätigkeit empfand, wird noch zu berichten sein. | 171 |
Teil II des „Gemeinsamen Dokuments“ enthält zum Teil so genannte Kampfziele, wie - „Jede Entscheidung muß politisch durchdacht, gesetzlich richtig, überzeugend begründet und gesellschaftlich wirksam sein“ (Nr. 1 erster Absatz, letzter Satz);
- „Die
Unterstützung der innen- und außenpolitischen
Zielstellungen von Partei und Regierung ist ein Klassenauftrag an die
Gerichte auf allen Rechtsgebieten. … | 172 |
Speziell zur Zivilrechtsprechung sind im „Gemeinsamen Dokument“ nur wenige Bemerkungen enthalten. So ist festgelegt, dass - „die Gerichte Einfluß auf die Verbesserung der Qualität der Waren und Dienstleistungen zu nehmen“ haben und - „die erzieherische Einwirkung auf die Bürger zur Erfüllung der dem sozialistischen Eigentum zustehenden Zahlungsansprüche, insbesondere des Mietpreises und anderer selbstverständlicher Zahlungsverpflichtungen, … weiter zu erhöhen“ ist (Auszüge aus Nr. 4 letzter Absatz). | 173 |
Bezüglich der Berufungs- und Beschwerdeverfahren wurde gefordert, „das Niveau der Arbeit der Rechtsmittelsenate … zu erhöhen“ und im Rechtsmittelverfahren zu „gewährleisten, dass alle materiellen und prozessualen Normen richtig angewandt und fehlerhafte Entscheidungen korrigiert werden“ (aus Nr. l letzter Absatz). | 174 |
In Teil II sind auch solche Hinweise enthalten, die sich für Richter und Mitarbeiter der Gerichte aus Rechtsvorschriften ergaben oder selbstverständlich waren, z.B.
| 175 |
Eine zusammenfassende Darlegung der Aufgaben, die die Rechtsprechung nach dem XI. Parteitag der SED lösen sollte, enthält ein Beitrag, den Dr. Günter Sarge als neu gewählter Präsident des Obersten Gerichts in der Zeitschrift NEUE JUSTIZ veröffentlicht hatte.144 | 176 |
Die Kassationstätigkeit des Obersten Gerichts und der Bezirksgerichte wurde ausdrücklich weder in dem „Gemeinsamen Dokument“ vom 16.7.1986 noch in dem zuletzt genannten Beitrag von G. Sarge erwähnt. Sie wurde aber ebenfalls als ein Mittel zur Umsetzung der Politik von Partei- und Staatsführung angesehen und entsprechend ausgeübt. Auch hatte sich das Präsidium des Obersten Gerichts Ende 1987 in einem Leitungsdokument verpflichtet, „das Zentralkomitee der SED über die im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Eingaben und Kassationsanregungen sichtbar gewordenen politisch-ideologischen Fragen“ zu informieren.145 | 177 |
So ist eine im Jahre 1975 ergangene Kassationsentscheidung, in der u.a. dahin erkannt worden war, dass an das Zustandekommen und an die Ausgestaltung einer Bürgschaft (§§ 765 f. BGB) strenge Anforderungen zu stellen sind,146 im Ergebnis der Intervention des SED-Parteiapparates zustande gekommen. | 179 |
Kassationsanträge wurden fast immer dann gegen fehlerhafte Entscheidungen gestellt, wenn dies von zentralen oder bezirklichen Organen der SED oder des Staatsapparates befürwortet worden war. Andererseits unterblieb die Stellung eines Kassationsantrages in den Fällen, in denen die Aufhebung einer fehlerhaften Entscheidung von diesen Organen nicht gewünscht wurde. | 180 |
Für die Anleitung des Obersten Gerichts durch die SED war ein spezieller „politischer Mitarbeiter“ der Abteilung Staats- und Rechtsfragen des ZK der SED zuständig. Bis etwa 1981 war dies ein Mitarbeiter, der diese Funktion seit 1960 ausübte. Dieser Mitarbeiter nahm zuweilen auf recht subtile Weise auf die Bearbeitung von Kassationsanregungen Einfluss. Bezeichnend für sein Auftreten war, dass er – ohne sich beim Leiter der Kassationsantragsabteilung und später beim Senatsvorsitzenden anzumelden – wissenschaftliche Mitarbeiter des Obersten Gerichts aufsuchte und ihnen „Ratschläge“ für die Bearbeitung bestimmter Sachen – Vorschläge zur Kassation von Entscheidungen oder zur Ablehnung von Kassationsanregungen – erteilte. | 181 |
In einem Fall drang dieser politische Mitarbeiter darauf, gegen eine in einem Urheberrechtsstreit ergangene fehlerhafte Entscheidung trotz der begründeten Kassationsanregung des im Prozess unterlegenen Autors keinen Kassationsantrag zu stellen, weil dieser Bürger angeblich einen höheren Parteifunktionär beleidigt hatte. Die Intervention dieses Mitarbeiters bewirkte, dass kein Kassationsverfahren gegen die unrichtige Entscheidung des Bezirksgerichts eingeleitet wurde, obwohl der verklagte Autor offensichtlich zu Unrecht verurteilt worden war, einen Geldbetrag von mehreren tausend Mark an einen volkseigenen Betrieb zurückzuzahlen.147 | 182 |
Anfang der 1970er Jahre überraschte dieser politische Mitarbeiter die Leiterin der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des Obersten Gerichts mit dem Hinweis, dass von der SED gezahlte Parteiehrenrenten bei der Bemessung der Höhe des Unterhalts für minderjährige Kinder außer Betracht bleiben sollten. Dieser Hinweis widersprach jedoch einem Beschluss des Präsidiums des Obersten Gerichts in dem festgelegt war, dass „sonstige Ehrenrenten, die vom Staat, einer Partei oder einer gesellschaftlichen Organisation gezahlt werden und auf die kein Rechtsanspruch besteht, … bei der Bemessung des Unterhalts für minderjährige Kinder nicht völlig unberücksichtigt bleiben“ dürfen.148 Da der Mitarbeiter seine rechtswidrige Auffassung auch noch Richtern des Stadtgerichts Berlin mitgeteilt hatte, musste von Seiten der Kassationsantragsabteilung auch dort auf die weiterhin aktuelle Rechtsauffassung des Obersten Gerichts hingewiesen werden. Auffällig ist jedoch, dass der betreffende Beschluss des Obersten Gerichts im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des ZGB und der ZPO/DDR mit Wirkung vom 1.1.1976 aufgehoben wurde,149 obwohl er außer seiner Nr. 5 (diese Ziffer bezog sich auf die bisher geltende ZPO von 1877) lediglich unterhaltsrechtliche Festlegungen enthielt, die keinen Bezug zu den am 31.12.1975 außer Kraft getretenen Rechtsvorschriften hatten. | 183 |
Offenbar hatte sich jedoch der Apparat des ZK der SED mit seiner Auffassung, dass Parteiehrenrenten bei der Bemessung der Höhe des Kindesunterhalts nicht angerechnet werden sollten, beim Präsidium des Obersten Gerichts durchgesetzt, weshalb die Aufhebung des Beschlusses vom 21.9.1966 erfolgte. | 184 |
Manchmal interessierte sich der politische Mitarbeiter lediglich für die Berufe der Prozessparteien und nicht für den übrigen Inhalt der Verfahrensakten. Hatte z.B. ein Arbeiter in einem gegen einen Handwerker geführten Zivilprozess obsiegt, genügte ihm dies in der Regel; auf eine Kenntnisnahme des Prozessstoffes wurde dann seinerseits verzichtet. | 185 |
Wahrscheinlich deshalb, weil der Verfasser nicht der SED angehörte und er vielleicht ein etwas „unbequemer“ wissenschaftlicher Mitarbeiter war, ersuchte der betreffende politische Mitarbeiter Anfang der 1970er Jahre einen anderen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Kassationsantragsabteilung, dafür zu sorgen, dass der Verfasser nicht mehr mit der Bearbeitung von Kassationsanregungen betraut werde, die im Apparat des ZK der SED eingegangen und von dort mit einer Stellungnahme an das Oberste Gericht weitergeleitet worden waren. Dieser Wunsch wurde offenbar von den Vorgesetzten des Verfassers nicht zur Kenntnis genommen, denn er wurde auch noch später mit der Bearbeitung solcher Kassationsanregungen beauftragt. Der genannte politischer Mitarbeiter war Anfang oder Mitte der 1980er Jahre altershalber in den Ruhestand getreten. Für seine Tätigkeit waren ihm hohe staatliche Auszeichnungen verliehen worden.150 | 186 |
Seit etwa 1982 war ein anderer politischer Mitarbeiter, der vorher u.a. als stellvertretender Abteilungsleiter in der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des Obersten Gerichts gearbeitet hatte und dann zur Abteilung Staats- und Rechtsfragen des ZK der SED wechselte, für das Oberste Gericht zuständig. Dieser Mitarbeiter hatte – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – fundierte Kenntnisse auch auf dem Gebiet des Zivilrechts und pflegte einen offenen kollegialen Umgang auch mit dem Verfasser.151 | 187 |
Eine allgemeine Information der zentralen Vorstände oder anderer Leitungen der Blockparteien über Fragen, die im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Kassationsanregungen und Eingaben aufgetreten waren, erfolgte durch das Oberste Gericht nicht. | 189 |
4. Staatsrat und Kassation |
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Gemäß der Verfassung der DDR oblag es dem Staatsrat, „im Auftrage der Volkskammer die ständige Aufsicht über die Verfassungsmäßigkeit und Gesetzlichkeit der Tätigkeit des Obersten Gerichts …“ wahrzunehmen.152 |
190 |
Es hätte daher nahe gelegen, dass der Staatsrat – ähnlich wie der Apparat des ZK der SED – auf die Kassationspraxis eingewirkt hätte. Das war jedoch nicht der Fall. | 191 |
An den Staatsrat gerichtete Eingaben, in denen gerichtliche Entscheidungen beanstandet worden waren, wurden von dessen Abteilung Staats- und Rechtsfragen ohne Stellungnahme an das Oberste Gericht zur Kassationsprüfung abgegeben. Zuweilen wurde Bürgern, die beim Staatsrat die Kassation gerichtlicher Entscheidungen angeregt hatten, von dort noch mitgeteilt, dass sich der Staatsrat nicht mit der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten befasse und die Richter in ihrer Rechtsprechung unabhängig seien. Auch der Staatsrat bat um Rückinformation über die Bearbeitung der von ihm an das Oberste Gericht weitergeleiteten Kassationsanregungen. | 192 |
Mir ist nicht bekannt, dass etwa Mitarbeiter des Staatsrates Mitarbeiter der Kassationsantragsabteilung oder Richter des Obersten Gerichts aufgesucht und versucht hätten, Einfluss auf die Bearbeitung von Kassationsanregungen zu nehmen. Offenbar hielt die Abteilung Staats- und Rechtsfragen des Staatsrates das diesbezügliche Wirken der gleichnamigen Abteilung des ZK der SED für völlig ausreichend. | 193 |
Das Oberste Gericht erstattete dem Staatsrat jährlich einen Bericht über die Rechtsprechung sowie über die Bearbeitung der Kassationsanregungen und Eingaben.153 Dieser Bericht wurde vom Präsidenten des Obersten Gerichts in einer Sitzung des Staatsrates erläutert. | 194 |
Einige begründete Kassationsanregungen wurden vom Ministerium für Verkehrswesen eingereicht. Diese Kassationsanregungen richteten sich gegen bezirksgerichtliche Entscheidungen, gemäß denen die Deutsche Reichsbahn zu Unrecht verpflichtet worden war, ihren Frachtkunden (ausnahmslos volkseigenen Betrieben) Schäden zu ersetzen, die ihnen bei der Beförderung von Frachtgut im internationalen Eisenbahn-Güterverkehr entstanden waren.154 | 196 |
In einem Fall war mit der Kassationsanregung zu Recht beanstandet worden, dass ein Bezirksgericht die Kosten eines solchen Schadensersatzprozesses der Deutschen Reichsbahn auferlegt hatte. | 197 |
Diese Kassationsanregungen des Ministeriums für Verkehrswesen führten zur Aufhebung der unrichtigen Entscheidungen der Bezirksgerichte durch das Oberste Gericht.155 | 198 |
Dem Obersten Gericht war es jedoch nicht möglich, sich gegen Rechtsauffassungen von Ministerien und anderen zentralen Staatsorganen durchzusetzen, wenn diese Rechtsauffassungen in normativen Weisungen – nicht im Gesetzblatt veröffentlichten Rundverfügungen, Anweisungen, Rundschreiben und ähnlichen der Bevölkerung nicht zugänglichen Leitungsakten – der zentralen Staatsorgane enthalten waren. Die Vertreter dieser Behörden wiesen bei Beratungen, die Mitarbeiter des Obersten Gerichts mit ihnen durchführten, meist darauf hin, dass die betreffenden – oft einem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften widersprechenden unveröffentlichten Anweisungen usw. – mit der zuständigen Abteilung des ZK der SED abgestimmt und aus politischen Gründen oder zur Durchsetzung der ökonomischen Strategie notwendig waren. | 199 |
Dagegen kam das Oberste Gericht nicht an. Es trug sogar dazu bei, solche normativen Weisungen durchzusetzen, indem es sie zur Grundlage von Entscheidungen machte. So erließ das Oberste Gericht Kassationsentscheidungen, die lediglich auf eine interne normative Weisung gestützt waren, um den „Schwarzhandel“ mit bestellten, aber noch nicht ausgelieferten PKWs zu verhindern. | 200 |
Unter Bezugnahme auf eine nicht im Gesetzblatt veröffentlichte ministerielle Anweisung156 wurde im April 1980 entschieden, dass die Bestellung eines PKW durch einen Bürger beim VEB Ifa-Vertrieb keine zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Besteller und diesem Handelsbetrieb begründete. Damit lehnte es das Oberste Gericht ab, die Bestellung und deren Registrierung durch den VEB Ifa-Vertrieb als zivilrechtlichen Vorvertrag iSd §§ 43 ff. ZGB zu beurteilen.157 Bis zur Auslieferung eines bestellten PKW – dies erfolgte meist erst nach mehreren Jahren – bestand somit nach Auffassung des Obersten Gerichts zwischen dem Handelsbetrieb und dem Besteller ein „rechtsfreier“ Zeitraum. | 201 |
Das Oberste Gericht führte dazu aus, dass die in dieser internen Anweisung „festgelegten Verkaufsbedingungen … ausdrücklich der Eingehung zivilrechtlicher Bindungen bei Entgegennahme der PKW-Bestellung entgegen(standen)“.158 | 202 |
Mit dieser Entscheidung negierte das Oberste Gericht seine eigene Judikatur, gemäß der nur im Gesetzblatt veröffentlichte Rechtsnormen (= Rechtsvorschriften) Grundlage der Rechtsprechung sein konnten.159 Dies folgte seit April 1968 auch zwingend aus Art. 89 Abs. l der DDR-Verf. 1968/74.160 | 203 |
Die Kassationsentscheidung des Obersten Gerichts sollte dazu beitragen, entgeltliche Abtretungen von Bestellungen der „Mangelware PKW“ zu unterbinden, da für die Abtretung von PKW-Bestellungen von den Abtretungsempfängern oft hohe Geldbeträge gezahlt wurden. Der Versuch, einer „außergewöhnlichen Situation“ (dem Mangel an fabrikneuen PKWs) mit einer „außergewöhnlichen Maßnahme“ (der Abweichung von einem bewährten verfassungsgemäßen Rechtsprechungsgrundsatz) entgegenzutreten, erwies sich als untauglich. Obwohl das Oberste Gericht im Mai 1983 wiederum entschieden hatte, dass aus einer Vormerkung auf künftige Lieferung eines PKWs keine zivilrechtlichen Ansprüche hergeleitet werden konnten,161 blühte der „Handel“ mit PKW-Bestellungen in der DDR bis zur Öffnung ihrer Grenzen ungehemmt weiter. | 204 |
Widersprach die Entscheidung eines Kreis- oder Bezirksgerichts dem Gesetz oder einer anderen Rechtsvorschrift, beruhte diese Entscheidung jedoch auf einer normativen Weisung eines Ministeriums oder eines anderen zentralen Staatsorgans, so unterblieb die Kassation in den Fällen, in denen die betreffende Behörde auf die vermeintliche „Richtigkeit“ ihrer normativen Weisung beharrte und sich weigerte, diese aufzuheben oder mit dem Gesetz oder mit den anderen Rechtsvorschriften in Übereinstimmung zu bringen. | 205 |
So hatte ein Bezirksgericht im Jahr 1976 durch Urteil entschieden, dass eine Kreissparkasse nicht verpflichtet war, dem Erben eines Kontoinhabers darüber Auskunft zu erteilen, welche Kontobewegungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor dem Erbfall stattgefunden hatten. Dieses bezirksgerichtliche Urteil war eindeutig unrichtig, da auch nach DDR-Recht ein Erbe stets Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers war (§ 1922 Abs. l BGB; seit dem 1.1.1976 galt diesbezüglich § 363 Abs. l ZGB). | 206 |
Im Zuge der Bearbeitung der Kassationsanregung des Erben, der sich gegen dieses fehlerhafte Urteil gewandt hatte, wurde der Verfasser von der Leiterin der Kassationsantragsabteilung beauftragt, in dieser Sache die Rechtsabteilung der Staatsbank der DDR zu konsultieren. Dieser Bank oblag damals die Anleitung der Sparkassen. Die Rücksprache, die der Verfasser in dieser Sache Mitte 1976 mit leitenden Juristen der Staatsbank hatte, führte zu keinem positiven Ergebnis. Die Juristen der Staatsbank vertraten die Auffassung, dass die Entscheidung des Bezirksgerichts richtig wäre, da der Erbe erst seit dem Tode des Erblassers Inhaber des Kontos sei und er deshalb lediglich berechtigt wäre, Einblick in diejenigen Kontobewegungen zu erhalten, die seit dem Erbfall stattgefunden hatten. Der Hinweis des Verfassers, dass auch der Erblasser berechtigt war, von bereits erhaltenen Kontoauszügen Zweitschriften zu bekommen; dieses Recht nun dem Erben zustehe und die Weigerung, einem Erben solche Zweitschriften auszuhändigen, das Geschäftsgebaren eines Kreditinstituts in einem schlechten Licht erscheinen lasse, konnte die Juristen der Staatsbank nicht überzeugen. | 207 |
Später stellte sich heraus, dass die irrige Rechtsauffassung der Angestellten der betreffenden Kreissparkasse und der Juristen der Staatsbank sowie das Urteil des Bezirksgerichts auf einer internen Verfügung der Leitung der Staatsbank beruhten. Durch diese interne Verfügung sollte nach Auffassung der Leitung der Staatsbank insbesondere verhindert werden, dass nicht in der DDR wohnhafte Erben Einblick in die Konten erhielten. | 208 |
Die Autorität des Obersten Gerichts reichte nicht aus, die Aufhebung dieser offenbar rechtswidrigen Verfügung zu erreichen. Vielmehr lehnte es der zuständige Vizepräsident des Obersten Gerichts ab, einen Kassationsantrag gegen das unrichtige Urteil des Bezirksgerichts zu stellen.162 | 209 |
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Im Februar 1985 erschien ein Beitrag von Prof. Gerhard Riege – eines führenden Staatsrechtlers der DDR –, in dem dieser darlegte, dass
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Auch diese Veröffentlichung führte nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung des Obersten Gericht. Es blieb insbesondere dabei, dass PKW-Bestellungen nicht als Vorverträge iSd §§ 43 ff. ZGB beurteilt, sondern weiterhin gemäß der genannten internen Anweisung als unverbindliche Vormerkungen angesehen wurden, aus denen die Besteller keine Rechte ableiten konnten. | 211 |
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Kurz vor dar politischen Wende des Herbstes 1989 fand am 28. und 29. Juni 1989 an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR eine Arbeitsberatung über „Aktuelle theoretische Probleme der Vervollkommnung der sozialistischen Gesetzgebung“ statt. | 212 |
In dieser Beratung hatte der Verfasser u.a. „mit Nachdruck die Notwendigkeit (unterstrichen), im Interesse der Rechtssicherheit der Bürger normative Weisungen durch Rechtsvorschriften zu ersetzen“.164 Insbesondere sollten Rechtsvorschriften an die Stelle solcher unveröffentlichten Rundverfügungen, Anweisungen und Rundschreiben treten, durch die Rechte von Bürgern eingeschränkt oder Bürgern Pflichten auferlegt wurden oder durch die Rechtsvorschriften, die Bürger betrafen, einengend ausgelegt wurden. Diese Forderung war auch nach den damaligen DDR-Verhältnissen durchaus berechtigt, zumal das Mitglied des Politbüros des ZK der SED, Prof. Kurt Hager, im Juni 1968 erklärt hatte, die DDR sei ein sozialistischer Rechtsstaat.165 Den Ausführungen des Verfassers wurde in der Beratung nicht widersprochen. In einer Beratungspause erklärte ihm jedoch ein Mitarbeiter des Ministerrates, dass man den Vorschlägen nicht entsprechen könne. Es sei eben „nicht möglich, alles der Bevölkerung mitzuteilen“. Im weiteren Verlauf der Beratung erklärte ein Teilnehmer, es sei kürzlich von sechs Ministerien intern festgelegt worden, im ZGB enthaltene Begriffe neu zu definieren, so dass sich eine Gesetzesänderung erübrige. Worum es sich dabei gehandelt hatte, konnte der Verfasser nicht erfahren. | 213 |
Eines erscheint aber sicher: Wäre nicht einige Monate später die politische Wende eingetreten, hätte auch das Oberste Gericht die von den sechs Ministerien vorgenommene Gesetzesauslegung seinen Entscheidungen zugrunde legen müssen – selbst dann, wenn diese Auslegung mit dem Wortlaut und dem Sinn des ZGB nicht vereinbar gewesen wäre. Die tatsächliche Stellung des Obersten Gerichts im System der zentralen DDR-Staatsorgane war zu schwach, um anders entscheiden zu können. | 214 |
V. Ökonomie und die Auswirkungen mangelhafter Warenqualität auf die Kassationsrechtsprechung |
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In der Eröffnungsveranstaltung eines zweiwöchigen Lehrganges, der im September 1975 zur Einführung des ZGB an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Potsdam-Babelsberg stattgefunden hatte, war vom damaligen Stellv. Minister der Justiz, Prof. Dr. Stephan Supranowitz,166 auf die Darlegungen von Karl Marx verwiesen worden, gemäß denen „das Recht … nie höher sein (kann), als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft“.167 Unter Bezugnahme auf dieses Zitat führte der Stellv. Minister aus, dass durch die Zivilrechtsprechung keine Ergebnisse erzielt werden dürften, die mit den in der DDR bestehenden ökonomischen Bedingungen nicht vereinbar wären, und dass mit dem ZGB keine volkswirtschaftlichen Verluste hervorgerufen werden dürften. „Wo die Auslegung des ZGB zu volkswirtschaftlich oder gesellschaftlich nicht vertretbaren Ergebnissen führen würde, muss sie falsch sein.“168 |
215 |
Dazu ist allerdings zu bemerken, dass bereits seit 1963 sämtliche vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen sozialistischen Betrieben, sozialistischen Genossenschaften, staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Betrieben mit staatlicher Beteiligung nicht von den ordentlichen Gerichten, sondern vom Staatlichen Vertragsgericht entschieden wurden.169 Dabei handelte es sich in der Regel um volkswirtschaftlich bedeutende Verfahren mit hohen Streitwerten. | 216 |
Dagegen entschieden die Zivilkammern der Kreisgerichte sowie die Zivilsenate der Bezirksgerichte und des Obersten Gerichts fast nur Streitigkeiten zwischen Bürgern sowie zwischen Bürgern und Betrieben iSd § 11 ZGB, wobei die Streitwerte relativ gering waren. Allerdings konnten auch solche Prozesse erhebliche volkswirtschaftliche Auswirkungen haben. Dies war insbesondere dann der Fall, wenn über Schäden zu entscheiden war, die durch mangelhaft hergestellte Waren verursacht worden waren, oder wenn in einer Vielzahl von Gewährleistungs- bzw. Garantieprozessen über gleichartige Mängel an Gebrauchsgütern zu entscheiden war. | 217 |
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So war Anfang September 1971 – damals galten noch die Schadensersatzbestimmungen des BGB – durch einen fehlerhaft hergestellten PKW-Reifen ein Autounfall verursacht worden, bei dem der Fahrer und weitere Insassen des Kraftfahrzeuges verletzt und Sachen beschädigt wurden. Das Oberste Gericht hatte in einem in dieser Sache ergangenen Kassationsurteil darauf hingewiesen, dass der Mangel des Reifens, der für den Unfall ursächlich war, offenbar auf ungenügender Sorgfalt von Mitarbeitern im Produktionsprozess oder bei der Gütekontrolle des Herstellers beruhte. Das fahrlässige, für den Eintritt des Unfalles ursächliche Verhalten seiner Mitarbeiter hätte der Hersteller – dies war höchstwahrscheinlich der verklagte Betrieb – zu vertreten und für den durch den Unfall verursachten Personen- und Sachschaden Ersatz zu leisten. | 218 |
Das Oberste Gericht begründete diese Rechtsauffassung mit § 823 iVm § 831 und § 276 Abs. l Satz 2 (jetzt § 276 Abs. 2) BGB und einem Leitungsbeschluss seines Präsidiums.170 Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.171 | 219 |
Diese Entscheidung wurde vom Obersten Gericht nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Vermutlich sollte dadurch weiteren Mängelprozessen „vorgebeugt“ und eine Diskreditierung der Autoreifenindustrie der DDR vermieden werden. | 220 |
Durch den am 1.1.1976 in Kraft getretenen § 156 ZGB wurde aber ausdrücklich geregelt, dass „der Käufer vom Verkäufer oder Hersteller Ersatz eines während der (gesetzlichen – G. J.) Garantiezeit durch den Mangel verursachten Schadens verlangen (kann), der nach allgemeiner Erfahrung als Folge des Mangels anzusehen ist“.172 | 221 |
Das Oberste Gericht hatte in einer Kassationsentscheidung dahin erkannt, dass § 156 ZGB einen speziellen Schadensersatzanspruch gewährt, der sich aus der Gebrauchswertgarantie ergibt. Es genüge, dass der Sachmangel der Ware für den Eintritt des Schadens ursächlich war. Der Nachweis einer Pflichtverletzung des Verkäufers oder des Herstellers war nicht erforderlich. Ein Schadensersatzanspruch nach § 156 ZGB wäre jedoch dann nicht gegeben, wenn ein durch den Mangel der Ware verursachter Schaden die Grenzen erfahrensgemäßer Verhältnismäßigkeit überschritten habe. Der Ersatzanspruch gemäß dieser Bestimmung war damit im Allgemeinen auf den unmittelbaren Schaden beschränkt. Sogar eine Befreiung des Verkäufers oder Herstellers der Ware nach § 334 ZGB173 wurde vom Obersten Gericht für zulässig erklärt.174 | 222 |
Einem Tierhalter, dessen Hunde an nicht den Hygienebestimmungen entsprechendem Futterfleisch verendet waren, wurde gemäß § 156 ZGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Wertes der gestorbenen Hunde gegen den Verkäufer des Futterfleisches zuerkannt.175 | 223 |
Dagegen fielen auf Sachmängel gestützte Schadensersatzansprüche für Gewinnverluste eines Gewerbebetriebes nach Auffassung des Obersten Gerichts nicht unter § 156 ZGB. Solche Gewinnverluste konnten somit nur nach den allgemeinen Schadensersatzbestimmungen der §§ 84 Abs. 2, 93, 330 ff. ZGB geltend gemacht werden, wobei es jedoch maßgeblich auf den Nachweis konkreter Pflichtverletzungen durch den Verkäufer oder Hersteller ankam und diese sich sogar unter den Voraussetzungen des § 334 ZGB exculpieren konnten.176 Im Ergebnis gewährte daher der auch dem juristischen Laien verständliche § 156 ZGB den Käufern grundsätzlich keine umfangreicheren Ersatzansprüche für Mängelfolgeschäden als die vorangegangene, auf § 823 iVm § 831 und § 276 Abs. l Satz 2 (alt) BGB gestützte Rechtsprechung des Obersten Gerichts.177 | 224 |
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das Bezirksgericht Leipzig entgegen der vom Obersten Gericht vertretenen Rechtsauffassung dahin erkannt hatte, dass bei sich aus § 156 ZGB ergebenden Ersatzansprüchen für Folgeschäden, die während der Garantiezeit durch Sachmängel der Ware entstanden waren, eine Befreiung des Verkäufers oder Herstellers von der Schadensersatzpflicht ausgeschlossen war.178 | 225 |
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Die unzureichende Qualität auch vieler teurer Industriegüter führte zu einer verhältnismäßig hohen Anzahl von Zivilprozessen. Insbesondere wurden oft Ansprüche aus der gesetzlichen Garantie (§§ 148 f., §§ 151 ff. ZGB) wegen Sachmängeln geltend gemacht, die an gekauften fabrikneuen PKWs und Fernsehgeräten vorhanden waren.179 | 226 |
Dabei war zu beachten, dass die Verkäufer und Hersteller die Garantieansprüche der Käufer durch Nachbesserung der Ware erfüllen konnten, wenn es möglich war, den Mangel in einer angemessenen Frist zu beseitigen und die Interessen des Käufers zu wahren (§§ 152 f. ZGB). | 227 |
In einer gemäß § 152 Abs. 3 ZGB iVm § 14 Abs. l EGZGB ergangenen Durchführungsverordnung (DVO) war verbindlich geregelt, dass „der Garantieverpflichtete … Garantieansprüche des Käufers durch Nachbesserung gemäß § 152 ZGB erfüllen (kann) wenn (u.a.- G. J.) der Gebrauchswert der Ware durch Auswechslung selbständiger und austauschbarer Teile … umgehend wiederhergestellt werden kann“.180 | 228 |
In einem Fachaufsatz zu dieser Rechtsvorschrift hatten der Leiter der Rechtsabteilung des Ministeriums für Handel und Versorgung und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verkäufer und Hersteller nur dann berechtigt waren, Garantieansprüche eines Käufers durch Nachbesserung zu erfüllen, wenn dies in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der DVO möglich war.181 | 229 |
Entgegen der eindeutigen Rechtsnorm und des Hinweises in der Fachliteratur hatte sich jedoch bei den volkseigenen Fahrzeug-Vertriebsbetrieben – diese unterstanden nicht dem Ministerium für Handel und Versorgung – die Praxis herausgebildet, Unterrostungen an Karosserien verkaufter fabrikneuer PKWs nicht durch die Auswechslung der rostigen Karosserien zu beseitigen, sondern die rostigen Karosserien an den PKWs zu belassen, lediglich die Roststellen auszuschleifen und die Karosserien dann einer Schutz- und Farbbehandlung zu unterziehen. | 230 |
Im März 1979 hatte das Oberste Gericht in einem Kassationsverfahren auch über einen Garantieanspruch zu entscheiden, der bezüglich eines mangelhaften fabrikneuen sowjetischen PKW vom Typ „Lada“ geltend gemacht worden war. | 231 |
Die Karosserie dieses Fahrzeuges wies bereits nach etwa zwölfwöchiger Benutzung starke Unterrostungen auf dem Dach, an der Kofferklappe sowie im Bereich der Fenster und Türen – insgesamt 35 Roststellen – auf. Weitere Roststellen befanden sich an den Felgen. Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass diese Mängel teilweise auf einen groben Verstoß gegen elementare Grundsätze der Fertigung zurückzuführen waren. Der Sachverständige war dennoch zu der Auffassung gelangt, dass eine Nachbesserung durch Ausschleifen der Roststellen und eine entsprechende Nachbehandlung der Karosserie möglich wäre. Diese Form der Nachbesserung war dem Käufer von dem verklagten Verkäuferbetrieb angeboten worden. Dazu hat das Oberste Gericht in seinem nicht veröffentlichten Kassationsurteil, durch das die Sache an das Bezirksgericht zurückverwiesen wurde, Stellung genommen. | 232 |
Das Oberste Gericht führte aus, dass „seine (des Käufers – G. J.) berechtigten Interessen – Erhalt eines Fahrzeuges mit normalen Gebrauchswerteigenschaften – durch die angebotene Art der Nachbesserung nicht gewahrt (würden). Demgegenüber erscheint der Antrag des Berufungsklägers (des Käufers – G. J.) angemessen, von der Nachbesserung in dem Umfang Gebrauch zu machen, wie er in § 2 Abs. 3 dritter Beistrich der DVO zum ZGB geregelt ist. Bei einem Austausch der mangelhaften durch eine einwandfreie Karosserie und Lieferung neuer Felgen dürfte nach den bisher getroffenen Feststellungen den Ansprüchen des Klägers (des Käufers – G.J.) ausreichend Rechnung getragen werden“.182 | 233 |
Aus dieser Begründung ist zu schließen, dass das Oberste Gericht einen Anspruch auf Auswechslung von teuren austauschbaren Teilen nur dann als gegeben ansah, wenn diese Teile schwerwiegende und anders nicht zu behebende Mängel aufwiesen.183 | 234 |
Auch von einem Oberrichter des Bezirksgerichts Leipzig wurde ein Anspruch auf Austausch einer PKW-Karosserie nur bei „sehr erheblichen Unterrostungen“ für begründet erachtet.184 | 235 |
Eine solche Handhabung des in § 152 ZGB geregelten Nachbesserungsanspruchs entsprach den volkswirtschaftlichen Interessen einer Mangelgesellschaft sowie den betriebswirtschaftlichen Belangen der Produktions- und Handelsbetriebe, nicht jedoch den Interessen der Käufer, die u.a. durch die eindeutige Regelung des § 2 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der DVO zum ZGB gewahrt werden sollten. Nach dieser Rechtsvorschrift war eine Nachbesserung prinzipiell – und nicht nur beim Vorliegen erheblicher Mängel – durch die Auswechslung selbständiger austauschbarer mangelhafter Teile vorzunehmen. Eine Belassung solcher Teile an der Ware und deren Reparatur war als Nachbesserungsleistung allenfalls dann vertretbar, wenn es sich um geringfügige Mängel handelte, die sich durch eine kleine Reparatur so beheben ließen, dass der Neuwert der Ware wieder völlig bzw. nahezu gegeben war. In einem solchen Fall hätte das Bestehen des Käufers auf eine Auswechslung des betreffenden Teils eine unzulässige Rechtsausübung iSd § 15 Abs. 2 ZGB dargestellt. | 236 |
VI. Agrarpolitik und Rechtsprechung des Obersten Gerichts zum Landwirtschaftsrecht1. Die gesetzliche und politische Ausgangslage |
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Die im Jahre 1959 vom Ministerrat der DDR für verbindlich erklärten Musterstatuten für landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften vom Typ I und vom Typ III185 sowie das im gleichen Jahr erlassene LPG-Gesetz186 gingen davon aus, dass die Mitgliedschaft in einer solchen Genossenschaft gefördert wird, aber freiwillig ist, beim Ausscheiden aus einer LPG Land zurückgegeben wird und Inventarbeiträge zu erstatten sind. Demzufolge bestanden folgende Rechtsvorschriften:
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Wie jedoch allgemein bekannt ist, wurden diejenigen Bauern, die bis zum Frühjahr 1960 noch keiner LPG beigetreten waren, während dieses „Sozialistischen Frühlings“ – oft unter massiven Druck der Staatsorgane – veranlasst, Mitglied einer LPG zu werden. Ende April 1960 stellte die Volkskammer der DDR „den vollständigen Übergang der Bauern zur genossenschaftlichen Arbeit in LPGs“ fest.187 Nach diesem Zeitpunkt bestand das Ziel der Agrarpolitik der SED-Führung und der DDR-Regierung unter anderem darin, das Ausscheiden von LPG-Mitgliedern aus den Genossenschaften möglichst zu unterbinden. Dadurch sollte eine Rückkehr zur einzelbäuerlichen Wirtschaft verhindert und eine Stabilisierung des Arbeitskräftebesatzes der Genossenschaften erreicht werden, der infolge der Abwanderung von Bauern und Landarbeitern in die BRD und in Städte der DDR oft völlig unzureichend war. Weiterhin sollten die oft wirtschaftsschwachen LPGs vor Forderungen von ausscheidenden Mitgliedern und Ansprüchen von Erben verstorbener Mitglieder geschützt werden. | 238 |
Es wäre daher konsequent gewesen, durch Rechtsvorschriften festzulegen, dass einzelbäuerliches Wirtschaften untersagt ist, LPG-Mitglieder nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung oder des Vorstandes der betreffenden Genossenschaft aus der LPG ausscheiden dürfen, ausscheidende Mitglieder kein Land zurückerhalten und die Rückzahlung von Inventarbeiträgen nicht bzw. nicht in voller Höhe erfolgt. | 239 |
Eine solche Gesetzgebung konnte sich die DDR in den 1960er Jahren, in denen sie nur von wenigen Staaten anerkannt und um internationale Reputation bemüht war, aus außenpolitischen Gründen nicht leisten.188 Daher fiel zunächst der Rechtsprechung die Aufgabe zu, die Verwirklichung dieser agrarpolitischen Ziele in Angriff zu nehmen. | 240 |
2. Verhinderung des Austritts aus den LPGs |
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Bereits im Sommer 1963 war vom Obersten Gericht nach Beratung mit der Rechtsabteilung des damaligen Landwirtschaftsrates beim Ministerrat der DDR in einem Rechtsmittelverfahren dahin erkannt worden, dass die Mitgliederversammlungen von LPGs Typ I und Typ III berechtigt waren, Austrittserklärungen ihrer Mitglieder durch Beschluss zu widersprechen. Ein solcher Widerspruch hatte zur Folge, dass die Austrittserklärung unwirksam wurde und der betreffende Bürger gegen seinen Willen weiterhin Mitglied der LPG blieb. Eine Rechtsgrundlage für ein solches Widerspruchsverfahren gab es nicht; die Möglichkeit, so zu verfahren, wurde lediglich aus dem „Übergang aller Bauern zur genossenschaftlichen Produktion“189 hergeleitet.190 |
241 |
Daran anschließend hatte das Oberste Gericht in einer im Februar 1965 ergangenen Kassationsentscheidung dahin erkannt, dass für eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Mitgliedschaft in einer LPG der Rechtsweg zu den Gerichten (auch als „Gerichtsweg“ bezeichnet) nicht zulässig war. Auch wenn in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit zwischen einer LPG und einem Bürger die Vorfrage zu klären war, ob der Betreffende noch Mitglied dieser Genossenschaft war, oblag die Entscheidung hierüber in der Regel dem Kreislandwirtschaftsrat. Nur dann, wenn die Umstände des Einzelfalls darauf schließen ließen, dass die für einen wirksamen Widerspruch der LPG-Mitgliederversammlung angemessene Zeit verstrichen war und daher ein entsprechender Beschluss dieses Gremiums nicht mehr nachgeholt werden konnte, sollte das Gericht befugt sein, in dieser Frage selbst zu befinden.191 | 242 |
Hier sei bemerkt, dass die Kreislandwirtschaftsräte und später die Räte der Kreise192 sogar befugt waren, Beschlüsse als rechtswirksam zu deklarieren, die nicht beschlussfähige LPG-Mitgliederversammlungen gefasst hatten.193 Dies hatte zur Folge, dass Erklärungen, mit denen Mitglieder von LPGs Typ I und Typ III ihren Austritt aus der Genossenschaft zum Abschluss der Ernte erklärt hatten, auch dann als unwirksam angesehen wurden, wenn der Kreislandwirtschaftsrat bzw. der Rat des Kreises einen von einer nicht beschlussfähigen Mitgliederversammlung erhobenen Widerspruch gegen die Kündigung „bestätigt“ hatte. Die betreffenden Bürger blieben dann gegen ihren Willen und somit entgegen dem weiterhin gesetzlich festgelegten Freiwilligkeitsprinzip (vgl. § l Abs. l LPG-G 1959) Mitglieder der LPG und waren zur Arbeit in der Genossenschaft verpflichtet.194 | 243 |
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In diesem Zusammenhang sei ein weiteres Kassationsverfahren erwähnt, in dem das Oberste Gericht ebenfalls die Austrittserklärungen zweier Bürger aus einer LPG Typ III zu beurteilen hatte und bei dem die Begründung des Kassationsantrages angeblich „formale Züge“ trug. | 244 |
Bereits 1959 hatte Dr. Kurt Schumann, der erste Präsident des Obersten Gerichts, erklärt, dass „im Zivilrecht … die Gefahr des Rechtspositivismus, aber auch des Rechtsformalismus und des unbewußten Verharrens in bürgerlicher Rechtsideologie in stärkerem Maße als im Strafrecht gegeben“ ist.195 | 245 |
Nun hatte am 24. April 1973 das Politbüro des ZK der SED in einem vom damaligen Generalstaatsanwalt Dr. Josef Streit 196 verfassten Bericht die vom Obersten Gericht praktizierte Leitung der Strafrechtsprechung einer harschen Kritik unterzogen (vgl. Abschn. II.3)197 Jetzt wollten leitende Mitarbeiter des Obersten Gerichts und dessen Parteileitung vermeiden, dass auch noch andere Gebiete der höchstrichterlichen Rechtsprechung von Seiten des mächtigsten SED-Gremiums einer fundamentalen „Formalismuskritik“ unterzogen wurden. Deshalb erfolgte ab Ende April 1973 u.a. eine zeitweise interne Überprüfung der damals beim Obersten Gericht anhängigen Kassationsverfahren. | 246 |
Der damalige für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen zuständige Vizepräsident hatte kurze Zeit vorher auf Vorschlag des Verfassers dieses Beitrages einen Kassationsantrag gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Schwerin gestellt, durch das die Berufung gegen eine Entscheidung eines Kreisgerichts zurückgewiesen worden war, das zwei Bürger zur Leistung von Schadensersatz an eine LPG Typ III verurteilt hatte.198 Die beiden Bürger waren Mitglied der klagenden LPG. Sie hatten im Juni 1968 schriftlich ihren Austritt aus dieser Genossenschaft zum Ende des Jahres erklärt und ab Januar 1969 die Arbeit in der LPG eingestellt. Das Bezirksgericht hatte in seiner Entscheidung ausgeführt, dass den Austrittserklärungen der beiden verklagten Bürger durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung vom 1.7.1968 rechtswirksam widersprochen worden wäre. Durch die im Januar 1969 erfolgte unberechtigte Einstellung der genossenschaftlichen Arbeit der beiden Bürger sei der LPG Schaden entstanden. | 247 |
Die beiden Verklagten hatten vorgetragen, dass die Mitgliederversammlung keinen Beschluss gefasst hätte, durch den ihren Austrittserklärungen widersprochen worden wäre. Da die Protokolle der Mitgliederversammlungen insoweit nicht eindeutig waren, hätte das Kreisgericht oder das Bezirksgericht in eigener Verantwortung – z.B. durch Zeugenvernehmung von Versammlungsteilnehmern – selbst aufklären und darüber entscheiden müssen, ob den Austrittserklärungen der beiden Verklagten durch Beschluss der Mitgliederversammlung widersprochen worden war. Hätte die gerichtliche Beweisaufnahme ergeben, dass die Mitgliederversammlung keinen Widerspruch gegen die Austrittserklärung der beiden Verklagten eingelegt hatte, wären diese zum Ende des Jahres 1968 aus der LPG ausgeschieden und hätten danach ihre Arbeit in der Genossenschaft zu Recht eingestellt. Der Schadensersatzantrag der LPG wäre dann unter Beachtung der Rechtsprechung des Obersten Gerichts199 abzuweisen gewesen. | 248 |
Eine solche Beweiserhebung war jedoch von den Vordergerichten nicht erfolgt, weil die klagende LPG und der Kreislandwirtschaftsrat einer Zeugenvernehmung widersprochen hatten. Das Bezirksgericht hatte deshalb lediglich einen Beschluss des Landwirtschaftsrates des Bezirkes vom 9.11.1972, in dem festgestellt worden war, dass die Mitgliederversammlung der klagenden LPG am 1.7.1968 den Austrittserklärungen widersprochen habe, zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Auf diese gravierenden Mängel des Verfahrens, die wahrscheinlich zu einer unrichtigen Verurteilung der beiden Verklagten zur Leistung von Schadensersatz geführt hatten, war in der Begründung des Kassationsantrages deutlich hingewiesen worden. | 249 |
Nach Auffassung der Leitung der SED-Grundorganisation enthielt diese vom damaligen zuständigen Vizepräsidenten unterzeichnete Begründungsschrift „formalistische Züge“ weshalb die Parteileitung beschloss, das betreffende Kassationsverfahren200 unter „Parteikontrolle“ zu nehmen. Wie diese Kontrolle ausgeübt wurde, ist dem Verfasser dieses Beitrages, der nicht der SED angehörte, nicht bekannt. Bemerkenswert ist jedoch, dass hier die Parteikontrolle nicht einmal mit dem damals (1973) geltenden SED-Statut im Einklang stand. Dieses Dokument sah eine solche Maßnahme in Ministerien und anderen staatlichen Organen – so auch im Obersten Gericht – nicht vor.201 | 250 |
Bereits 1955 hatte sogar die damalige DDR-Justizministerin Hilde Benjamin die Auffassung vertreten, „daß eine BPO (Betriebsparteiorganisation der SED – G. J.) nicht selbständig die Rechtsprechung überprüfen kann: auch die Rechtsprechung ist eine Form staatlicher Beschlußfassung, deren Fehlerhaftigkeit signalisiert werden muß, aber nicht im einzelnen kontrolliert werden darf.“202 | 251 |
Mitte Mai 1973 erging in diesem Kassationsverfahren das Urteil des 1. Zivilsenats des Obersten Gerichts. Gemäß dem Kassationsantrag wurde die durch das Bezirksgericht ausgesprochene Verurteilung der beiden Verklagten zur Leistung von Schadensersatz aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht zurückverwiesen. Allerdings enthält das Urteil des Obersten Gerichts – vermutlich als Folge der „Parteikontrolle“ – einige wesentliche Abstriche von den in der Begründung des Kassationsantrages enthaltenen rechtlichen Ausführungen. So wurde in der Entscheidung des Obersten Gerichts dargelegt, dass es „auch für zulässig angesehen werden (kann), wenn der Vorstand (der LPG – G. J.) nach Aufforderung zur Diskussion die Mitglieder befragt, ob ihre ausgebliebene Meinungsäußerung als Zustimmung gewertet werden darf und sich hiergegen kein Widerspruch erhebt“. | 252 |
Durch eine solche Verfahrensweise konnte sogar „das Schweigen der Lämmer“ als Widerspruch gegen eine Austrittserklärung gewertet und damit ein Verbleiben von austrittswilligen Mitgliedern in den LPGs erzwungen werden. | 253 |
Die Mitte Mai 1973 ergangene Kassationsentscheidung des Obersten Gerichts wurde bezeichnenderweise nicht in der sehr verbreiteten Fachzeitschrift NEUE JUSTIZ veröffentlicht, sondern erst vier Jahre später in einem Entscheidungsband des Obersten Gerichts abgedruckt.203 Ob im Nachverfahren vor dem Bezirksgericht die klagende LPG oder die beiden Verklagten obsiegt hatten, ist dem Verfasser dieses Aufsatzes nicht bekannt. | 254 |
So hatte das Oberste Gericht im Kassationsverfahren über ein Urteil des Bezirksgerichts Dresden zu entscheiden, durch das ein über 70jähriger verwitweter Genossenschaftsbauer u.a. wegen angeblicher Verletzung seiner Pflicht zur Haltung von Kühen zur Leistung von Schadensersatz an die LPG vom Typ I, der er angehörte, verurteilt worden war. Der betreffende Bauer war von der LPG in eine auswärtige Meliorationsgenossenschaft delegiert worden, in der er noch ganztägig tätig war. | 256 |
Das Oberste Gericht hat das Urteil des Bezirksgerichts aufgehoben und die Sache zur Klärung, ob der betagte Verklagte angesichts dieser Umstände überhaupt noch in der Lage war, neben seiner ganztägigen Arbeit in der Meliorationsgenossenschaft Kühe zu halten, an das Bezirksgericht zurückverwiesen.204 | 257 |
Wäre es dem betreffenden Bauern gestattet gewesen, seine Mitgliedschaft zur LPG gemäß dem damals (1973/74) noch geltenden MSt-LPG I zu kündigen und so aus der Genossenschaft auszuscheiden, wäre seine Delegierung zur Meliorationsgenossenschaft gegenstandslos geworden und er hätte dann genügend Zeit gehabt, seine Viehwirtschaft zu führen. Die Rückkehr zum einzelbäuerlichen Wirtschaften war jedoch ihm und allen anderen Bauern bis 1990 verwehrt, zumal später – im Jahre 1977 – durch Rechtsvorschriften festgelegt worden war, dass das Ausscheiden eines LPG-Mitgliedes aus der Genossenschaft stets der Zustimmung des Vorstandes der LPG oder deren Vollversammlung bedurfte.205 | 258 |
Jeder Bauer hatte beim Eintritt in eine LPG Typ III oder beim Übergang in eine Genossenschaft dieses Typs landwirtschaftliches Inventar im Wert von mindestens 500 Mark je Hektar eingebrachten Bodens in die LPG einzubringen. | 260 |
Dieser Pflichtinventarbeitrag, war ggf. auch in Geld zu leisten. Von vielen Bauern wurde darüber hinaus noch ein zusätzlicher Inventarbeitrag erbracht (vgl. Ziff. 12-20 MSt-LPG III). | 261 |
Beim Ausscheiden eines Bauern aus der LPG waren gem. Ziff. 21 Abs. l MSt-LPG III sowohl der Pflichtinventarbeitrag als auch der zusätzliche Inventarbeitrag im Laufe von drei Jahren von der Genossenschaft zurückzuzahlen. Auch konnte Inventar zurückgegeben werden. | 262 |
Da, wie oben dargelegt wurde, der Austritt aus einer LPG sehr erschwert war, kamen die Regelungen über die Rückzahlung von Inventarbeiträgen fast nur noch dann zur Anwendung, wenn Genossenschaftsbauern verstorben und deren Erben nicht Mitglied der LPG waren. Solche Erben hatten gem. § 24 Abs. 3 Satz l LPG-G 1959 iVm dem Statut der betreffenden LPG ebenfalls einen Anspruch auf Auszahlung des Inventarbeitrages. Die Statuten der meisten LPG Typ III sahen entsprechend Ziff. 21 Abs. l MSt-LPG III eine Rückzahlung des gesamten Inventarbeitrages – des Pflichtinventarbeitrages als auch des zusätzlichen Inventarbeitrages – innerhalb von drei Jahren nach dem Ausscheiden (so auch beim Tode) des betreffenden Mitgliedes vor. | 263 |
Der Landwirtschaftsrat (beim Ministerrat) der DDR – und seit dem 1.1.1972 das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft als dessen Rechtsnachfolger –206 waren jedoch bestrebt, die Rückzahlung von Inventarbeiträgen an Bürger, die nicht oder nicht mehr Mitglieder der LPG waren, zu verhindern. | 264 |
Dies wurde in der Folgezeit sowohl durch die Kassationsrechtsprechung des Obersten Gerichts als auch durch eine Gesetzesänderung erreicht. | 265 |
Bereits im März 1972 hatte das Oberste Gericht in einer unveröffentlichten Kassationsentscheidung dargelegt, dass die Räte der Kreise im Falle des Ausscheidens von Bauern aus LPGs Nutzungsverträge über den eingebrachten Boden abschließen und in diese Verträge auch die Inventarbeiträge einbeziehen können. Für die Räte der Kreise bestand die Möglichkeit, solche Nutzungsverträge auch gegen den Willen der ausgeschiedenen Mitglieder bzw. deren Erben – also zwangsweise – für verbindlich zu erklären.207 | 266 |
Wurde ein solcher Nutzungsvertrag abgeschlossen oder für verbindlich erklärt, verblieb sowohl der in die LPG eingebrachte Boden als auch der Inventarbeitrag in der betreffenden Genossenschaft. | 267 |
Das vom Rat des Kreises für die Nutzung des Bodens und den Inventarbeitrag gezahlte Entgelt war äußerst gering. | 268 |
Ziffer 10 MSt-LPG III, gemäß der ein aus der Genossenschaft ausgeschiedenes Mitglied „durch Beschluss der Mitgliederversammlung Boden am Rande der genossenschaftlichen Ländereien entsprechend der Größe und Güte seines eingebrachten Bodens“ zu erhalten hatte, wurde vom Obersten Gericht auf Grund des „Übergang(es) aller Bauern zur genossenschaftlichen Produktion“ als nicht mehr anwendbar angesehen. | 269 |
Weiterhin vertrat das Oberste Gericht in diesem Kassationsurteil die Auffassung, die LPGs könnten – abweichend von Ziff. 21 Abs. l MSt-LPG III – ihre Statuten dahingehend ändern, dass die Auszahlung der Inventarbeiträge erst nach einer längeren Zeitspanne als bereits drei Jahre nach dem Ausscheiden aus der Genossenschaft erfolgt. | 270 |
Außerdem wurde in der Kassationsentscheidung noch auf die Möglichkeit hingewiesen, wirtschaftsschwachen LPGs, die zur Rückzahlung von Inventarbeiträgen verurteilt waren, gemäß den Rechtsvorschriften208 gerichtlichen Vollstreckungsschutz zu gewähren.209 | 271 |
Schließlich trat – im Zusammenhang mit dem Erlass des ZGB – auch der Gesetzgeber auf den Plan: Im Juni 1975 wurde § 14 LPG-G 1959 dahingehend ergänzt, dass die in die LPGs eingebrachten Pflichtinventarbeiträge Bestandteil der Produktionsgrundmittel- bzw. Produktionsumlaufmittelfonds der jeweiligen LPG und damit deren unverteilbares genossenschaftliches Eigentum wurden.210 Gemäß dieser Neuregelung entfiel jeglicher Anspruch auf Rückzahlung von Pflichtinventarbeiträgen gegenüber LPGs. Durch eine gleichzeitig erfolgte Neufassung des § 24 LPG-G 1959, die eigentlich nur den Fortfall der Absätze 3-5 dieser Bestimmung beinhaltete,211 wurde bekräftigt, dass auch Erben von verstorbenen LPG-Mitgliedern keine Ansprüche auf Rückzahlung von Pflichtinventarbeiträgen mehr hatten. | 272 |
Diese Änderungen des LPG-G 1959 stellten im Ergebnis eine entschädigungslose Enteignung der Pflichtinventarbeiträge der LPG-Mitglieder sowie deren Erben zugunsten der jeweiligen LPG dar. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 16 Satz 1 der DDR-Verf. 1968/74 war jedoch eine Enteignung nur gegen eine angemessene Entschädigung zulässig. Es wäre daher erforderlich gewesen, den wenigen aus LPGs ausscheidenden Mitgliedern bzw. deren Erben, die nicht Mitglied der betreffenden LPG waren, eine Entschädigung in Höhe des jeweiligen Pflichtinventarbeitrages aus dem Staatshaushalt zuzubilligen. Dies dürfte jedoch von den Initiatoren der durch § 12 Nr. 4 EGZGB erfolgten Änderungen des LPG-G 1959 nicht einmal in Erwägung gezogen worden sein. | 273 |
Die Regelung, dass Pflichtinventarbeiträge unverteilbares genossenschaftliches Eigentum sind, wurde auch in das Anfang Juli 1982 erlassene neue LPG-Gesetz aufgenommen.212 | 274 |
Die Änderung des LPG-G 1959 durch § 12 Nr. 4 EGZGB hatte jedoch nicht die Beendigung der Kassationsrechtsprechung des Obersten Gerichts zur Rückzahlung von Inventarbeiträgen zur Folge. Immerhin bestanden auch nach der neuen Rechtslage gem. Ziff. 21 MSt-LPG III für aus den LPGs ausgeschiedene Mitglieder weiterhin Ansprüche auf Rückzahlung ihrer zusätzlichen Inventarbeiträge. | 275 |
So hatte ein bereits 1961 im Einvernehmen mit der später verklagten LPG aus dieser Genossenschaft ausgeschiedenes Mitglied – der spätere Kläger – einen zusätzlichen Inventarbeitrag in die LPG eingebracht. Durch Beschluss der Mitgliederversammlung dieser LPG vom 29.1.1964 war festgelegt worden, jährlich 7 bis 8 % des zusätzlichen Inventarbeitrages zurückzuzahlen. Bis 1972 waren an den Kläger entsprechende Rückzahlungen erfolgt. Nachdem die LPG danach die Zahlungen völlig eingestellt hatte, war sie von dem ausgeschiedenen, Mitglied zur Zahlung von zwei Jahresraten für 1973 und 1974 von insgesamt 8.000 Mark verklagt worden. | 276 |
Die LPG hatte Klageabweisung beantragt und vorgetragen, dass ihr nach einem Beitritt zu einer Kooperativen Abteilung Pflanzenproduktion (KAP) höhere Investitionsverpflichtungen erwachsen seien. Deshalb wäre ihr die weitere Rückzahlung des zusätzlichen Inventarbeitrages durch den Rat des Kreises – Abteilung Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft – untersagt worden. | 277 |
Das Kreisgericht Fürstenwalde hatte die verklagte LPG antragsgemäß zur Zahlung von 8.000 Mark an den Kläger verurteilt. Das Kreisgericht sah das Vorbringen der LPG als rechtlich unerheblich an; diese sei vielmehr an den Beschluss ihrer Mitgliederversammlung vom 29.1.1964 gebunden. | 278 |
Gegen diese Entscheidung wurde seitens des Präsidenten des Obersten Gerichts ein Kassationsantrag gestellt. Darin wurde die Auffassung vertreten, dass das vom Rat des Kreises ausgesprochene Zahlungsverbot die LPG hindere, die Rückzahlung des zusätzlichen Inventarbeitrages vorzunehmen. | 279 |
Der 1. Zivilsenat des Obersten Gerichts folgte diesem Kassationsantrag, hob das Urteil des Kreisgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kreisgericht zurück. In der Begründung des nicht veröffentlichten Kassationsurteils führte das Oberste Gericht sinngemäß aus, dass die Räte der Kreise berechtigt sind, den LPGs mit bindender Wirkung für die Gläubiger die Rückzahlung zusätzlicher Inventarbeiträge zu untersagen. | 280 |
Diese Auffassung wurde auf § 41 Abs. 2 GöV 1973213 gestützt, der diesbezüglich lautete: „Der Rat des Kreises … bestätigt die Betriebspläne und kontrolliert die Wirtschaftstätigkeit der LPG. ... Er ist berechtigt und verpflichtet, die Beschlüsse von Mitgliederversammlungen der LPG … die gegen Rechtsvorschriften verstoßen, aufzuheben“. | 281 |
Auf dieser Bestimmung fußend, führte das Oberste Gericht im Kassationsurteil aus, dass dann, falls sich im Nachverfahren vor dem Kreisgericht „ergeben (sollte), daß die Rückzahlung zusätzlicher Inventarbeiträge für die Jahre 1973 und 1974 weder durch den Rat des Kreises noch durch den Rat des Bezirkes genehmigt wird, … die Klage keinen Erfolg haben“ kann.214 | 282 |
Der Verfasser dieses Beitrages hatte als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht auf Grund einer dienstlichen Weisung den in dieser Sache gestellten Kassationsantrag in der Kassationsverhandlung zu vertreten. Dieser Antrag und dessen Begründung waren von ihm nicht verfasst worden und wurden von ihm für abwegigen Unfug gehalten. So konnte er auch den überzeugenden rechtlichen Ausführungen des Rechtsanwalts des Klägers (letzterer wurde überdies im Rubrum des Kassationsurteils fälschlich als „früherer Verklagter“ bezeichnet), der sich engagiert gegen die Kassation des kreisgerichtlichen Urteils eingesetzt hatte, keine vernünftigen Argumente entgegensetzen. | 283 |
Die in dieser Sache getroffene Kassationsentscheidung widersprach in eklatanter Weise dem damals geltenden Recht. Geht man davon aus, dass Ziff. 21 MSt-LPG III dispositives Recht war und die Mitgliederversammlung der LPG auch einen längeren Zeitraum als drei Jahre für die Rückzahlung des zusätzlichen Inventarbeitrages festlegen konnte,215 so war der oben genannte Beschluss der Mitgliederversammlung der verklagten LPG keinesfalls rechtswidrig und benachteiligte die Genossenschaft auch nicht. Schließlich hatten in der DDR auch sozialistische Genossenschaften ihre Geldschulden dann zu bezahlen, wenn ihre Begleichung nicht im Plan des Betriebes festgelegt war. | 284 |
Das Recht, Betrieben Zahlungsverbote aufzuerlegen, war den Räten der Kreise weder durch § 41 GÖV 1973 noch durch andere Rechtsvorschriften eingeräumt. Bei dem im vorliegenden Fall verhängten Zahlungsverbot handelte es sich daher um einen offensichtlich ungesetzlichen und daher nichtigen Verwaltungsakt, den das Kreisgericht zu Recht als unbeachtlich angesehen hatte und der auch eine Gerichtskritik gegenüber dem Rat des Kreises hätte auslösen können.216 | 285 |
Die in dieser Sache rechtlich abwegige Kassationsentscheidung des Obersten Gerichts hatte zur Folge, dass künftig in den Fällen, in denen der Rat des Kreises oder Bezirkes einer LPG die Rückzahlung von zusätzlichen Inventarbeiträgen verbot, diesbezüglich den Gläubigern jegliche gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung dieser Ansprüche versagt werden musste. Finanzielle Schwierigkeiten von LPGs, die durch eine teilweise verfehlte Agrarpolitik, wie die Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion sowie den Zwang zu erhöhten Investitionen, verursacht worden waren, wurden so auch auf private Gläubiger der Genossenschaften abgewälzt. | 286 |
Das geschilderte Kassationsverfahren zeigt eindringlich, dass die Durchsetzung des Rechts des einzelnen Bürgers dann scheiterte, wenn es den Interessen von SED und Staat widersprach. | 287 |
5. Gerichts- oder Verwaltungsentscheidungen über Streitigkeiten aus Pacht- und Nutzungsverträgen, die mit den Räten der Kreise geschlossen wurden? |
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Wie oben dargelegt wurde (vgl. III. 5) folgte aus dem Prinzip des demokratischen Zentralismus (Art. 47 Abs. l DDR-Verf. 1968/74), dass die nachgeordneten Gerichte ihrer Rechtsprechung grundsätzlich die in Entscheidungen des Obersten Gerichts dargelegte Rechtsansicht zugrunde zu legen hatten.217 Schließlich sollte das Oberste Gericht durch seine Tätigkeit die einheitliche Rechtsanwendung durch alle Gerichte sichern (Art. 93 Abs. 2 DDR-Verf. 1968/74). Allerdings wurde vom Obersten Gericht dann auf die Durchsetzung dieser Prinzipien verzichtet, wenn „höhere“ politische oder ökonomische Interessen zentraler Staatsorgane eine andere als die Rechtsauffassung erforderten, die das Oberste Gericht vertreten hatte. Diesbezüglich sei auf folgende Prozesse verwiesen, die vom Obersten Gericht und vom Bezirksgericht Schwerin entschieden worden waren: |
288 |
Bezüglich eines Pachtvertrages, der Ende 1953 oder im Jahre 1954 von einer Bürgerin als Verpächterin mit einer LPG als Pächterin über ein landwirtschaftliches Grundstück abgeschlossen worden war, hatten die Vertragspartner vereinbart, dass Streitigkeiten aus dem Vertrag vom Rat des Kreises entschieden werden sollten. Anfang 1955 war jedoch auf Grund einer Rechtsvorschrift218 an die Stelle der LPG, die auch das Grundstück bewirtschaftete, derjenige Rat des Kreises, der als Schiedsrichter fungieren sollte, als Pächter in den Pachtvertrag eingetreten. | 289 |
Ende 1966 hatte das Oberste Gericht im Berufungsrechtsstreit, in dem die Erbin der Verpächterin vom Rat des Kreises die Zahlung von Pacht gefordert hatte, dahin erkannt, dass für derartige Streitigkeiten der Rechtsweg zu den Gerichten (auch als Gerichtsweg bezeichnet) gegeben war. In Anwendung des Grundsatzes, dass niemand Richter in eigener Sache sein kann, legte das Oberste Gericht dar, dass eine an sich zulässige schiedsvertragliche Regelung außer Kraft tritt, wenn die Schiedsstelle – hier der Rat des Kreises – selbst Vertragspartner wird (§ 1033 ZPO). | 290 |
Weiterhin hatte das Oberste Gericht ausgeführt , „daß im Streitfall der Rechtsweg die bessere Gewähr für den Schutz und die Durchsetzung von Rechten und gesetzlich geschützten Interessen bietet“ als ein Schiedsverfahren. | 291 |
Die Zuständigkeit eines anderen Staatsorgans als des Gerichts für Streitigkeiten aus Pachtverträgen war weder durch ein Gesetz noch durch andere Rechtsvorschriften begründet worden.219 | 292 |
Ein ähnlicher Rechtsstreit war einige Monate später in erster Instanz vom Bezirksgericht Schwerin entschieden worden – allerdings mit einem anderen Ergebnis. | 293 |
In diesem Fall hatte die Klägerin über das ihr gehörende landwirtschaftliche Grundstück einen Nutzungsvertrag mit dem Rat des Kreises geschlossen. Im Verfahren über die Erteilung der staatlichen Genehmigung dieses Vertrages war vom Rat des Bezirkes die zwischen der Klägerin und dem Rat des Kreises vereinbarte Nutzungsgebühr herabgesetzt worden.220 Die Klägerin hatte aber dennoch den Differenzbetrag zwischen der vereinbarten höheren Nutzungsgebühr und der vom Rat des Bezirkes festgesetzten niedrigeren Gebühr gerichtlich geltend gemacht. Diese Klage war vom Bezirksgericht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges rechtskräftig abgewiesen worden. Die Veröffentlichung dieses Urteils ist mit folgendem Leitsatz überschrieben: „Über Streitigkeiten aus Nutzungsverträgen über landwirtschaftliche Nutzflächen haben die örtlichen Organe zu entscheiden. Der Rechtsweg ist nicht zulässig.“221 | 294 |
Dieser Leitsatz ist jedoch vom Inhalt der Entscheidung nicht gedeckt. | 295 |
Die im Urteil des Bezirksgerichts Schwerin angeführten Rechtsvorschriften222 enthielten keine Bestimmungen des Inhalts, dass Streitigkeiten aus Grundstücksnutzungsverträgen, die Bürger mit Räten der Kreise abgeschlossen hatten, unter Ausschluss des Rechtsweges (Gerichtsweges) von Verwaltungsbehörden zu entscheiden waren. Auch andere Rechtsvorschriften sahen dies nicht vor. | 296 |
Allerdings war im gegebenen Fall von den Vertragspartnern vereinbart worden, dass über Streitigkeiten aus dem Nutzungsvertrag der Rat des Kreises entscheiden sollte. Diese Vereinbarung war jedoch von Anfang an unwirksam, weil der Rat des Kreises Partner des Nutzungsvertrages war und er deshalb nicht über Streitigkeiten aus diesem Vertrag entscheiden konnte (§ 1033 ZPO). | 297 |
Gegenstand des Vertrages war die Überlassung des Besitzes an einem Grundstück durch dessen Eigentümerin an den Rat des Kreises zur Nutzung durch eine LPG. Als Entgelt dafür war vom Rat des Kreises an die Grundstückseigentümerin eine „Nutzungsgebühr“ zu entrichten. Dieses Entgelt war vom Rat des Bezirkes im verwaltungsrechtlich geregelten Genehmigungsverfahren herabgesetzt worden. Die „Nutzungsgebühr“ hatte den Charakter einer Pachtzahlung. Der Nutzungsvertrag war zwar nach damaliger Auffassung der Rechtswissenschaft dem Rechtszweig Bodenrecht zuzuordnen, entsprach aber dem zivilrechtlich geregelten Rechtsinstitut des Pachtvertrages (vgl. § 581 Abs. l BGB). Der Vertrag war zugunsten eines Dritten – der LPG – geschlossen worden (§ 328 BGB). Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage handelte es sich auch hier um eine zivilrechtliche Streitigkeit, deren Entscheidung den Gerichten oblag.223 | 298 |
Da der Rat des Kreises die vom Rat des Bezirkes im Verwaltungswege verbindlich festgesetzte und verringerte Nutzungsgebühr an die Klägerin gezahlt hatte, wäre der von ihr darüber hinaus gerichtlich geltend gemachte Betrag vom Bezirksgericht bei Bejahung des Rechtsweges (Gerichtsweges) als unbegründet abzuweisen gewesen. | 299 |
Anstatt dass das Oberste Gericht sein oben genanntes zutreffendes Urteil vom 22.12.1966224 in der Zeitschrift NEUE JUSTIZ publizieren ließ, um es einem größeren Leserkreis – und damit auch allen Gerichten – zugänglich zu machen, und das am 8.8.1967 ergangene unrichtige Urteil des Bezirksgerichts Schwerin225 mit einer entsprechenden Anmerkung versah, wurde am 8.9.1967 im Konsultativrat für LPG-Recht, der beim 1. Zivilsenat des Obersten Gerichts bestand, darüber diskutiert, ob „für Streitigkeiten aus Nutzungsverträgen, bei denen der Rat des Kreises Vertragspartner ist, der Rechtsweg zulässig“ ist.226 Da diese Rechtsfrage in der Tagung am 8.9.1967 nicht geklärt werden konnte, fand 4 1/2 Jahre später – am 24.3.1972 – eine weitere Beratung des Konsultativrates für LPG-Recht zum gleichen Thema statt. Auch diese Tagung führte insoweit zu keinem Ergebnis. Da die Lösung dieser Frage für die Arbeit der Gerichte von erheblicher praktischer Bedeutung erschien, beauftragte das Kollegium für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen des Obersten Gerichts am 18.9.1972 den 1. Zivilsenat, im Konsultativrat eine weitere Klärung herbeizuführen.227 | 300 |
Darauf wurde die Problematik am 15.12.1972 im Konsultativrat für LPG-Recht erneut erörtert. In dieser Tagung vertrat die Mehrheit der Anwesenden (anwesend waren Richter des Obersten Gerichts und von Bezirksgerichten, Rechtswissenschaftler, der Leiter der Rechtsabteilung des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft sowie der Verfasser) die Auffassung, dass für Streitigkeiten aus Pacht- und Nutzungsverträgen, die zwischen Grundstückseigentümern und Räten der Kreise über landwirtschaftliche Grundstücke bestanden, der Rechtsweg zu den Gerichten nicht gegeben sei. Solche Streitigkeiten hätten die örtlichen Organe zu entscheiden; und zwar sowohl in den Fällen, in denen der Pacht- oder Nutzungsvertrag im beiderseitigen Einvernehmen zwischen den Grundstückseigentümern und den Räten der Kreise geschlossen wurde als auch dann, wenn die Verträge durch Verfügungen der Räte der Kreise für verbindlich erklärt worden waren, weil die Grundstückseigentümer den Vertragsabschluss verweigert hatten. | 301 |
„Es wird zu prüfen sein, ob an der bisherigen Rechtsauffassung des Obersten Gerichts festzuhalten ist. Ferner wurde die Meinung vertreten, dass eine vertiefende Erörterung des Problems durch die Rechtswissenschaft geboten sei“228 | 302 |
Der Leiter der Rechtsabteilung des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft „gab zu bedenken, daß zur Klärung dieser Frage kein theoretischer Vorlauf gegeben sei. Mit Rücksicht darauf sei der Konsultativrat gegenwärtig überfordert und nicht in der Lage, eine hinreichend sichere Antwort auf die aufgeworfenen Fragen zu geben“.229 | 303 |
Da offenbar weder von der Rechtswissenschaft noch von anderer Seite eine Antwort auf die (eigentlich bereits durch das zutreffende Urteil des Obersten Gerichts vom 22.12.1966 gelöste) Frage erfolgt war, ob Streitigkeiten aus Pacht- und Nutzungsverträgen, die zwischen Grundstückseigentümern und den Räten der Kreise bestanden, von den Gerichten oder von Verwaltungsorganen zu entscheiden waren, befasste sich auch der Konsultativrat für LPG-Recht zumindest bis Ende 1976 nicht mehr mit der Erörterung dieser Rechtsfrage.230 | 304 |
Im Laufe des Jahres 1976 war jedoch das Problem durch die Rechtswissenschaft auf der Grundlage des nunmehr geltenden § 4 GVG 1974 überraschend gelöst worden: Prof. Dr. Günther Rohde, der führende DDR-Bodenrechtler, hatte zutreffend dargelegt, dass „für die Zuständigkeit der Gerichte zur Entscheidung bodenrechtlicher Streitigkeiten … gegenwärtig keine besonderen Regelungen (existieren). Sie ergibt sich aus der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des § 4 GVG (von 1974 – G.J.) …, nach der die Gerichte über alle Zivilsachen verhandeln und entscheiden, soweit nicht durch Gesetz die Zuständigkeit anderer Staatsorgane begründet ist. Die gegenwärtige gerichtliche Praxis zeigt vor allem zweierlei: Einmal wird deutlich, daß die verschiedensten bodenrechtlichen Komplexe in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte fallen und Gegenstand der Rechtsprechung sind. … Gegenstand von gerichtlichen Verfahren sind vor allem Streitigkeiten über … Pacht- und Nutzungsverhältnisse an Grundstücken sowie über solche, die im Zusammenhang mit der sozialistischen Bodenbewirtschaftung in der Landwirtschaft entstehen“.231 | 305 |
Der Rechtsweg zu den Gerichten (Gerichtsweg) war auch für Streitigkeiten aus solchen Pacht- und Nutzungsverträgen gegeben, deren Abschluss die Grundstückseigentümer verweigert hatten und die deshalb durch eine verwaltungsrechtliche Verfügung des Rates des Kreises für verbindlich erklärt worden waren.232 Die dem Verwaltungsrecht zuzuordnende Verbindlichkeitserklärung änderte nichts an dem zivilrechtlichen Charakter eines solchen Vertrages, denn dessen Inhalt – einerseits die Verpflichtung des Grundstückseigentümers, den Besitz und die Nutzung seines Grundstücks dem Rat des Kreises zugunsten einer LPG zu überlassen und andererseits die Pflicht des Rates des Kreises zur Zahlung einer Pacht oder einer Nutzungsgebühr – waren in einem solchen Fall ebenfalls zivilrechtliche Verpflichtungen iSd § 581 Abs. l BGB. | 306 |
Schließlich hatte der Gesetzgeber auch kein Verwaltungsorgan bestimmt, das zur Entscheidung über Streitigkeiten aus solchen „Zwangsverträgen“ befugt gewesen wäre. Dies wäre jedoch die gesetzlich bestimmte Voraussetzung für den Ausschluss des Gerichtsweges gewesen.233 | 307 |
Es sei noch bemerkt, dass in der DDR Verwaltungsorgane – Räte der Städte, der Stadtbezirke und der Gemeinden – auch Wohnungsmietverträge für verbindlich erklären konnten, wenn nach Zuweisung von Wohnraum an einen Bürger dieser oder der Hauseigentümer nicht bereit war, über den zugewiesenen Wohnraum einen Mietvertrag abzuschließen.234 Entstanden jedoch aus einem Mietvertrag, der durch ein Verwaltungsorgan (einen Rat) für verbindlich erklärt worden war, Streitigkeiten, so wurden diese im Rechtsweg durch die Gerichte, nicht aber durch ein Verwaltungsorgan entschieden. | 308 |
Die vorgenannten Ausführungen konnten die Gegner des Rechtsweges (Gerichtsweges), die vornehmlich im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft zu finden waren, nicht überzeugen. | 309 |
Hinzu kam, dass das am 1.1.1976 in Kraft getretene ZGB keine Bestimmungen über die Pacht und die vertragliche Nutzung landwirtschaftlicher Grundstücke enthielt, so dass insoweit ein weitgehend rechtsfreier Raum entstanden war. Dies wurde von den Gegnern des Gerichtsweges so ausgelegt, dass Pacht- und Nutzungsverträge, die mit Räten der Kreise über landwirtschaftliche Grundstücke bestanden, nicht mehr dem Zivilrecht zuzurechnen, sondern zumindest seit diesem Zeitpunkt dem Verwaltungs- und Bodenrecht zuzuordnen wären. Da hierfür jedoch der Rechtsweg zu den Gerichten nicht durch eine Rechtsvorschrift ausdrücklich für zulässig erklärt war, sei für Streitigkeiten aus solchen Pacht- und Nutzungsverträgen der Gerichtsweg nach § 4 Abs. l GVG 1974 unzulässig. Nun war allerdings auch nicht durch eine Rechtsvorschrift geregelt, dass – und bejahendenfalls welche – Verwaltungsbehörden über Streitigkeiten aus Pacht- und Nutzungsverträgen, die mit den Räten der Kreise über landwirtschaftliche Grundstücke bestanden, zu entscheiden hatten. | 310 |
Wahrscheinlich wurden Ansprüche von Verpächtern und Nutzungsgebern, die sie aus den Verträgen gegenüber den Räten der Kreise geltend machen wollten, im Eingabenwege von Verwaltungsbehörden bearbeitet. Jedenfalls wurden nach 1968 keine Entscheidungen über Streitigkeiten aus den oben genannten Pacht- und Nutzungsverträgen mehr veröffentlicht. | 311 |
6. Resümee |
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Wie die obigen Beispiele zeigen, hat das Oberste Gericht auch durch seine Kassationsrechtsprechung und durch seine Untätigkeit in der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges (Gerichtsweges) für Streitigkeiten aus „Kreispachtverträgen“ die Agrarpolitik der SED und der Staatsführung der DDR bedingungslos unterstützt – in vielen Fällen contra legem. Als „Rechtsgrundlage“ dafür diente der Beschluss der Volkskammer vom 25.4.1960.235 |
312 |
Dieser Beschluss enthielt außer propagandistischen Darlegungen lediglich die Feststellung, dass nunmehr alle Bauern der DDR einer LPG beigetreten waren; außerdem war die Aufgabe gestellt worden, „die Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen und Kreistage durch bewährte Genossenschaftsbauern zu ergänzen“ (nicht durch Wahl, sondern durch Kooptierung). | 313 |
Nichtsdestoweniger musste dieser von allen Fraktionen der Volkskammer gefasste Beschluss in der folgenden Zeit die Begründung u.a. auch dafür hergeben, dass entgegen dem in § l Abs. l LPG-G 1959 festgelegten Freiwilligkeitsprinzip keine Möglichkeit mehr bestand, auf Grund einer Austrittserklärung ohne weiteres zum Abschluss der Ernte aus einer LPG auszuscheiden, wie es in den 1959 erlassenen LPG-Musterstatuten geregelt war. | 314 |
Der Kassationsantrag, in dem der Verfasser auf die seit 1963 erfolgte Rechtsprechung des Obersten Gerichts zum Ausscheiden aus einer LPG und zu eventuellen Schadensersatzansprüchen der Genossenschaft exakt hingewiesen hatte, war – wahrscheinlich weil zwei Mitglieder des erkennenden 1. Zivilsenats nicht der SED, sondern „Blockparteien“ angehörten – unter „Parteikontrolle“ der SED-Grundorganisation des Obersten Gerichts genommen worden. In dem in dieser Sache erlassenen Urteil verkündete dieser Senat dann u.a., dass bei einer Abstimmung über einen Beschlussentwurf auch das zweimalige Schweigen der LPG-Mitgliederversammlung als Zustimmung gewertet werden kann. | 315 |
Das Oberste Gericht sanktionierte auch die Pflicht von Bauern, die bereits im höheren Lebensalter standen, aber noch arbeitsfähig waren, an der genossenschaftlichen Arbeit teilzunehmen. Wie das obige Beispiel zeigt, war das Erreichen des Rentenalters kein Grund, die Arbeit in der LPG einzustellen. | 316 |
Die Veränderung der Rechtslage bezüglich der Rückzahlung der Inventarbeiträge wurde durch ein Zusammenwirken von Kassationsrechtsprechung und Gesetzgebung erreicht. Es war keineswegs erforderlich, wegen des Inkrafttretens des ZGB die Verpflichtung der LPGs, die Pflichtinventarbeiträge beim Ausscheiden aus der Genossenschaft zurückzuerstatten, abzuschaffen – dennoch wurde diese verfassungswidrige entschädigungslose Enteignung der Genossenschaftsbauern bzw. deren Erben versteckt im EGZGB vorgenommen. Die Form dieser Gesetzgebungstechnik – Verbindung verschiedener, nicht im Zusammenhang stehender Rechtsmaterien in einem Gesetz – scheint dem Bundesgesetzblatt abgeschaut gewesen zu sein. | 317 |
Die Sanktionierung der Rückzahlungsverweigerung bezüglich des zusätzlichen Inventarbeitrages wegen eines Beschlusses des Rates des Kreises durch das Oberste Gericht kann m.E. nur als abwegiger Unfug bezeichnet werden. Der Verfasser bedauert es noch heute, dass er sich nicht geweigert hatte, den zu dieser Entscheidung führenden Kassationsantrag in der mündlichen Verhandlung zu vertreten. | 318 |
Obwohl das Oberste Gericht mit dem zweitinstanzlichen Urteil vom 22.12.1966236 zutreffend entschieden hatte, dass über Streitigkeiten aus „Kreispachtverträgen“ die Gerichte zu entscheiden hatten, wurde – anstatt diese Erkenntnis in einer ähnlichen Sache durch eine höchstrichterliche Kassationsentscheidung zu bekräftigen – eine jahrelange Diskussion über diese richtige Entscheidung begonnen. Die Diskussion wurde – jedenfalls von Seiten des Obersten Gerichts – nicht einmal offiziell für beendet erklärt, sondern man ließ sie „im Sande verlaufen“. | 319 |
Seit Anfang 1976 wurde von Mitarbeitern des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft zunehmend darauf hingewiesen, dass im ZGB keine Regelung der Pacht und der vertraglichen Nutzung landwirtschaftlicher Grundstücke erfolgt war. Auf Grund dieser Regelungslücke setzte sich – entgegen der im Lehrbuch Bodenrecht dargelegten wissenschaftlichen Meinung –237 bei den Kreis- und Bezirksgerichten die Auffassung durch, dass es sich bei den „Kreispachtverträgen“ nicht um zivilrechtliche Vereinbarungen handeln würde, sondern dass diese Verträge dem verwaltungsrechtlich geregelten Teil des Bodenrechts zuzuordnen wären. Den Verpächtern und anderen Bürgern, über deren landwirtschaftliche Grundstücke mit den Räten der Kreise Pacht- oder Nutzungsverträge bestanden, wurde bei Streitigkeiten aus solchen Verträgen in der Regel mit dieser Begründung der gerichtliche Rechtsschutz verweigert. Das Oberste Gericht wurde bei solchen Streitigkeiten nicht mehr tätig. | 320 |
Den betreffenden Bürgern blieb insoweit nur die Möglichkeit, ihr Recht im Eingabenwege zu verfolgen. Dies dürfte schwierig gewesen sein, da als zuständige Behörden für die Bearbeitung solcher Eingaben die Landwirtschaftsabteilungen der Rate der Kreises und Bezirke infrage kamen. Da es sich dabei um nachgeordnete Organe des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft handelte, war eine direkte Einflussnahme dieses Ministeriums auf die von diesen Abteilungen zu treffenden Entscheidungen gewährleistet. | 321 |
Die „Zusammenarbeit“ des Obersten Gerichts, mit diesem Ministerium nahm manchmal skurrile Formen an: | 322 |
So hatte eine LPG einer Genossenschaftsbäuerin unberechtigt die Leistung von Naturalien verweigert. Eine diesbezügliche Leistungsklage der Bäuerin war abgewiesen worden; die gegen das klagabweisende Urteil eingelegte Berufung hatte das Bezirksgericht Suhl zurückgewiesen. | |
Der 1. Zivilsenat des Obersten Gerichts hatte die Absicht, dem Präsidenten des Obersten Gerichts die Kassation dieser offensichtlich unrichtigen Entscheidung des Bezirksgerichts vorzuschlagen. | 323 |
Um sich der Zustimmung insbesondere des Leiters der Rechtsabteilung des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft zu vergewissern, trug ein Richter dieses Senats die Sache dem Konsultativrat für LPG-Recht in dessen Sitzung am 15.12.1972 vor. Die diesbezügliche Beratung, bei der sich auch der Leiter der genannten Rechtsabteilung für die Kassation des Berufungsurteils aussprach, führte zu dem Ergebnis, dass „der Auffassung des 1. Zivilsenats, … die Einleitung eines Kassationsverfahrens in der Sache … – 3 BCB 8/72 des Bezirksgerichts Suhl – vorzuschlagen, … einhellig zugestimmt“ wurde.238 | 324 |
Auf Grund des danach gestellten Kassationsantrages hob der 1. Zivilsenat des Obersten Gerichts das unrichtige Berufungsurteil des Bezirksgerichts Suhl auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurück. | 325 |
Im Kassationsurteil wurde zum Ausdruck gebracht. dass der 1. Zivilsenat des Obersten Gerichts die Klage der Genossenschaftsbäuerin für begründet hielt.239 | 326 |
Einige Zeit später wandte sich deshalb die verklagte LPG, die trotz des eindeutigen Urteils des Obersten Gerichts die Naturalien nicht leisten wollte, direkt an den Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, Georg Ewald. Dieser versprach, sich um die Sache zu kümmern, konnte dies aber nicht mehr tun, weil er am 14.9.1973 bei einer Dienstfahrt tödlich verunglückte.240 | 327 |
Im dem Nachverfahren beim Bezirksgericht Suhl obsiegte die Klägerin. | 328 |
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Zu den vorstehenden Ausführungen sei bemerkt, dass durch eine Gesetzesänderung, die nach der politischen Wende des Herbstes 1989 auf Initiative der Regierung Modrow beschlossen wurde, den LPG-Mitgliedern bzw. deren Erben die Pflichtinventarbeiträge wieder zugesprochen – also zurückübereignet – wurden.241 | 329 |
Ein Gesetz der frei gewählten Volkskammer billigte im Juli 1990 jedem LPG-Mitglied wieder das Recht zu, seine Mitgliedschaft zur LPG durch eine Kündigung zu beenden, der von Seiten der Genossenschaft nicht widersprochen werden konnte Ein ausgeschiedenes LPG-Mitglied erhielt seine Hofstelle und sein eingebrachtes Land zurück. Außerdem hatte es Anspruch auf eine Abfindung, die den Wert des gesamten Inventarbeitrages umfasste. Die Zahlung der Abfindung hatte innerhalb einer gesetzlich festgelegten kurzen Frist zu erfolgen. | 330 |
Ähnliche Regelungen waren zugunsten der Erben verstorbener LPG-Mitglieder erlassen worden.242 Auch dürfte es seit der politischen Wende des Herbstes 1989 kaum noch DDR-Gerichte gegeben haben, die den Partnern von Pacht- und Nutzungsverträgen bei Streitigkeiten aus solchen Verträgen die Inanspruchnahme des Rechtsweges (Gerichtsweges) verweigerten oder sich sonst von abwegigen Rechtsauffassungen – auch wenn diese von Ministerien oder anderen zentralen Behörden vertreten wurden – beeinflussen ließen. | 331 |
VII. Die Kassation in Zivilsachen – Rechtsinstitut oder Maßnahme? Beispiele, Einschätzung und abschließende Bemerkungen1. Darlegung des Problems – weitere Beispiele |
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Torsten Reich warf bereits in der Überschrift seines hier mehrfach genannten Internet-Beitrages die Frage auf, ob die Kassation in Zivilsachen einen Maßnahmeakt oder ein Rechtsinstitut darstellte. In der Einleitung seines Beitrages fragte er, „ob es sich bei der Kassation im Zivilverfahren um mehr handelte als die Scheinlegalisierung von Maßnahmeakten.“243 |
332 |
Zur Erläuterung sei hier erklärt, dass sich Reich bei seiner Fragestellung auf die von dem antifaschistischen deutschen Juristen Ernst Fraenkel bis 1938 ausgearbeitete kritische Analyse des NS-Herrschaftssystems „Der Doppelstaat“ bezieht, in der Fraenkel dargelegt hat, „daß im Nationalsozialismus zwei Formen der Herrschaft nebeneinander bestehen: Im 'Normenstaat' gelten die bisherigen Rechtsvorschriften in dem Umfang weiter, wie es zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems erforderlich ist. Im 'Maßnahmenstaat' wird nicht nach rechtlichen Regeln, sondern nach Kriterien politischer Opportunität entschieden, um die Herrschaft des Regimes zu sichern und seine spezifischen Ziele – wie die Judenverfolgung – durchzusetzen. Im Zweifel entscheidet der Maßnahmenstaat nach seinem Interesse, ob eine Angelegenheit nach den Regeln des Normenstaates oder nach den Bedürfnissen des Maßnahmenstaates behandelt wird.“ 244 | 333 |
Wenn man schon die von E. Fraenkel erfolgte Charakterisierung des NS-Staates als Doppelstaat auf die DDR übertragen will und deshalb nach dem Charakter der Kassation von rechtskräftigen zivilrechtlichen Entscheidungen fragt, dann muss die Antwort lauten, dass diese prozessuale Einrichtung eindeutig dem Normenstaat zuzuordnen ist. | 334 |
Die Möglichkeit, rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die auf den Gebieten des Zivil- und Familienrechts ergangen waren, im Wege der Kassation aufzuheben, wurde kurz nach der im Herbst 1949 erfolgten Gründung der DDR eingeführt. | 335 |
Die Kassation solcher Entscheidungen war stets gesetzlich geregelt, zunächst durch § 11 Abs. 2 und die §§ 12 ff. OGStAG, danach durch die §§ 9 ff. ÄEG; jeweils in Verbindung mit den §§ 548 ff. ZPO. Seit 1952 war die Kassation fester Bestandteil der Gerichtsverfassungsgesetze.245 | 336 |
Das Kassationsverfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen war zuletzt in der ZPO/DDR geregelt (vgl. dort die §§ 160-162, § 168 Abs. l und § 176 Abs. 4). | 337 |
Zumindest seit dem Anfang der 1970er Jahre wurden bei den Zivilsenaten des Obersten Gerichts Kassationsanträge gegen zivilrechtliche Entscheidungen nur dann gestellt, wenn eine Kassationsanregung der im bisherigen Verfahren rechtskräftig unterlegenen Prozesspartei vorlag. Solche Kassationsanregungen lagen auch dann vor, wenn sich Leitungen oder Funktionäre von Partei- oder Staatsorganen bzw. Organisationen für die Kassation eingesetzt hatten und daraufhin ein Kassationsantrag gestellt wurde. | 338 |
Von der Möglichkeit, „Kassationsanträge ohne und selbst gegen den Willen der im rechtskräftigen Instanzurteil unterlegenen Partei … (zu stellen), um eine richtige und einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten …“,246 wurde im Interesse der Erhaltung des zwischen den Prozessparteien vermutlich eingetretenen Rechtsfriedens zumindest seit dem Beginn der 1970er Jahre kein Gebrauch mehr gemacht. War z.B. bei der Inspektion eines Gerichts ein unrichtiges Urteil festgestellt worden, ohne dass eine Kassationsanregung vorlag, so erhielten die Richter, die an dieser Entscheidung mitgewirkt hatten, entsprechende mündliche oder schriftliche Hinweise. Um ähnliche Fehler bei anderen Gerichten zu vermeiden, erfolgten auch Auswertungen solcher Prozesse in Fachrichtertagungen des Obersten Gerichts. Kassationsverfahren wurde jedoch in solchen Fällen nicht mehr eingeleitet. | 339 |
Durch die Kassation unrichtiger Entscheidungen der unteren Gerichte wurde manchmal nicht nur Unrecht beseitigt, sondern auch politischer Unfug aus der Welt geschafft. | 340 |
So hatte im Dezember 1975 der Rat einer im damaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt (jetzt Chemnitz) gelegenen politischen Gemeinde der dortigen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde einen Mietvertrag über ein Gebäude gekündigt, das als kirchlicher Versammlungsraum genutzt wurde. Auf die Klage des Rates der Gemeinde, der in diesem Gebäude einen Jugendklub einrichten wollte, hatte das Kreisgericht die Kirchengemeinde zur Räumung und Herausgabe des Gebäudes verurteilt. Die von der Kirchengemeinde eingelegte Berufung war durch Beschluss des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt gem. § 28 Abs. 3 ZPO/DDR als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden. | 341 |
Sowohl das Kreisgericht als auch das Bezirksgericht hatten die Auffassung vertreten, dass Gebäude und Räume, die von Kirchengemeinden für religiöse Zwecke angemietet waren, nicht dem Kündigungsschutz des Mieters (§ 120 Abs. l ZGB) unterlagen. | 342 |
Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen hatte sich der Vorstand der betroffenen Kirchengemeinde mit einer Kassationsanregung an den Präsidenten des Obersten Gerichts gewandt. | 343 |
Auf Grund des unverzüglich gestellten Kassationsantrages wurden vom 2. Zivilsenat des Obersten Gerichts der Beschluss des Bezirksgerichts Karl-Marx-Stadt sowie das Urteil des Kreisgerichts aufgehoben und die Klage als unbegründet abgewiesen. | 344 |
Im Kassationsurteil wurde dargelegt, dass die vom Rat der Gemeinde im November 1975 ausgesprochene Kündigung bereits deshalb unwirksam war, weil zu diesem Zeitpunkt der Rat der Gemeinde noch nicht Rechtsträger des volkseigenen Grundstücks war, auf dem sich das von der Kirchengemeinde genutzte Gebäude befand. Darüber hinaus erkannte der 2. Zivilsenat in dieser Kassationsentscheidung dahin, dass der „in den §§ 120 ff. ZGB enthaltene Kündigungsschutz … nicht nur für die Wohnungsmiete, sondern auch für eine Raummiete der vorliegenden Art (galt), was sich zweifelsfrei daraus ableiten (ließ), dass z.B. der Kündigungsschutz vom Gesetz auch auf Gewerberäume ausgedehnt worden (war); § 131 ZGB“.247 | 345 |
Bezeichnend ist, dass dieser Rechtsstreit, als er bei den unteren Gerichten anhängig war, in keiner der dem Obersten Gericht vom Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt übersandten Wochenmeldungen mitgeteilt wurde, obwohl dies nahe gelegen hätte.248 | 346 |
Wahrscheinlich sollte der damalige Präsident des Obersten Gerichts, der immerhin Stellvertretender Vorsitzender der DDR-CDU war, von diesem Prozess erst dann erfahren, nachdem dieser beim Bezirksgericht beendet war. Leider wurde die zugunsten der Kirchengemeinde ergangene Kassationsentscheidung von dem für die Zivilrechtsprechung zuständigen Vizepräsidenten des Obersten Gerichts nicht zur Veröffentlichung freigegeben. | 347 |
Weiterhin sei auf eine im Sommer 1984 ergangene Kassationsentscheidung des Obersten Gerichts hingewiesen, durch die das Urteil eines anderen Bezirksgerichts aufgehoben wurde, gemäß dem eine Kirchengemeinde zu Unrecht verurteilt worden war, für einen Schuppen an dessen Erbauer eine Vergütung in Höhe von 1.500 Mark zu zahlen. Der massiv unterkellerte Holzschuppen war von dem Kläger – dem vertraglichen Nutzer der Bodenfläche, deren Eigentümerin die Kirchengemeinde war – ohne deren Zustimmung und ohne staatliche Baugenehmigung errichtet worden. Bei der Beendigung des Bodennutzungsverhältnisses hatte sich der Schuppen in einem schlechten baulichen Zustand befunden und konnte deshalb nicht an einen neuen Nutzer vergeben werden. Auch die Kirchengemeinde als Eigentümerin des Grundstücks, auf dem der Schuppen erbaut war, hatte für dieses Bauwerk keine Verwendung. Die von dem Erbauer des Schuppens gegen die Kirchengemeinde erhobene Zahlungsklage wurde deshalb durch ein Kassationsurteil des Obersten Gerichts als unbegründet abgewiesen.249 | 348 |
Die vorgenannten Kassationsentscheidungen entsprachen durchaus der Kirchenpolitik der SED und der DDR-Staatsführung. Partei und zentrale staatliche Organe waren nicht daran interessiert, das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Staat und Kirchen durch ungesetzliche gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts zusätzlich zu belasten. | 349 |
Bemerkenswert sind auch zwei Kassationsentscheidungen des Obersten Gerichts, in denen – entgegen der Auffassung der unteren Gerichte – dahin erkannt wurde, dass der Rechtsweg zu den Gerichten zulässig war. | 350 |
In einem Fall hatte der frühere vertragliche Nutzer eines für Bauzwecke enteigneten Grundstücks einen Anspruch auf Erstattung von Wertverbesserungen dieser Immobilie gegen deren staatlichen Verwalter geltend gemacht. Das Oberste Gericht erkannte dahin, dass ein früherer vertraglicher Grundstücksnutzer berechtigt war, einen solchen Anspruch gegenüber dem entschädigungsberechtigten enteigneten früheren Grundstückseigentümer (hier: gegenüber dem staatlichen Verwalter des enteigneten Grundstücks) im Gerichtsweg geltend zu machen, um diese Ansprüche dann gegenüber dem Rat des Kreises (der Entschädigungsstelle) realisieren zu können.250 | 351 |
„Ein konsequentes Urteil«, das in der Sache gegen ein staatliches Organ bei der Teilnahme am Zivilrechtsverkehr erging.“251 | 352 |
In einer anderen Sache war in erster und zweiter Instanz unrichtig entschieden worden, dass für Streitigkeiten aus Nutzungsverhältnissen über Kleingärten der Rechtsweg zu den Gerichten nicht zulässig war. Dabei hatten die unteren Gerichte nicht beachtet, dass die Rechtsvorschrift, gemäß der für solche Streitigkeiten der Gerichtsweg ausgeschlossen war 252 und die wegen der fehlenden Gesetzeseigenschaft, die für den Ausschluss des Gerichtsweges erforderlich war,253 berechtigter Kritik unterlegen hatte,254 gemäß § 15 Abs. 2 Teil II Nr. 36 EGZGB außer Kraft getreten war. | 353 |
Das Oberste Gericht erkannte deshalb dahin, dass für Streitigkeiten aus Kleingarten-Nutzungsverhältnissen – auch wenn die Nutzung in einer Kleingartenanlage erfolgte – der Rechtsweg zu den Gerichten zulässig war.255 | 354 |
Durch die Kassationstätigkeit des Obersten Gerichts wurden auch viele Bürger vor materiellen Schäden bewahrt, die durch die Versagung des gerichtlichen Rechtsschutzes oder durch die Vollstreckung ungesetzlicher gerichtlicher Entscheidungen entstanden wären, ohne dass im Rahmen dieses Beitrages auf weitere Einzelheiten eingegangen werden kann. | 355 |
Allerdings beinhaltete die Kassation eine Durchbrechung der Rechtskraft der betroffenen gerichtlichen Entscheidungen. Die Möglichkeit, gegen eine rechtskräftige, in einer Zivil-, Familien- oder Arbeitsrechtssache ergangene Entscheidung einen Kassationsantrag zu stellen, war jedoch zeitlich auf ein Jahr begrenzt. Innerhalb des ersten Jahres nach Eintritt der Rechtskraft waren somit die Entscheidungen nur mit einer „unvollkommenen“ Rechtskraft versehen. Über diese Rechtslage konnte sich jedermann informieren. | 356 |
In der Regel wurden – um die Einleitung der Vollstreckung zu vermeiden – Kassationsanregungen von der unterlegenen Prozesspartei bereits kurz nach dem Eintritt der Rechtskraft eingereicht. Das Kassationsprüfungsverfahren und ein sich eventuell anschließendes Kassationsverfahren konnten in den meisten Fällen innerhalb weniger Monate nach Rechtskraft der beanstandeten Entscheidung abgeschlossen werden. | 357 |
Auch aus der Möglichkeit der Durchbrechung der Rechtskraft, die nur innerhalb eines Jahres nach ihrem Eintritt möglich war, kann nicht abgeleitet werden, dass es sich bei der Kassation um eine „Maßnahme“ im Sinne der von Ernst Fraenkel (bezüglich des NS-Staates!) erarbeiteten Analyse handelt. | 358 |
Eine Durchbrechung der Rechtskraft erfolgt auch jetzt bei der Wiederaufnahme eines Zivilprozesses (§§ 578 ff. ZPO). Die Wiederaufnahme ist gegenwärtig gemäß § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO sogar innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils zulässig. Diese Regelung fand bei Zivil- und Familiensachen bis zum 31.12.1975 auch in der DDR Anwendung; seit dem 1.7.1961 galt für Arbeitsrechtsprozesse gem. § 46 Abs. l AGO eine Wiederaufnahmefrist von drei Jahren. Vom 1.1.1976 an war es möglich, Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren binnen zehn Jahren wiederaufzunehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorlagen. Allerdings konnte eine Wiederaufnahmeklage auch vom Staatsanwalt erhoben werden (§ 163 Abs. 3 Sätze 3 u. 1 ZPO/DDR). | 359 |
Maßnahmecharakter trugen jedoch einzelne Kassationsverfahren, in denen aus politischen Erwägungen auf Grund eines „unrichtigen“ Kassationsantrages Entscheidungen, die den Rechtsvorschriften entsprachen, aufgehoben und durch contra legem ergangene Kassationsurteile des Obersten Gerichts ersetzt wurden. Dies war z.B. bei den oben genannten Landwirtschaftsprozessen (vgl. Abschn. VI.) der Fall. | 360 |
Auch andere Kassationsentscheidungen entsprachen nicht immer dem Gesetz. So hatte das Oberste Gericht eine am 26.3.1985 an einen Rat der Gemeinde als Rechtsträger eines volkseigenen Grundstücks gerichteten schriftliche Bitte von Bodennutzern, über einen Teil der von ihnen vertraglich genutzten Bodenfläche mit anderen Bürgern einen Nutzungsvertrag abzuschließen und bereits bestehende Bodennutzungsverträge entsprechend zu ändern, als eine zulässige bedingte Kündigung eines Teils der von den Bodennutzern vertraglich genutzten Fläche gewertet.256 | 361 |
Der Verfasser hält dieses Kassationsurteil für unrichtig, da auch während der Geltung des ZGB eine Kündigung bedingungsfeindlich war und die teilweise Kündigung von Grundstücksverträgen in Rechtsvorschriften nicht vorgesehen war (vgl. § 81 Abs. l Satz 2 und § 314 Abs. 2-4 ZGB).257 | 362 |
In einer von Jürgen Löbbe verfassten Dissertation wird diese Kassationsentscheidung für richtig gehalten. Löbbe legte dar, dass das Oberste Gericht darin eine bedingte Kündigung konstruiert hatte und „damit den Wortlaut des Gesetzes (überschritt), nach dem die Kündigung ein bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft war (§ 81 Abs. l Satz 2 ZGB). § 81 Abs. l Satz 2 ZGB sollte allerdings dem Schutz des Vertragspartners dienen, dem sonst durch die Bedingung eine unsichere Rechtslage aufgezwungen werden konnte. … Des Schutzes des Vertragspartners bedurfte es nicht, wenn der Bedingungseintritt im Belieben des Vertragspartners stand, denn dann war er keiner unsicheren, unzumutbaren Rechtslage ausgesetzt, sondern hatte die Gestaltung der Rechtslage selbst in der Hand. Dem Sinn und Zweck des § 81 ZGB entsprach daher die Wirksamkeit der Kündigung, entgegen dem Wortlaut. Daher liegt eine teleologische Reduktion vor.“258 | 363 |
Hierzu ist zu bemerken, das die Methode der teleologischen Auslegung von den DDR-Gerichten nicht angewandt wurde.259 Die Auslegung einer Rechtsvorschrift war vielmehr durch deren Wortlaut begrenzt. So hatte das Oberste Gericht bereits 1957 über die Grenzen der Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung unter Bezugnahme auf § 5 GVG 1952 ausgeführt, «daß die Richter … 'dem Gesetz' unterworfen sind, … (was) … bedeutet …, daß sie das Gesetz seinem Wortlaut nach anzuwenden haben. Eine Kontrolle darüber, ob die von unserem Staate erlassenen Gesetze richtig und vollständig sind, steht nicht ihnen, sondern … allein der Volkskammer“ zu.260 | 364 |
Diese vom Obersten Gericht entwickelten Grundsätze dürften auch noch 1983 gegolten haben, als das oben besprochene Urteil erlassen worden war, da auch § 5 Abs. 2 GVG 1974 die Bindung der Richter an die Verfassung, die Gesetze und die anderen Rechtsvorschriften statuiert hatte. | 365 |
Im Wortlaut von Rechtsvorschriften enthaltene zwingende Erfordernisse für die Anwendung oder Nichtanwendung einer gesetzlichen Bestimmung mussten daher beachtet und durften nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen außer Acht gelassen werden. | 366 |
Somit war die im gegebenen Fall unter einer Bedingung erfolgte Kündigung gem. § 81 Abs. l Satz 2 iVm § 68 Abs. l Nr. l und § 48 Abs. 2 erster Halbsatz ZGB unwirksam (nichtig). | 367 |
Hinzu kommt noch Folgendes: Die beiden Kläger und eine weitere Flächennutzerin hatten das an den Rechtsträger des Grundstücks gesandte und vom Obersten Gericht als bedingte Kündigung einer Teilfläche gewertete Schreiben vom 26.3.1985 lediglich mit dem Betreff „Bitte um Änderung der vorhandenen Bodennutzungsverträge“ überschrieben. Dieses Schreiben enthält auch keine Kündigung, sondern nur den Wunsch der Absender, einen neuen Bodennutzungsvertrag über lediglich einen Teil der von ihnen vertraglich genutzten Fläche abzuschließen, damit über einen anderen, vertragsfrei werdenden Teil der Fläche mit dem Ehepaar St. – den späteren Verklagten zu 2 und 3 – ein neuer Nutzungsvertrag geschlossen werden könnte. Das an den .Rechtsträger des Grundstücks – den späteren Verklagten zu l – gerichtete Schreiben endet mit dem Satz: „Bis zum Abschluß der neuen Bodennutzungsverträge behalten die zur Zeit bestehenden ihr volle Gültigkeit“.261 | 368 |
Der Rechtsträger des Grundstücks schloss darauf am 12.5.1985 mit den Eheleuten St. einen Nutzungsvertrag über den bisher von den beiden Klägern vertraglich genutzten Teil der Fläche, der gemäß dem Schreiben vom 26.3.1985 vertragsfrei werden sollte. | 369 |
Es kam jedoch nicht zum Abschluss eines neuen Bodennutzungsvertrages oder eines Änderungsvertrages zwischen dem Rechtsträger des Grundstücks einerseits sowie den beiden Klägern und einer weiteren Nutzungsberechtigten andererseits, weil die Kläger wegen einer Verschlechterung der persönlichen Verhältnisse den Eheleuten St. nicht mehr einen Teil der von ihnen – den Klägern – vertraglich genutzten Bodenfläche überlassen wollten. Da aber ein solcher neuer Nutzungsvertrag oder ein entsprechender Änderungsvertrag über die von den beiden Klägern vertraglich genutzte Bodenfläche nicht zustande gekommen und somit diese „Bedingung“ nicht erfüllt war, blieb auch der Teil des Grundstücks, den die beiden Verklagten erhalten sollten, Gegenstand des mit den beiden Klägern geschlossenen Bodennutzungsvertrages und im berechtigten Besitz der Klägerin zu 2, die nach einer familienrechtlichen Vermögensteilung die Rechte aus diesem Vertrag allein wahrnahm. Der Rechtsträger des Grundstücks konnte daher den Verklagten nicht den berechtigten Besitz an der ihnen durch den Nutzungsvertrag vom 12.5.1985 zugesicherten Fläche verschaffen und deshalb diesen Vertrag nicht erfüllen. Der Vertrag war bereits bei dessen Abschluss auf eine unmögliche Leistung gerichtet und somit gemäß § 68 Abs. l Nr. 3 ZGB unwirksam (nichtig).262 | 370 |
Durch Urteil des Kreisgerichts war dahin erkannt worden, dass der zwischen dem Rat der Gemeinde als Rechtsträger des Grundstücks – dem Verklagten zu l – sowie dem Ehepaar St. – den Verklagten zu 2 und 3 – geschlossene Nutzungsvertrag nichtig ist und diese Verklagten zur Räumung und Herausgabe der von ihnen genutzten Fläche verpflichtet worden waren. Die von den Verklagten zu 2 und 3 eingelegte Berufung hatte das Bezirksgericht abgewiesen. | 371 |
Diese Entscheidungen des Kreisgerichts und des Bezirksgerichts waren durch ein Kassationsurteil des Obersten Gerichts aufgehoben worden. Die Entscheidung des Obersten Gerichts entsprach der Politik der SED- und Staatsführung, möglichst vielen Bürgern die Gelegenheit zu geben, Kleingärten oder Erholungsgrundstücke vertraglich zu nutzen, um diese Menschen in der DDR bodenständig zu machen. Aber mit den ansonsten in der DDR praktizierten Methoden der Anwendung des Zivilrechts steht diese Entscheidung des Obersten Gerichts in krassem Widerspruch. Sie trägt offenbar Maßnahmecharakter. | 372 |
Für die Entscheidung des Präsidenten oder des zuständigen Vizepräsidenten des Obersten Gerichts, einen Kassationsantrag zu stellen oder davon abzusehen, waren oft nicht nur rechtliche, sondern auch politische oder persönliche Gründe maßgebend. | 373 |
So hatte der für Zivilsachen zuständige Vizepräsident zugunsten eines aus der BRD in die DDR übergesiedelten Klägers, dessen Klage auf Feststellung seines Eigentums an einem Fertigteil-Bungalow in beiden Instanzen abgewiesen worden war, einen Kassationsantrag gestellt. Diesen Bungalow hatte der Kläger, als er noch in der BRD wohnhaft war, bei der (DDR-)„Genex Geschenkdienst GmbH“ erworben und an die in der DDR wohnhaften beiden Verklagten – seine Tochter und deren Ehemann – ausliefern lassen. | 374 |
In dem Kassationsurteil des Obersten Gerichts wurde in Übereinstimmung mit einer Stellungnahme des Ministeriums der Finanzen u.a. dargelegt, dass „zwischen dem Auftraggeber (hier: dem Kläger – G. J.) und dem Begünstigten (hier: dem Verklagten zu l, dem Sohn des Klägers – G. J.) eventuell getroffene … Absprachen ausgesprochen zivilrechtlicher Natur sind und nicht den Regelungen der Genex-Geschenkdienst-GmbH unterliegen“. | 375 |
Das Oberste Gericht erkannte dahin, dass unter den gegebenen Umständen der Übersiedlung des Klägers aus der BRD in die DDR ein Eigentumsvorbehalt des Klägers an dem Bungalow und dem Baumaterial dem Grundsätzen des Zivilrechts nicht widersprechen würde. Der Prozess wurde zur Verhandlung an das Bezirksgericht zurückverwiesen.263 | 376 |
Hier ist das Bestreben des Obersten Gerichts erkennbar, dem aus der BRD übergesiedelten Kläger, der den Bungalow als Wohnung benötigte, zu helfen. Wäre der Kläger in der BRD wohnen geblieben, wäre wahrscheinlich auch der Kassationsantrag nicht gestellt worden, denn Eigentum von Bürgern, die ihren Wohnsitz in der BRD hatten, an Sachen, die sich in der DDR befanden, war von den DDR-Behörden nicht gerade erwünscht. | 377 |
Zuweilen war auch die soziale Stellung des Kassationsanregers dafür bestimmend, ob ein Kassationsantrag gestellt wurde oder ob dies unterblieb. So hatte z.B ein Arbeiter eine größere Chance, dass gegen eine ihn beeinträchtigende unrichtige gerichtliche Entscheidung ein Kassationsantrag gestellt wurde als ein selbständiger Handwerker oder Gewerbetreibender. | 378 |
Gravierende Fälle, in denen aus politischen oder rechtspolitischen Gründen kein Kassationsantrag gestellt wurde, waren z.B. die bereits Erwähnten: | 379 |
Die offensichtlich unrichtige Verurteilung des Autors zur Rückzahlung eines hohen Geldbetrages an einen VEB (vgl. Abschn. IV.2) sowie das Urteil, durch das die Weigerung einer Sparkasse sanktioniert wurde, dem Erben eines Kontoinhabers Auskunft über Kontenbewegungen zu erteilen, die schon zu Lebzeiten des Erblassers erfolgt waren (vgl. Abschn. IV.5). | |
Weiterhin sei ein Verfahren genannt, in dem ein Kassationsantrag der gegen ein offensichtlich falsches Versäumnisurteil gestellt worden war, zurückgenommen wurde. Durch diese unrichtige Entscheidung eines Kreisgerichts war der Verklagte verpflichtet worden, als Entgelt für einen ihm vom Kläger verkauften und vermutlich mangelhaften PKW einen hohen Geldbetrag zu zahlen. Die Rücknahme des Kassationsantrages erfolgte deshalb, weil der Verklagte etwa zehn Jahre vor dem Erlass des unrichtigen Versäumnisurteils wegen einer Körperverletzung seiner Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Sache sei daher nicht „kassationswürdig“. Die eifrigen Moralwächter, die dem damals (1973) amtierenden zuständigen Vizepräsidenten zur Rücknahme des Kassationsantrages rieten, hatten allerdings in der Strafakte übersehen, dass die Ehefrau dem Verklagten die Körperverletzung verziehen hatte und weiterhin mit ihm zusammenlebte.264 | 380 |
Vereinzelt wurde den Verfassern von Kassationsanregungen ohne jede Begründung nur mitgeteilt, „dass der Präsident des Obersten Gerichts von seinem Recht, einen Kassationsantrag zu stellen, keinen Gebrauch macht“. In diesen (relativ wenigen) Fällen waren die Entscheidungen der unteren Gerichte meist unrichtig; aus politischen Gründen wurde jedoch kein Kassationsantrag gestellt. | 381 |
Solche Fälle trugen Maßnahmecharakter. | 382 |
Auch wegen geringfügiger Fehler unterblieb die Stellung eines Kassationsantrages. So wurde die Kassation eines Urteils abgelehnt, das einen Rechenfehler von 1 Mark enthielt, die der Verklagte zu viel zu entrichten hatte. Die Ablehnung der Kassation von Entscheidungen, die nur solche Fehler aufwiesen, die lediglich geringe Auswirkungen auf die Rechtsposition der jeweils benachteiligten Prozesspartei aufwiesen, hatten sicher keinen Maßnahmecharakter. Es sei darauf hingewiesen, dass jetzt erstinstanzliche Urteile dann nicht der Berufung unterliegen, wenn der Wert der Beschwer nicht mehr als 600 Euro beträgt und das erstinstanzliche Gericht die Berufung nicht ausdrücklich zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 ZPO in der jetzt geltenden Fassung). | 383 |
2. Versuch einer Einschätzung |
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Die Kassation zivilrechtlicher Entscheidungen durch das Oberste Gericht wies folgende positiven Merkmale auf: |
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Diesen positiven Merkmalen standen jedoch erhebliche negative Aspekte entgegen: | 390 |
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Für die Kassationstätigkeit auf den Gebieten des Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts trug seit Dezember 1974 im Wesentlichen der Vizepräsident (seit Juni 1986: 1. Vizepräsident) des Obersten Gerichts Dr. Werner Strasberg die Verantwortung.266 Er beherrschte diese Rechtsgebiete virtuos und war ein ausgezeichneter Zivilrechtler. | 392 |
Um 1960 von einer Blockpartei zur SED gewechselt, hatte er sich danach vom Richter an einem mecklenburgischen Kreisgericht zum zweithöchsten Richter der DDR heraufgearbeitet.267 Er sah seine Tätigkeit in erster Linie als Auftrag der SED zur Verwirklichung ihrer Politik an. Gesetze waren für ihn politische Maßnahmen, nicht aber Maß oder Begrenzung der Politik. So hatte er im Mai 1980 in einer Aussprache dem Verfasser den Vorwurf gemacht, dieser habe ihm mehrere Entscheidungen zur Kassation vorgeschlagen, die zwar juristisch falsch, aber politisch richtig waren und deshalb nicht für die Einleitung von Kassationsverfahren geeignet wären. Noch Ende April 1989 vertrat Dr. Strasberg in einer Veranstaltung vor Jurastudenten der Humboldt-Universität dogmatische Positionen.268 | 393 |
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Auch die in solchen Kassationsurteilen enthaltenen Rechtsauffassungen waren für die unteren Gerichte maßgebend und mussten ihrer Rechtsprechung zugrunde gelegt werden. | 395 |
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei der Kassationstätigkeit (Bearbeitung der Kassationsanregungen und Kassationsrechtsprechung) des Obersten Gerichts in Zivilsachen um ein Rechtsinstitut handelte, das – wie das gesamte Recht – der Durchsetzung der Politik der SED- und Staatsführung diente. | 399 |
Die Kassationstätigkeit verlief überwiegend auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften, mithin des materiellen Zivilrechts (dessen wesentliche Regelungen von der Bevölkerung akzeptiert wurden) und eines überschaubaren Verfahrensrechts. Die Kassationstätigkeit war daher überwiegend Teil des Normenstaates. Durch die Kassationstätigkeit in Zivilsachen wurden auch solche politischen Ziele verwirklicht, die mit dem geltenden Recht nicht im Einklang standen. Insoweit trug die Kassationstätigkeit Maßnahmecharakter. | 400 |
3. Ersetzung der Kassation durch die Revision im Sommer 1990 |
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Nach der politischen Wende des Herbstes 1989 hatte Prof. Anita Grandke angeregt, „das Prinzip der Kassation … zu überdenken, weil es den beteiligten Bürgern eine reine Objektstellung zuweist.“ 269 |
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Im Frühsommer 1990 war die Zeit reif, auch das Rechtspflegesystem der DDR tiefgreifend umzugestalten, wobei die Vorgaben des 1. Staatsvertrages beachtet werden mussten.270 | 402 |
So wurde Artikel 93 Abs. 2 der DDR-Verf. 1968/74, in dem die Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht und dessen Aufgabe, die einheitliche Rechtsprechung durch alle Gerichte zu sichern, festgelegt war, Anfang Juli 1990 ersatzlos aufgehoben; ebenso § 20 GVG 1974, der die gleiche Regelung enthielt.271 In einem Richtergesetz wurde die Unabhängigkeit der Richter bekräftigt und die Berufung von Berufsrichtern auf Lebenszeit für später in Aussicht gestellt. Es wurde ausdrücklich verboten, außerhalb prozessualer Rechte und Pflichten auf ein Gerichtsverfahren oder eine gerichtliche Entscheidung Einfluss auszuüben.272 | 403 |
Die Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit wurde unter Strafe gestellt.273 | 404 |
Diese Regelungen hätten künftig eine Einflussnahme auf die Rechtsprechung durch eine politische Partei und deren Mitarbeiter zumindest sehr erschwert. | 405 |
Im Zuge der Veränderung der Zivilrechtspflege war bereits durch ein Ende Juni 1990 erlassenes Änderungsgesetz u.a. das Rechtsinstitut der Kassation zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen abgeschafft und an deren Stelle die Revision eingeführt worden. Bei der Revision handelte es sich – wie in der BRD – um ein Rechtsmittel, das in bestimmten Fällen nur von den Prozessparteien eingelegt werden konnte. Die Revision war gegen Urteile und Beschlüsse der zweiten Instanz zulässig, wenn
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Dieses zweite Rechtsmittel, über das vom Obersten Gericht zu entscheiden war, konnte – wie früher ein Kassationsantrag – nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene zweitinstanzliche Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruhte. | 407 |
Für das Revisionsverfahren bestand Anwaltszwang. Die Möglichkeit der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde war nicht vorgesehen. Daher unterlagen auch unrichtige Entscheidungen der zweiten Instanz dann nicht der Revision, wenn diese vom Berufungs- oder Beschwerdegericht nicht ausdrücklich zugelassen war und der Wert der Beschwer 10.000 DM nicht überstieg. | 408 |
Die Bestimmungen über die Revision in der 1990 geänderten ZPO/DDR entsprachen im Ergebnis etwa den Revisionsvorschriften, die damals in der BRD gegolten hatten.274 | 409 |
Für das Revisionsverfahren wurden auch in der DDR Gerichtskosten erhoben.275 Bei der Erläuterung dieser Regelung wurde von einem Bürger beanstandet, dass für das Revisionsverfahren auch dann Gerichtskosten erhoben werden, wenn die Revision Erfolg hat und daher die angefochtene zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben wird. Es sollte eine vornehme Aufgabe der obersten Gerichte eines Staates sein, unrichtige Rechtsmittelentscheidungen, die auf einer Verletzung des Rechts beruhen, ohne Erhebung von Gerichtskosten aus der Welt zu schaffen. – Eine Anregung, die auch jetzt noch nachdenkenswert erscheint. | 410 |
Kassationsverfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen, die am 1.7.1990 beim Obersten Gericht und bei den Bezirksgerichten anhängig waren, wurden nach den bisherigen Verfahrensvorschriften (vgl. §§ 160-162, § 168 Abs. l und § 176 Abs. 4 ZPO/DDR idF v. 19.6.1975) zu Ende geführt.276 | 411 |
Damit hörten die Bearbeitung von Kassationsanregungen und die Kassationsrechtsprechung auf diesen Rechtsgebieten auf. Am 2. Oktober 1990 – dem Tag vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur BRD – endete auch die gesamte Tätigkeit des Obersten Gerichts der DDR. | 412 |
Abkürzungsverzeichnis |
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AnlagenGesetze und andere RechtsvorschriftenGrundlegende Rechtsvorschriften für die Kassation zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher gerichtlicher Entscheidungen |
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415 |
Spezielle Rechtsvorschriften für die Kassation arbeitsrechtlicher gerichtlicher Entscheidungen |
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416 |
Gerichtsverfassungsgesetze |
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417 |
Verfassungsbestimmungen über die Rechtspflege |
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418 |
Nach der politischen Wende des Herbstes 1989 erlassene Gesetze mit Bezug auf die Kassation |
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Diese Rechtsvorschriften befinden sich im Besitz des Verfassers. |
419 |
Weitere, meist unveröffentlichte Dokumente und andere Schriftstücke |
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Zu Fußnote 52: Terminsbenachrichtigungs-Formular für eine Kassationsverhandlung beim Obersten Gericht der DDR Zu Fußnote 64: Anlage Nr. 3 zum Protokoll Nr. 17/73 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der SED am 24.4.1973 – Bericht über die Entwicklung und Bekämpfung der Kriminalität in den Jahren 1971/72 – Auszug – Zu Fußnote 66: Beschluß des Politbüros des Zentralkomitees der SED am 30.4.1974 über die Verlegung des Sitzes des Obersten Gerichts der DDR nach Leipzig und die dazu erforderlichen Maßnahmen Zu Fußnote 77: Art. 49-52 der Grundlagen der Zivilprozessordnung der UdSSR und der Unionsrepubliken v. 8.12.1961, betr. das Aufsichts(-Kassations)-Verfahren (Nadsor) Zu Fußnote 85: Dr. Ernst Melsheimer, Diskussionsbeitrag auf der 3. Arbeitstagung der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle und ihrer Organe am 30. und 31. Januar 1951 Zu Fußnote 86: Hinweise des Ministeriums der Justiz v. 17.9.1952 betr. Beschwerden aus der Bevölkerung Zu Fußnote 88: Grundsätze für die Kassationspolitik des Obersten Gerichts auf dem Gebiet des Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts Zu Fußnote 93: Eingabengesetz v. 19.6.1975 Zu Fußnote 94: Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts der DDR v. 27.10.1975 zur Durchführung des … Eingabengesetzes Zu Fußnote 95: Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts der DDR v. 9.12.1987 zur Durchführung des … Eingabengesetzes sowie über die Bearbeitung von Kassationsanregungen durch das Oberste Gericht
Zu Fußnote 97: Rundverfügung Nr. 26/75 des Ministeriums
der Justiz – Bearbeitung und Analyse der Eingaben der Bürger
– Zu Fußnote 108: Hinweise des Obersten Gerichts der DDR – Kollegium für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen zum Inhalt und zum Aufbau des Urteils in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen vom 20.12.1967 – Auszug bzgl. des Kassationsurteils – Zu Fußnote 139: Schlussfolgerungen des 2. Zivilsenats (des Obersten Gerichts der DDR) zur Verbesserung der Arbeit des Senats in Auswertung der Beschlüsse des X. Parteitages Zu Fußnote 168: Lehrgang Zivilrecht und Zivilprozessrecht im September 1975 in der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR Potsdam-Babelsberg – Mitschriften der Vorlesungen vom 8. und 18. September 1975 Zu Fußnote 201: Statut der SED – Auszug bzgl. Ziff. 63 idF der Beschlüsse des VI. und VIII. Parteitages der SED – Zu Fußnote 227: Protokoll über die Sitzung des Konsultativrates für LPG-Recht beim Obersten Gericht der DDR am 15. Dezember 1972
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Fußnoten: |
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Dieser Beitrag enthält Darlegungen über
die gesetzlichen Vorschriften und die Grundsätze für die Kassation
rechtskräftiger zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen
von DDR-Gerichten, über Vorläufer der Kassation und die Bearbeitung
von Kassationsanregungen. 1 Die Kompetenz des OG zum Erlass von Richtlinien, die für sämtliche Gerichte der DDR verbindlich waren, folgte zeitlich nacheinander aus § 58 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) v. 2.10.1952 (GBl. S. 983) – im Folgenden: GVG 1952; aus § 68 GVG idF v. 1.10.1959 (GBl. I S. 756) – im Folgenden: GVG 1959; aus § 17 GVG v. 17.4.1963 (GBl. I S. 45) – im Folgenden: GVG 1963. Änderungen dieses GVG bezogen sich nicht auf § 17 und die anderen in diesem Beitrag genannten Bestimmungen des GVG 1963. Ab 1.11.1974 folgte die Kompetenz des OG zum Erlass dieser für alle DDR-Gerichte verbindlichen Richtlinien aus § 39 Abs. 1 u. 2 GVG v. 27.9.1974 (GBl. I S. 457) – im Folgenden: GVG 1974. § 39 dieses GVG wurde durch § 2 Nr. 35 des Verfassungsgesetzes zur Änderung und Ergänzung des GVG v. 5.7.1990 (GBl. I S. 634) mit Wirkung vom 15.7.1990 ersatzlos aufgehoben. 2 So etwa auch H. Nathan, „Die obersten Rechtspflegeorgane der DDR“, NJ 1949, H. 12, S. 303 ff., insbes. S. 304, links unten/rechts oben. 3 Zu Vorstehenden, insbes. zur Kassation im französischem Recht, vgl. K. Cohn/H. Blöcker, „Zur Eingabenbearbeitung und Kassation am Obersten Gericht“, in: Oberstes Gericht (Hrsg.), Oberstes Gericht der DDR – höchstes Organ wahrhaft demokratischer Rechtsprechung, Sammelband, Berlin 1970, S. 317 ff., insbes. S. 323 ff. 4 Vgl. §§ 3-7 des Gesetzes zur Anwendung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens … und des Strafgesetzbuchs v. 16.9.1939 (RGBl. I S. 1841). 5 Vgl. §§ 34-37 der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften v. 21.2.1940 (RGBl. I S. 405) sowie § 19 der Verordnung zur Durchführung dieser Verordnung v. 13.3.1940 (RGBl. I S. 489, Ber. S. 1058). 6 Vom 15.7.1941 (RGBl. I S. 383) – im Folgenden: StAMitwG. Vgl. dazu auch die amtliche Begründung in DJ 1941 Nr. 30 S. 791. 7 In den beiden letzten Jahren des NS-Regimes konnte der Präsident des RG die Entscheidung einem Zivilsenat des RG übertragen, wenn das RG in der Sache noch nicht entschieden hatte; vgl. § 4 der Kriegsmaßnahmeverordnung v. 12.5.1943 (RGBl. I S. 290). 8 Vgl. §§ 3-5 und § 7 StAMitwG. 9 Vgl. M. Jonas, „Das Gesetz über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen vom 15. Juli 1941 (RGBl. I S. 383)“, DJ, Ausg. A, 1941 Nr. 35 S. 871 f., insbes. S. 872, re. Sp. 10 Vgl. diesbezüglich H.-J. v. Dickhuth-Harrach, „’Gerechtigkeit statt Formalismus’. Die Rechtskraft in der nationalsozialistischen Privatrechtspraxis“, Köln/Berlin/Bonn/München 1986, sowie H. Popp, „Die nationalsozialistische Sicht einiger Institute des Zivilprozeß- und Gerichtsverfassungsrechts. Dargestellt am Beispiel des Gesetzes über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen vom 15.7.1941“, Diss., Frankfurt a.M./Bern/New York 1986. 11 Vgl. dazu H.-P. Haferkamp, „Die Mitwirkung des Staatsanwalts im Zivilverfahren der DDR“ in: R. Schröder (Hrsg.), Zivilrechtskultur der DDR, Bd. 1, Berlin 1999, S. 367 ff., insbes. S. 375 f. 12 Vgl. Teil I § 1 Abs. I erste und vierte Position der Rechtsverordnung zur vorläufigen Überleitung der bürgerlichen Rechtspflege auf den Friedensstand v. 24.10.1945 (Reg.-Bl. Thüringen, Teil I: Ges. Sammlg. 1945 S. 50). 13 Vgl. die Bekanntmachung über die Mitwirkung des Staatsanwalts in Streitsachen v. 29.1.1946 (Gesetze/Befehle/Verordnungen/Bekanntmachungen), veröffentlicht durch die Landesverwaltung Sachsen 1946, S. 57. 14 Vgl. T. Reich, „Die Kassation in Zivilsachen – Maßnahmeakt oder Rechtsinstitut?“ in: forum historiae iuris (fhi), http: // www.rewi.hu-berlin.de/FHI (24. November 1997), S. 4, Rdnr. 15. 15 Vgl. H.-P. Haferkamp, aaO (Fn 11), S. 367 ff., insbes. S. 372 ff. Das Zitat befindet sich auf S. 375. 16 Vgl. für Brandenburg: Gesetz über die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Strafurteile v. 11.9.1947 (GVBl. Brandenburg, Teil I: Ges. Sammlg. 1947 S. 23); für Mecklenburg: Gesetz über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen v. 18.9.1947 (Reg.-Bl. Mecklenburg 1947 S. 255); für Sachsen: Gesetz über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen v. 3.10.1947 (GVOBl. Sachsen 1947 S. 445); für Sachsen-Anhalt: Gesetz über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen v. 13.5.1947 (GBl. Sachsen-Anhalt, Teil I 1947 S. 84) und für Thüringen: Gesetz über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen v. 10.10.1947 (Reg.-Bl. Thüringen, Teil I: Ges. Sammlg. 1947 S. 81). 17 Vgl. K. Schumann, „Das Oberste Gericht der DDR als Kassationsgericht“, NJ 1950, H. 7, S. 240 ff., insbes. S. 242, re. Sp., 2. Abs. Dr. h. c. Kurt Schumann war von Dezember 1949 bis April 1960 Präsident des OG; vgl. H. Müller-Enbergs/J. Wielgohs/D. Hoffmann (Hrsg.), Wer war wer in der DDR? – Ein biographisches Lexikon, Berlin 2000, S. 776. 18 Vgl. § 6 Abs. 1 lit. b, § 11 Abs. 2 sowie die §§ 12-15 des Gesetzes über die Errichtung des Obersten Gerichtshofes und der Obersten Staatsanwaltschaft der DDR v. 8.12.1949 (GBl. I S. 111) – im Folgenden: OGStAG. Vgl. auch G. Janke, „Zur Gründung des Obersten Gerichts der DDR – Ein historischer Rückblick“, NJ 1995, H. 11, S. 564. Die Bekanntmachung der Landesverwaltung Sachsen v. 29.1.1946 (aaO, Fn 13) wurde durch § 16 Nr. 1 OGStAG aufgehoben; die in den Ländern der SBZ erlassenen Kassationsgesetze (aaO, Fn 16) wurden durch § 16 Nrn. 2-6 OGStAG ebenfalls aufgehoben. 19 Vgl. die Erste Verordnung zur Durchführung des OGStAG v. 20.12.1951 (GBl. S. 1179). Diese Verordnung wurde später durch Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Aufhebung und das Weitergelten von arbeitsrechtlichen Bestimmungen v. 29.6.1961 (GB1. II S. 279) mit Wirkung vom 1.7.1961 aufgehoben und durch § 9 der Arbeitsgerichtsordnung v. 29.5.1961 (GBl. II S. 271) – im Folgenden: AGO – ersetzt. 20 Diese Bestimmungen sind etwa mit den jetzigen §§ 545-547 ZPO vergleichbar. Die auf das Kassationsverfahren in Zivilsachen entsprechend anwendbaren Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 548-566) waren u.a. in folgenden, in der SBZ und in der DDR erschienenen ZPO-Textausgaben abgedruckt: Deutsche Justizverwaltung der SBZ in Deutschland (Hrsg.), Zivilprozessordnung in der am 1.1.1949 geltenden Fassung nebst Gerichtsverfassungsgesetz und zahlreichen Nebengesetzen, Berlin 1949, S. 187 ff.; VEB Deutscher Zentralverlag (Hrsg.), Zivilprozeßordnung und andere Gesetze prozeßrechtlichen Inhalts (4. Aufl.), Berlin 1959, S. 585 ff.; VEB Deutscher Zentralverlag (Hrsg.), Zivilprozeßordnung und andere prozeßrechtliche Bestimmungen (5. Aufl.), Berlin 1960, S. 235 ff.; Ministerium der Justiz der DDR (Hrsg.), Zivilprozeßordnung und andere prozessrechtliche Bestimmungen, 6. Aufl., Berlin 1966, 7. Aufl., Berlin 1967, 8. Aufl., Berlin 1970, jeweils S. 134 ff. 21 Vgl. § 12 OGStAG. Nach der Aufhebung des OGStAG durch § 78 Abs. 2 lit. k GVG 1963 galt seit Ende April 1963 diesbezüglich § 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung strafrechtlicher und verfahrensrechtlicher Bestimmungen v. 17.4.1963 (GBl. I S. 65) – im Folgenden: ÄEG. 22 Vgl. OG, Plenarentscheidung v. 22.12.1959 – 1 Zst-Pl-Z-3/59 (OGA 3, 5); OG, Urt. v. 20.12.1963 – 2 ZzP 16/63 (OGZ 10, 51 ff., insbes. S. 51 f.) sowie OG, Urt. v. 16.1.1973 – 1 Zz 2/72 (OGZ 14, 29 ff., insbes. S. 30 = NJ 1973, H. 6, S. 180). 23 Vgl. § 11 Abs. 2 OGStAG. 24 Vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1952 sowie § 65 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1959. Das GVG 1952 und das GVG 1959 wurden Ende April 1963 durch § 78 Abs. 2 lit. a GVG 1963 aufgehoben; seit dieser Zeit galt diesbezüglich § 9 Abs. 3 Satz 1 ÄEG. 25 Vgl. H. Toeplitz, „Zur Entwicklung des Obersten Gerichts als Leitungsorgan“, NJ 1979, H. 9, S. 392 ff., insbes. S. 393 f. 26 Vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 OGStAG; seit Ende April 1963 galt diesbezüglich § 10 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 u. 2 ÄEG. 27 Vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 OGStAG und dazu OG, Urt. v. 30.1.1951 – 3 Zst 88/50 (OGSt 2, 93 ff., insbes. S. 95 = NJ 1951, H. 5, S. 230). 28 Vgl. § 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung des OGStAG (aaO, Fn 19) iVm § 13 Abs. 1 Satz 2 OGStAG. 29 So T. Reich, aaO (Fn 14), S. 6, Rdnr. 14. Der dazu von T. Reich in seiner Fn 31 (aaO, S. 20) genannte Beitrag von E. Melsheimer, „Der Staatsanwalt in der DDR“, NJ 1950, H. 1, S. 5 ff., insbes. S. 7, enthält jedoch eine solche Forderung nicht. Dr. Ernst Melsheimer war von Dezember 1949 bis zu seinem Tode am 25.3.1960 Generalstaatsanwalt der DDR; vgl. H. Müller-Enbergs u.a. (Hrsg.), aaO (Fn 17), S. 569. 30 Vgl. H. Nathan/H. Püschel, „Weitere Probleme der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung in Zivilsachen“, Staat und Recht 1963, H. 4, S. 674 ff., insbes. S. 678 ff. 31 Vgl. K. Cohn, „Die Notwendigkeit der Kassationsfrist in Zivilsachen“, NJ 1964, H. 4, S. 108 ff., insbes. S. 109 li. unten/re. oben. 32 Vgl. § 13 Abs. 2 OGStAG; seit Ende April 1963 galt diesbezüglich § 10 Abs. 2 Satz 3 ÄEG. 33 Vgl. K. Cohn/H. Blöcker, aaO (Fn 3), insbes. S. 332. 34 Vgl. § 14 OGStAG; seit Ende April 1963 galt diesbezüglich § 11 Abs. 1 ÄEG. 35 Vgl. T. Reich, aaO (Fn 14), dort S. 20, Fn 28. 36 Vgl. Ministerium der Justiz der DDR (Hrsg.), Zivilprozeßordnung nebst wichtigen Nebengesetzen, 3. Aufl., Berlin 1953. 37 Vgl. die 4.-8. Auflage der ZPO-Textausgaben, aaO (Fn 20). 38 Vgl. § 1 Abs. 2 lit. d letzter Halbsatz des Einführungsgesetzes zum Gesetzbuch der Arbeit v. 12.4.1961 (GBl. I S. 49). 39 Vom 29.6.1961 (aaO, Fn 19); vgl. auch § 11 Abs. 2 ÄEG. 40 Vgl. § 6 Abs. 1 lit. b OGStAG, § 55 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1952, § 65 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1959 und § 13 Nr. 3 GVG 1963. Seit dem 1.11.1974 galt diesbezüglich § 37 Abs. 1 letzter Spiegelstrich GVG 1974. 41 Vgl. § 28 letzter Satzteil GVG 1963. Seit dem 1.11.1974 galt diesbezüglich § 30 Abs. 5 GVG 1974. 42 Vgl. OG, Urt. v. 16.5.1951 – 1 Zz 17/51 (OGZ 1, 151 ff., insbes. S. 155 = NJ 1951, H. 8, S. 371). 43 Abgeleitet aus dem Umkehrschluss aus § 9 Abs. 2 Satz 2 AGO; vgl. dazu H. Kellner/F. Kaiser/W. Schulz, Die Tätigkeit der Gerichte in Arbeitsrechtssachen, Berlin 1966, S. 275 f. 44 Vgl. OG, Urt. v. 17.9.1964 – 1 ZzP 15/64 (OGZ 10, 126) sowie H. Grieger/M. Müller, „Zur Kassationstätigkeit der Bezirksgerichte in Zivil- und Familiensachen und einigen dabei aufgetretenen Problemen“, NJ 1967, H. 3, S. 69 ff., insbes. S. 71. 45 Vgl. OG, Urt. v. 11.11.1966 – 2 Zz 17/66 (OGZ 11, 94 = NJ 1967, H. 20, S. 644) sowie H. Grieger/ M. Müller, ebenda. 46 Vgl. OG, Urt. v. 15.11.1960 – 2 Zz 18/60 (OGZ 8, 35 = NJ 1961, H. 3, S. 104 m. Anm. v. H. Erler). 47 Vgl. § 9 Abs. 3 AGO; seit Ende April 1963 iVm § 11 Abs. 2 ÄEG. 48 Vgl. Dr. Bech und K. Schumann, Anmerkungen zu BG Dresden, Beschl. v. 2.10.1952 – 9 T 386/52 (NJ 1952, H. 14, S. 586 f.). 49 Vgl. OG, Urt. v. 29.5.1958 – 2 Zz 15/58 (OGZ 6, 191); dazu kritisch F. Niethammer, „Einige Bemerkungen zur Rechtsprechung des Obersten Gerichts in Zivilsachen – Zum Erscheinen des 6. Bandes der zivilrechtlichen Entscheidungen“, NJ 1960, H. 9, S. 302 ff., insbes. S. 306 f. 50 Vgl. § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung zum GVG 1952 v. 31.8.1953 (GBl. S. 959); Ende April 1963 aufgehoben durch § 78 Abs. 2 lit. h GVG 1963 und ersetzt durch § 12 ÄEG. 51 Vgl. OG, Beschl. v. 24.5.1951 – 1 ZzF 37/50 (OGZ 1, 157). 52 Vgl. OG, Urt. v. 26.5.1952 – 1 Zz 86/51 (OGZ 2, 36 ff., insbes. S. 40) sowie OG, Urt. v. 22.4.1958 1 Zz 9/58 (OGZ 6, 171 ff., insbes. S. 174 f. = NJ 1959, H. 15, S. 536). 53 Vgl. H. Kellner, Die Kassation in Zivilsachen in der DDR, Diss., Berlin (Humboldt-Universität zu Berlin) 1957, S. 88. 54 Vgl. dazu T. Reich, aaO (Fn 14), S. 8, Rdnr. 29. 55 Vgl. z.B. H. Kellner/F. Kaiser/W. Schulz, aaO (Fn 43), insbes. S. 259 ff.; H. Kellner/J. Göhring/ H. Kietz, Grundriß Zivilprozeßrecht, 1. Aufl., Berlin 1977, und 2. Aufl., Berlin 1979, jeweils insbes. S. 177 ff.; H. Kellner (Leiter des Autorenkollektivs), Lehrbuch Zivilprozeßrecht, Berlin 1980, insbes. S. 414 ff., sowie H. Kellner, „12. Kapitel – Zivilprozessrecht“, in: U.-J. Heuer (Hrsg.), Die Rechtsordnung der DDR – Anspruch und Wirklichkeit, Berlin 1995, S. 517 ff., insbes. S. 520 ff. 56 Vgl. z.B. W. Heinrich, „Wesen und Wirkungen der Kassation in Zivilsachen“, NJ 1950, H. 9, S. 333; H. Nathan, „Zwei Jahre Oberstes Gericht und Oberste Staatsanwaltschaft der DDR“, NJ 1951, H. 12, S. 544; E. Melsheimer, „Über die Arbeit der Staatsanwaltschaft in der DDR“, NJ 1952, H. 5, S. 204 ff., sowie K. Schumann, „Das Kassationsverfahren – Ein Mittel zur Durchführung des neuen Kurses“, NJ 1953, H. 23, S. 733 ff., insbes. S. 736. 57 Vgl. F.-K. Winkler in: H. Nathan (Leiter des Autorenkollektivs), Das Zivilprozeßrecht der DDR, 2. Band, Berlin 1958, S. 227-249. 58 Vgl. H. Kellner/F. Kaiser/W. Schulz, aaO (Fn 43), insbes. S. 259-279. 59 Vgl. K. Cohn/H. Blöcker, aaO (Fn 3). 60 Vom 19.6.1975 (GBl. I Nr. 27 S. 465), geändert durch die Anlage zum 1. Zivilrechtsänderungsgesetz v. 28.6.1990 (GBl. I Nr. 39 S. 524 f.) sowie durch die Anlage 1 zum 2. Zivilrechtsänderungsgesetz v. 22.7.1990 (GBl. I Nr. 49 S. 903) – im Folgenden: ZGB. 61 Vgl. § 209 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen – Zivilprozeßordnung – v. 19.6.1975 (GBl. I Nr. 29 S. 533) – im Folgenden: ZPO/DDR. 62 Vgl. § 205 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 2 Nrn. 7 u. 8 iVm § 209 ZPO/DDR. 63 So auch Prof. Dr. Hilde Benjamin (bis Mitte Juli 1967 Justizministerin der DDR); vgl. H. Benjamin, „Zur Leitung der Rechtsprechung der DDR aus historischer Sicht“, Staat und Recht 1974, H. 5, S. 779 ff., insbes. S. 788. 64 Vgl. Anlage Nr. 3 zum Protokoll Nr. 17/73 der Sitzung des Politbüros des ZK der SED am 24.4.1973; Bl. 63 des Protokolls im SAPMO-Archiv Berlin, DY 30, Signatur J IV 2/2 – 1445. 65 Der Erlass des Staatsrates der DDR über die grundsätzlichen Aufgaben und die Arbeitsweise der Organe der Rechtspflege v. 4.4.1963 (GBl. I S. 21) – meist als Rechtspflegeerlass bezeichnet –, durch den dem Obersten Gericht unter Schmälerung der Befugnisse des Ministeriums der Justiz weitgehende Kompetenzen eingeräumt worden waren, war durch § 74 Abs. 2 Nr. 18 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der DDR v. 12.7.1973 (GBl. I S. 313) – im Folgenden: GöV 1973 – mit Wirkung vom 1.8.1973 ersatzlos aufgehoben worden. 66 Vgl. die entsprechende Vorlage für das Politbüro des ZK der SED v. 25.4.1974 sowie die Stellungnahme der Abt. Staats- und Rechtsfragen des ZK-Apparates dazu v. 23.4.1974 mit dem entsprechenden Vermerk im SAPMO-Archiv Berlin, DY 30, Signatur J IV 2/2 A – 1776. 67 Gerichtliche Einigungen wurden von den Parteien auf Grund gegenseitigen Nachgebens, eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts zu Protokoll des Gerichts geschlossen (vgl. §§ 46 f. ZPO/DDR). Aus gerichtlichen Einigungen konnte vollstreckt werden (§ 88 Abs. 1 Nr. 1 ZPO/DDR). 68 Vgl. OG, Urt. v. 19.1.1982 – 3 OFK 49/81 (Informationen des OG 1982, Nr. 3, S. 60) sowie OG, Urt. v. 3.2.1984 – OAK 1/84 (NJ 1984, H. 5, S. 202). 69 Vgl. OG, Urt. v. 12.11.1986 – 2 OZK 30/86 (NJ 1987, H. 12, S. 510). 70 Vgl. G. Janke, „Kassation und Wiederaufnahme zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Entscheidungen wegen unzureichender Aufklärung des Sachverhalts“, NJ 1985, H. 8, S. 322 und insbes. die dort in den Fn 2-5 genannten OG-Urteile, Literaturhinweise und Darlegungen. 71 Vgl. G. Janke, ebenda, insbes. S. 323, li. Sp., und die dort in der Fn 8 genannten OG-Urteile. 72 Vgl. dazu im Einzelnen: Ministerium der Justiz der DDR (Hrsg.), Zivilprozeßrecht der DDR – Kommentar zur ZPO, Berlin 1987, Anm. 1-5.2 zu § 161 ZPO/DDR (S. 248 ff.). 73 Vgl. BG Frankfurt (Oder), Beschl, des Präsidiums v. 4.4.1990 – BZK 10/90 (NJ 1990, H. 6, S. 265 = DtZ 1990, H. 7, S. 255). 74 Vgl. OG, Urt. v. 4.3.1976 – OAB 1/76 (unveröffentlicht); vgl. auch Ministerium der Justiz …, Kommentar zur ZPO, aaO (Fn 72), Anm. 3.2 und 4.1 Satz 1 dritter Spiegelstrich zu § 163 ZPO/DDR (S. 253). 75 Vgl. G. Krüger, „Rechtsmittel, Kassation und Wiederaufnahme des Verfahrens in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen“, NJ 1976, H. 22, S. 675 ff., insbes. S. 679 f. 76 Vgl. H. Kellner/J. Göhring/H. Kietz, Grundriß Zivilprozeßrecht, 1. und 2. Aufl., aaO (Fn 55), jeweils S. 177-180; H. Kellner (…), Lehrbuch Zivilprozeßrecht, aaO (Fn 55), S. 414-424, sowie Ministerium der Justiz …, Kommentar zur ZPO, aaO (Fn 72), S. 245-251 (Kommentierung der §§ 160-162 ZPO/DDR). 77 Vgl. Art. 49-52 der Grundlagen der Zivilprozeßordnung der UdSSR und der Unionsrepubliken v. 8.12.1961: abgedruckt in: Die Grundlagen der sowjetischen Gesetzgebung, Moskau 1977 (deutsch), S. 431 ff., insbes. S. 455 ff. 78 Vgl. Art. 47 der DDR-Verfassung idF v. 7.10.1974 (GBl. I S. 432) – im Folgenden: DDR-Verf. 1974. 79 Vgl. Art. 93 Abs. 1 u. 2 DDR-Verf. 1974 sowie § 20 Abs. 1 u. 2 GVG 1974. 80 Vgl. OG, Urt. v. 19.1.1982 – 3 OFK 49/81 (Informationen des OG 1982, Nr. 3, S. 60). 81 Vgl. OG, Urt. v. 15.11.1960, aaO (Fn 46), sowie H. Toeplitz, „Zur Bindung des Gerichts an den im Eheverfahren gestellten Unterhaltsanspruch eines Ehegatten“, NJ 1961, H. 24, S. 850. 82 Vgl. W. Hurlbeck/H. Mochow, „Vorschläge zur Novellierung der ZPO hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens“, NJ 1989, H. 9, S. 376 ff., insbes. S. 378. 83 Vgl. Nrn. 120, 127 u. 133 der Anlage zum Gesetz zur Änderung und Ergänzung der ZPO v. 29.6.1990 (GBl. I S. 547 f., 564 ff.) sowie § 6 dieses Gesetzes zum Inkrafttreten und § 3 Abs. 2 als Übergangsbestimmung. 84 Vgl. die Rede des Justizministers der DDR Max Fechner in der 5. Sitzung der Provisorischen Volkskammer der DDR am 9.11.1949 zu den Gesetzentwürfen der Regierung und der LDP-Fraktion über die Errichtung eines OG und einer Obersten Staatsanwaltschaft in: Provisorische Volkskammer der DDR, Sitzungsprotokolle, Berlin 1949, S. 70 f.; vgl. auch G. Janke, aaO (Fn 18), insbes. S. 565 f., vor Fn 14. 85 Vgl. E. Melsheimer, Diskussionsbeitrag in: Schriftenreihe der DDR, H. 2, Staatliche Kontrolle – Volkskontrolle; Bericht über die 3. Arbeitstagung der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle und ihrer Organe am 30. und 31. Januar 1950 in Berlin, Berlin 1950, S. 121 ff., insbes. S. 123 ff. 86 Vgl. den Hinweis des Ministeriums der Justiz der DDR v. 17.9.1952 betreffend Beschwerden aus der Bevölkerung (Amtliches Nachrichtenblatt des Ministeriums der Justiz 1952, Nr. 17, S. 134 f.). 87 GBl. I 1961 S. 7. 88 So Ziff. 5 der Grundsätze für die Kassationspolitik des Obersten Gerichts auf dem Gebiet des Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts, ohne Datum und Aktenzeichen; im Besitz des Verfassers. Diese „Grundsätze“ wurden etwa 1978 den Richtern und wissenschaftlichen Mitarbeitern des Kollegiums für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des OG als Arbeitsmaterial übergeben. 89 Vgl. dazu den redaktionellen Hinweis in NJ 1950, H. 6, S. 211. 90 Vgl. H. Benjamin u.a., Zur Geschichte der Rechtspflege der DDR 1949-1961, Berlin 1980, S. 390 f., insbes. S. 391 (Fn 69). 91 Ebenda, S. 395 f., insbes. S. 396 (Fn 71). 92 Vgl. K. Cohn/H. Blöcker, aaO (Fn 3), S. 317 ff., insbes. S. 320 u. 326. 93 GBl. I 1975 S. 461. 94 Vgl. Ziff. 1.2 und 2.1 des Beschlusses des Präsidiums des OG zur Durchführung des Eingabengesetzes v. 27.10.1975 – I PrB 1-112-5/75 (nicht veröffentlicht). 95 Vgl. Beschluß des Präsidiums des OG zur Durchführung des Gesetzes … – Eingabengesetz – … sowie über die Bearbeitung von Kassationsanregungen durch das OG v. 9.12.1987 – Beschluß-Nr. 09-02-024/87 (Informationen des OG 1988, Nr. 2, S. 3). Bezüglich der Unterscheidung von Eingaben und Kassationsanregungen vgl. Ziff. 1.1, 1.3 u. 2.1 dieses Beschlusses. 96 Vom 27.10.1975, aaO (Fn 94). 97 Vgl. Ziff. 2.2 und 3.5 der Rundverfügung Nr. 26/75 – Bearbeitung und Analyse der Eingaben der Bürger – v. 15.12.1975 (Dokumente und Informationen des Ministeriums der Justiz und des Obersten Gerichts der DDR B 2-26/75-0); später idF v. 1.11.1986 (Leitungsinformation des Ministeriums der Justiz Nr. 70/86). 98 Bezüglich der Zahl der Kassationsanregungen in Zivilsachen vgl. die obige Statistik. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich bei den Familien- und Arbeitsrechtssachen. 99 Wegen der Auflösung der Kassationsantragsabteilungen wäre eine Änderung des § 41 Abs. 2 GVG 1974 erforderlich gewesen (Streichung der Worte „und Leiter der Kassationsantragsabteilungen“, weil diese Leiter dort als Mitglieder der Kollegien des OG genannt waren). Eine solche Änderung des GVG 1974 erfolgte jedoch nicht. 100 Dr. Heinrich Toeplitz war als Nachfolger von Dr. h. c. Kurt Schumann von April 1960 bis Juni 1986 Präsident des OG; vgl. H. Müller-Enbergs u.a. (Hrsg.), aaO (Fn 17), S. 858. 101 Obwohl gem. § 14 Abs. 1 GVG 1963 für das OG nur ein Vizepräsident vorgesehen war – dies war damals (1966) bis zu seinem Tode am 20.2.1977 Walter Ziegler; vgl. H. Müller-Enbergs u.a. (Hrsg.), aaO (Fn 17), S. 951 – wählte die Volkskammer seit März 1966 weitere Vizepräsidenten des OG. Erst gem. § 38 Abs. 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GVG 1974 war die Wahl mehrerer Vizepräsidenten des OG vorgesehen. 102 Vgl. „Vizepräsident Hans Reinwarth zum Gruß“, NJ 1966, H. 7, S. 211. Zu H. Reinwarth vgl. A. Herbst/W. Ranke/J. Winkler, So funktionierte die DDR, Bd. 3 – Lexikon der Funktionäre, Reinbeck bei Hamburg 1994, S. 272, sowie H. Rottleuthner u.a., Steuerung der Justiz in der DDR – Einflußnahme der Politik auf Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte, Köln 1994, S. 570. 103 Vgl. „Vizepräsident Siegert zum Gruß“, NJ 1969, H. 20, S. 639. Zu P.-P. Siegert vgl. H. Rottleuthner u.a., ebenda, S. 577. 104 Vgl. „Vizepräsident Dr. Strasberg zum Gruß“, NJ 1975, H. 2, S. 43. Zu W. Strasberg vgl. H. Rottleuthner u.a., ebenda, S. 579. 105 Vgl. die Information in NJ 1986, H. 9, S. 352. Die Funktion eines 1. Vizepräsidenten war jedoch im GVG 1974 nicht vorgesehen. 106 So aber etwa die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof aus § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO (in der jetzigen Fassung) für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision abgeleitet hat; vgl. BGH, Beschl, v. 1.10.2002 – XI ZR 71/02 (NJW 2003, H. 1, S. 65 ff., insbes. S. 66). 107 Vgl. dazu OG, Urt. v. 19.1.1982 – 3 OFK 49/81 (Informationen des OG 1982, Nr. 3, S. 60). 108 Vgl. Teil VIII Nr. 2 – Kassationsurteil – der Hinweise des OG der DDR – Kollegium für Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen – zum Inhalt und Aufbau des Urteils in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen v. 20.12.1967 (ohne Aktenzeichen, nicht veröffentlicht; im Besitz des Verfassers). 109 So z.B. für die Veröffentlichungen des ehemaligen Richters am OG Horst Hetzar, „Zur Pfändung von Leistungen der Sozialversicherung“, NJ 1959, H, 24, S. 851, „Die Tätigkeit der Rechtsanwälte – Ein wichtiger Beitrag zur Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit“, NJ 1961, H. 6, S. 194, sowie „Sind Geldanlagen für minderjährige Kinder als deren Eigentum anzusehen?“, NJ 1961, H. 14, S. 500. H. Hetzar hatte im Sonmer 1961 die DDR verlassen. Vermutlich deshalb waren die beiden letztgenannten Beiträge auch nicht in das Autorenregister des NJ-Jahrganges 1961 aufgenommen worden. 110 Vgl. § 14 Abs. 1 GVG 1952, § 28 GVG 1959, § 49 GVG 1963 sowie § 48 Abs. 1 Satz 1 GVG 1974 iVm Art. 54 der DDR-Verfassung idF v. 7.10.1974 (GBl. I S. 432). 111 Vgl. Ziff. 2.3 letzter Satz des Beschlusses des OG zur Durchführung des Gesetzes … sowie über die Bearbeitung von Kassationsanregungen … v. 9.12.1987, aaO (Fn 95). 112 Vgl. Art. 47 der Verfassung der DDR sowohl idF v. 6.4.1968 (GB1. I S. 199) als auch idF v. 7.10.1974 (GBl. I S. 432) – im Folgenden: DDR-Verf. 1968/74. 113 Vgl. W. I. Lenin, „Über 'doppelte' Unterordnung und Gesetzlichkeit – An den Genossen Stalin für das Politbüro“, in: W. I. Lenin, Ausgewählte Werke, Bd. II, Moskau 1947 (deutsch), S. 959 ff., auch abgedr. in: W. I. Lenin und die KPdSU über sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtsordnung, Moskau/Berlin 1987 (deutsch), S. 283 ff.; vgl. auch W. I. Lenin, „Thesen des Briefes über 'doppelte' Unterordnung und Gesetzlichkeit“, ebenda, S. 282 f., insbes. S. 283, auch auszugsweise zitiert von G. Bley/F. Müller, „Gesetzlichkeit und Leitungstätigkeit im Leninschen Sinne“, NJ 1979, H. 9, S. 389 ff., insbes. S. 391, letzter Satz. 114 Vgl. § 11 Abs. 2, § 17 und § 19 Abs. 1 dritter Satzteil GVG 1963 sowie ab 1.11.1974 § 20 Abs. 1 u. 2, § 39 Abs. 1 u. 2 und § 40 Abs. 1 dritter Spiegelstrich GVG 1974. 115 Vgl. die Stellungnahme des Präsidiums des OG zur Verbindlichkeit von Leitungsentscheidungen des OG (ohne Datum) in NJ 1970, H. 5, S. 131; zur Verbindlichkeit von Beschlüssen des Präsidiums des OG zur Leitung der Rechtsprechung vgl. auch OG, Urt. v. 26.5.1987 – 2 OSK 5/87 (Informationen des OG 1987, Nr. 4, S. 37). 116 So OG, Urt. v. 15.11.1960 – 2 Zz 18/60, aaO (Fn 46). Vgl. auch H. Toeplitz, aaO (Fn 81), S. 850 f. 117 Vgl. OG, Urt. v. 31.3.1970 – 2 Ust 5/70 (NJ 1970, H. 19, S. 590). 118 Vgl. KrG Strasburg, Urt. v. 21.5.1973 – C 12/73 – m. Anm. v. H. Pompoes (NJ 1973, H. 22, S. 678). 119 Vgl. Anm. v. H. Pompoes, ebenda, sowie auch E. Prüfer, „Zur Schadensausgleichung zwischen gesamtschuldnerisch haftenden Straftätern“, NJ 1973, H. 22, S. 662. 120 Seit dem 1.11.1974 galt diesbezüglich § 30 Abs. 2 GVG 1974; vorher galt die inhaltlich gleiche Regelung des § 28 zweite Zuständigkeitsfestlegung im GVG 1963. Von Mitte Oktober 1952 bis Ende April 1963 war die Zuständigkeit der Bezirksgerichte in Zivilsachen in § 50 Abs. 1 iVm § 42 GVG 1952 bzw. in § 59 Abs. 1 iVm § 52 GVG 1959 geregelt. 121 Kasstionsverfahren des OG in Zivilsachen erhielten seit dem 1.1.1976 das Aktenzeichen (Az.) OZK, vor diesem Zeitpunkt das Az. Zz. Berufungsverfahren des OG in Zivilsachen erhielten seit dem 1.1.1976 das Az. OZB, vor diesem Zeitpunkt das Az. Uz. 122 Vgl. I. Tauchnitz, „Übersicht über die Rechtsprechung zur Garantie beim Kauf“, NJ 1981, H. 12, S. 538. 123 Vgl. E. Prüfer, „Rechtsfragen des Wohnungstauschs“, NJ 1982, H. 9, S. 393. 124 Vgl. z.B. OG, Urt. v. 8.4.1980 – 2 OZK 8/80 (OGZ 16, 107 = NJ 1980, H. 6, S. 282); OG, Urt. v. 8.12.1981 – 2 OZK 37/81 (NJ 1982, H. 4, S. 186); OG, Urt. v. 22.12.1987 – 2 OZK 28/87 (NJ 1988, H. 10, S. 432); OG, Urt. v. 13.10.1988 – 2 OZK 20/88 (NJ 1989, H. 6, S. 256); OG, Urt. v. 11.4.1990 – 2 OZK 11/90 (NJ 1990, H. 7, S. 315), sowie G. Hejhal, „Zu einigen Fragen der Beendigung von Wohnungsmietverhältnissen“, NJ 1980, H. 8, S. 371. 125 Vgl. G. Hejhal/G. Janke, „Zur Rechtsprechung über Verträge zur Nutzung von Bodenflächen zur Erholung“, NJ 1981, H. 10, S. 452, sowie G. Janke, „Nutzung von Bodenflächen zur Erholung – Rechtsprechung der ehem. DDR-Gerichte und Rechtsauffassungen zu §§ 312-315 ZGB“, NJ 1991, H. 6, S. 238. 126 Vgl. G. Janke, „Rechtsprechung bei Nachbarrechtsstreitigkeiten“, NJ 1983, H. 1, S. 17, und H. 2, S. 55, sowie G. Janke, „Die Entwicklung des Nachbarrechts in den Ländern der früheren DDR seit 1945“, DtZ 1992, H. 10, S. 311 ff., insbes. die in den Fußnoten 24 u. 25 (S. 313) genannten OG-Urteile. 127 Vgl. G. Hildebrandt/G. Janke, „Die Rechtsprechung zum Erbrecht“, NJ 1985, H. 11, S. 441, und H. 12, S. 487. 128 So die „Fragen und Antworten“, z.B. in NJ 1976, H. 2, S. 55 ff.; H. 3, S. 84 f.; H. 5, S. 141 ff.; H. 7, S. 209 ff.; H. 9, S. 272 f.; H. 14, S. 430 ff.; H. 17, S. 523 ff.; H. 20, S. 624 ff.; in NJ 1977, H. 9, S. 274 f.: H. 10, S. 309 f.; H.13, S. 420 f.; H. 15, S. 514 ff.; in NJ 1978, H. 2, S. 83 ff.; H. 3, S. 129; H. 4, S. 180 ff.; H. 5, S. 227 f.; H. 6, S. 273 f.; H. 8, S. 357 f.; H. 11, S. 501; H. 12, S. 544; in NJ 1979, H. 2, S. 86 f.; H. 3, S. 134; H. 4, S. 184; H. 5, S. 224: H. 7, S. 322; H. 8, S. 372; H. 9, S. 411 f.; H. 11, S. 504 f.: H 12, S. 555, sowie in den nachfolgenden Jahrgängen der NJ. 129 Vgl. z.B. – W. Strasberg, „Die Anwendung des Zivilgesetzbuchs in der Rechtsprechung – Ein Beitrag zur Verwirklichung der Hauptaufgabe“, NJ 1977, H. 3, S. 65 (dieser Beitrag entspricht etwa dem auf der 2. Plenartagung des OG am 22.12.1976 erstatteten Bericht); – „Aus dem Bericht des Präsidiums an die 16. Plenartagung des OG zur Wohnungsmietrechtsprechung“, NJ 1980, H. 8, S. 343; ausführlicher in Informationen des OG 1980, Nr. 4, S. 12; dazu W. Strasberg, „Aufgaben der Gerichte zur Unterstützung der sozialistischen Wohnungspolitik“, NJ 1980, H. 8, S. 342; – „Aus den Orientierungen des Plenums des OG zu Aufgaben der Gerichte bei der Unterstützung der sozialistischen Wohnungspolitik, beschlossen auf der 2. Plenartagung am 26.11.1986“, NJ 1987, H. 1, S. 39; ausführlich in Informationen des OG 1987, Nr. 1, S. 3: dazu W. Strasberg, „Wohnungsbauprogramm und Aufgaben der Gerichte“, NJ 1987, H. 1, S. 13; – W. Strasberg, „Erfahrungen bei der Anwendung der neuen ZPO zur Verstärkung der gesellschaftlichen Wirksamkeit des sozialistischen Rechts“, NJ 1977, H. 12, S. 354. Dieser Beitrag entspricht etwa dem auf der 3. Plenartagung des OG vom 13.4.1977 erstatteten „Bericht des Präsidiums des OG zu Fragen der Anwendung der ZPO …“, Informationen des OG 1977, Nr. 1, S. 4; dazu W. Strasberg, „Zu Fragen der Anwendung der ZPO … (Referat auf der 3. Tagung des Plenums des OG …)“, Informationen des OG 1977, Nr. 1, S. 29); – Bericht des Präsidiums an die 1. Plenartagung des OG zu den Anforderungen an die Sachaufklärung in den Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren“ v. 27.1.1982, Informationen des OG 1982, Nr. 2, S. 3; dazu W. Strasberg, „Zu den Anforderungen an die Sachaufklärung … (Referat auf der 1. Plenartagung des OG)“, Informationen des OG 1982, Nr. 2, S. 23. W. Strasberg/W. Hurlbeck, „Gesetzlichkeit und Konzentration bei der Durchführung der Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren“, NJ 1989, H. 6, S. 224. Dieser Beitrag entspricht etwa dem auf der 9. Plenartagung des OG vom 26.4.1989 erstatteten Bericht des Präsidiums des OG „Die Aufgaben der Gerichte zur Sicherung der Gesetzlichkeit und Konzentration bei der Durchführung und dem Abschluß der Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren“, Informationen des OG 1989, Nr. 4, S. 5; dazu W. Strasberg, „Die Aufgaben der Gerichte zur Sicherung der Gesetzlichkeit und Konzentration bei der Durchführung und dem Abschluß der Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren“ (Referat auf der 9. Plenartagung des OG), Informationen des OG 1989, Nr. 4, S. 25. 130 Richtlinie des Plenums des OG der DDR zur Rechtsprechung bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen v. 14.9.1978 (GBl. I S. 369 = OGZ 15, 13 = OGA 9, 7 = Dokumente und Informationen des Ministeriums der Justiz und des OG der DDR, A 1 – 1/78 – 3/4). 131 Beschluß des Präsidiums des OG zur Zuständigkeit für die Entscheidung von Streitigkeiten, die sich aus Beziehungen der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit ergeben v. 20.8.1986 (NJ 1986, H. 10, S. 396 = Informationen des OG 1986, Nr. 6, S. 3). 132 Beschluß des Präsidiums des OG zum Gesetz über die Einweisung in stationäre Einrichtungen für psychisch Kranke … v. 24.7.1968 (OGZ 12, 33 = OGSt 10, 45 = NJ 1968, H. 16, S. 504 = Informationen des OG 1984, Nr. 5, S. 61) idF des Teils II des Beschlusses des Präsidiums des OG über die Aufhebung bzw. Änderung von Beschlüssen des Präsidiums des OG … v. 10.12.1975 (NJ 1976, H. 1, S. 29). 133 Vgl. Beschluß des Plenums des OG – Aufgaben der Gerichte bei der Durchsetzung des LPG-Rechts … – v. 30.3. 1966 (NJ 1966, H. 9, S. 268), ersatzlos aufgehoben durch den Beschluß des Plenums des OG v. 20.3.1980 (NJ 1980, H. 5, S. 232). Der Erlass von Beschlüssen des Plenums des OG zur Leitung der Rechtsprechung (vgl. § 17 iVm § 16 Abs. 2 GVG 1963) war im GVG 1974 nicht mehr vorgesehen. 134 Vgl. Gemeinsame Standpunkte des Obersten Gerichts und des Ministeriums der Justiz zur Anwendung von Bestimmungen der ZPO entsprechend ihrem Anliegen, eine konzentrierte und zügige Verfahrensdurchführung zu gewährleisten, v. 20.11.1985 (Informationen des OG 1986, Nr. 1, S. 13). 135 Vgl. Zivilprozeßrecht der DDR – Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Berlin 1987; z.B. Vorbem. letzter Satz vor § 77 (S. 129), Bem. 1.3.1 erster Absatz Satz 4 und Bem. 3.1 letzter Satz zu § 78 (S. 131 bzw. 132) sowie Bem. 1.4 zweiter Spiegelstrich letzter Satz und fünfter Spiegelstrich letzter Satz zu § 156 (S. 239 bzw. 240). 136 Vgl. W. Peller/G. Hünefeld, „Gerichte und Richter im Rechtsstaat“, NJ 1990, H. 1, S. 9 ff., insbes. S. 11, re. Sp. 137 So BGH, Urt. v. 6.10.1994 – 4 StR 23 /94 (NJ 1994, H. 12, S. 583 ff., insbes. S. 584, li. Sp). 138 Die Worte „unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei“ wurden durch das Gesetz zur Änderung der Verfassung der DDR v. 1.12.1989 (GBl. I Nr. 25 S. 265; Ausgabetag: 22.12.1989) aus Art. 1 Abs. 1 DDR-Verf. 1968/74 gestrichen. Dieses Gesetz trat gem. Art. 65 Abs. 5 erster Halbsatz DDR-Verf. 1968/74 am 5.1.1990 in Kraft. 139 Vgl. zunächst – Beschluß des Plenums des OG zur Erhöhung des Niveaus der Rechtsprechung und ihrer Leitung in Verwirklichung der Materialien des IX. Parteitages der SED v. 3.11.1976 – I P1B 2/76 (Dokumente und Informationen des Ministeriums der Justiz und des OG der DDR A 2 – 1/76 – 0) sowie auch H. Toeplitz, „Erste Schlußfolgerungen für die Rechtsprechung aus dem IX. Parteitag der SED“, NJ 1976, H. 14, S. 409, und – Festlegung des Ministers der Justiz und des Präsidenten des OG der DDR „Aufgaben der Gerichte der DDR zur Verwirklichung der Beschlüsse des X. Parteitages der SED“ v. 19.6.1981 – 0100 -V- 513/81 (Leitungsinformation des Ministeriums der Justiz 1981, Nr. 2) sowie auch H. Kern/G. Sarge, „Die Aufgaben der Gerichte nach dem X. Parteitag der SED“, NJ 1981, H. 7, S. 290. 140 Vgl. das „Gemeinsame Dokument“ des Plenums des OG der DDR und der Leitung des Ministeriums der Justiz „Aufgaben der Gerichte der DDR zur Verwirklichung der Beschlüsse des XI. Parteitages der SED“ v. 16.7.1986 – ohne Az. (Informationen des OG 1986, Nr. 4, S. 3). 141 Vgl. Festlegungen – Aufgaben des Ministeriums der Justiz zur Verwirklichung der Beschlüsse des X. Parteitages der SED v. 10.8.1981 – 0100-V-635/81 (Leitungsinformation des Ministeriums der Justiz 1981, Nr. 4) sowie – Aufgaben des Ministeriums der Justiz zur Verwirklichung der Beschlüsse des XI. Parteitages der SED v. 21.7.1986 – ohne Az. (Leitungsinformation des Ministeriums der Justiz 1986, Nr. 15). 142 Bezüglich der Aufhebung des Rechtspflegeerlasses vgl. aaO (Fn 65). 143 Das GVG 1963 war mit Wirkung vom 1.11.1974 durch § 60 Abs. 2 Nr. 1 GVG 1974 aufgehoben und durch dieses GVG ersetzt worden (vgl. aaO, Fn 1). 144 Vgl. G. Sarge, „Aufgaben der Rechtsprechung und ihrer Leitung nach dem XI. Parteitag der SED“, NJ 1986, H. 9, S. 350. G. Sarge war erst am 17.6.1986 zum Präsidenten des OG gewählt worden; vgl. „Von der Volkskammer gewählt“ sowie „Festliche Veranstaltungen im Obersten Gericht und beim Generalstaatsanwalt der DDR“, beides NJ 1986, H. 7, S. 269. Vgl. im Übrigen zu G. Sarge: H. Müller-Enbergs u.a., aaO (Fn 17), S. 726, sowie K. Froh/R. Wenzke, Die Generale und Admirale der NVA, Augsburg 2003, S. 170. 145 Vgl. Ziff. 3.3 des Beschlusses des Präsidiums des OG zur Durchführung des Gesetzes …, aaO (Fn 95). 146 Vgl. OG, Urt. v. 11.7.1975 – 2 Zz 17/75 (NJ 1975, H. 19, S. 584). 147 Vgl. Kassationsanregungsvorgang IV C 124/75 der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des OG. 148 Vgl. Nr. 4 lit. c Satz 1 des Beschlusses des Präsidiums des OG zur Anwendung der Richtlinie Nr. 18 des Plenums des OG über die Bemessung des Unterhalts für minderjährige Kinder … v. 21.9.1966 (NJ 1966, H. 20, S. 635). 149 Vgl. Teil I Nr. 2 des Beschlusses des Präsidiums des OG über die Aufhebung bzw. Änderung von Beschlüssen des Präsidiums des OG im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des ZGB und der ZPO … v. 10.12.1975 (NJ 1976, H. 1, S. 29). 150 Vgl. die Mitteilungen in: NJ 1975, H. 20, S. 593, NJ 1980, H. 6, S. 261, NJ 1982, H. 3, S. 109, und NJ 1987, H. 6, S. 225. 151 Zur Abteilung Staats- und Rechtsfragen des ZK der SED vgl. C. Vollnhals, „Nomenklatur und Kaderpolitik – Staatssicherheit und die 'Sicherung' der DDR-Justiz“, in: J. Weber/M. Piazolo (Hrsg.), Justiz im Zwielicht – Ihre Rolle in Diktaturen und die Antwort des Rechtsstaates, München 1998, S. 213 ff., insbes. S. 218. 152 Vgl. Art. 74 der Verfassung der DDR v. 6.4.1968 (GBl. I S. 199) sowie den gleichlautenden Art. 74 Abs. 1 DDR/Verf 1968/74. Diese Verfassungsnorm wurde durch § 1 Nr. 3 des Verfassungsgesetzes zur Änderung und Ergänzung des GVG v. 5.7.1990 (GB1. I S. 634) aufgehoben. 153 Vgl. dazu Ziff. 3.4 des Beschlusses des Präsidiums des OG zur Durchführung des Gesetzes …, aaO (Fn 95), sowie K. Wünsche (Leiter des Autorenkollektivs), Lehrbuch Grundlagen der Rechtspflege, Berlin 1983, S. 99. 154 Auf Grund eines internationalen Abkommens war für diese Streitigkeiten entgegen der in der nachfolgenden Fußnote 169 genannten Verordnung der Rechtsweg zu den Gerichten (Gerichtsweg) gegeben; vgl. dazu OG, Urt. v. 29.5.1970 – 2 Uz 10/68 (OGZ 12, 488 ff., insbes. S. 492 = NJ 1970, H. 23, S. 714 ff., insbes. S. 715, li. Sp.; insoweit auch abgedruckt in: Aus der Spruchpraxis des Staatlichen Vertragsgerichts, Bd. 5, Berlin 1976, S. 190 ff., insbes. S. 191 f.). 155 Vgl. OG, Urt. v. 25.5.1976 – 2 OZK 2/76 (OGZ 15, 43 = NJ 1976, H. 16, S. 499); OG, Urt. v. 29.4.1980 – 4 OZK 1/80 (OGZ 16, 116 = NJ 1980, H. 7, S. 330) sowie OG, Urt. v. 17.6.1980 – 4 OZK 2/80 (OGZ 16, 121 = NJ 1980, H. 9, S. 427). 156 Anweisung Nr. 1/73 des Ministers für Handel und Versorgung v. 16.1.1973 für die Handelstätigkeit mit PKWs aus der Neuproduktion der DDR-Industrie und Importen bei der Versorgung der Bevölkerung (unveröffentlicht). 157 So J. Göhring/P. Kurzhals, Grundriß Zivilrecht, Heft 5 – Kauf –, Berlin 1977, S. 43, sowie J. Göhring/M. Posch (Hrsg.), Zivilrecht – Lehrbuch, Teil 1, Berlin 1981, S. 370 (lit. b). 158 Vgl. OG, Urt. v. 11.4.1980 – 2 OZK 11/80 (Informationen des OG 1980, Nr. 4, S. 47). 159 Vgl. OG, Urt. v. 27.1.1967 – 2 Zz 31/66 (OGZ 11, 110 = NJ 1967, H. 16, S. 518, dort gekürzt abgedr.). Diese Entscheidung ist auch bei S. Mampel, Die sozialistische Verfassung der DDR – Kommentar, 2. Aufl., Prankfurt a.M. 1982, Rn 15 zu Art. 89 DDR-Verf. 1968/74 (S. 1214) erwähnt. Vgl. auch OG, Urt. v. 29.3.1968 – 2 Zz 33/67 (OGZ 12, 101 ff., insbes. S. 102 u. 106 = NJ 1968, H. 18, S. 572 f., insbes. S. 573). 160 Vgl. dazu T. Riemann, „Rechtscharakter und Verbindlichkeit staatlicher Entscheidungen“, Staat und Recht 1976, H. 12, S. 1291 ff., insbes. S. 1295, sowie K.-H. Christoph/S. Petzold, „Zur normativen Tätigkeit der Ministerien und der anderen zentralen Staatsorgane in der DDR“, Staat und Recht 1976, H. 11, S. 1137 ff., insbes. S. 1139. 161 Vgl. OG, Urt. v. 13.5.1983 – 2 OZK 17/83 (Informationen des OG 1983, Nr. 5, S. 51). 162 Vgl. Kassationsanregungsvorgang IV Z 147/76 der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des OG. 163 Vgl. G. Riege, „Überlegungen zum sozialistischen Verfassungsbewusstsein“, NJ 1985, H. 2, S. 40 ff., insbes. S. 41, re. Sp. 164 Vgl. A. Gerlach, „Aktuelle theoretische und praktische Probleme der Vervollkommnung der sozialistischen Gesetzgebung“, Staat und Recht 1989, H. 11, S. 931 ff., insbes. S. 932. 165 Vgl. K. Hager, Aus dem Bericht des Politbüros an die 6. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berlin 1988, S. 66 = Neues Deutschland (B) Nr. 136 v. 10.6.1988, S. 7; Vgl. auch K. Heuer, „Überlegungen zum sozialistischen Rechtsstaat DDR“, NJ 1988, H. 12, S. 478. 166 Zu Stephan Supranowitz vgl. „Amtseinführung des neuen Ministers der Justiz“, NJ 1972, H. 22, S. 661, sowie A. Herbst u.a., aaO (Fn 102), S. 337. 167 Vgl. K. Marx, „Randglossen zum Programm der deutschen Arbeiterpartei“, in: K. Marx und F. Engels, Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Band II, Berlin 1952, S. 11 ff., insbes. S. 17; auch in: K. Marx/ F. Engels, Kritik des Gothaer Programmentwurfs von 1875, Berlin 1980, S. 7 ff., insbes. S. 13. 168 Diese Wiedergabe beruht auf vom Verfasser angefertigten Mitschriften der Veranstaltungen vom 8. u. 18.9.1975. 169 Vgl. § 14 Abs. 1 u. 3 der Verordnung über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Staatliehen Vertragsgerichts v. 18.4.1963 (GBl. II S. 293) i.d. Neufassung v. 12.3.1970 (GBl. II S. 209). Diese Verordnung und die dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen waren erst durch § 5 iVm § 7 der Durchführungsverordnung zum GVG – Umgestaltung des Staatlichen Vertragsgerichts – v. 6.6.1990 (GBl. I S. 284) mit Wirkung vom 1.7.1990 aufgehoben worden. 170 Vgl. Nr. 5 lit. d des Beschlusses des Präsidiums des OG zu Fragen der Garantie und Gewährleistung beim Einzelhandelskauf und bei Dienstleistungen der Bürger v. 21.9.1966 (NJ 1966, H. 20, S. 636). 171 Vgl. OG, Urt. v. 24.10.1975 – 2 Zz 18/75 (unveröffentlicht). 172 Die gesetzliche Garantie des ZGB-Kaufrechts (vgl. die §§ 148 f. sowie die §§ 151-156 ZGB) war etwa mit der bis zum 31.12.2001 in den §§ 459 ff. BGB geregelt gewesenen Gewährleistung vergleichbar. 173 § 334 ZGB lautete: „Die Verpflichtung eines Betriebes zum Schadenersatz entfällt, wenn er die Umstände, die zum Schaden geführt haben, trotz Ausnutzung aller ihm durch die sozialistischen Produktionsverhältnisse gegebenen Möglichkeiten nicht abwenden konnte.“ 174 Vgl. OG, Urt. v. 13.2.1979 – 2 OZK 1/79 (OGZ 16, 33 = NJ 1979, H. 9, S. 419). 175 Vgl. OG, Urt. v. 30.7.1981 – 2 OZK 20/81 (OGZ 16, 207 = NJ 1981, H. 10, S. 474). 176 Vgl. OG, Urt. v. 18.7.1980 – 2 OZK 17/80 (NJ 1980, H. 12, S. 572). 177 Zur Problematik der Anwendung des § 156 ZGB vgl. auch Ch. Ann, „Produkthaftung in der DDR“, DtZ 1990, H. 7, S. 232 ff., insbes. S. 234 f., sowie die dort genannte Rechtsprechung und Literatur. 178 Vgl. BG Leipzig, Urt. v. 17.1.1985 – 5 BZB 233/84 (NJ 1986, H. 5, S. 208 = ROW 1987, H. 1, S. 54 m. Anm. v. F.W.W. Digmayer), entgegen OG, Urt. v. 13.2.1979, aaO (Fn 174). 179 Vgl. I. Tauchnitz, aaO (Fn 122). Bei den in diesem Beitrag als „Kaufgegenstand“ bezeichneten Waren handelt es sich überwiegend um fabrikneue PKWs und Fernsehgeräte. 180 Vgl. § 2 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Durchführungsverordnung zum ZGB über Rechte und Pflichten bei der Reklamation nicht qualitätsgerechter Waren v. 27.12.1976 (GBl. I 1977 S. 9) – im Folgenden: DVO zum ZGB. 181 Vgl. H.-W. Teige/G. Schönemann, „Rechte und Pflichten bei der Reklamation nicht qualitätsgerechter Waren“, NJ 1977, H. 4, S. 109, re. Sp. 182 Vgl. OG, Urt. v. 13.3.1979 – 2 OZK 4/79 (unveröffentlicht). 183 Vgl. dazu auch die Besprechung des OG-Urteils v. 13.3.1979, ebenda, im Beitrag von I. Tauchnitz, aaO (Fn 122), insbes. S. 539, li. Sp., erster Absatz. 184 Vgl. C. Keilitz, „Garantieansprüche des Käufers bei erheblichen Unterrostungen der Karosserie eines neuen PKW“, NJ 1980, H. 8, S. 372. 185 Vgl. Musterstatut für LPGs Typ I (GBl. I 1959 S. 333, Ber. S. 616) – im Folgenden: MSt-LPG I – sowie Musterstatut für LPGs Typ III (GBl. I 1959 S. 350) – im Folgenden: MSt-LPG III; beide bestätigt durch Beschl. des Ministerrates v. 9.4.1959 (GBl. I S. 333). Regelungen für LPGs Typ II werden nachfolgend nur kurz behandelt, weil nur wenige LPGs dieses Typs existiert hatten. 186 Gesetz über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften v. 3.6.1959 (GBl. I S. 577) – im Folgenden: LPG-G 1959. Dieses Gesetz wurde später durch § 48 Abs. 2 erster Spiegelstrich des LPG-Gesetzes v. 2.7.1982 (GBl. I S. 443) – im Folgenden: LPG-G 1982 – aufgehoben. 187 Vgl. Beschl. der Volkskammer der DDR zur Regierungserklärung des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates, Walter Ulbricht, zur Entwicklung der LPGs v. 25.4.1960 (GBl. I S. 255). 188 Lediglich in Ziff. 5 Abs. 2 des neuen Musterstatuts für LPGs Typ II (GBl. II 1962 S. 521), bestätigt durch Beschl. des Präsidiums des Ministerrates v. 2.8.1962 (ebenda), war festgelegt worden, dass ein Ausscheiden aus einer solchen LPG nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung erfolgen konnte. 189 Vgl. dazu den Beschl. der Volkskammer v. 25.4.1960, aaO (Fn 187). 190 Vgl. OG, Urt. v. 13.8.1963 – 2 Uz 13/63 (OGZ 9, 284 = NJ 1963, H. 17, S. 571). 191 Vgl. OG, Urt. v. 18.2.1965 – 1 Zz 1/65 -(OGZ 10, 192 = NJ 1965, H. 13, S. 430). 192 Vgl. § 41 Abs. 2 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der DDR v. 12.7.1973 (GBl. I S. 313) – im Folgenden: GöV 1973 –, sowie Ziff. 2 Abs. 2 der Bkm. v. 10.6.1975 (GBl. I S. 449). 193 Vgl. Teil III Nr. 2 lit. b letzter Absatz des Beschl. des Plenums des OG über die Aufgaben der Gerichte bei der Durchsetzung des LPG-Rechts … v. 30.3.1966 (NJ 1966, H. 9, S. 268 ff., insbes. S. 271). 194 Vgl. G. Janke, „Auslegung des LPG-Rechts zur Durchsetzung der DDR-Landwirtschaftspolitik“, NJ 2004, H. 8, S. 345 ff., insbes. S. 348, li. Sp. 195 Vgl. K. Schumann, „Das Oberste Gericht am 10. Jahrestag der DDR und seine künftigen Aufgaben“, NJ 1959, H. 19, S. 673 ff., insbes. S. 674, re. Sp. 196 J. Streit war von Januar 1961 bis Juni 1986 Generalstaatsanwalt der DDR; vgl. H. Müller-Enbergs u.a., aaO (Fn 17), S. 834. 197 Vgl. Protokoll Nr. 17/73 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der SED am 24.4.1973 – Anlage 3 , aaO (Fn 64). 198 Der Kassationsantrag – IV C 39 + 45/72 der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des OG – war bereits am 5.12.1972 gestellt worden; die schriftliche Begründung des Kassationsantrages erfolgte am 6.4.1973. 199 Vgl. OG, Urt. v. 13.8.1963 – 2 Uz 13/63 , aaO (Fn 190), sowie OG, Urt. v. 18.2.1965 – 1 Zz 1/65, aaO (Fn 191). 200 1 Zz 4/73 des 1. Zivilsenats des OG. 201 Vgl. Ziff. 63 Abs. 1 u. 2 des Statuts der SED, beschlossen auf dem VI. Parteitag der SED v. 15.-21.1.1963, Protokoll des VI. Parteitages der SED, Bd. 4, Berlin 1963, S. 406 ff., insbes. S. 432 idF der auf dem VIII. Parteitag der SED v. 15.-19.6.1971 beschlossenen Veränderungen, Protokoll des VIII. Parteitages der SED, Bd. II, Berlin 1971, S. 416 ff., insbes. S. 419. 202 Vgl. A. Feth, Hilde Benjamin – Eine Biographie, Berlin 1997, S. 147 f., insbes. S. 148, erster Absatz. Der dort auf S. 147 genannte Punkt (Ziffer) 70 des damals (1955) geltenden Parteistatuts der SED glich inhaltlich der Ziff. 63 des in der Fußnote 195 genannten Parteistatuts der SED. 203 Vgl. OG, Urt. v. 15.5.1973 – 1 Zz 4/73 (OGZ 14, 60). 204 Vgl. OG, Urt. v. 10.12.1974 – 1 Zz 2/74 (OGZ 14, 202 = NJ 1975, H. 6, S. 178). 205 Vgl. jeweils Ziff. 16 Abs. 1 u. 2 des Musterstatuts der LPG Pflanzenproduktion und des Musterstatuts der LPG Tierproduktion (GBl. Sdr. Nr. 937 S. 2 bzw. S. 13), beide Musterstatuten bestätigt durch Ziff. 1 des Beschlusses über die Musterstatuten und die Musterbetriebsordnungen der LPG ... v. 28.7.1977 (GBl. I S. 317 = GB1. Sdr. Nr. 937 S. 1). Gemäß Ziff. 5 erster und zweiter Spiegelstrich dieses Beschlusses traten das MSt-LPG I, das MSt-LPG III, aaO (beide Fn 185) sowie das MSt-LPG II, aaO (Fn 188) mit Ablauf des 31.12.1978 außer Kraft. 206 Seit dem 1.1.1972 war an die Stelle des Landwirtschaftsrates (beim Ministerrat) der DDR – nach mehreren Umbildungen und Reorganisationen – das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft getreten; vgl. Ziff. 2 der Bkm. über die Bildung von Ministerien v. 3.1.1972 (GBl. II S. 18). 207 Dies wurde aus § 14 Abs. 2 der Grundstücksverkehrsverordnung v. 11.1.1963 (GB1. II S. 159) und später aus § 6 Abs. 2 der Grundstücksverkehrsverordnung v. 15.12.1977 (GB1. I 1978 S. 73) abgeleitet. Bezüglich der Einbeziehung der Pflichtinventarbeiträge in Nutzungsverträge vgl. auch die Information über eine Fachrichtertagung des 1. Zivilsenats des OG am 14.2.1974 (NJ 1974, H. 6, S. 178 f., insbes. S. 179). 208 Vgl. dazu § 14 Abs. 3 LPG-G 1959 sowie die §§ 8 f. der 1. Durchführungsverordnung (DVO) zum LPG-G 1959 v. 27.11.1959 (GB1. I S. 905); später galten diesbezüglich § 87 Abs. 2 ZPO/DDR und § 25 Abs. 4 LPG-G 1982. Durch die gem. § 87 Abs. 2 und § 114 ZPO/DDR erfolgte Neuregelung der Vollstreckungsbeschränkungen waren die §§ 8-17 (Abschn. II) der 1. DVO zum LPG-G 1959 mit Wirkung vom 1.1.1976 gegenstandslos geworden; vgl. dazu P. Wallis, „Die Vollstreckung zivil-, familien- und arbeitsrechtlicher Ansprüche“, NJ 1976, H. 2, S. 48 ff., insbes. S. 50, Fn 7. Diese Bestimmungen der 1. DVO zum LPG-G 1959 wurden durch Ziff. 4 der Bkm. über die Aufhebung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Landwirtschaft v. 28.4.1978 (GB1. I S. 177) aufgehoben. Die restlichen Bestimmungen der 1. DVO zum LPG-G 1959 wurden durch § 48 Abs, 2 zweiter Spiegelstrich LPG-G 1982 außer Kraft gesetzt. 209 Vgl. OG, Urt. v. 21.3.1972 – 1 Zz 9/71 (unveröffentlicht). 210 Vgl. § 12 Nr. 4 erster Spiegelstrich des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch der DDR v. 19.6.1975 (GBl. I S. 517) – im Folgenden: EGZGB. 211 Vgl. § 12 Nr. 4 zweiter Spiegelstrich EGZGB. 212 Vgl. § 25 Abs. 3 Satz 2 LPG-G 1982. 213 Das GöV 1973 wurde durch § 83 Abs. 2 des Gesetzes über die örtlichen Volksvertretungen in der DDR v. 4.7.1985 (GB1. I S. 213) – im Folgenden: GöV 1985 – aufgehoben. § 47 Abs. 3 GöV 1985 enthielt inhaltlich die gleichen Bestimmungen wie die oben zitierten Vorschriften des § 41 Abs. 2 GöV 1973. Das GöV 1985 wurde durch § 102 Abs. 1 der Kommunalverfassung v. 17.5.1990 (GB1. I S. 255) aufgehoben. 214 Vgl. OG, Urt. v. 30.9.1975 – 1 Zz 1/75 (unveröffentlicht). 215 So jedenfalls OG, Urt. v. 21.3.1972 – 1 Zz 9/71 (unveröffentlicht). 216 Zur Gerichtskritik in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen vgl. § 8 ÄEG; seit dem 1.1.1976 galt diesbezüglich § 2 Abs. 4 ZPO/DDR. 217 Vgl. OG, Urt. v. 15.11.1960 – 2 Zz 18/60, aaO (Fn 116). 218 Vgl. § 2 der Verordnung über die einheitliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch die LPGs v. 20.1.1955 (GB1. I S. 97). 219 Vgl. OG, Urt. v. 22.12.1966 – 1 Uz 3/66 (OGZ 12, 404 ff., insbes. S. 408). 220 Rechtsgrundlage dafür war Ziff. 9 der Anordnung über die Zahlung von Nutzungsgebühren für freie Betriebe und Flächen v. 7.8.1954 (ZBl. S. 423). Die genannte Ziff. 9 wurde durch § 2 der Anordnung … über Rechtsmittel gegen Entscheidungen … im Bereich der Landwirtschaft … v. 13.8.1971 (GBl. II S. 574) aufgehoben. 221 Vgl. BG Schwerin, Urt. v. 8.8.1967 – BC 5/67 (NJ 1968, H. 13, S. 411). 222 Das sind die Verordnung über die einheitliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen …, aaO (Fn 218), sowie die Anordnung über die Zahlung von Nutzungsgebühren …, aaO (Fn 220). 223 Rechtsgrundlage dafür war § 3 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz GVG 1963; seit dem 1.11.1974 galt diesbezüglich § 4 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz GVG 1974. 224 1 Uz 3/66 (OGZ 12, 404 ff.). 225 BC 5/67 – (NJ 1968, H. 13, S. 411). 226 Vgl. „Informationen der zentralen Rechtspflegeorgane“, NJ 1967, H. 19, S. 604, re. Sp. 227 In den „Informationen“ (NJ 1972, H. 11, S. 333 f.), in denen die Tagung des Konsultativrates für LPG-Recht vom 24.3.1972 erwähnt ist (vgl. S. 334), wurde über die Behandlung dieser Rechtsfrage nicht berichtet. Dass dazu jedoch diskutiert wurde, ohne eine einheitliche Auffassung zu erzielen, geht aus der Anlage zu dem „Protokoll über die Sitzung des Konsultativrates für LPG-Recht vom 15.12.1972“ hervor; desgleichen die Erteilung des Auftrages des Kollegiums an den 1. Zivilsenat des OG, im Konsultativrat eine weitere Klärung herbeizuführen. Eine Kopie dieses Protokolls und Kopien von Teilen der Anlage dazu befinden sich im Besitz des Verfassers. 228 Vgl. „Informationen der zentralen Rechtspflegeorgane“, NJ 1973, H. 3, S. 86 f., insbes. S. 87, re. Sp. 229 Vgl. „Protokoll über die Sitzung des Konsultativrates für LPG-Recht vom 15.12.1972“, aaO (Fn 227), Bl. 2 f. des Protokolls. 230 Die folgenden Tagungen des Konsultativrates für LPG-Recht beim 1. Zivilsenat des OG fanden erst am 8.11.1974, 7.2.1975, 20.11.1975, 28.4.1976 und 2.12.1976 statt. Vgl. dazu die „Informationen“ in: NJ 1975, H. 1, S. 20 f., insbes. S. 21, re. Sp.; NJ 1975, H. 5, S. 148 f.; NJ 1976, H. 1, S. 24 f., insbes. S. 25, re. Sp.; NJ 1976, H. 11, S. 336 f., insbes. S. 337, li. Sp., sowie NJ 1977, H. 3, S. 85 ff., insbes. S. 86, re. Sp. 231 So G, Rohde u.a., Lehrbuch Bodenrecht, Berlin 1976, S. 179 f. G. Rohde ist auch Verfasser dieser Ausführungen. 232 Bezüglich der Rechtsgrundlagen für die Verbindlichkeitserklärung vgl. aaO (Fn 207). 233 Vgl. § 3 Abs, 1 Satz 1 zweiter Halbsatz GVG 1963; seit dem 1.11.1974 galt diesbezüglich § 4 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz GVG 1974. 234 Vgl. § 7 Abs. 2 der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes v. 24.10.1967 (GB1. II S. 739); seit dem 1.1.1986 galt diesbezüglich § 12 Abs. 4 Satz 3 der Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes – WLVO – v. 16.10.1985 (GBl. I S. 301). Seit dem 1.1.1976 galt insoweit zusätzlich § 100 Abs. 2 Satz 1 ZGB. 235 Vgl. aaO (Fn 187). 236 Vgl. aaO (Fn 224). 237 Vgl. aaO (Fn 231). 238 Vgl. „Protokoll über die Sitzung des Konsultativrates für LPG-Recht vom 15.12.1972“, aaO (Fn 227), Bl. 3 des Protokolls. 239 Vgl. OG, Urt. v. 20.2.1973 – 1 Zz 2/73 (OGZ 14, 47). 240 Zu G. Ewald vgl. H. Müller-Enbergs u.a., aaO (Fn 17), S. 196. 241 Vgl. insbes. die §§ 3, 5 u. 6 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften v. 6.3.1990 (GBl. I S. 133), gemäß denen die §§ 19, 25 u. 45 LPG-G 1982 entsprechend geändert wurden. 242 Vgl. die §§ 43 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) v. 29.6.1990 (GBl. I S. 642), jetzt idF der Bkm. v. 3.7.1991 (BGBl. I S. 1418), zuletzt geändert durch Art. 7 Nr. 45 des Mietrechtsreformgesetzes v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1149, 1174). 243 Vgl. T. Reich, „Die Kassation in Zivilsachen – Maßnahmeakt oder Rechtsinstitut?“, aaO (Fn 14). 244 Vgl. A. v. Brünneck, „Ernst Fraenkel (1898-1975) – Soziale Gerechtigkeit und pluralistische Demokratie“, in: Kritische Justiz (Hrsg.), Streitbare Juristen – Eine andere Tradition, 1. Aufl., Baden-Baden 1988, S. 415 ff., insbes. S. 419 f. Das Buch von E. Fraenkel „Der Doppelstaat – Recht und Justiz im Dritten Reich“ ist in Frankfurt a.M./Köln 1974 sowie erneut in Frankfurt a.M. 1984 erschienen. 245 Vgl. z.B. § 55 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1952, § 65 Abs. 1 Nr. 3 GVG 1959, § 8 GVG 1963 und § 16 Abs. 2 GVG 1974. 246 Dies hatte noch K. Cohn in seinem Beitrag „Die Notwendigkeit der Kassationsfrist in Zivilsachen“, aaO (Fn 31), insbes. S. 109 f., in bestimmten Fällen für erforderlich gehalten; vgl. auch K. Cohn/H. Blöcker, aaO (Fn 3), S. 317 ff., insbes. S. 321. 247 Vgl. OG, Urt. v. 5.10.1976 – 2 OZK 15/76 (unveröffentlicht). 248 Zum Inhalt und zur Gestaltung von Wochenmeldungen der Bezirksgerichte an das Ministerium der Justiz und an das Oberste Gericht vgl. A. Gängel, „Das Oberste Gericht der DDR – Leitungsorgan der Rechtsprechung – Entwicklungsstationen“, in: H. Rottleuthner, Steuerung der Justiz in der DDR, Köln 1994, S. 253 ff., insbes. S. 282 ff. sowie: Im Namen des Volkes? Über die Justiz im Staat der SED – Dokumentenband zur Ausstellung des Bundesministeriums der Justiz, Leipzig 1994, S. 137 ff. 249 Vgl. OG, Urt. v. 30.8.1984 – 2 OZK 21/84 (NJ 1985, H. 3, S. 120). Aus dieser Veröffentlichung ist jedoch nicht ersichtlich, dass eine Kirchengemeinde verklagt war. 250 Vgl. OG, Urt. v. 23.4.1985 – 2 OZK 8/85 (NJ 1985, H. 10, S. 423). Diese Entscheidung wurde – wie hier angegeben – erst 1985 (nicht 1984) erlassen; vgl. die Begründung des OG-Urt. v. 28.7.1987 – 2 OZK 18/87 (NJ 1988, H. 4, S. 161 f., insbes. S. 162, li. Sp.). 251 So H.-D. Kittke, „Zivilrecht im Systemvergleich“, ROW 1986, H. 6, S. 372 ff., insbes. S. 374. 252 § 6 der Anordnung über den Kündigungsschutz für Pächter von Kleingärten v. 17.5.1956 (GBl. I S. 457). 253 Vgl. § 9 Satz 1 Halbsatz 2 GVG 1952, § 11 Satz 1 Halbsatz 2 GVG 1959 und § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GVG 1963. 254 Vgl. dazu H. Klenner, „Gesetzgebung und Gesetzlichkeit“, Staat und Recht 1990, H. 5, S. 372 ff., insbes. S. 377. Die Veröffentlichung dieses Beitrages war wegen dessen kritischen Inhalts um die Jahreswende 1956/57 von der Redaktion der Zeitschrift Staat und Recht abgelehnt und 1990 nachgeholt worden. 255 Vgl. OG, Urt. v. 25.6.1985 – 2 OZK 15/85 (NJ 1986, H. 1, S. 37 f.). 256 Vgl. OG, Urt. v. 30.1.1987 – 2 OZK 36/86 (Informationen des OG 1987, Nr. 3, S. 37). 257 Vgl. G. Janke, „Nutzung von Bodenflächen zur Erholung …“, aaO (Fn 125), S. 238 ff., insbes. S. 243, li. Sp. oben, dort vor Fn 54. 258 Vgl. J. Löbbe, Sozialistische Rechtsanwendung. Dargestellt an der sozialistischen Rechtstheorie und der Rechtsprechung des OG der DDR zum ZGB, Hamburg 1998, S. 195 f.; das Zitat befindet sich auf S. 196. 259 Zu den in der DDR angewandten Methoden der Rechtsauslegung vgl. Institut für Theorie des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der DDR (Hrsg.), Marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie – Lehrbuch, Berlin 1975, S. 477 ff., insbes. S. 479. 260 Vgl. OG, Urt. v. 1.3.1957 – 1 Zz 13/57 (OGZ 5, 88 ff., insbes. S. 90 = NJ 1957, H. 13, S. 412 f., insbes. S. 413, li. Sp.). 261 Vgl. OG, Urt. v. 30.1.1987 – 2 OZK 36/86, aaO (Fn 256), S. 37 ff., insbes. S. 38. 262 Vgl. dazu auch J. Göhring/M. Posch (Gesamtredaktion), Zivilrecht – Lehrbuch, Teil 1, Berlin 1981, S. 266 f. (Ziff. 3.9.4). 263 Vgl. OG, Urt. v. 12.8.1983 – 2 OZK 24/83 (Informationen des OG 1984, Nr. 2, S. 59). 264 Vgl. Kassationsanregungsvorgang IV C 85/73 der Kassationsantragsabteilung für Zivil-, Familien- und Arbeitsrecht des OG. 265 Diese bei der Untersuchung der Kassationstätigkeit des OG in Familiensachen getroffene Feststellung (vgl. A. Grandke, „Zur Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht – Aus Untersuchungsergebnissen des Wissenschaftsbereichs Familienrecht der Humboldt-Universität“, NJ 1990, H. 5, S. 200 ff., insbes. S. 203, re. Sp.) trifft auch für die Kassationstätigkeit des OG in Zivilsachen zu. 266 Vgl. aaO (Fn 104) sowie die Informationen in NJ 1986, H. 9, S. 352. 267 Vgl. ebenda. 268 Vgl. dazu U.-J. Heuer, Im Streit – Ein Jurist in zwei deutschen Staaten, 1. Aufl., Baden-Baden 2002, S. 148. 269 Vgl. A. Grandke, aaO (Fn 265). 270 Vgl. insbes. Art. 4 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der DDR und der BRD v. 18.5.1990 (GBl. I S. 332 ff. = BGBl. II S. 537 ff.) sowie Teil II Nr. 21 lit. a und b/aa der Anlage III zu diesem Vertrag. 271 Vgl. § 1 Nr. 5 und § 2 Nr. 12 des Verfassungsgesetzes zur Änderung und Ergänzung des GVG (1974) v. 5.7.1990 (GB1. I S. 634). 272 Vgl. § 1 Abs. 2, § 3 und § 11 Abs. 2 des Richtergesetzes v. 5.7.1990 (GB1. I S. 637). 273 Vgl. § 238 StGB der DDR idF der Ziff. 50 der Anlage 1 zum 6. Strafrechtsänderungsgesetz v. 29.6.1990 (GBl. I S. 526, 536). 274 Vgl. die §§ 160-162 ZPO/DDR idF der Ziff. 120 der Anlage zum Gesetz zur Änderung und Ergänzung der ZPO/DDR v. 29.6.1990 (GB1. I S. 547, 564) – im Folgenden: ÄEG-ZPO/DDR – mit der damals in der BRD geltenden Fassung der §§ 545 ff. ZPO. Zu den oben genannten Bestimmungen der ZPO/DDR vgl. G.-A. Lübchen, „Reform des Zivilprozeßrechts in der DDR“, NJ 1990, H. 7, S. 293 ff., insbes. S. 297, li. unten/re. oben. 275 Vgl. § 167 Abs. 4 u. § 164 ZPO/DDR idF der Ziff. 126 u. 122 der Anlage zum ÄEG-ZPO/DDR (ebenda, insbes. S. 565 u. 564). 276 Vgl. § 3 Abs. 2 ÄEG-ZPO/DDR (ebenda, S. 547). |
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