Artikel vom 13. September 1998
© 1998 fhi
Erstveröffentlichung

Fred G. Bär

Machtkontrolle im Staats-, Gemeinde- und Vereinsverfassungsrecht des 19. Jhs. -
einheitliche Strukturmerkmale oder beliebige terminologische Identitäten?


I. Einleitung
II. Verfassungsrecht juristischer Personen im 19. Jh.
1. Staatsverfassungsrecht
a) Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818
b) Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg vom 25. September 1819
c) Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849
d) Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871
e) Zwischenergebnis
2. Gemeindeverfassungsrecht
a) Württembergisches Verwaltungsedict für die Gemeinden, Oberämter und Stiftungen vom 1. März 1822
b) Preußische Landgemeindeordnung für die Provinz Westphalen vom 31. Oktober 1841
c) Zwischenergebnis
3. Vereinsverfassungsrecht
a) Vereinsverfassungsrecht im BGB
b) Die rechtswissenschaftliche Behandlung des Vereinsrechts im 19. Jh.
aa) Die Romanisten
bb) Die Germanisten
III. Ergebnis und Ausblick

I. Einleitung

Dieser Beitrag entspringt einem Interesse am privaten Vereinsrecht, dessen rechtshistorische Wurzeln im 19. Jh. zu suchen sind. Methodisches Mittel zur Erhellung der Ursprünge des privaten Vereinsrechts ist ein historischer Rechtsvergleich. Aktuelle terminologische Gemeinsamkeiten auf der Ebene von Staats-, Gemeinde- und Vereinsverfassungsrecht regen die Frage an, inwieweit sich diese grundsätzlich wesensverschiedenen Normordnungen in ihrer Entstehungszeit gegenseitig beeinflußt haben. Prima facie scheint es nahezuliegen, daß die heftigen Verfassungskämpfe des 19. Jhs.1) in den Köpfen der Gesetzesväter des BGB nicht ohne Spuren geblieben sind. 1
Aus diesem Grund wird die Entwicklung der Staatsverfassung und des untechnisch so bezeichneten Gemeindeverfassungsrechts anhand von Normtexten nachgezeichnet und mit der Vereinsrechtskonzeption des BGB in Beziehung gesetzt. Im Mittelpunkt des Interesses steht der Gesichtspunkt der Machtkontrolle, der einen wesentlichen Aspekt moderner liberaler Verfassungen kennzeichnet.2) 2
Staatliche und kommunale Einrichtungen können in subjektive Rechte des Bürgers eingreifen. Die Eingriffsbefugnis muß zum Schutze des Bürgers verfassungsmäßig gerechtfertigt sein.3) 3
Auch die Organe privatrechtlicher Vereine können in die Rechtssphäre ihrer Mitglieder eingreifen, wobei auch diese Befugnis von der Vereinsverfassung gedeckt sein muß.4) Der wichtigste Unterschied besteht darin, daß das vereinsrechtliche Eingriffsrecht in dem Sinne auf der Vereinsautonomie beruht, daß sich das Mitglied mit Eintritt in den Verein freiwillig den Normen der Vereinsverfassung unterwirft.5) 4
In Staat und Verein geht es in beiden Fällen pauschal gesprochen um Macht, und zwar jeweils um die Macht einer juristischen Person gegenüber ihren Bürgern bzw. ihren Mitgliedern. Macht und die Funktion von Recht in bezug auf diese Macht sind zentrale Kategorien des staatlichen Verfassungsrechts, dessen konkrete Ausgestaltung den Grad der persönlichen Freiheit der betroffenen Bürger bestimmt.6) 5
Die Machtbalance im Staat ist ihrer Bedeutung gemäß in der höchsten nationalen Rechtsquelle, der Verfassung verortet, wo die Gewaltenteilung, der Wahlmodus der Staatsorgane, die Ausgestaltung ihrer Willensbildung und deren Zusammensetzung normiert sind. 6
Entsprechender Regelungsort ist für die Gemeinden das sogenannte Gemeindeverfassungsrecht und für die privatrechtlichen Vereine die Vereinsverfassung. 7
Die Machtverteilung im Staat ist eine zentrale Frage des Staats- und Verfassungsrechts. Sie spielt in der Diskussion des Kommunal- und Vereinsrechts keine gleichrangige Rolle, obwohl sie auch dort zur Kenntnis genommen wird.7) Typisch in diesem Kontext ist freilich die vereinsrechtliche Argumentation, dem Vereinsmitglied stünde gemäß § 39 BGB bei Eingriffen in seine Rechtssphäre der jederzeitige Vereinsaustritt offen, eine Machtunterworfenheit unter den Willen der Vereinsführung läge aus diesem Grunde nicht vor.8) Dieser Ansatz greift angesichts der tatsächlichen Vereinsentwicklung mit einflußreichen Großvereinen und einem z.T. wirtschaftlich gesicherten Einflußpotential bestimmter Vereine (z.B. ADAC) meines Erachtens zu kurz. Die jederzeitige Austrittsmöglichkeit vermag in diesen Fällen, aber auch bei einer Vereinsmitgliedschaft in kleineren Gemeinden (Stichwort: Zugang zu Sportanlagen) die legislativ unzureichende Machtkontrolle der Vereinsorgane nicht zu rechtfertigen, hat doch der Gesetzgeber generell die Verpflichtung, den Schutz des Bürgers vor willkürlicher Machtausübung in allen Lebenssphären zu sichern. Daher erscheint es mir sinnvoll, die für das Staatsverfassungsrecht bedeutsame Frage der Machtbalance gleichermaßen für privatrechtliche Vereine zur Diskussion zu stellen. 8
Staat, Gemeinden und Vereine verbinden eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die trotz des Prozesses der rechtlichen Ausdifferenzierung im 19. Jh. korrespondieren. Fortschritte in der Entwicklung eines der drei werden -- wenn auch mit Zeitverzögerung -- regelmäßig im Bereich der anderen rezipiert. 9
In dieser Zeit wurde in Auseinandersetzung mit dem Corpus Iuris Civilis das rechtswissenschaftliche Instrumentarium erarbeitet, das sich in terminologischen und rechtssystematischen Elementen im 20. Jh. etablieren konnte. 10
So sind Staat, Gemeinden und privatrechtliche Vereine 11
1) in der Rechtsform der juristischen Person organisiert9) 12
2) und alle regeln ihre Organisation in einer sog. Verfassung. 13
Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist diese terminologische Kongruenz, die einen Blick auf die konkrete Machtverteilung in Staat, Gemeinden und privatrechtlichen Vereinen im 19. Jh. nahelegt. Dabei werden übereinstimmende und abweichende Elemente der Machtverteilung untersucht. Die noch fließende Grenze zwischen öffentlichem und privaten Recht im 19. Jh.10) begünstigt den Vergleich, da beispielsweise die dogmatisch bedeutsamen Lehrbücher des Privatrechts keine strenge Differenzierung der juristischen Personen des öffentlichen und des Privatrechts vornahmen.11) 14
(1) Die juristische Person ist eine Kunstfigur des Privatrechts des frühen 19. Jhs., die um die Mitte des Jahrhunderts Eingang in das öffentliche Recht fand.12) Der Begriff umschreibt eine rechtstechnische Zusammenfassung von Personen und Gegenständen zu einer rechtlich geordneten, rechtsfähigen Organisation.13) Darüberhinaus bietet die juristische Person jedoch wenig -- vor allem keine inhaltlichen -- Konturen. Nach gegenwärtigem Rechtsverständnis kommt ihr keine Bedeutung für die organisatorische Gestaltung der jeweiligen Personenvereinigung zu.14) 15
Der Erlaß des BGB hätte freilich die Möglichkeit geboten, zentrale gemeinsame Bestimmungen für alle juristischen Personen festzulegen. Die Überschrift des Ersten Buches, Erster Abschnitt, Zweiter Titel des BGB läßt einen solchen Allgemeinen Teil auch vermuten, der Normenbestand löst diese Vorgabe aber bei genauerer Betrachtung nicht ein. Legislative Ausformungen erlangten nur Vereine und Stiftungen, die mangels sonstiger Bestimmungen heute als reduziertes Grundmuster der privatrechtlichen juristischen Person fungieren. Daneben behandelt das BGB juristische Personen des öffentlichen Rechts lediglich in einem knappen Paragraphen (§ 89), der ausschließlich Haftung und Konkurs den privatrechtlichen Regelungen anpaßt. Die weitere Durchformung wurde dem öffentlichen Recht vorbehalten.15) 16
(2) Die Entwicklung des modernen Verfassungsstaats wurde in Deutschland durch die amerikanische und französische Verfassungsentwicklung in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. angestoßen.16) Eine erste Rezeptionswelle führte zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts zum sog. Frühkonstitutionalismus, als eine Reihe territorialer Verfassungsurkunden und Entwürfe erarbeitet wurden. Den vorläufigen Abschluß dieser Entwicklung bildete die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871.17) 17
Parallel entstanden die ersten territorialen Gemeindeordnungen, die den Gemeinden bereits in der ersten Hälfte des 19. Jhs. eine vergleichsweise fortschrittliche Verfassung gewährten. Hier ist vor allem die Steinsche Städteordnung zu nennen, die rigoros den Bruch mit der obrigkeitlich-autoritären Tradition der öffentlichen Verwaltung des Absolutismus vollzog.18) Zunehmend befreiten die Städte- und Gemeindeordnungen die Kommunen von Herrschaftsmodellen des Ancien régime und wiesen den Weg zu einer demokratischen, autonomen Selbstverwaltung. Trotz des fortbestehenden staatlichen Aufsichtsrechts, das sich bis zur Gegenwart erhalten hat, wurde in den Gemeinden lange vor dem Staat ein verhältnismäßig liberaler Status demokratischer Mitbestimmung erreicht. 18
Demgegenüber blieb die rechtliche Ausformung privatrechtlicher Vereine zurück, da staatlicher Einfluß aus Furcht vor politischen Zusammenschlüssen eher zu- als abnahm und die Drohung mit einem Vereinsverbot permanent das Vereinsleben überschattete. Auch die Bildung der Vereine unterlag einer restriktiven staatlichen Genehmigungspraxis.19) Mit Abschluß der Freiheitskriege formierte sich zwar eine bürgerliche Bewegung, die im Sinne des Liberalismus "Freiheit vom Staat" verlangte. Diese Forderung bezog sich auch auf die Freiheit, freiwillig und genehmigungsfrei private Personenvereinigungen bilden zu dürfen.20) Die Durchsetzung dieser Forderungen sollte aber noch bis zum Ende des Jahrhunderts auf sich warten lassen, da die Regierungen, getragen von der Furcht vor politischen Vereinigungen, wiederholt Vereinsverbote verhängten und das Vereinswesen restriktiv zu beschränken suchten.21) Entsprechend der unterschiedlichen politischen Prägungen bestand in der Rechtswissenschaft Streit über die restriktiven staatlichen Genehmigungserfordernisse, der erst mit Erlaß des BGB beigelegt wurde. 19
Vor diesem Hintergrund würde es überraschen, wenn die Verfassungsentwicklung der unterschiedlichen juristischen Personen ohne gegenseitige Berührungspunkte bzw. unmittelbare Beeinflussung verlaufen wäre. Es stellt sich daher die Frage, ob der gemeinsame Verfassungsbegriff von Staat, Gemeinde und Vereinen nicht mehr ist als eine zufällige terminologische Übereinstimmung. Entwickelte sich nicht vielmehr im 19. Jh. ein politisches Verfassungsverstandnis, das letztlich auch Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung der einzelnen Verfassungen hatte? Und wurde dieser Einfluß nicht auch bei der zeitlich zuletzt entwickelten privatrechtlichen Vereinsverfassung bemerkbar? Schufen die Verfassungskämpfe des 19. Jhs.22) ein auch privatrechtlich wirkendes Bewußtsein in bezug auf die machtbeschränkende Funktion von Verfassungsrecht? In welchem Umfang diente das jeweilige Verfassungsrecht seiner originären Aufgabe, eine wirksame Machtkontrolle und den Schutz des Individuums zu gewährleisten? 20
Diese Fragen zielen auf eine gewisse Interdependenz von Vereins-, Gemeinde- und Verfassungsrecht im 19. Jh., die bislang unbeachtet blieb. Während zur Entwicklung der verschiedenen juristischen Personen genauere Untersuchungen vorhanden sind, steht eine vergleichende Darstellung des Organisationsrechts meines Wissens noch aus. 21
Nicht übersehen werden bei diesem Ansatz die bereits im 19. Jh. vorhandenen erheblichen Unterschiede zwischen den hier untersuchten juristischen Personen, was Zweck, Aufgaben, Mitgliederzahl etc. angeht. Ein Beispiel dafür ist die gewaltige Ausweitung der Staatsaufgaben im 19. Jh., die im Sinne einer ”Verstaatung” der Gesellschaft mit dem Anschwellen der Gesetzgebung, dem Ausbau der Administration und des miltärischen Sektors und schließlich der Entwicklung einer Leistungsverwaltung nur unvollständig umschrieben ist.23) Bei der gewählten Themenstellung kann ein kurzer Aufsatz natürlich keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Es handelt sich hier vielmehr um Prolegomena, die keine vollständigen Antworten zu geben vermögen. 22

II. Verfassungsrecht juristischer Personen im 19. Jh.

1. Staatsverfassungsrecht

Der Terminus "Verfassung" ist im heutigen Sprachgebrauch vor allem mit der Staatsverfassung assoziiert. Inhaltlich umfaßt er im weitesten Sinne folgende Elemente: 23
-- Zustand und Beschaffenheit 24
-- Ordnung 25
-- Errichtung bzw. Abfassung in schriftlicher Form und Inbegriff des Verfaßten.24) 26
Diese Begriffstrias beinhaltet Elemente staatlicher Verfassungsentwicklung, die hinlänglich bekannt sind und daher hier nur kurz zusammengefaßt werden müssen.25) 27
Verfassung bezeichnete ursprünglich als empirischer Begriff allein den Zustand des Staates und seiner Herrschaftsordnung. In diesem Sinne hatte auch das alte "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" eine Verfassung, die sich aus mehreren Einzelgesetzen wie der Goldenen Bulle Karls des IV., den Reformgesetzen Maximilians, dem Augsburger Religionsfrieden, dem Westfälischen Frieden etc. zusammensetzte. 28
Der weite Bedeutungsinhalt verengte sich im 19. Jh. in eine Richtung, die sich im Anschluß an die amerikanische und französische Verfassungsentwicklung mit dem Zusammenbruch des "Heiligen Römischen Reiches" und zum Teil in Folge heftiger Verfassungskämpfe entwickelt hat.26) Anschließend konnte sich die Staatsverfassung im modernen Sinne etablieren, die als normativer Teil des öffentlichen Rechts die staatliche Grundordnung normiert.27) Sie sollte Aufschluß über die Organisation der Staatsgewalten liefern, weshalb sich aus ihr regelmäßig die vorgesehene Machtstruktur ermitteln läßt. Zu diesem Zweck sollen im Anschluß einzelne deutsche Verfassungsurkunden bzw. -entwürfe des 19. Jhs. unter dem begrenzten Aspekt betrachtet werden, welches Verhältnis die Volksrepräsentation gegenüber der monarchischen Staatsgewalt einnahm. Nicht berücksichtigt werden die Geschäftsordnungen einzelner Organe, soweit solche erlassen wurden.28) 29

a) Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818

Diese oktroyierte Verfassung regelte als Ausdruck des sog. süddeutschen Frühkonstitutionalismus29) im II. Titel, § 1, daß der König als Oberhaupt des Staats alle Rechte der Staatsgewalt in sich vereinige und sie unter den von ihm gegebenen in der Verfassungs-Urkunde festgesetzten Bestimmungen ausübe.30) Damit ist klargestellt, daß der Schwerpunkt der Macht beim König lag, neben dem die vom Monarchen abhängige Regierung und ein aus zwei Kammern bestehender Landtag beschränkte Kontrollaufgaben wahrnehmen konnten: 30
"VI. Titel 31
§ 1. Die zwey Kammern der allgemeinen Versammlung der Stände des Reiches sind: 32
a) die der Reichs-Räthe, 33
b) die der Abgeordneten. 34
§ 2 Die Kammer der Reichs-Räthe ist zusammengesetzt aus 35
1. den volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses; 36
2. den Kron-Beamten des Reichs; 37
3. den beyden Erzbischöfen; 38
4. den Häuptern der ehemals Reichsständischen -fürstlichen und gräflichen Familien ... 39
§ 7. Die zweyte Kammer der Stände-Versammlung bildet sich 40
a) aus den Grundbesitzern ... 41
b) aus Abgeordneten der Universitäten; 42
c) aus Geistlichen der katholischen und protestantischen Kirche; 43
d) aus Abgeordneten der Städte und Märkte; 44
e) aus den nicht zu a) gehörigen Landeigenthümern. 45
Titel VII 46
§ 1 Die beyden Kammern können nur über jene Gegenstände in Berathung treten, die in ihren Wirkungskreis gehören, welcher in den §§ 2 bis 19 näher bezeichnet ist."31) 47
Die bayerische Verfassung enthielt darüber hinaus keine inhaltlichen Aussagen zur Willensbildung in den Kammern. Das Parlament entsprach sichtlich nicht modernen Vorstellungen demokratischer Volkslegitimation, sondern war in erster Linie ständisch besetzt. Zustimmungbedürftig seitens der Kammern waren der Erlaß, die Abänderung, die Erläuterung oder die Aufhebung eines allgemeinen neuen Gesetzes, welches die Freyheit der Person oder das Eigenthum des Staats-Angehörigen betrifft sowie die Erhebung aller direkten Steuern. 48
"§ 22 Der König wird wenigstens alle drey Jahre die Stände zusammenberufen. 49
Der König eröffnet und schließt die Versammlung entweder in eigener Person oder durch einen besonders hiezu Bevollmächtigten. ... 50
§ 23 Dem Könige steht jederzeit das Recht zu, die Sitzungen der Stände zu verlängern, sie zu vertagen oder die ganze Versammlung aufzulösen."32) 51
Das Zusammentreten des Parlaments zur Ausübung der Mitspracherechte bedurfte somit der Einberufung des Königs, eine nicht zu unterschätzende Beschränkung der parlamentarischen Autonomie. 52

b) Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg vom 25. September 1819

Diese erste "vereinbarte Verfassung" im Sinne eines Verfassungsvertrages zwischen Fürst und Volk regelte: 53
"§ 4 Der König ist das Haupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unter den durch die Verfassung festgesetzten Bestimmungen aus. 54
§ 128. Die Stände theilen sich in zwei Kammern. 55
§ 129 Die erste Kammer (Kammer der Standesherrn) besteht: 56
1) aus den Prinzen des Königlichen Hauses; 57
2) aus den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Familien ... 58
§ 133 Die zweite Kammer (Kammer der Abgeordneten) ist zusammengesetzt: 59
1) aus 13 Mitgliedern des ritterschaftlichen Adels, ... 60
2) aus den sechs protestantischen General-Superintendenten; ... 61
5) aus einem gewählten Abgeordneten von jeder der Städte Stuttgart, Tübingen ... 62
6) aus einem gewählten Abgeordneten von jedem Oberamts-Bezirke. 63
§ 175 Zu Fassung eines gültigen Beschlusses wird in jeder Kammer die zur vollständigen Besetzung derselben (§160) nothwendige Anzahl von Mitgliedern erfordert. 64
§ 176 Die Beschlüsse werden nach der Stimmenmehrheit, welche nach Beschaffenheit des Gegenstandes eine absolute oder relative seyn kann, abgefaßt, so daß im Falle der Stimmen-Gleichheit der Präsident den Ausschlag gibt."33) 65
Der hier komplementär zur bayerischen und badischen Verfassung entwickelte Typus des süddeutschen Frühkonstitutionalismus34) beließ dem Monarchen im wesentlichen die Macht, rahmte diesen aber durch ein ständisches Parlament ein, das in Einzelfragen (Steuer, freiheitsbeschränkende Gesetzgebung) Mitspracherechte besaß. Eine demokratische Volksrepräsentation wurde nur durch einige wenige gewählte Abgeordnete (Ausnahme Baden) angedeutet. 66

c) Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849

Diese Verfassung35), die bekanntlich nie in Kraft getreten ist, ging bereits über den konstitutionellen Minimalismus der frühen süddeutschen Verfassungen hinaus, obgleich das monarchische Element erhalten blieb: 67
"§ 73 [...] 68
Der Kaiser übt die ihm übertragene Gewalt durch verantwortliche, von ihm ernannte Minister aus. 69
§ 74 Alle Regierungshandlungen des Kaisers bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung von wenigstens einem der Reichsminister, welcher dadurch die Verantwortung übernimmt. 70
§ 79 Der Kaiser beruft und schließt den Reichstag; er hat das Recht das Volkshaus aufzulösen. 71
§ 85 Der Reichstag besteht aus zwei Häusern, dem Staatenhaus und dem Volkshaus. 72
§ 86 Das Staatenhaus wird gebildet aus den Vertretern der deutschen Staaten. 73
§ 93 Das Volkshaus besteht aus den Abgeordneten des deutschen Volkes. 74
§ 98 Zu einem Beschluß eines jeden Hauses des Reichstages ist die Teilnahme von wenigstens der Hälfte der gesetzlichen Anzahl seiner Mitglieder und die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. 75
§ 100 Ein Reichstagsbeschluß kann nur durch die Uebereinstimmung beider Häuser gültig zu Stande kommen."36) 76
Mit der Ministerverantwortlichkeit und dem korrespondierenden Gegenzeichnungsrecht wurden bei fortbestehender Monarchie zusätzliche Kontrollelemente eingeführt, die die Machtbasis des Kaisers beschränken sollten. 77
Das Einberufungsrecht des Parlaments, das in eine Staaten- und eine Volksrepräsentation unterteilt wurde, stand freilich weiterhin allein dem Kaiser zu. Die Willensbildung im Parlament sollte mit einfacher Stimmenmerheit bei Anwesenheit eines 50%-Quorums erfolgen. 78

d) Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871

Diese bundesstaatliche Verfassung ging in der Ausdifferenzierung monarchischer Machtkontrolle am weitesten: 79
"Art. 5 Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend. [...] 80
Art. 6 Der Bundesrath besteht aus den Vertretern der Mitglieder des Bundes, [...] 81
Art. 7 Der Bundesrath beschließt: 82
1) über die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von demselben gefaßten Beschlüsse; 83
2) über die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, [...] 84
3) über Mängel, welche bei der Ausführung der Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten Vorschriften oder Einrichtungen hervortreten. [...] 85
Die Beschlußfassung erfolgt [...] mit einfacher Mehrheit. [...] Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den Ausschlag. 86
Art. 11 Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt. 87
Art. 12 Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrath und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen. 88
Art. 13 Die Berufung des Bundesrathes und des Reichstages findet alljährlich statt und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Arbeiten ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrath berufen werden. 89
Art. 14 Die Berufung des Bundesrathes muß erfolgen, sobald sie von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird. 90
Art. 15 Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte steht dem Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist. 91
Art. 17 Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung der Reichsgesetze und die Ueberwachung der Ausführung derselben zu. Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reiches erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. 92
Art. 20. Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. 93
Art. 28. Der Reichstag beschließt nach absoluter Stimmenmehrheit. Zur Gültigkeit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit der Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich. [...] 94
Art. 29. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesamten Volkes und an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden."37) 95
Die Willensbildung im bundesstaatlich organisiertem Reiche entsprach damit einem komplexen Machtkonglomerat, das neben dem Präsidium des Bundes in Gestalt des Deutschen Kaisers38), die Regierung, die durch den Reichskanzler repräsentiert wurde39), sowie das föderative Element des Bundesrates40) und das Parlament in der Bezeichnung des Reichstages41) einbezog.42) 96
Entsprechend des föderalistischen Reichsaufbaues war der Kaiser nicht Träger der gesamten Staatsgewalt. Seine Befugnisse wurden ihm im einzelnen normativ zugewiesen. Damit wurde im Gegensatz zur Machtverteilung in den Territorialstaaten seine Stellung geschwächt. Er behielt jedoch das bedeutsame Recht, den Reichstag und den Bundesrat einzuberufen. 97
Der Reichskanzler führte die kaiserlichen Anordnungen und Verfügungen aus und übernahm durch die Gegenzeichnung die Verantwortung für diese. 98
Die Gesetzgebung des Reiches lag in den Händen von Bundesrat und Reichstag, dem Kaiser stand nicht einmal mehr ein Vetorecht zu. 99
Nipperdey charakterisiert die Verfassung als "einen Kompromiß zwischen der revolutionär umgeformten konservativen Monarchie und dem Juniorpartner der nationalen und liberalen Bewegung des Bürgertums."43) 100

e) Zwischenergebnis

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Verfassungen und die Machtverhältnisse im 19. Jh. in Bewegung geraten waren.44) Während der monarchischen Staatsführung entsprechend dem absolutistischen Staatsverständnis zu Beginn des Jahrhunderts eine Machtdominanz zukam, wurde diese dadurch verringert, daß neu geschaffenen Organen Mitspracherechte zugebilligt wurden. Diese wurden in den ersten landständischen Verfassungen vor allem von den Ständen ausgeübt und bezogen sich inhaltlich in erster Linie auf die Steuererhebung. Im Verlauf des Jahrhunderts wurden mit Einführung der Ministerverantwortlichkeit auch die Mitbestimmungsrechte des Parlaments erweitert. Schrittweise wurde der Übergang zu einer Volksrepräsentation durch parlamentarische, parteienmäßig organisierte Gremien vorbereitet. Der erhebliche Einfluß, der dem Monarchen noch anfangs des Jahrhunderts zukam, verringerte sich zwar, blieb aber in abgeschwächter Form bis zum Ende des Jhs. erhalten, eine Kontinuität, die den permanenten Widerspruch der liberalen und demokratischen Opposition hervorrief. Eine vollständige demokratische Willensbildung modernen Zuschnitts war bis zum Ausgang des Jhs. nicht durchsetzbar. 101
Die Rechtswissenschaft war bemüht, die jeweilige Verfassungskonzeption durch unterschiedliche theoretische Konzepte zu legitimieren. Eine einheitliche Auffassung hat sich wegen der differenzierten politischen Auffassungen nicht entwickeln können. Zudem war "eine Grenzlinie zwischen politischem und juristischem Räsonnement oft kaum erkennbar."45) 102
Zu Beginn des 19. Jhs. wurde bekanntlich die Fiktion des Gesellschaftsvertrags bemüht, wonach das Individuum bestimmte Rechte vertraglich dem Staat überträgt:46) "Ein Land kann also wohl eine Regierungsverfassung haben; allein eine Konstitution erhält es erst dann, wenn die Regeln, nach welchen es regiert werden soll, als ein von den Bürgern freiwillig eingegangener Vertrag gelten können, den das Volk in seinen Urversammlungen beschlossen hat."47) 103
Das im Zitat erkennbare Vertragsdenken qualifizierte das Volk als ursprünglichen, autonomen Normsetzer: "Konstitution als Übereinkunft der Bürger zur Sicherung ihrer Menschen- und Bürgerrechte nach gewissen Gesetzen oder Vorschriften".48) 104
Die theoretische Fiktion der Verfassung als Vertrag der Bürger mit dem Staat wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. aufgegeben und teilweise durch die naturwissenschaftlich geprägte Lehre ersetzt, der Staat sei ein gewachsener Organismus.49) 105
Vertragskonzeption und Organismustheorie wurden am Ende des Jahrhunderts auch im Vereinsrecht bemüht. Ausgehend von der Beobachtung der sozialen Wirksamkeit der Verbände betrachtete Otto von Gierke diese als "soziale Lebenszentren"50) und verwendete für sie den biologischen Begriff des Organismus, der aus der Staatstheorie des späten 18. und frühen 19. Jahrhundert bekannt war.51) Die Organismusmetapher sollte auch hier dazu dienen, hergebrachte Rechte und Freiheiten der Vereine zu legitimieren. Handfesten Legitimierungsinteressen entsprach auch die Diskussion, ob der Staat, die Gemeinden oder die Vereine zuerst bestanden hatten und welche Folgerungen aus einem solchen zeitlichen Vorrang zu ziehen seien. Bei allen theoretischen Bemühungen ging es letztlich darum, die Verringerung bzw. die Erhöhung des staatlichen Einflusses auf die privatrechtlichen Organisationen zu erreichen. 106
Die Übertragung der im Privatrecht konzipierten juristischen Person auf das öffentliche Recht dürfte gleichermaßen politischen Zielen entsprochen haben. So meint beispielsweise Stolleis, daß die im Privatrecht entwickelte "juristische Person" in das öffentliche Recht übernommen wurde, um "patrimonialstaatliche Elemente zu verdrängen und den Monarchen durch Verleihung von Organqualität juristisch in den Staatsaufbau und die Verfassungsordnung einzubinden."52) 107

2. Gemeindeverfassungsrecht

Angesichts einer sukzessiven Zunahme an machtbeschränkenden Faktoren in den Staatsverfassungen des 19. Jh. ist nun die Entwicklung auf der kommunalen Ebene einer Überprüfung zu unterziehen. 108
In der ersten Hälfte des 19. Jhs. entstanden eine Reihe Gemeindeordnungen53), die das bis dahin wenig homogene Gemeindeorganisationsrecht in die Staatsorganisation einzufügen versuchten. Die früh etablierte Selbstverwaltungsidee54), das geringere Aufgabenfeld und die Unabhängigkeit von erblichen Machtansprüchen schufen auf kommunaler Ebene vergleichweise weitere Gestaltungsspielräume. Diese wurden in den häufigen Revisionen des Gemeinderechts zumindest zum Teil ausgenutzt.55) 109
Die Gemeindeverfassungen des 19. Jhs. weichen daher zum Teil bedeutsam von den bereits vorgestellten Staatsverfassungen ab: 110

a) Württembergisches Verwaltungsedict für die Gemeinden, Oberämter und Stiftungen vom 1. März 1822

"§ 2 Die Gemeinden werden nach Verschiedenheit ihrer Größe in drei Klassen getheilt, deren erste die Städte von mehr als 5000 Einwohnern, die zweite die Gemeinden von mehr als 1000 Einwohnern, endlich die dritte alle übrigen Gemeinden begreift. -- Die besonderen Rechte jeder einzelnen Klasse sind in gegenwärtigem Edicte (§§ 12, 15, 16, 66) festgesetzt; die übrigen Bestimmungen desselben sind sämmtlichen Klassen gemein. 111
[...] 112
§ 4 Die wirkliche Ausübung dieser Rechte oder die Verwaltung der Gemeinde vertraut sie einem Gemeinderath (in den Städten Stadtrath genannt), welcher mit Einschluß des Vorstandes aus 7 bis 21 Mitgliedern besteht. -- [...] 113
§ 5 Die Mitglieder des Gemeinderaths werden durch die Bürgerschaft aus ihrer Mitte nach der Stimmenmehrheit gewählt. [...] 114
§ 10 Jede Gemeinde hat einen ersten Vorsteher, der den Vorsitz im Gemeinderath führt und beziehungsweise Stadtschultheiß und Schultheiß genannt wird. 115
§ 11 Zu der Stelle des Gemeindevorstehers werden durch die Wahl der Gemeinde drei Candidaten in Vorschlag gebracht. -Es kann zu diesem Amte jeder gewählt werden, der zum Mitgliede des Gemeinderaths wählbar ist. [...] Zur Gültigkeit der Wahl wird erfordert, daß wenigstens zwei Drittheile sämmtlicher Stimmberechtigten bei derselben erschienen seien und ihre Stimmen abgegeben haben. [...] 116
§ 19 Der Gemeinderath kann sich nur auf Berufen des Ortsvorstehers versammeln. [...] 117
Die Verhandlung des Gemeinderaths ist collegialisch; der Beschluß wird nach der Stimmenmehrheit gefaßt. Im Falle der Stimmengleichheit hat der Vorstand die entscheidende Stimme. [...] 118
Form der Wahlen im Gemeinderath 119
§ 45 Die Wahlen geschehen in der Regel durch mündliche offene Abstimmung. 120
Bürgerausschuß 121
§ 47 Die Bürgerschaft hat keinen unmittelbaren Antheil an der öffentlichen Verwaltung und darf ohne Berufung des Ortsvorstehers sich nicht versammeln. Sie wird aber dem Gemeinderath gegenüber durch einen beständigen Bürgerausschuß vertreten, der von der Bürgerschaft aus ihrer Mitte gewählt wird. 122
§ 52 Der Gemeinderath ist verbunden, die Zustimmung des Bürgerausschusses einzuholen: 123
1) bei Regulierung des Gemeindeetats und der darauf gegründeten Umlage; 124
2) bei unvorhergesehenen Ausgaben, [...] 125
§ 54 In allen unter den Bestimmungen der §§ 52 u. 53 begriffenen Fällen hat der Gemeinderath den Bürgerausschuß jedesmal vor Abfassung des Beschlusses zur Berathung beizuziehen und über seine Ansicht und Meinung mündlich zu hören. 126
[...] worauf die Sache nochmals besprochen, bei fortdauernder Verschiedenheit der Meinungen aber der Aussschuß entlassen, die Berathung im Gemeinderath fortgesetzt, abgestimmt und beschlossen wird." 127
Zentrale Figur der Gemeindeverfassung ist entsprechend dem Monarchen auf Staatsebene, der Vorsteher, der jedoch vom Gemeinderat gewählt werden muß. Auf diese Weise entscheidet der Gemeinderat über die personelle Besetzung des Leitungsorgans. Dem Vorsteher steht entsprechend den monarchischen Rechten der Staatsverfassung das Einberufungsrecht des demokratisch gewählten Gemeinderaths zu. Die Kontrolle der Gemeindeführung erfolgt wiederum in den enumerativ aufgezählten Angelegenheiten durch den Bürgerausschuß. 128
Ins Auge fällt die differenzierte rechtliche Behandlung der unterschiedlichen Gemeindegrößen, deren Elemente sich teilweise bis heute in den Gemeindeordnungen erhalten haben.56) Die Differenzierung zeigt, daß der Gesetzgeber für Gemeinden unterschiedlicher Größe differierende Organisationsgestaltungen für sinnvoll erachtete. Diesem Beispiel ist das BGB in bezug auf das Vereinsrecht nicht gefolgt. 129
b) Das Landesverfassungsgesetz für das Königreich Hannover vom 6. August 184057): 130
"§ 54 Zur Bildung einer Gemeinde, wie überhaupt einer jeden Corporation, wenn diese auch nicht von der Regierung ausgeht, gehört die Genehmigung der zuständigen oberen Verwaltungsbehörde. [...] 131
§ 59 Die Verfassung und Verwaltung der Städte wird, nach vorgängiger Verhandlung mit denselben, durch zu verkündigende, vom Könige zu vollziehende Urkunden oder Reglements nach folgenden Grundsätzen geordnet werden: 132
1) die Bürgerschaften ernennen durch freie Wahl ihre Vertreter, jedoch nicht auf deren Lebenszeit; 133
2) die Städte haben das Recht, ihre Magistrate und übrigen Gemeindebeamte selbst zu erwählen. An den Wahlen nehmen die Bürgerschaften mit den Magistraten, erstere durch ihre Vertreter, Theil. [...]"58) 134
Die vorliegende Landesverfassung verweist auf die Genehmigungspflicht der Gemeinden, indem sie diese als Corporation auf die gleiche Stufe wie die Vereine stellt. Organisatorisch werden dann die bereits bekannten Organe bestimmt. 135

b) Preußische Landgemeindeordnung für die Provinz Westphalen vom 31. Oktober 1841

Diese regelte die Zusammensetzung der Gemeindeorgane in ständischer Tradition: 136
"§ 49 Die Gemeinde wird in allen ihren Angelegenheiten durch die Versammlung der Meistbeerbten vertreten, in größeren Gemeinden, welche der Oberpräsident nach einer ihm darüber von dem Minister des Innern zu ertheilenden Instruction bestimmt, findet jedoch eine Vertretung durch Gemeindeverordnete statt. 137
§ 50 Die Gemeindeverordneten bestehen: 138
1) aus den Besitzern der zur Gemeinde gehörigen landtagsfähigen Rittergüter und 139
2) aus gewählten Gemeindeverordneten, deren Zahl für jede Gemeinde von dem Oberpräsidenten nach Vernehmung der Gemeindebehörde bestimmt wird und nicht unter sechs und nicht über achtzehn betragen soll. [...] 140
§ 62 Die Gemeindeversammlung hat die Vollmacht und Verpflichtung, die Gemeinde nach Ueberzeugung und Gewissen zu vertreten und verbindende Beschlüsse für dieselbe zu fassen. 141
§ 63 Die Versammlung kann nur dann zusammentreten, wenn sie dazu von dem Vorsteher oder dem Amtmann zusammenberufen worden ist. 142
Der Vorsteher führt in der Versammlung den Vorsitz mit vollem Stimmrechte und mit entscheidender Stimme bei Stimmengleichheit. [...] 143
§ 66 Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt, zur Gültigkeit eines Beschlusses ist die Gegenwart von wenigstens zwei Drittheilen der Mitglieder erforderlich. Fehlt es bei einer Versammlung der Gemeindeverordneten an dieser Zahl, so sind an der Stelle der verhinderten oder abgegangenen Mitglieder so viele der am höchsten besteuerten Meistbeerbten einzuberufen, als zur Beschlußfähigkeit der Versammlung nöthig ist. [...] 144
§ 72 Sollte eine Gemeinde-Verordnetenversammlung fortwährend ihre Pflichten vernachlässigen und in Unordnung und Parteiung verfallen, so werden wir sie nach genauer Untersuchung auflösen, die Bildung einer neuen Versammlung nach Befinden wieder anordnen [...] Außerdem bleibt in dazu geeigneten Fällen die gerichtliche Rüge vorbehalten."59) 145
Die Parallelen zum landständischen Staatsverfassungsrecht werden hier deutlicher als in den bisher angeführten Gemeindeordnungen. 146

c) Zwischenergebnis

Die hier zitierten Gemeindeordnungen variieren einzelne Organisationsmodelle, deren konkrete Gestaltung vor allem von der Größe der Gemeinde abhängig war. Gemeinsam ist den Gemeindeordnungen die Etablierung eines Ortsvorstehers, der die Einberufung des Gemeinderates und damit des entscheidungsbefugten Gremiums vorzunehmen hat. Der Vorsteher entspricht in dieser Position dem Monarchen der Staatsverfassungen. Die Gemeindeordnungen verteilen daneben die Macht auf gewählte Kollektivorgane, bzw. auf ständische Vertretungen. Einzelne Gemeindeordnungen installieren als Element der Machtkontrolle einen weiteren Ausschuß. 147
In der Entwicklungszeit dieser Gemeindeordnungen behandelten die Zivilrechtslehrbücher (Pandektisten und Germanisten) juristische Personen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts nebeneinander.60) Die Gemeinden standen dabei im Zentrum, da die Pandektisten die römischen Gemeinden als den Ursprung der juristischen Person erachteten, mithin als die ersten organisierten Personenvereinigungen. Diese wurden zudem materiell-rechtlich als Paradigma der juristischen Person behandelt und sind daher für die Vereinsentwicklung besonders bedeutsam: 148
"Solche [juristische Personen] sind nun der Fiscus, Stiftungen, Corporationen verschiedener Art; als das in den Pandekten am häufigsten vorkommende Beispiel erscheinen bekanntlich die Municipien."61) 149
Vor diesem Hintergrund lassen sich die Gemeinden als rechtsdogmatische Mittler zwischen Staat und Verein verstehen. 150

3. Vereinsverfassungsrecht

Das Vereinsrecht des BGB bildete in der hier untersuchten Dreiergruppe den zeitlichen Abschluß. Staats- und Kommunalverfassungen hatten zum Zeitpunkt des BGB-Erlasses bereits einen nahezu hundertjährigen Entwicklungsprozeß hinter sich, in dem das Für und Wider demokratischer Elemente monarchischer Machtkontrolle ausgiebig erörtert worden war. Das Ergebnis war eine sukzessive Demokratisierung von Staat und Gemeinden, die dem auf bürgerlichen Druck reagierenden Monarchen abgetrotzt wurde. 151
Die Auseinandersetzungen um die Staatsverfassung, die das zentrale politische Thema des 19. Jhs. markierte, dürften das Verfassungsbewußtsein der politisch Interessierten sensibilisiert haben: "Ein breiter Strom von Flugschriften, Büchern und Zeitschriften ganz unterschiedlicher Tonlage begleitete die Verfassungsbewegung."62) 152
Am Ende des 19. Jhs. müssen daher die politisch informierten und interessierten Zivilrechtswissenschafttler sehr genaue Vorstellungen von Inhalten und Wirkung unterschiedlicher Verfassungstypen und entsprechend ihrer jeweiligen politischen Überzeugung zur optimalen Staatsverfassung gewonnen haben. Nach der tour d'horizon durch das Staats- und Gemeindeverfassungsrecht des 19. Jhs. interessiert daher nun, welche Aspekte der Verfassungsentwicklung sich im privatrechtlichen Vereinsverfassungsrecht niederschlugen. 153

a) Vereinsverfassungsrecht im BGB

Mit Einführung des BGB wurde zunächst der Verfassungsbegriff in die Gesetzessprache des Vereins- (§ 25 BGB) und Stiftungsrechts (85 BGB) übernommen und ist hier seitdem gängiger Terminus, während das GenG von 1889 den weniger politisch aufgeladenen Begriff des Statuts und das GmbHG von 1897 den Begriff des Gesellschaftsvertrages verwendeten. Das AktG von 1870 benannte ausdrücklich nur die Satzung. Bereits die begriffliche Übernahme des umkämpften staatlichen Verfassungsbegriff ist ein Indiz für ein einheitliches Problembewußtsein. 154
Die Verfassungsfrage des Vereins wurde im BGB dergestalt geregelt: 155
"§ 25 Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt. 156
§ 26 (1) Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vorstand kann aus mehreren Personen bestehen. 157
(2) Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. 158
§ 27 (1) Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Beschluß der Mitgliederversammlung. 159
(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. 160
(3) Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung." 161
§ 28 (1) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32, 34. 162
[...] 163
§ 32 (1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der erschienen Mitglieder. ... 164
§ 33 Zu einem Beschlusse, der eine Änderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Vierteilen der erschienenen Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß schriftlich erfolgen. 165
§ 35 Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluß der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden." 166
Die Lektüre dieser Vorschriften vermittelt angesichts des bislang Gesagten ein déjà-vu-Erlebnis. Monarch bzw. Bürgermeister oder Gemeindevorsteher mutieren zum Vorstand und werden durch das demokratische Element der Mitgliederversammlung eingerahmt, ja kontrolliert. Besonders das Wahlrecht des Vorstandes und die jederzeitige Widerrufbarkeit dieser Wahl zeigen, daß der BGB-Gesetzgeber seine verfassungsrechtliche Lektion gelernt hatte. Wären die hier wiedergegebenen Normen abschließend, wäre die Formel vom Demokratiedefizit im Vereinsrecht wohl verfehlt. Dann wäre nur noch über den etwaigen Nutzen zu sprechen, den eine normative Differenzierung nach der Vereinsgröße entsprechend dem Gemeindeverfassungsrecht hätte haben können. 167
Der Gesetzgeber installierte jedoch ein zusätzliches Element, das den öffentlich-rechtlichen Verfassungstypen mit gutem Grund völlig fremd ist: 168
"§ 40 Die Vorschriften des § 27 Abs. 1, 3, des § 28 Abs. 1 und der §§ 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein anderes bestimmt." 169
§ 40 BGB verfügt damit die Dispositivität des Vereinsorganisationsrechts des BGB, was ein genauer Blick in die enumerativ aufgezählten Paragraphen erhellt. In Verbindung mit § 25 BGB überläßt § 40 BGB die Gestaltung der Vereinsverfassung weitgehend der Autonomie der Gründer- bzw. Mitgliederversammlung, die für die Errichtung bzw. die Änderung der Vereinssatzung zuständig sind. Nur wenige Aspekte werden der Gestaltungsmacht der Vereinsmitglieder durch zwingende Vorgaben des BGB entzogen. 170
Die gesetzlich konzipierte Machtbalance zwischen Vorstand und Mitgliederversammlung, die dem Modell von Gemeindevorsteher und Gemeinderat (bzw. -versammlung) entspricht, ist somit nur eine gesetzliche Empfehlung, die in ihren Einzelheiten von der Mitgliederversammlung modifiziert werden kann. 171
Das BGB ermöglicht auf diese Weise Gestaltungen, die antidemokratische Einflüsse zulassen, beispielsweise kann die Vorstandsbestellung der Mitgliederversammlung entzogen und einem Dritten überlassen werden. Freilich bietet die nicht abdingbare jederzeitige Widerruflichkeit der Vorstandseinsetzung zumindest ein gewisses demokratisches Korrektiv. 172
In der Satzung verankerte Machtstrukturen sind nach dem Gesetzeswortlaut zulässig, soweit sie von den Vereinsgründern oder einer satzungsändernden Mehrheit beschlossen wurden. 173
Damit ist der bedeutsamste Unterschied zu den staatlichen und kommunalen Verfassungen freigelegt. Anders als die Verfassungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts ermöglichen die Vereinsverfassungen einen Verfassungspluralismus, der die Gestaltung der Willensbildung nicht normativ beschränkt. Diese Offenheit eröffnet Gefahren für die Stellung des einzelnen Mitglieds. Die starre Machtverteilung des öffentlichen Rechts, die hier schützend hätte wirken können, findet sich im Gesetzeswortlaut des BGB nicht wieder. Diese Gefahren wurden angesichts einer allgemeinen Sensibilisierung in den staatsrechtlichen Verfassungsdebatten von den Vätern des BGB bewußt in Kauf genommen. 174
Es drängt sich nunmehr die Frage auf, was die Väter der BGB bewogen haben mag, mit dem unscheinbaren § 40 BGB gesetzlich postulierte Machtkontrolle im Verein aufzugeben. 175
Eine rechtstatsächliche Antwort könnte der eher zweifelhafte Verweis auf Sauf-, Kegel-, und Gesellschaftsvereine geben, die dem Gesetzgeber als Idealtypen bei der Regelung vor Augen standen. Auch die Jahrhundertwende kannte aber bereits Großvereine, die sich von diesem Typus weit entfernt hatten.63) Eine eher dogmatisch ausgerichtete Antwort verweist auf den liberalistischen Ansatz des BGB, der im Privatrecht allgemein in der Privatautonomie, im Vereinsrecht in der sog. Vereinsautonomie zum Ausdruck kommt. 176

b) Die rechtswissenschaftliche Behandlung des Vereinsrechts im 19. Jh.

Für § 40 BGB und die damit verbundene Öffnung des Vereinsorganisationsrechts ist in erster Linie die Rechtswissenschaft des 19. Jh. verantwortlich. Allerdings würde eine isolierte Betrachtung der dogmatischen Konstruktionen zu kurz greifen. Vielmehr müssen zum besseren Verständnis die politischen Verhältnisse Berücksichtigung finden. 177
Die staatliche Verhinderungspolitik politischer Vereinsgründungen und zahlreiche Vereinsverbote vereitelten die Schaffung eines Vereinsorganisationsrechts und eine Auseinandersetzung mit den hier erörterten Machtfragen bis zum Erlaß des BGB. Eine Erörterung des Vereinsinnenrechts wurde förmlich verdrängt, da das staatlich restriktiv gehandhabte Genehmigungserfordernis höhere diskursive Priorität beanspruchte. 178
So versuchte die Rechtswissenschaft stattdessen Konzeptionen zu erarbeiten, die entweder die Genehmigungspflichtigkeit oder die Genehmigungsfreiheit der Vereine dogmatisch begründen sollten. Erst die Einführung des BGB beendete diese Differenzen. Die vor 1900 entwickelten Entwürfe und Kodifikationen der Einzelstaaten übten wegen des noch nicht entschiedenen Streits der wissenschaftlichen Schulen und einem allgemeinem Unbehagen gegenüber dem Vereinsrecht ebenfalls inhaltliche Zurückhaltung.64) 179
Streitparteien waren einerseits die romanistische Pandektenwissenschaft und andererseits die germanistische Rechtswissenschaft, die die richtige dogmatische Behandlung der Vereine diskutierten.65) 180
-- Die Romanisten entwickelten das Vereinsrecht auf der Basis der fingierten bzw. der juristischen Person und legten ihren Überlegungen die Struktur der römischen Stadtgemeinde zugrunde.66) 181
-- Die Germanisten rekurrierten auf die germanische Genossenschaft als reale Verbandspersönlichkeit, deren Wurzeln ebenfalls auf einen kommunalen Verband bzw. die deutschrechtliche Gemeinde zurückreichten.67) 182
Die Bedeutung dieser Auseinandersetzung wurde in den letzten Dezennia vielfach erörtert und unterschiedlich bewertet.68) Der für die Rechtsfolgen wesentliche Unterschied der beiden Ausgangspunkte bestand darin, daß die Mehrzahl der Romanisten mit Hinweis auf römisch-rechtliche Vorgaben der vereinsfeindlichen römischen Kaiserzeit die Entstehung jeder juristischen Person von einer staatlichen Genehmigung abghängig machen wollten69), während die Germanisten durch einen Rekurs auf die deutsch-germanische Tradition der freien Genossenschaftsbildung das Gegenteil erreichen wollten. 183
"Er [Leyser] geht davon aus, daß keine societas oder corpus, d.h. kein Verein überhaupt, eine universitas oder Corporation sei, wenn nicht die Anerkennung des Staates vorhanden ist. Dieses äußere Merkmal ist überhaupt den älteren Juristen das hauptsächlichste, und doch macht die bloße Anerkennung des Staates einen Verein noch nicht zur Corporation."70) 184
Freilich gab es auch in diesem Streit Germanisten, die sich hinter einer positivistischen Rechtsauffassung versteckten, sich damit in ihrem "Lager" freilich nicht durchsetzen konnten: 185
"Die Entstehung der Corporation, wie allerdings früher in Teutschland, gleichsam durch eigene Kraft, durch das bloße Dasein der Erfordernisse einer Corporation, halten wir daher für das gegenwärtige Recht für bedenklich. Und wenn man es auch dem wissenschaftlichen Rechte zugesteht, neue Rechtssätze als Folgesätze schon vorhandener u.s.w. zu erzeugen, so ist es doch etwas ganz anderes, wenn es sich darum handelt, ein Recht der Staatsregierung anders zu gestalten. Wie die Wissenschaft als solche z.B. die obervormundschaftlichen Rechte des Staates, sofern sie in dem positiven Rechte gegründet sind, die Legalität gewisser Gegenstände, nicht beseitigen kann, so ist es auch in unserem Falle. Deshalb erwarten wir in Bezug auf unsere Frage die Entscheidung zunächst von der Gesetzgebung und glauben nicht, daß sie durch bloße wissenschaftliche Deductionen erfolgen könne, obschon diese jene vorbereiten sollen. So lange also in einem Staate kein anderes Recht als das, daß nur durch Staatsgenehmigung eine Corporation entstehen könne, besteht, so lange müssen wir dies gegenwärtig auch für die teutschrechtlichen Corporationen gelten lassen."71) 186
Diese grundsätzliche Auseinandersetzung, dessen Kern mehr im politischen als im juristischen Bereich angesiedelt war, verdrängte vehement den Diskurs in allen anderen bedeutsamen Fragestellungen des Vereinsrechts. 187
Allerdings war die Frage, welchen Einfluß der Staat auf Korporationen ausüben dürfe, alles andere als neu. Sie stellte sich bereits den Denkern des Naturrechts des 18. Jhs., die sie freilich unter Heranziehung völlig anderer Prämissen zu lösen versuchten: "Billigte man den Zwischenverbänden keinen eigenen naturrechtlichen Rang zu, so stellte sich die ganze innere und äußere Einrichtung der Korporation als Domäne des Staates dar und sicherte diesem dauernden Einfluß."72) 188
Im 18. Jh. versuchte man demnach staatlichen Einfluß durch ein Rekurrieren auf den naturrechtlichen Rang der Vereine abzuwehren und auf diese Weise den Vereinen Eigenständigkeit neben der ebenfalls naturrechtlichen Einrichtung Staat zu sichern. 189
Einen dritten Weg beschreitet die Rechtsdogmatik des 20. Jhs., die staatlichen Einfluß auf die privatrechtlichen Vereine vehement mit dem unverrückbaren Dogma der Vereinsautonomie zurückweist, das bis in die Gegenwart einer Demokratisierung der Vereinsorganisation und dem Ruf nach staatlicher Aufsicht entgegengehalten wird.73) 190
Die Rechtswissenschaft präsentierte somit in drei Jahrhunderten drei völlig unterschiedliche Legitimationsmuster zur Erreichung des einen politischen Zieles, den staatlichen Einfluß auf privatrechtliche Vereine so weit wie möglich zu verringern. Allerdings ist dieses Ziel entsprechend der unterschiedlichen staatsrechtlichen Situationen im Wandel der Epochen durchaus unterschiedlich zu bewerten. Die legislative Vorgabe eines unabdingbaren Vereinsinnenrechts ist in einem demokratischen Staat sicher anders zu bewerten, als in Zeiten einer schwer berechenbaren konstitutionellen Monarchie. 191

aa) Die "Romanisten"

Entsprechend seiner Bedeutung und seines Einflusses auf die romanistische Rechtswissenschaft und das Zivilrecht des 19. Jhs. soll Friedrich Carl von Savignys (1779-1861)74) "System des heutigen römischen Rechts" aus dem Jahr 1840 exemplarisch untersucht werden. Der neben zahlreichen Ämtern auch preußische Staatsrat Savigny dürfte unbestreitbar genaue Kenntnis von der Diskussion um die Staatsverfassung besessen haben.75) Es wäre daher verwunderlich, wenn Savigny in einer innenpolitisch von Verfassungskämpfen dominierten Zeit die denkbare Übertragbarkeit staatlicher Verfassungsforderungen auf private Personenvereinigungen, aber eben auch die umgekehrte Übertragbarkeit nicht erkannt hätte. Die philosophische Abstützung, die Savigny seiner Lehre zur juristischen Person zugrundelegte, ist bereits Gegenstand ausführlicher Darstellungen und kann hier deshalb vernachlässigt werden.76) 192
Das zweite Buch des Systems behandelt "die Rechtsverhältnisse" und in den §§ 85-102 auf etwa 140 Seiten die "Juristischen Personen"77). 193
Bei der Aufzählung der Arten der Juristischen Personen nannte Savigny die Gemeinden, Städte und Dörfer, denen er ein "natürliches" oder auch ein "nothwendiges Daseyn" zuschrieb, wohingegen Stiftungen und Gesellschaften, denen die Eigenschaft der jur. Person besonders beigelegt sei, als künstliche bzw. willkürliche juristische Personen bezeichnet wurden. Ausdrücklich nannte er in diesem Kontext weiter die Handwerkszünfte und andere Innungen. 194
"Unter den Corporationen findet sich wieder der Unterschied, daß einige eine künstlich ausgebildete Verfassung haben, wie Stadtgemeinden und Universitäten (wo dieselben Corporationen waren oder noch sind), andere nur mit einer nothdürftigen Organisation für beschränkte Zwecke versehen sind, wie Dorfgemeinden und (wenigstens in den meisten Fällen) Handwerkszünfte. Neuere Schriftsteller bezeichnen diesen Gegensatz durch die Kunstausdrücke universitas ordinata und inordinata."78) 195
"Die Corporation ist einem Unmündigem zu vergleichen; die Vormundschaft derselben führen in der universitas ordinata die künstlich constituierten Gewalten, in der inordinata die gegenwärtigen Mitglieder."79) 196
Eine besondere Stellung maß Savigny dem Staat zu, den er aber dennoch in diesem Kontext mitbehandelte: 197
"Ganz allein […] steht die größte und wichtigste unter allen juristischen Personen: der Fiscus, das heißt der Staat selbst, als Subjekt von privatrechtlichen Verhältnissen gedacht."80) 198
Die juristischen Personen unterschied Savigny in Corporationen und Stiftungen, wobei der Staat keine Corporation aller Staatsgenossen sei, da eine verwirrende Gleichstellung der ungleichartigsten Rechtsverhältnisse vielmehr ausgeschlossen werden müsse.81) 199
Es könnte diese staatliche Sonderstellung gewesen sein, die die Pandektenwissenschaft letztlich von der Erarbeitung gemeinsamer inhaltlicher Elemente für alle juristischen Personen abhielt. 200
Den römischen Ursprung der juristischen Person erachtete Savigny in religiösen und gewerblichen Genossenschaften, sowie nach Vergrößerung des römischen Stadtstaates in den abhängigen Gemeinden. "Für alle diese willkührlich gebildete Corporationen gilt die gemeinsame Bemerkung, daß sie als Nachahmungen der Stadtgemeinden betrachtet werden, und gleich diesen Vermögen und Vertreter haben, welches eben das Wesen der juristischen Personen ausmacht."82) 201
"Sobald aber um der abhängigen Städte willen der Begriff einer juristischen Person festgestellt worden war, kam derselbe allmälig auch in solchen Fällen zur Anwendung, für welche allein er ursprünglich nicht leicht erfunden worden wäre. Er wurde nun angewendet auf die oben genannten uralten Genossenschaften der Priester und Handwerker; ferner auf den Staat, den man jetzt durch künstliche Reflexion aus sich selbst heraustreten ließ, unter dem Namen des Fiscus als eine Person behandelte, und so unter einen Richter stellte; endlich auf ganz ideale Subjekte, wie Götter und Tempel."83) 202
Die politische Problematik kam in Savignys Ausführungen zu den geselligen Vereinen, den sodalitates, sodalitia, bzw. collegia sodalitia zum Audruck. 203
"Es war also das, was wir Clubbs nennen, und wenn wir diese Vereine späterhin als minder harmlos, ja als politisch gefährlich, erwähnt finden, so folgt daraus gar nicht, daß unter jenem Ausdruck Institute verschiedener Art verstanden werden müßten, sondern nur, daß die Beschaffenheit derselben durch den allgemeinen Charakter jedes Zeitalters bestimmt wurde. Die früher blos geselligen Clubbs wurden in aufgeregten Zeiten (wie es auch in unseren Tagen geschehen ist) Mittelpunkt der politischen Fractionen, ja es wurden nun ohne Zweifel auch neue lediglich zu diesem Zweck gestiftet. -- Dadurch erklärt sich denn zugleich dasjenige, was von öfteren Verboten derselben berichtet wird. […] 204
So erscheint denn auch in unseren Rechtsquellen die bleibende Regel, kein Verein dürfe ohne obrigkeitliche Erlaubnis gestiftet werden, und diese Erlaubnis werde nicht leicht noch häufig ertheilt; die unerlaubte Theilnahme daran werde criminell, und zwar als extraordinarium crimen, bestraft."84) 205
Hier nahm Savigny Bezug auf die geselligen Vereine, die von konservativen Kreisen seit der französischen Revolution pauschal in politische Kategorien gefaßt wurden. 206
Was die Bildung von Vereinen anging, vertrat Savigny entsprechend seiner konservativen Grundhaltung einen dezidiert restriktiven Kurs und setzte sich damit an die Spitze der Befürworter des Staatseinflusses: 207
"Bei den übrigen [außer Gemeinden und Fiscus] aber ist es Regel, daß sie nicht durch die bloße Willkühr mehrerer zusammentretender Mitglieder, oder eines einzelnen Stifters, den Charakter juristischer Personen erhalten können, sondern daß dazu die Genehmigung der höchsten Gewalt im Staate nöthig ist, welche nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend, durch wissentliche Duldung und thatsächliche Anerkennung, ertheilt werden kann. Dieser Satz ist allgemein: das Verbot und die Strafbarkeit des Versuchs, ungenehmigte juristische Personen zu gründen, ist nicht so allgemein, sondern geht nur auf gewisse Arten derselben, namentlich nicht auf gewerbliche Genossenschaften und auf Stiftungen."85) 208
"Die hier aufgestellte Behauptung, daß keine juristische Person ohne den genehmigten Willen des Staats entstehen könne, ist jedoch in neuerer Zeit von mehreren Seiten angefochten worden. Zwar für die Corporationen hat man sie zugegeben, theils wegen mancher Stellen des Römischen Rechts, theils wegen der möglichen Gefahr, die dem Staat durch die willkührliche Bildung von Corporationen entstehen könne."86) 209
Savigny nahm damit Bezug auf liberalere Stimmen, die Differenzierungen hinsichtlich des Erfordernisses einer staatlichen Vereinsgenehmigung erreichen wollten. 210
Gerade die Notwendigkeit einer solchen Genehmigung für die Errichtung von juristischen Personen begründete Savigny mit verschiedenen Argumenten: 211
"Die Nothwendigkeit der Staatsgenehmigung zur Entstehung jeder juristischen Person hat, unabhängig von politischen Rücksichten, einen durchgreifenden juristischen Grund. Der einzelne Mensch trägt seinen Anspruch auf Rechtsfähigkeit schon in seiner leiblichen Erscheinung mit sich: weit allgemeiner als bei den Römern, deren zahlreiche Sklaven eine so wichtige Ausnahme bildeten. Durch diese Erscheinung weiß jeder Andere, daß er in ihm eigene Rechte zu ehren, jeder Richter, daß er in ihm solche Rechte zu schützen hat. Wird nun die natürliche Rechtsfähigkeit des einzelnen Menschen durch Fiction auf ein ideales Subjekt übertragen, so fehlt jene natürliche Beglaubigung gänzlich; nur der Wille der höchsten Gewalt kann sie ersetzen, indem er künstliche Rechtssubjekte schafft, und wollte man dieselbe Macht der Privatwillkühr überlassen, so würde unvermeidlich die höchste Ungewißheit des Rechtszustandes entstehen, selbst abgesehen von dem großen Mißbrauch, der durch unredlichen Willen möglich wäre. Zu diesem durchgreifenden juristischen Grund treten aber noch politische und staatswirthschaftliche Gründe hinzu. Die mögliche Gefährlichkeit der Corporationen giebt man zu; allein die Stiftungen, in der eben erwähnten Ausdehnung, sind keineswegs unbedingt heilsam und unbedenklich. Wenn eine reiche Stiftung zur Verbreitung staatsgefährlicher, irreligiöser, sittenloser Lehren oder Bücher gemacht würde, sollte der Staat diese dulden."87) 212
Zur Auflösung der juristischen Personen vertrat er konsequent die entsprechende Auffassung: 213
"Eben so kann die Auflösung der einmal begründeten juristischen Personen nicht durch Willkühr der gegenwärtigen Mitglieder allein, von deren Daseyn ja die juristische Person selbst unabhängig ist, bestimmt werden, sondern es ist auch dazu die Genehmigung der höchsten Gewalt nöthig. Dagegen können sie durch den einseitigen Willen des Staates, wider den Willen der Mitglieder, aufgehoben werden, wenn sie der Sicherheit oder dem Wohl des Staates nachtheilig werden. Dieses kann geschehen bei ganzen Klassen von Corporationen, deren Thätigkeit eine gefährliche Richtung genommen hat, also vermittelst einer gesetzlich aufgestellten Regel: außerdem aber auch durch einen politischen Akt, also in einem einzelnen vorübergehenden Fall, ohne bleibende Regel."88) 214
Nachdem damit Savignys Standpunkt zu den juristischen Personen und seine starken Vorbehalte gegen ein staatsfreies Vereinswesen deutlich werden, sollen jetzt seine Ausführungen zu Verfassung und Willensbildung genauer betrachtet werden. 215
Die Bedeutung der Verfassung verengte er zunächst in Bezug auf die zivilrechtliche Vertretungsproblematik: 216
"Die Verfassung, insofern sie die juristischen Personen als solche, d.h. als Inhaber von Privatrechten betrifft (denn sie hat oft auch ganz andere, und zum Theil wichtigere Zwecke), ist lediglich dazu vorhanden, um die zum Vermögensverkehr unentbehrlichen Handlungen vertretungsweise möglich zu machen, das heißt diejenigen Handlungen, welche dazu führen, Vermögen zu erwerben, zu erhalten, zu benutzen, oder in seinen Bestandtheilen zu verändern."89) 217
"Da sie [die juristischen Personen] aber stets auch noch andere Beziehungen haben, und zwar solche, welche oft weit wichtiger sind als ihre privatrechtliche Persönlichkeit, und durch welche gleichfalls schon eine bestimmte Verfassung nöthig wird, so werden dann die Organe dieser allgemeinen Verfassung zugleich zur Erfüllung jenes privatrechtlichen Zwecks hinreichen."90) 218
"Nach diesen allgemeinen Betrachtungen soll nunmehr untersucht werden, was das Römische Recht über die Verfassung der juristischen Personen bestimmt. Die Römischen Juristen hatten zu viel praktischen Sinn, um allgemeine Regeln hierüber aufzustellen, die bey der großen Mannichfaltigkeit jener Personen doch nur sehr beschränkte Anwendbarkeit gehabt haben würden. Was wir bey ihnen finden, bezieht sich gar nicht auf die juristischen Personen überhaupt, ja nicht einmal auf alle Corporationen, sondern lediglich auf die Stadtgemeinden, d.h. ursprünglich auf die Municipien und Colonien in Italien, dann aber auch auf Provinzialstädte. Die Italischen Städte nun hatten, während der freyen Republik, Verfassungen die der Römischen sehr ähnlich waren: die öffentliche Gewalt war, hier wie dort, getheilt unter die Volksversammlung, den Senat, und einzelne Obrigkeiten. Unter den Kaisern verschwand bald die Volksgewalt gänzlich, alle Gewalt concentrierte sich in dem Senat (ordo oder curia), und auch die Magistrate waren nur als Bestandtheile desselben anzusehen: dadurch wurden zugleich die Städte in Italien den Provinzialstädten immer ähnlicher. Diese neuere Städteverfassung ist es, welche schon zur Zeit der ausgebildeten Rechtswissenschaft vorhanden war, und welche uns in den Justinianischen Rechtsbüchern dargestellt wird. 219
-- Die Grundzüge dieser Verfassung sind folgende. Alle öffentliche Gewalt ruht in dem ordo, welcher aber nur als verfassungsmäßig handelnd angesehen wird, wenn wenigstens zwey Drittheile seiner überhaupt vorhandenen Mitglieder versammelt sind. Sind also diese versammelt, so stellt eine solche Versammlung den ganzen ordo vor, und man soll nicht etwa die Anwesenheit einer noch größeren Zahl, oder gar aller, fordern, weil sonst die Verhinderung mehrerer Decurionen alle Geschäfte hemmen könnte; fehlt es an jener Anzahl, so gilt die Versammlung nicht als ordo, und kann keine gültigen Beschlüsse fassen. In jeder solchen gesetzmäßigen Versammlung aber entscheidet die Stimmenmehrheit unter den Anwesenden."91) 220
Im Anschluß setzte sich Savigny im wohl bedeutsamsten Abschnitt (§ 97) kritisch mit der "neueren" Ansicht zur Willensbildung in Corporationen auseinander:92) 221
"Die Corporation besteht aus der Totalität aller vorhandenen Mitglieder. Als Wille der Corporationen aber gilt nicht blos der übereinstimmende Wille aller Mitglieder, sondern auch schon der Wille ihrer Mehrzahl: daher muß der Wille der Majorität aller vorhandenen Mitglieder als das eigentliche Subject der Corporationsrechte angesehen werden. Diese Regel ist gegründet im Naturrecht, weil, wenn man Einstimmigkeit fordern wollte, ein Wollen und Handeln der Corporation ganz unmöglich seyn würde. Sie wird aber auch bestätigt durch das Römische Recht; zum Beweis dieses letzten Satzes werden dann die Stellen über die Stimmenmehrheit in den Decurionen angeführt."93) 222
Dem Mehrheitspostulat erkannte Savigny im folgenden zwar eine Wahrheit zu, allerdings nur der einfachen, jeder die Hälfte der Mitglieder übersteigenden Mehrheit. 223
Die Machtverhältnisse der Corporation betrachtete er skeptisch, wenn er demokratisches Denken ausdrücklich angriff und in Beziehung zur staatsrechtlichen Terminologie setzte: 224
"Allein mehr als diese partielle Wahrheit können wir jener Lehre nicht einräumen, und es ist damit für ihre Wahrheit im Ganzen gar nichts gewonnen. Denn gerade die Grundannahme ist verwerflich, daß, in den Angelegenheiten der Corporation, der Totalität der Mitglieder eine wahre Allmacht zukomme, worauf dann die Majorität nur als eine natürliche Modification fortgebaut werden soll. So seltsam es nun lautet, daß wir der Gesammtheit bestreiten, was wir der größeren Hälfte gewissermaßen einräumen, so hat dieses dennoch guten Grund, und darf keineswegs als inconsequent angesehen werden. Denn wir ließen die Majorität irgend einer Versammlung gelten, vorausgesetzt daß der Versammlung selbst das Recht irgend einer Verfügung zukomme. Daß aber die Versammlung aller Mitglieder an sich selbst befugt sey, mit unbegränzter Macht über die Corporation zu verfügen, das ist es was wir bestreiten. [...] 225
Jene Lehre beruht also zuletzt auf der stillschweigenden, ganz willkührlichen Voraussetzung einer absoluten Demokratie in der Verfassung aller Corporationen. Es ist mithin im Wesentlichen die publicistische Lehre von der Volkssouveränität, übertragen auf die juristischen Personen im Privatrecht."94) 226
Durch die Übertragung der staatsrechtlichen Terminologie auf das Privatrecht, machte Savigny deutlich, daß er sich durchaus der politischen Bedeutung des Organisationsrechts bewußt war. Sein Standpunkt dabei ist evident, wenn er die Begriffe Volkssouveränität und Demokratie bewußt mit einer pejorativen Konnotation versieht und das Problem der Machtverteilung am Einzelbeispiel verdeutlicht: 227
"Viele derselben [der Corporationen] haben nämlich zu anderen Zwecken, unabhängig von ihrer privatrechtlichen Persönlichkeit, eine künstlich ausgebildete Verfassung, mit verschiedenen Organen der öffentlichen Gewalt in einer solchen Corporation. Indem nun von den Vertheidigern jener Lehre, der Totalität der Mitglieder (im Gegensatz jener constituierten Organe der öffentlichen Gewalt), eine unbegränzte Macht zugeschrieben wird, müssen sie diese Organe entweder ignorieren, oder blos als untergeordnete und abhängige Werkzeuge der laufenden Verwaltung ansehen: beides mit völlig grundloser Willkühr: Durch folgendes Beispiel einer der häufigsten und wichtigsten Corporationen wird dieses anschaulicher werden. In den deutschen Städten findet sich von sehr alter Zeit her eine Verfassung mit Bürgermeister und Rath, daneben auch sehr gewöhnlich eine (zuweilen noch mannichfaltig eingerichtete) Bürgervertretung. Die Vertheidiger jener Lehre müssen nun annehmen, daß in den deutschen Städten Bürgermeister, Rath und Bürgervertretung nur beschränkte Verwaltungsrechte haben, untergeordnet der allmächtigen Totalität der einzelnen Bürger; und in Vergleichung mit dieser Annahme ist offenbar die Frage, ob, bey der Ausmittlung des Willens dieser Totalität, Einstimmigkeit oder Stimmenmehrheit gelten soll, von untergeordneter Natur. Wollte man nun der erwähnten Lehre einige Haltung und Wahrscheinlichkeit geben, so hätte man dieselbe von der Anwendung auf solche, mit ausgebildeten Verfassungen versehene, Corporationen ganz ausschließen, und nur für die übrigen Corporationen aufstellen müssen: Für diese Unterscheidung hatte man sogar gangbare Kunstausdrücke in Bereitschaft, universitas ordinata und inordinata; […]"95) 228
Savigny wendete sich also mit einem historischen Argument gegen die Ablösung alter Hierarchien und Machteliten und bemühte sich mit einer heute nur noch wenig überzeugenden Begründung denselben historische Legitimität zu vermitteln. 229
"Der zweyte Gegensatz, der durch jene Lehre vernachlässigt, ja ganz ignoriert wird, ist der Gegensatz von Mitgliedern überhaupt, und von Mitgliedern verschiedener, ungleich berechtigter Klassen. In einem großen Theil von Deutschland finden sich in den Dorfgemeinden Vollbauern und Halbbauern, neben den Bauern auch Kossäthen und Häusler. Diese wichtigen Unterschiede, deren Einfluß auf die Ermittlung des Willens der Corporation so natürlich ist, müssen völlig verschwinden, sobald durch einen allgemeinen Grundsatz den einzelnen Mitgliedern aller Corporationen ein blos numerisches Dasein zugeschrieben wird, von welchem die absolute Gleichheit der Einzelnen unzertrennlich ist."96) 230
Exemplarisch belegte er seine ablehnende Haltung am Beispiel des Erlasses neuer Statuten und der Besteuerung: 231
"In diesen beiden Geschäften ist die der Majorität eingeräumte unbedingte Macht ganz besonders bedenklich, indem es einleuchtet, daß dadurch die willkührlichste und ungerechteste Behandlung von Individuen oder ganzen Klassen, die sich in der Minorität befinden, ohne alle Abwehr möglich wird. Dagegen ist hierin ein einstimmiger Beschluß aller Mitglieder wenig bedenklich, indem dadurch, nach der Natur der Gegenstände, ein unwiederbringlicher Nachtheil für die Zukunft nicht leicht eintreten wird."97) 232
Den Abschluß bilden Überlegungen zum Aufsichtsrecht des Staates über die Corporationen, das Savigny aus einer Analogie zum Vormundschaftsrecht über Unmündige herleitet.98) 233
Savigny war entsprechend seiner konservativen Grundhaltung daran interessiert, Enstehung und Ende der Corporationen staatlichem Einfluß zu unterwerfen.99) Damit offenbarte und legitimierte er die Überzeugung monarchisch gesonnener Traditionalisten, die Vereine und andere Personenzusammenschlüsse als potentielle politische Gefahr erachteten. Wegen der spärlichen Angaben des römischen Rechts zu materiellen Verfassungsfragen konnte er diesbezüglich verhältnismäßig frei argumentieren. Dementsprechend bemühte er sich um die Relativierung der römisch-rechtlichen Vorgabe der Mehrheitsentscheidung, indem er auf tradierte hierarchische Gemeindestrukturen verwies. Demokratische Elemente perhorreszierte er aus dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes, da die Volkssouveränität auf Corporationsebene zwangsläufig zu einem Rückgang partikularer Sonderrechte geführt hätte. Ohne den begünstigsten Personenkreis ausdrücklich zu benennen, trat er für Sonderrechte einzelner Mitglieder ein, eine Forderung, die sich im BGB in dem anachronistischen § 35 BGB bis heute erhalten hat. 234

bb) Die Germanisten

Auch die für die Genossenschaftstheorie maßgeblichen Germanisten waren neben ihren wissenschaftlichen Bemühungen regelmäßig politisch engagiert, wiesen aber meist im Gegensatz zu Savigny eine gewisse Affinität zur modernen Verfassungsidee und dem Gesichtspunkt der Volkssouveränität auf. 235
Daher stellt sich die Frage, ob die Theorie der realen Verbandspersönlichkeit tatsächlich ausschließlich einer wissenschaftlichen Überzeugung der richtigen Rechtsgewinnung geschuldet war oder darüberhinaus handgreifliche politische Ziele verfolgte. 236
Die Germanisten bedienten sich in erster Linie der Genossenschaftstheorie, um die Zurückdrängung staatlichen Einflusses bei der Entstehung der Korporationen und damit die Genehmigungsfreiheit der Vereine zu erreichen. Sekundärziel war die Etablierung einer demokratischen Willensbildung, die analog zum Kampf um eine demokratische Staatsverfassung die wesentlichen Entscheidungen in die Hand der Mitglieder legen sollte. 237
Der Weg dahin war der Verweis auf die freie Entstehung und Organisation germanischer Genossenschaften, d.h. es wurde auf die angebliche, historische Rechtswirklichkeit rekurriert, wobei mangels dogmatischer Durchbildung häufig phänomenologische Befunde an die Stelle juristischer Elemente traten.100) 238
Distinktionen, die sich selbstverständlich in der keineswegs homogenen Genossenschaftstheorie finden, können hier im einzelnen nicht weiterverfolgt werden.101) 239

(1) Karl Joseph Anton Mittermaier (1787-1867)102)
Dem Liberalismus verbunden, war Mittermaier neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als homo politicus von 1831 bis 1840 und 1846 bis 1849 badischer Landtagsabgeordneter und mehrmaliger Präsident der zweiten Kammer, 1848 Präsident des Frankfurter Vorparlaments und Beteiligter an der verfassungsgebenden Nationalversammlung.103) In der 7. Auflage der "Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts" von 1847 vertrat er die germanistische Gegenposition zum restriktiven romanistischen Vereinsrecht. 240
Unter der Überschrift "Von Verbindung der Personen in Körperschaften und von den dadurch bewirkten Verhältnissen" behandelte Mittermaier rechtshistorisch und nach zeitgenössischem Recht ausschließlich die Gemeinden in allen ihren unterschiedlichen Formen. Die Kampfstellung zum römischen Recht wurde bereits zu Beginn der geschichtlichen Einleitung deutlich, wo er den römisch-rechtlichen Vereinigungen (universitas und societas) die Genossenschaft gegenüberstellte: 241
"Insbesondere zeigt die Geschichte der noch jetzt vorkommenden Gemeinden, daß die meisten von ihnen schon vor Verbreitung des römischen Rechts in Deutschland als Genossenschaften unabhängig von Privilegien des Staats vorkamen."104) 242
"Wenn auch zur Römerzeit das Dasein von Orten, welche eine mehr oder minder ausgedehnte Municipalverfassung hatten, in den germanischen Staaten nicht geläugnet werden kann, so ist doch nicht nachzuweisen, daß auf die Grundlage der römischen Elemente die spätere deutsche Städteverfassung gebaut war. Es ist zwar wahrscheinlich, daß an den Orten, die mit Municipalverfassung zur Römerzeit oder doch als befestigte Orte vorkommen ...am leichtesten sich die spätere Stadtverfassung bilden und da, wo schon zur Römerzeit Municipalverfassung bestand, ein Verhältnis entstehen konnte, welches zur späteren Städteverfassung Veranlassung gab; allein es ist nie nachzuweisen, daß die spätere deutsche Städteverfassung nur die Fortsetzung der römischen war. Alles deutet darauf, daß in den ältesten Städten die Stadtfreiheit aus demokratischen Elementen und zwar aus den genossenschaftlichen eidlichen Verbrüderungen einzelner Stände hervorging, indem die Stände unter selbstgewählten Vorständen sich vereinigten, später enger sich aneinander schloßen und zuletzt durch glückliche Kämpfe zur selbständigen Gemeinde mit eigener selbstgewählter Obrigkeit und einem besonderen Stadtgericht sich aufschwangen.105) 243
Mittermaier bemühte also ebenso wie die Romanisten das Traditionselement, das er inhaltlich freilich gegen diese wendete, um die Unabhängigkeit von staatlicher Genehmigung historisch zu legitimieren. Dabei benannte er ausdrücklich die demokratischen Elemente, eine Formulierung, die in vorrevolutionärer Zeit durchaus polarisierende Wirkung erzeugte. Die innere Machtverteilung erwähnte Mittermeier in Andeutungen: 244
"Ueberall zeigte sich bei diesen großen Vereinigungen (Markgenossenschaften) eben so wie bei den Gemeinden der germanische Charakter der Genossenschaft, abweichend von dem der römischen universitas mit ihrem künstlich erzeugten, die Persönlichkeit der einzelnen Mitglieder nicht beachtenden neuen Rechssubjekt, in so fern die einzelnen Genossen durch ihren Willen, insbesondere auch durch Wahl ihrer Beamten, der Gemeinde die Richtung zu geben, dabei noch selbstthätig wirken, aber sich den Gemeindebeschlüssen unterwerfen, und wogegen da, wo die Gemeinde nach Außen erscheint, diese wie eine physische Person auftritt." 245
Kritisch setzte er sich mit aus seiner demokratischen Sicht unerwünschten Tendenzen auseinander: 246
"Das würdige Gemeindeleben ging durch die Selbstsucht der Gemeindebehörden, durch ausgedehnte aristokratische Elemente in der Verfassung, durch zu großes Einwirken der Staatsbehörden, insbesondere durch willkührliche Belastungen des Gemeindevermögens und Unterdrückung freier Wahlen und Verwaltung, aber auch durch die Gleichgültigkeit der Bürger in Bezug auf öffentliche Angelegenheiten unter."106) 247
Obrigkeitlichen Machteinfluß auf Gemeinden erkannte Mittermaier in Mittelalter und Neuzeit: 248
"Bei Landgemeinden, die aus grundherrlichen Verleihungen sich entwickelten, und bei den durch Privilegien der Landesherren neu gegründeten Städten erklärte sich ihr Abhängigkeitsverhältnis von dem Herrn; bei anderen Gemeinden lag nur ein Schutzverhältnis zu einem Herrn zu Grunde."107) 249
Zum Abschluß beschrieb er die unterschiedlichen Gemeindeverfassungsbestimmungen der Gemeinden und Dorfgemeinden: 250
"In Bezug auf die Verfassung der Dörfer ist keine Gleichförmigkeit, da bei den nur von Gutsherren ausgegangenen Ansiedlungen sich mehr die Abhängigkeit von dem Herrn aussprach, während jedoch auch manche solcher Gemeinden sich selbständiger zu freien Gemeinden zu erheben wußten. […] 251
Die geringere Bevölkerung der meisten Dörfer, die Vermuthung für das Dasein geringerer Bildung aller Bewohner, und die von der städtischen Lebensweise verschiedene Beschäftigung der Dörfer erklären es, daß den Dörfern weniger freie, selbständige Gemeindeverwaltung eingeräumt ist."108) 252
Bei Mittermaier wird deutlich, daß Machtverhältnisse im Privatrecht bekannt waren, freilich in erster Linie im Zusammenhang mit den Gemeinden behandelt wurden. Da die juristische Person jedoch ohnedies auf dieser Grundlage behandelt wurde, dürften auch die hier üblichen Ausführungen bekannt gewesen sein. Mangelndes Bewußtsein dürfte somit nicht den Ausschlag für die Disponibilität des Vereinsorganisationsrechts gegeben haben. 253

(2) Georg Beseler (1809-1888)109)
Beseler gehörte 1848/49 als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung dem Führungsquartett des Frankfurter Verfassungsausschusses an110), 1849-1852 war er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, 1850 Mitglied des Erfurter Parlaments, 1874-1881 Mitglied des Reichstages, ab 1875 Mitglied, ab 1882 Vizepräsident des Preußischen Herrenhauses.111) Beseler betrachtete schon in seiner Frankfurter Zeit das Verhältnis zwischen Staat und Gemeinden als eine generelle Frage des übergeordneten Genossenschaftsgedankens, der vor allem das Prinzip der Assoziationsfreiheit impliziere.112) 254
Deutlich unter dem Einfluß der staatsrechtlichen Entwicklung und mit ebenfalls politischem Unterton formuliert Beseler 1873 in seinem "System des gemeinen deutschen Privatrechts"113): 255
"Wenn also auch der Corporation Willens- und Handlungsfähigkeit beizulegen ist, so versteht es sich doch von selbst, daß sie einer bestimmten Organisation bedarf, um ihren Willen fassen und aussprechen, und überhaupt handelnd auftreten zu können. Diese Organisation bildet die Verfassung der Corporation, welche, wenn sie nicht durch allgemeine Gesetze oder gewohnheitsrechtlich festgestellt worden, in den Statuten geordnet ist. Die Grundlage der verfassungsmäßigen Gewalt ist dann regelmäßig der ursprünglichen Anlage nach die Gesammtheit der vollberechtigten Corporationsglieder, welche als die unmittelbaren Träger der selbständigen Persönlichkeit erscheinen. Doch ist es selten angemessen oder auch nur möglich, daß die Corporation nur in der Plenarversammlung vertreten und alle Geschäfte von sämmtlichen Mitgliedern versehen werden (universitas inordinata im Gegensatz zu der universitas ordinata); selbst in den kleineren Landgemeinden und bei solchen Genossenschaften, deren Verhältnisse einfach und leicht zu übersehen sind, pflegen doch besondere Vorsteher vorzukommen, welche wenigstens die laufenden Geschäfte besorgen. Bei bedeutenderen Genossenschaften mit einem größeren Geschäftsbetriebe, findet sich schon ein eigentlicher Behördenorganismus, so daß der Generalversammlung nur die wichtigeren Beschlüsse und die Wahlen vorbehalten zu sein pflegen. In größeren Gemeinden endlich und namentlich in den städtischen sind selbst nach den freieren Verfassungen den Urversammlungen nur die Wahlen überlassen, indem im Uebrigen das politische Princip der Repräsentation durch Abgeordnete und selbständige Behörden (Stadtverordnete -- Stadtrath) seine Anwendung findet. 256
Im Einzelnen besteht aber noch eine große Mannichfaltigkeit verfassungsmäßiger Einrichtungen, deren Darstellung hier nicht gegeben werden kann. Nur über einen Punkt ist eine genauere Erörterung anzustellen, indem nämlich untersucht wird, welches Stimmenverhältnis nöthig ist, um einen gültigen Corporationsbeschluß zustande zu bringen. Ob dann noch unter Umständen ein neues Moment und namentlich die Bestätigung des Beschlusses durch die Staatsbehörde hinzukommen muß, um demselben seine volle Wirksamkeit zu geben, ist hier nicht weiter zu berücksichtigen, auch wird im Allgemeinen vorausgesetzt, daß jeder Versammlung um deren Beschlußnahme es sich handelt, nur innerhalb ihres verfassungsmäßigen Wirkungskreises thätig ist, und diesen nicht eigenmächtig überschreitet. 257
Ueber das Stimmenverhältnis entscheidet nun zunächst die Verfassung jeder einzelnen Corporation, wie sie durch Gesetz, Autonomie oder Herkommen festgestellt worden ist. Nur für Fälle, wo diese Rechtsquellen keine Auskunft geben, ist eine gemeine Theorie aufzusuchen, über welche aber sehr abweichende Ansichten bestehen."114) 258
Beseler benannte damit die faktischen Machtverhältnisse, die vor allem die Vorsteher überproportional begünstigten und eine völlige demokratische Willensbildung nicht zuließen. 259
Er führte weiter aus, daß die Einstimmigkeitsregel dem Wesen corporativer Einrichtungen widerspreche. Ebenfalls für ungeeignet hielt er das Erfordernis der Ladung sämtlicher Mitglieder in Kombination mit einer Beschlußfassung, bei der 2/3 der geladenen Personen erschienen sein müssen, um anschließend mit einfacher Mehrheit Beschlüsse fassen zu können. Eine in der Wissenschaft erörterte Beschlußfassung durch die absolute Mehrheit aller Corporationsmitglieder, modifizierte er dergestalt: 260
"a) Für die laufenden Geschäfte, zu deren Erledigung gewöhnlich bestimmte Versammlungen festgesetzt sind, entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, und zwar nöthigenfalls die relative Mehrheit, obgleich man wo möglich eine absolute zu erlangen suchen muß, die sich bei der richtigen Leitung auch regelmäßig wird erreichen lassen. 261
b) Auch in außerordentlichen Fällen genügt die absolute Mehrheit der in der Versammlung abgegebenen Stimmen; doch bedarf es hier der gehörigen Ladung sämmtlicher Mitglieder, welche auch durch öffentliche Blätter geschehen kann, und einer Anzeige von den zur Verhandlung kommenden Gegenständen. Ist dies geschehen, so darf angenommen werden, daß die ausgebliebenen Mitglieder, indem sie sich für dieses Mal ihres Stimmrechts begeben haben, durch den gefäßten Beschluß gebunden sind. Eine Vertretung durch Bevollmächtigte, wie sie sonst in Privatrechtsverhältnissen möglich, ist im Allgemeinen nicht für zulässig zu halten."115) 262
Beselers Zugang zum Organisationsrecht der Genossenschaften ist damit ebenfalls politisch geprägt mit einer eindeutig demokratischen Ausrichtung, die sich auch bei anderen Germanisten weiter nachzeichnen ließe. 263
Damit dürfte die politische Zielrichtung der Germanisten gegenüber dem nicht minder politischen Savigny verdeutlicht worden sein, wobei letzterer seine Auffassungen stärker rechtshistorisch und dogmatisch begründete. 264

III. Ergebnis und Ausblick

Wie ist nun die Ausgangsfrage nach der verfassungsrechtlichen Machtbeschränkung und -kontrolle für die unterschiedlichen juristischen Personen zu beantworten? 265
Die juristische Terminologie verwendet zu Recht den Verfassungsbegriff für so disparate juristische Personen, wie sie Staat, Gemeinden und privatrechtliche Vereine nun einmal darstellen. Der Verfassungsbegriff ist dabei so neutral, daß er in gewissem Umfang die vielgestaltigen Anforderungen erfüllen kann. Wichtig ist jedoch, daß jede Verfassung, will sie ihrer genuinen Aufgabe gerecht werden, den Schutz der verfaßten Mitglieder vor übermäßiger Machtunterworfenheit gewährleisten muß. Wesentliches Element der Rechtssicherheit bildet dabei die schriftliche Fixierung des Verfassungstextes und die starre Regelung der Organbefugnisse. 266
Das Verfassungsrecht von Staat, Gemeinden und Vereinen entwickelte sich im 19. Jh. mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und in unterschiedlicher Richtung. 267
Bei kontinuierlichem Machtzuwachs des Parlaments behielt auf staatlicher Ebene der Monarch in vielen Fragen die Entscheidungsbefugnis und daneben das Einberufungsrecht des Parlaments. 268
Die Gemeindeverfassungen waren in bezug auf unterschiedliche Gemeindeformen differenzierter, die demokratischen Elemente bei der Wahl der Gemeindeorgane regelmäßig bereits stärker ausgeprägt. Die konkrete Ausgestaltung der Befugnisse der Gemeindeorgane und ihre Zusammensetzung richtete sich vor allem nach der Gemeindegröße, wurde aber ebenfalls nach einem starren Muster für den Einzelfall festgelegt. Der Staatsverfassung entsprechend wurde dem Vorsteher regelmäßig ein eigener Machtbereich zugebilligt, der die Einberufung des Gemeinderats mitumfaßte. 269
Einen wiederum anderen Weg ging das Vereinsverfassungsrecht des BGB, das in seiner normativen Gestaltung durchaus Parallelen zu Staatsverfassung und Gemeindeordnung aufweist. Einen wesentlichen Unterschied schuf aber die Dispositivität der Vereinsverfassung und ihre damit verbundene inhaltliche Offenheit, die auf Basis der sog. Vereinsautonomie bis heute kein festes Herrschaftsmuster legislativ vorschreibt. Damit wird die Vereinsverfassung im Einzelfall den Wünschen der Mitgliederversammlung, im Extremfall der Einflußnahme Dritter überlassen. 270
Festhalten läßt sich daher, daß das Vereinsverfassungsrecht des BGB im Gegensatz zu den dargestellten Verfassungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts nur einen Minimalstandard normiert. Unter dem Gesichtspunkt der grundlegenden Aufgabe von Recht, insbesondere von Verfassungsrecht, als legislativer Beschränkung von Macht sind hier auch in bezug auf die Rechtssicherheit erhebliche Defizite zu konstatieren. Die legislativ zementierte Staatsfreiheit und das Vertrauen in die Selbstregulierungskräfte der Gesellschaft ermöglichen bis heute nicht nur undemokratische Verfassungskonzeptionen, sondern schaffen zudem Gefahren für das einzelne Vereinsmitglied. Angesichts der in bestimmten Bereichen monopolartigen Stellung von Großvereinen ist der lapidare Verweis auf das Austrittsrecht des Mitglieds gemäß § 39 BGB so verfehlt, wie im übertragenen Sinne der Verweis auf die Ausreisefreiheit des Staatsbürgers gemäß Art. 2 GG bei Mißständen auf staatlicher Ebene verfehlt wäre.116) 271
Die Frage nach den Gründen für diesen vereinsrechtlichen Sonderweg läßt sich nur unter Berücksichtigung der Vereinsrechtsentstehung des BGB und ihrer wesentlichen Einflußfaktoren beantworten. 272
Das Vereinsverfassungsrecht ist letztlich Ausdruck eines Kompromisses, der unter dem rechtsideologischen Topos "Vereinsautonomie" die Antinomie Staatseinfluß -- Staatsfreiheit zugunsten letzterer entschied. Dieser sich in das Gesamtbild einer liberalen Privatrechtsordnung einfügende Schritt konnte jedoch der Dynamik der Vereinsentwicklung -- wenn überhaupt -- höchstens kurzfristig genügen. 273
Die Entscheidung für ein disponibles Vereinsverfassungsrecht läßt sich sicherlich nicht monokausal erklären. Organisationsrechtliche Fragestellungen weisen eine hohe Affinität zur politischen Ausrichtung des jeweiligen Bearbeiters auf, da die Frage der Volks- bzw. Mitgliedersouveränität kein isoliertes, vielmehr ein auf die staatliche Verfassung übertragbares Phänomen darstellt. 274
Das private Vereinsrecht in seiner im BGB verwirklichten Form ist ein Produkt politischer und dogmatischer Anschauungen und Auseinandersetzungen. Die rechtswissenschaftliche Diskussion des 19. Jhs., die öffentlich-rechtliche Entwicklung und die politische Konstellation um die Jahrhundertwende spielen als Gründe eine Rolle. Eine legislative Beschränkung freiheitsgefährdender Vereinsautonomie im BGB scheiterte letztlich an der germanistischen und romanistischen Rechtswissenschaft, die zwar ganz unterschiedliche Konzepte vertraten, im Ergebnis aber übereinstimmten. Während auf der einen Seite die romantische Verklärung autonomer, germanischer Sippen ausschlaggebend war, stand auf der anderen Seite eine traditionelle romanistische Freiheitsverabsolutierung, die den spezifischen Problemen moderner Großvereine nicht gerecht werden konnte. Es kommt wohl hinzu, daß die für die Gesetzgebung Verantwortlichen davor zurückschreckten, Signale im Privatrecht zu setzen, die in bezug auf den Staat falsch hätten verstanden werden können. Am Ende eines Jahrhunderts, das sich die Freiheit gegen den Monarchen und dessen Staat erst erkämpfen mußte, kann dieses legislative Resultat freilich kaum verwundern. 275
Damit wurde die Chance des Gesetzgebers vertan, eine Vereinsverfassung zu schaffen, die durch inhaltliche Vorgaben freiheitsgefährdende Satzungsbestimmungen und Abweichungen von demokratischen Grundprinzipien verhindert. 276
Inwieweit überhaupt das Problem gesehen wurde, daß die Bildung größerer sozialer Organisationen zwangsläufig zu einer ganz neuen, diesmal "gesellschaftlichen Verherrschaftung"117) führen könnte, erscheint zweifelhaft. Die Machtverhältnisse in den bis zum Ende des Jahrhunderts immens angewachsenen Vereinen wurden gegenüber der Gefahr staatlicher Einflußnahme gering geschätzt. 277
Die schützenden Instrumentarien, die in den Staatsverfassungen gegen ein monarchisches Übergewicht geschaffen wurden, wurden im Privatrecht nicht aufgegriffen. Schlagwortartig sei hier nur an die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat erinnert, die man systemgerecht modifiziert auch gegen übermächtige Vereinsorgane in Erwägung hätte ziehen können. 278
Es überrascht, daß sich die moderne Entwicklung im 20. Jh., vor allem die akzeptierte inhaltliche Prägung moderner Staatsgewalt seit 1949 so wenig auf die für das Mitglied nicht nur vorteilhafte Vereinsfreiheit ausgewirkt hat. Die Intensität, mit der die öffentlich-rechtliche Wissenschaft die Verfassungsfrage in das Zentrum ihrer Bearbeitung gestellt hat, korrespondiert keineswegs mit dem privatrechtlichem Pendant. Dort führt die Verfassungsfrage eine eher untergeordnete Rolle, die ihrer Bedeutung kaum gerecht wird. Bis heute mußte sich die richterliche Rechtsfortbildung mit partiellen Eingriffen behelfen, wobei es den richterlichen Bindungen entsprechend natürlich nicht gelingen konnte und auch nicht sollte, die legislative Vorgabe vollständig zu unterlaufen. 279
Angesichts einer veränderten historischen Situation sind die Grundprinzipien staatlicher Verfassungen heute anders zu beurteilen, als im Zeitpunkt der BGB-Gesetzgebung. Der Verfassungsstaat westeuropäischer Prägung ist trotz seiner gewiß zahlreichen subtilen Differenzierungen118) geprägt von den einheitlichen Elementen einer geschriebenen Verfassung, einer im wesentlichen festen Grundstruktur der Volkssouveränität, der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung und -bindung sowie dem Schutz grundlegender Menschen- und Bürgerrechte.119) Von einem derart konsentiertem Verfassungsmodell kann für die Zeit des zweiten Kaiserreiches keine Rede sein. Es fragt sich daher, ob ein demokratischer, organisationsrechtlicher Kernbestand, wie er dem modernen Demokratieverständnis eigen ist, nicht durchaus Modellelemente für das Privatrecht enthalten könnte. Zumindest aber sollte berücksichtigt werden, daß der Kernbestand der Organisationsregelungen bzw. der Verfassung eine Nahtstelle zwischen den unterschiedlichen juristischen Personen bildet. 280


Fußnoten:

1 Vgl. Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 2, München 1992, S. 101 f.

2 Zu den zahlreichen, differenzierten Verfassungstheorien der Gegenwart Günter Frankenberg, Die Verfassung der Republik, Baden-Baden 1996, S. 17 ff.

3 Statt aller Bodo Pieroth / Bernhard Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II (13. Aufl.), Heidelberg 1997, Rdnr. 252 ff.

4 Beispiele sind Vereinsstrafen und der Vereinsausschluß, die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge etc.; vgl. Palandt-Heinrichs (57. Aufl.), München 1998, § 25 Rdnr. 12 ff.

5 Dazu Palandt-Heinrichs (Fn. 4), Rdnr. 7; diese Konzeption korrespondiert auf staatlicher Ebene gewissermaßen mit der Theorie vom Gesellschaftsvertrag, vgl. J.J. Rousseau, Contrat Social (1762), dt. Der Gesellschaftsvertrag, Schriften I, hrsg. von Ritter, Frankfurt a. M. 1981.

6 So bereits Georg Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte (2. Aufl. 1919), S. 87, 94 ff.

7 Vgl. Palandt-Heinrichs (Fn. 4), § 25 Rdnr. 7.

8 Vgl. Martin Schockenhoff, Der Grundsatz der Vereinsautonomie, AcP 193 (1993), S. 35-67.

9 Vgl. Palandt-Heinrichs (Fn. 4), Einf. v. § 21, Rdnr. 3.

10 Vgl. Stolleis (Fn. 1), S. 51 f.

11 Zu dieser Trennung Dieter Grimm, Zur politischen Funktion der Trennung von öffentlichem und privatem Recht in Deutschland, in: Studien zur europäischen Rechtsgeschichte (Festschrift Coing), Frankfurt a.M. 1972, S. 224-242, 224; Martin Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht. Studien über Sinn und Funktion der Unterscheidung, 1968; Sten Gagnér, Über Voraussetzungen einer Verwendung der Sprachformel "Öffentliches Recht und Privatrecht" im kanonischen Bereich, Dt. Landesreferate zum VII. Internat. Kongreß für Rechtsvergleichung in Uppsala 1966, 1967, S. 21-55.

12 Zu den Hintergründen Stolleis (Fn. 1), S. 107 ff., 330, 337, 368 ff, 397, 416, 434.

13 Jauernig-Jauernig, BGB (7. Aufl.), München 1994, Vor § 21, 1a; Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd I/2 Die juristische Person, 1983; Franz Wieacker, Zur Theorie der Juristischen Person des Privatrechts, in: Festschrift Ernst Rudolf Huber, 1973, 339-383.

14 Staudinger-Weick (13. Bearb. 1995), Einl. zu §§ 21 ff. Rdnr. 16.

15 Vgl. zum Staat als juristische Person Stolleis (Fn. 1), S. 106 ff.; 368 f; Otto Mayer, Die juristische Person und ihre Verwertbarkeit im öffentlichen Recht, in: Staatsrechtiche Abhandlungen, Festgabe für Paul Laband, Tübingen 1908, 1. Band, S. 1-94 (59).

16 Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1 (2. Aufl. München 1984), S. 64 f.

17 Walter Pauly, HRG, 35. Lieferung, Berlin 1993, Stichwort Verfassung, Sp. 1, S. 700; Dieter Grimm, in: Heinz Mohnhaupt / ders., Verfassung, Zur Geschichte des Begriffs von der Antike bis zur Gegenwart, Berlin 1995, S. 100-141; ders., Verfassung II, Geschichtliche Grundbegriffe Band 6, S. 868 f.; ders., Entstehungs- und Wirkungsbedingungen des modernen Konstitutionalismus, in: Dieter Simon (Hrsg.), Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages, S. 45-76.

18 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866 (6. Aufl. München 1993), S. 38 ff.; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1700-1815, S. 459 ff.; Reinhard Hendler, Selbstverwaltung in: Josef Isensee / Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 4, Heidelberg 1990, S. 1135.

19 Zur legislativen Situation Hans Tillmann, Staat und Vereinigungsfreiheit im 19. Jahrhundert, Gießen 1976; zum BGB vor allem S. 192 ff; Wulf Eckart Voss, Vereinigungsfreiheit und Staatsräson. Zur Entstehung der Regeln des nichtrechtsfähigen Vereins, in: Libertas. Grundrechtliche und rechtsstaatliche Gewährungen in Antike und Gegenwart, Symposion für Franz Wieacker, Ebelsbach 1985.

20 v. Gierke (Fn. 20), § 59; Justus Wilhelm Hedemann, Die Fortschritte des Zivilrechts im XIX. Jahrhundert, Band I, Berlin 1910, S. 39-52; Thomas Vormbaum, Die Rechtsfähigkeit der Vereine im 19. Jahrhundert, Berlin, New York 1976, S. 4 f.; Stephan Buchholz, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Dritter Band, Zweiter Teilband, hrsg. von Helmut Coing, München 1982, S. 1758; Staudinger-Coing (12. Aufl. Berlin 1980), Einl. zu §§ 21-89 Rdnr. 58ff., Vorbem. zu §§ 21-54, Rdnr. 18; Helmut Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. II, 19. Jahrhundert: Überblick über die Entwicklung des Privatrechts in den ehemals gemeinrechtlichen Ländern, München 1989, § 19, S. 138.

21 Fred G. Bär, Die Schranken der inneren Vereinsautonomie -- historisch-dogmatische Überlegungen zu einem Vereinsgesetz, Berlin 1995, S. 80.

22 Dieter Grimm, Verfassung II, Geschichtliche Grundbegriffe Band 6, S. 875 ff.

23 Dazu Michael Stolleis, Die Entstehung des Interventionsstaates und das öffentliche Recht, ZNR 1989, S. 129-147.

24 Heinz Mohnhaupt in: ders. / Dieter Grimm, Verfassung, Zur Geschichte des Begriffs von der Antike bis zur Gegenwart, Berlin 1995, S. 1-99; ders., Verfassung I, Geschichtliche Grundbegriffe Band 6, S. 832; Klaus Stern (Fn. 16), S. 69 ff.

25 Dieter Grimm, Verfassung I, Geschichtliche Grundbegriffe, Band 6, S. 868 f.; ders., Entstehungs- und Wirkungsbedingungen des modernen Konstitutionalismus, in: Dieter Simon (Hrsg.), Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages, S. 45-76; W. Pauly, HRG, 35. Lieferung, Berlin 1993, Stichwort Verfassung, Sp. 1, S. 700; Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 (2. Aufl. Stuttgart 1990); Friedrich Julius Stahl, Die Philosophie des Rechts nach geschichtlicher Ansicht, Bd. 2/2, Heidelberg 1837, S. 101.

26 Stolleis (Fn. 1), S. 116, 298, 300, 322, 337, 341 f., 386; Dietmar Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte (3. Aufl. München 1997), S. 218 ff.

27 Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, Band 2, Von 1806 bis zur Gegenwart (2. Aufl. München 1993), S. 21.

28 Z.B. Geschäftsordnung für den Reichstag vom 10. Februar 1876, Ernst Rudolf Huber (Hrsg.), Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, Band 1 (3. Aufl. Stuttgart u.a. 1978), Nr. 272, S. 423 ff.

29 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866 (6. Aufl. München 1993), S. 273.

30 Die ebenfalls oktroyierte Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Baden vom 22. August 1818 enthielt Regelungen, die wenig von der bayerischen Verfassung abwichen:
"§ 5 Der Großherzog vereinigt in Sich alle Rechte der Staatsgewalt, und übt sie unter den in dieser Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus. […]
§ 6 Das Großherzogthum hat eine ständische Verfassung.
§ 26 Die Landstände sind in zwey Kammern abgetheilt.
§ 27 Die erste Kammer besteht:
1. aus den Prinzen des großherzoglichen Hauses,
2. aus den Häuptern der standesherrlichen Familien
[…]
§ 33 Die zweyte Kammer besteht aus 63 Abgeordneten der Städte und Aemter nach der dieser Verfassungsurkunde angehängten Vertheilungsliste.
§ 34 Diese Abgeordneten werden von erwählten Wahlmännern erwählt."
Die Zweite Kammer gewährte eine gegenüber Bayern stärker repräsentative Volksbeteiligung, die in indirekter Weise durch Wahlmänner gewählt wurde.
"§ 42 Der Großherzog ruft die Stände zusammen, vertagt sie und kann sie auflösen.
§ 53 Ohne Zustimmung der Stände kann keine Auflage ausgeschrieben und erhoben werden.
§ 56 Die Stände können die Bewilligung der Steuern nicht an Bedingungen knüpfen.
[…]
§ 64 Kein Gesetz, das die Verfassungsurkunde ergänzt, erläutert oder abändert, darf ohne Zustimmung einer Mehrheit von zwey Drittel der anwesenden Ständeglieder einer jeden der beyden Kammern gegeben werden.
§ 65 Zu allen andern, die Freyheit der Personen oder das Eigenthum der Staatsangehörigen betreffenden allgemeinen neuen Landesgesetzen, oder zur Abänderung oder authentischen Erklärung der bestehenden, ist die Zustimmung der absoluten Mehrheit einer jeden der beyden Kammern erforderlich.
§ 68 Jeder Landtag wird in den für diesen Fall vereinigten Kammern, vom Großherzog in Person oder von einem von ihm ernannten Commissär eröffnet und geschlossen.
§ 74 Jeder gültige Beschluß einer Kammer erfordert, wo nicht ausdrücklich eine Ausnahme festgesetzt worden ist, absolute Stimmenmehrheit bey vollzähliger Versammlung. ... Zur gültigen Berathschlagung über die Abänderung der Verfassung wird in beyden Kammern die Anwesenheit von drei Viertel der Mitglieder erfordert.
"
Besonders deutlich ist auch hier der Einfluß des Großherzogs auf Einberufung und Auflösung des Parlaments, Rechte die gewisse taktische Möglichkeiten im Umgang mit den Ständen schufen.
Die Willensbildung der Kammern erfolgte mit absoluter Mehrheit bei vollzähliger Anwesenheit, wobei die Vollzähligkeit bei einem bestimmten an anderer Stelle geregelten Quorum eintrat.

31 Ernst Rudolf Huber (Hrsg.), Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, Band 1 (3. Aufl. Stuttgart u.a. 1978), Nr. 53, S. 164.

32 Ebd., Nr. 53, S. 164.

33 Ebd., Nr. 55, S. 201, 203, 213.

34 Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, Band 2, Von 1806 bis zur Gegenwart (2. Aufl. München 1993), S. 78;

35 Dazu Jörg-Detlef Kühne, Die Reichsverfassung der Paulskirche, Frankfurt a.M. 1985, besonders zum Verhältnis Staat-Gemeinden in der Paulskirchenverfassung S. 435; Wolfram Siemann, Die Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 zwischen demokratischem Liberalismus und konservativer Reform. Die Bedeutung der Juristendominanz in den Verfassungsverhandlungen des Paulskirchenparlaments, Bern, Frankfurt a.M. 1976; Willoweit (Fn. 26), S. 234 ff.
Die revidierte Verfassung für den preußischen Staat vom 31. Januar 1850 schloß sich nur zum Teil den fortschrittlichen Elementen der Paulskirche an:
"Art. 44 Die Minister des Königs sind verantwortlich. Alle Regierungsakte des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt.
Art. 45 Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Ausführung nöthigen Verordnungen.
Art. 51 Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. Er kann sie entweder beide zugleich oder auch nur eine auflösen.
[…]
Art. 62 Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und durch zwei Kammern ausgeübt.
Die Uebereinstimmung des Königs und beider Kammern ist zu jedem Gesetze erforderlich.
Art. 65 Die erste Kammer besteht:
a) aus den großjährigen Königlichen Prinzen;
b) aus den Häuptern der ehemals unmittelbaren reichsständischen Häuser in Preußen
[…]
d) aus neunzig Mitgliedern, welche in Wahlbezirken, die das Gesetz feststellt, durch die dreißigfache Zahl derjenigen Urwähler […], welche die höchsten direkten Staatssteuern bezahlen, durch direkte Wahl nach Maaßgabe des Gesetzes gewählt werden;
e) aus dreißig, nach Maaßgabe des Gesetzes von den Gemeinderäthen gewählten Mitgliedern aus den größeren Städten des Landes.
Art. 69 Die zweite Kammer besteht aus 350 Mitgliedern.
[…]
Art. 71 Auf jede Vollzahl von zweihundert und funfzig Seelen der Bevölkerung ist ein Wahlmann zu wählen. Die Urwähler werden nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Staatssteuern in drei Abtheilungen getheilt, und zwar in der Art, daß auf jede Abtheilung ein Drittheil der Gesamtsumme der Steuerbeträge aller Urwähler fällt.
Art. 80 Keine der beiden Kammern kann einen Beschluß fassen, wenn nicht die Mehrheit der gesetzlichen Anzahl ihrer Mitglieder anwesend ist. Jede Kammer faßt ihre Beschlüsse nach absoluter Stimmenmehrheit, vorbehaltlich der durch die Geschäftsordnung für Wahlen etwa zu bestimmenden Ausnahmen."
Die wesentlichen Abweichungen zur Paulskirchenverfassung bestehen in der Abschwächung der Volksrepräsentation durch Einführung des Dreiklassenwahlrechts und der Beibehaltung einer ersten ständischen Kammer.

36 Zitiert nach Günther Franz, Staatsverfassungen (2. Aufl. München 1964), S. 153.

37 Ebd., S. 175.

38 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. 2, München 1993, S. 98 ff.

39 Ebd., S. 100 f.

40 Ebd., S. 88 ff.

41 Ebd., S. 102 ff.

42 Ebd., S. 85.

43 Ebd., S. 108.

44 Vgl u den Details Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1849-1914, S. 197 f.; 849 ff.;

45 Stolleis (Fn. 1), S. 101.

46 Ebd., S. 99-102.

47 Georg Wedekind, Die Rechte des Menschen und Bürgers, wie sie die französische konstituierte Nationalversammlung von 1791 proklamierte, in: Heinrich Scheel, Die Mainzer Republik I, Berlin 1975, S. 766.

48 Ebd., S. 766.

49 Grimm, Verfassung II (Fn. 17), S. 888.

50 v. Gierke (Fn. 20), S. 471.

51 Stolleis (Fn. 1), S. 124 f.

52 Ebd., S. 108.

53 Heinrich Heffter, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jh. (2. Aufl. Stuttgart 1969); Helmuth Croon, Die gesellschaftlichen Auswirkungen des Gemeindewahlrechts in den Gemeinden und Kreisen des Rheinlandes und Westfalens im 19. Jh., Köln, Opladen 1960.

54 Zur Steinschen Städteordnung Nipperdey (Fn. 30), S. 38 f.

55 Z.B. Bayern Gemeindeedikte vom 24.9.1808 und 17.5.1818; revidierte Verordnung, die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche betreffend vom 1.7. 1834; Gemeindeordnung von 1869; Würtemberg. Edikt vom 31.12.1819 und Verwaltungs-Edikt für die Gemeinden vom 11.3.1822.

56 Vgl. zu einer größenmäßigen Differenzierung auf Staatsebene Peter Häberle, Der Kleinstaat als Variante des Verfassungsstaates, in: ders., Rechtsvergleichung im Kraftfeld des Verfassungsstaates, Berlin 1992, S. 739-787; vgl. auf kommunaler Ebene dazu auch die revidierte Verordnung, die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche (Bayern) betreffend vom 1. Juli 1834 (dazu Wilhelm Volkert, § 4 Bayern, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, hrsg. von Kurt G. A. Jeserich / Hans Pohl / Georg-Christoph von Unruh, Band 2, Stuttgart 1983, S. 541-548).:
"§ 8 Die Gemeinden theilen sich
a) in Städte und größere Märkte,
b) in Ruralgemeinden, welche theils aus kleineren Märkten, theils aus Dörfern, Weilern und Einöden bestehen.
§ 9 Die Städte erhalten nach dem Maße ihrer Bevölkerung eine Unterabtheilung in 3 Klassen, nämlich:
1. Klasse: die Städte mit einer Einwohnerzahl von 2000 Familien und darüber;
II. Klasse: Städte von 500 bis 2000 Familien;
III. Klasse: Städte und Märkte unter 500 Familien.
§ 10 Kleinere Städte und Märkte, welche die Kosten eines Magistrates mit ihren Verhältnissen nicht vereinbar finden, sind jederzeit befugt, zeitlich in die Klasse der Landgemeinden zurückzutreten.
[…]"
Weiter wurde die Mitgliedschaft in der Gemeinde selektiv begrenzt:
"§ 11. Wirkliche Mitglieder einer Gemeinde sind in der Regel nur diejenigen, welche
1) in dem Bezirke derselben ihren ständigen Wohnsitz aufschlagen oder daselbst ein häusliches Anwesen haben, und dabei
2) darin entweder besteuerte Gründe besitzen oder besteuerte Gewerbe ausüben."
Die Gleichheitsforderung der französischen Revolution hatte sich weder in der Staats- noch in der Gemeindeverfassung etablieren können, wobei in der hier vorliegenden Verordnung durch die Einbeziehung der Gewerbetreibenden eine für die Zeit großzügige Regelung gewählt wurde.
"§ 20 Die Gemeinden können in der Eigenschaft als öffentliche Corporationen alle Rechte ausüben und Verbindlichkeiten eingehen, welche die bürgerlichen Gesetze den Privaten überhaupt gestatten und den Gemeinheiten insonderheit nicht versagen.
§ 21 Sie stehen unter der besonderen Curatel und Aufsicht des Staates, und genießen die Vorrechte der Minderjährigen.
§ 36 Die Gemeinden besorgen ihre Angelegenheiten in Gemeindeversammlungen durch Gemeindebeschlüsse, oder sie handeln durch ihre Vertreter und Bevollmächtigte, wie dieses die gegenwärtige Verordnung näher bestimmt.
§ 37 Zur Fassung eines Gemeindebeschlusses, wo ein solcher erforderlich ist, müssen zwei Drittheile der Gemeindeglieder gegenwärtig sein.
§ 38 Der Beschluß wird durch die absolute Mehrheit der Anwesenden bestimmt. Bei gleichen Stimmen entscheidet der Gemeindevorsteher.
§ 44 Die Form der Gemeindeverwaltung ist verschieden:
1) in den Städten und größeren Märkten;
2) in den Ruralgemeinden."
Damit wird die Gemeindeorganisation dualistisch entsprechend der Gemeindegröße differenziert:
"Capitel 2. Von der Gemeindeverwaltung in den Städten und größeren Märkten
§ 45 In diesen wird die Gemeindeversammlung besorgt und vollzogen:
1) durch einen bürgerlichen Magistrat;
2) durch einen besonderen Gemeindeausschuß, welcher aus erwählten Gemeindebevollmächtigten besteht;
3) durch Districtsvorsteher, welche in größeren Städten dem Magistrate beigegeben sind.
§ 46 Der Magistrat ist der Vorsteher der Gemeinde, und zugleich der Beamte für die Verwaltung ihrer gemeinschaftlichen Angelegenheiten und ihres Vermögens.
§ 47 Derselbe soll bestehen:
1) in den Städten der ersten Klasse (§9)
a) aus zwei Bürgermeistern;
b) aus zwei bis vier rechtskundigen Räthen;
c) aus einem technischen Baurath, wo das Bauwesen von Bedeutung ist; aus 10 bis 12 Bürgern, vorzüglich von der gewerbtreibenden Klasse.
Städte zweiter und dritter Klasse erhalten anschließend andere Organbesetzungen.
Capitel 6. Von der Verwaltung in den Ruralgemeinden
§ 93 Die Verwaltung dieser Gemeinden geschieht durch einen Gemeindeausschuß.
§ 94 Dieser wird gebildet:
1) aus dem Gemeindevorsteher,
2) aus dem Gemeindepfleger, und
3) aus dem Stiftungspfleger,
4) aus drei bis fünf Gemeindebevollmächtigten.
[…]
§ 95 Der Ortsvorsteher, die Gemeinde- und Stiftungspfleger sollen aus den höchstbesteuerten zwei Drittheilen genommen werden. -- […]
§ 96 Der Gemeindevorsteher und die beiden Pfleger, sowie die besonderen Bevollmächtigten, werden von der versammelten Gemeinde aus ihrer Mitte, unter Leitung des treffenden land- oder gutsherrlichen Gerichtes gewählt, und von dem land- oder gutsherrlichen Gerichte bestätigt.
§ 100 Das Hauptorgan des Gemeindeausschusses ist der Gemeindevorsteher. Er leitet und versammelt die Gemeinde, erholet ihre Beschlüsse, verkündet ihr die königlichen Befehle und Verordnungen und ist für deren Vollzug verantworthlich;
[…]
§ 101 Die Verwaltung der eigentlichen Gemeindeangelegenheiten selbst ist dem gesammten Ausschusse anvertraut. -- […]
Titel V.
Von der Unterordnung der Gemeinden und ihrer Verwaltungsstellen unter die Staatsbehörden
§121 Die Gemeinden stehen unter einer besonderen Aufsicht und Curatel der Staatspolizei, welche von dem Staatsministerium des Innern als obersten Stelle und unter dessen Leitung von den Kreisregierungen durch die Untergerichte -als Polizeibehörden- ausgeübt wird.
Capitel 1 Von der besonderen Unterordnung des Magistrates
a) In den Städten der I. Klasse
[…]
b) In Städten und Märkten der II. und III. Klasse
[…]
Capitel 2 Von der besonderen Unterordnung des Gemeindeausschusses in den Ruralgemeinden
[…]"
Diese bayerische Verordnung differenziert die Organbesetzung somit ebenfalls nach der Gemeindegröße. Während großen Gemeinden ein Kollektivorgan vorsteht, werden kleine von einem Vorsteher geleitet.

57 Vgl. auch die Landgemeindeordnung für das Königreich Sachsen vom 7. November 1838:
"§ 36 In jeder Landgemeinde, die über 25 ansässige Mitglieder zählt, werden die Gemeindeangelegenheiten durch einen Gemeinderath besorgt. Derselbe besteht aus
1) einem Gemeindevorstande,
2) einem oder mehreren Gemeindeältesten, und
3) einer zu bestimmenden Anzahl Gemeindeausschußpersonen.
§ 37 Der Gemeinderath bildet die berathende und beschlußfassende Behörde in allen Gemeindeangelegenheiten. Er übt in dieser Eigenschaft alle diejenigen Rechte aus, welche von der Gemeinde durch die Gesammtheit ihrer Mitglieder würden ausgeübt werden können.
§ 38 Der Gemeindevorstand hat
a) im Allgemeinen darüber zu wachen, daß das Gemeinwesen ordnungsmäßig verwaltet und das Beste der Gemeinde allenthalben wahrgenommen werde.
Zu diesem Behuf hat er
b) den Gemeinderath so oft als nöthig zu versammeln, die einer besonderen Entschließung bedürfenden Gegenstände zur Berathung desselben zu bringen und letztere zu leiten;
c) die vom Gemeinderath gefaßten Beschlüsse allein auszuführen und die nöthigen Anzeigen an die Obrigkeit zu erstatten;
[…]
§ 40 Der Gemeindevorstand und die Gemeindeältesten werden von dem Gemeinderath aus sämmtlichen nach § 31 ff. wählbaren Gemeindegliedern auf 6 Jahre gewählt, […]
§ 41 Die Wahl des Gemeindevorstandes […] unterliegt der Bestätigung der Ortsobrigkeit, die sie aus erheblichen Gründen versagen und eine anderweite Wahl anordnen kann. […]
§ 42 Die Zahl der in den Gemeinderath zu setzenden Gemeindeausschußpersonen ist überall nach örtlichem Bedürfniß festzustellen. […]
§ 43 Die Gemeindeausschußpersonen werden auf 6 Jahre von sämmtlichen stimmberechtigten Gemeindegliedern, unter Leitung der Obrigkeit, nach Stimmenmehrheit erwählt, dergestalt, daß für jede einzelne Klasse diejenigen als gewählt zu betrachten sind, welche unter sämmtlichen wählbaren Mitgliedern der nämlichen Klasse die meisten Stimmen erhalten haben. […]
§ 44 Alle 2 Jahre tritt ein Drittheil sämmtlicher Gemeindeausschußpersonen aus und wird durch neue Wahl ersetzt. […]
§ 46 Der Gemeinderath darf sich in der Regel nur auf Erfordern des Gemeindevorstandes versammeln. Derselbe oder dessen Stellvertreter bestimmt Zeit und Ort dazu, und führt den Vorsitz in der Versammlung. […]
Zu Fassung eines gültigen Beschlusses ist die Anwesenheit von wenigstens zwei Drittheilen der Gemeinderathsmitglieder erforderlich. Die Beschlußnahme erfolgt nach Stimmenmehrheit und die Abstimmung durch Namensaufruf. Bei Stimmengleichheit gebührt dem Vorsitzenden die entscheidende Stimme."
§ 44 gibt einen Hinweis auf eine staatsrechtliche Beeinflussung, indem hier eine Regelung der amerikanischen Staatsverfassung in das Gemeindeorganisationsrecht integriert wird, die in der Vorlage einen periodischen Wechsel der Congressmitglieder vorsieht.

58 Julius Weiske, Sammlung der neueren teutschen Gemeindegesetze, Leipzig 1848, S. 124-128.

59 Ebd., S. 10-69.

60 Statt aller vgl. Savigny, System Band 2, S. 242.

61 Julius Weiske, Ueber Corporationen nach römischen und teutschen Rechtsbegriffen, sowie über Gemeindegüter und deren Benutzung durch die Mitglieder, Leipzig 1847, S. 135.

62 Stolleis (Fn. 1), S. 101.

63 Vgl. Bär (Fn. 21), S. 138.

64 Exkurs zu den Vorläufern des Gesetzes:
aa) Lediglich Bayern hatte in den 60er Jahren ein eigenes privates Vereinsgesetz eingeführt. Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern der Jahre 1861-1864 normierte dementsprechend allein den Gesellschaftsvertrag in Theil II, Buch II Hauptstück 8.
bb) Der Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse (Dresdner Entwurf) von 1866 enthielt in der fünften Abteilung Regelungen zum Gesellschaftsvertrag, wobei unter Ziffer 2b die Nichterwerbsgesellschaft aufgeführt wurde, die als entfernter Vorläufer des bürgerlich-rechtlichen Vereins mit einer freilich großen Zahl von Detailabweichungen gesehen werden kann.
Die Nichterwerbsgesellschaft (Art 812-849), die gemäß Art. 819 rechtsfähig war, hätte für den Fall, daß die Gesellschafter unter einem Gesellschaftsnamen auftreten wollen, einer gerichtlichen oder notariellen Verfassungsurkunde sowie der Eintragung in das Handelsregister bedurft. Es sollte den Landesgesetzen vorbehalten bleiben, zur Errichtung von Collectivgesellschaften eine besondere staatliche Genehmigung zu verlangen.
"Art. 836 In der Generalversammlung hat, wenn in dem Statute nicht etwas Anderes bestimmt ist, jeder Gesellschafter eine Stimme, und es wird zu einem giltigen Beschluß erfordert, daß wenigstens die Hälfte der stimmberechtigten Gesellschafter erschienen ist und die einfache Mehrheit, oder bei einer Aenderung des Statutes oder bei einer Auflösung der Gesellschaft wenigstens zwei Drittheile der Erschienenen den Beschluß gefaßt haben. […]"
Terminologisch fällt die gesellschaftsrechtliche Prägung ins Auge, wobei die Nichterwerbsgesellschaft systematisch im Entwurf mit der Erwerbsgesellschaft unter dem Oberbegriff der Collectivgesellschaft zusammengefaßt war. Deshalb waren die organisationsrechtlichen Vorschriften weitgehend einheitlich, so daß Kontrolleinrichtungen, wie der Aufsichtsrat eben auch für die Nichterwerbsgesellschaft in Betracht kamen.
Die 1. BGB-Kommission nutzte im Entstehungsprozeß des BGB den Entwurf als Beratungsgrundlage. So beschäftigte man sich am 18.1.1884 mit der Frage, ob im BGB die Regelungen zu den Nichterwerbsgesellschaften für das Vereinsrecht übernommen werden sollten, was aber wegen der dort vorgesehenen, geringen Hürden für die Erlangung der Rechtsfähigkeit abgelehnt wurde.
cc) Das Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863/1865 regelte in der zweiten Abtheilung, II. Kapitel die juristischen Personen minimalistisch:
"§ 52 Das Recht der Persönlichkeit steht dem Staate, sofern er in Verhältnisse des bürgerlichen Rechts eintritt, und den Personenvereinen, Anstalten und Vermögensmassen zu, welche vom Staate als juristische Personen anerkannt sind. Die juristische Persönlichkeit begreift die Fähigkeit in sich, Vermögensrechte zu haben, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen, welche bei Begründung der juristischen Person über den Umfang ihrer Rechtsfähigkeit getroffen worden sind.
§ 53 Juristische Personen üben ihre Rechte durch ihre verfassungsmäßigen Vertreter und, soweit es bei Personenvereinen auf den Willen ihrer Mitglieder ankommt, durch Beschlußfassung derselben aus.
§ 54 Die Sonderrechte einzelner Mitglieder von Personenvereinen können weder durch die Vertreter, noch durch Beschlüsse der Mitglieder beeinträchtigt werden.
§ 55 Zu einer Beschlußfassung der Mitglieder eines Personenvereins wird erfordert, daß alle stimmberechtigte Mitglieder berufen worden sind, wenigstens die Hälfte derselben erschienen ist und die Mehrheit der Erschienenen den Beschluß gefaßt hat. Handelt es sich um die Bestellung eines Vertreters für einen Rechtsstreit mit einzelnen Mitgliedern, so sind letztere nicht stimmberechtigt. Bei Rechtsstreiten des Vereins mit Mitgliedern desselben vertreten die Mitglieder, welche für die Rechte des Vereins streiten, den Verein, selbst wenn sie im Verhältnis zu den anderen die Minderzahl ausmachen.
§ 56 Juristische Personen hören auf, wenn ihnen der Staat das Recht der Persönlichkeit entzieht, wenn sie auf dieses Recht mit Einwilligung des Staates verzichten und, soviel Personenvereine betrifft, wenn sämmtliche Mitglieder gestorben sind.
§ 57 Hört eine juristische Person auf, ohne daß über das Vermögen derselben verfügt worden, so fällt dieses, soweit es nicht zur Deckung der Schulden erforderlich ist, dem Staate zu.
"
Die Regelungen räumen dem Staat Einfluß auf Entstehung und Ende der juristischen Person ein und klären nicht, welche juristische Personen eine demokratische Willensbildung etablieren können. Es wird lediglich die Möglichkeit einer solchen für einzelne juristische Personen ins Auge gefaßt. Eine Entscheidung für ein bestimmtes Modell ist damit im sächsischen BGB noch nicht getroffen.

65 Vgl. vor allem zum rechtsphilosophischen Hintergrund Felix Schikorski, Die Auseinandersetzung um den Körperschaftsbegriff in der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts, Berlin 1978, S. 19; ansonsten Wolfgang Henkel, Zur Theorie der juristischen Person im 19. Jahrhundert -- Geschichte und Kritik der Fiktionstheorien, Göttingen 1972, S. 71ff.; Christian Tietze, Zur Theorie der juristischen Person in der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, Göttingen 1974; Vormbaum (Fn. 20); Jan Schröder, Zur älteren Genossenschaftstheorie. Die Begründung des modernen Körperschaftsbegriffs durch Georg Beseler, in: Quaderni fiorentini 11/12 (1982/83) I, S. 399-459.

66 Z.B. Savigny, System, Band 2, S. 247.

67 C.F.A. Mittermaier, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts mit Einschluß des Handels-, Wechsel- und Seerechts, Erster Band (7. Aufl. Regensburg 1847), S. 343.

68 Christian Tietze, Zur Theorie der juristischen Person in der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, Göttingen 1974; Henkel (Fn. 65).

69 Z.B. Savigny, System, Band 2, S. 275.

70 Julius Weiske, Ueber Corporationen nach römischen und teutschen Rechtsbegriffen, sowie über Gemeindegüter und deren Benutzung durch die Mitglieder, Leipzig 1847, S. 157 f.

71 Ebd., S. 171 f.; mit modifiziertem romanistischem Ansatz dagegen J. Unger, Zur Lehre von den juristischen Personen, in: Kritische Oberschau der deutschen Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Band VI, München 1859, S. 147 ff.; Carl Salkowski, Bemerkungen zur Lehre von den Juristischen Personen insbesondere den sogenannten corporativen Societäten und Genossenschaften, Leipzig 1863, S. 19.

72 Henkel (Fn. 65), S. 27 mit Bezug auf Otto von Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht IV, S. 490 f.

73 Martin Schockenhoff, Der Grundsatz der Vereinsautonomie, AcP 193 (1993), S. 35-67, 36 mit zum Teil bedenklicher Auffassung.

74 Vgl. zu Savigny Roderich von Stintzing / Ernst Landsberg: Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, Band III 2, München, Berlin 1910, S. 186-253; Adolf Stoll: Friedrich Carl von Savigny. Ein Bild seines Lebens mit einer Sammlung seiner Briefe, Band I: der Junge Savigny, Berlin 1927; Band II Professorenjahre in Berlin, Berlin 1929; Band III Ministerzeit und letzte Lebensjahre, Berlin 1939; Erik Wolf: Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte (4. Aufl. Tübingen 1963), S. 467-542; Gerd Kleinheyer / Jan Schröder: Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten (4. Aufl. Heidelberg 1996), S. 352 ff.; Rudolf Gmür: Savigny und die Entwicklung der Rechtswissenschaft, Münster 1962; Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (2. Aufl. Göttingen 1967), § 21, S. 381f.; Helmut Coing: Friedrich Karl von Savigny (1779-1861), JuS 1979, S. 86-89; ders.: Savigny und die deutsche Privatrechtswissenschaft, NJW 1979, S. 2018ff.; Horst Hammen: Die Bedeutung Friedrich Carl von Savignys für die allgemeinen dogmatischen Grundlagen des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, Berlin 1983; Joachim Rückert: Idealismus, Jurisprudenz und Politik bei Friedrich Carl von Savigny, Ebelsbach 1984, S. 160 ff.; 362 f.; Franz Wieacker, Zur Theorie der juristischen Person des Privatrechts, in: Festschrift für Ernst Rudolf Huber, Göttingen 1973, S. 361; Henkel (Fn. 65), S. 71-109; Hans Kiefner, Personae vice fungitur? Juristische Person und "industrielle Corporation" im System Savignys, in: Festschrift für Harry Westermann zum 65. Geburtstag, Karlsruhe 1974, S. 263- 274; Werner Flume: Savigny und die Lehre von der juristischen Person, in: Festschrift Franz Wieacker, Göttingen 1978, S. 340 ff.

75 Vgl. zu Savigny als homo politicus: Rückert, S. 150 ff; Friedrich Ebel, Savigny officialis, Berlin 1987.

76 Henkel (Fn. 65), S. 71-109; Schikorski (Fn. 65).

77 Flume (Fn. 74), S. 340.

78 Savigny, System, Bd. 2, S. 245.

79 Ebd., S. 283.

80 Ebd., S. 245.

81 Ebd., S. 245.

82 Ebd., S. 259.

83 Ebd., S. 247.

84 Ebd., S. 256 f.

85 Ebd., S. 277.

86 Ebd., S. 276.

87 Ebd., S. 278.

88 Ebd., S. 279.

89 Ebd., S. 284; inhaltlich identisch S. 324.

90 Ebd., S. 324.

91 Ebd., S. 326 ff.

92 Ebd., S. 330.

93 Savigny zitiert dazu Zachariae, S. 63 f.; Thibaut, a.a.O., S. 389 f. u. Pandektenrecht § 132; Haubold C. 3 § 2, Mühlenbruch § 197.

94 Ebd., S. 332.

95 Ebd., S. 335.

96 Ebd., S. 335.

97 Ebd., S. 347.

98 Ebd., S. 352 ff.

99 Vgl. dazu auch K. Pfeifer, Die Lehre von den juristischen Personen nach gemeinem und würtembergischem Rechte, Tübingen 1847, S. 91-94, der sich zur Vorbereitung der württembergischen Gesetzgebung 1847 kritisch mit den zeitgenössischen Ansichten zur Willensbildung in juristischen Personen auseinandersetzte. Nicht zu verkennen ist bei der Behandlung der Korporationsverfassung der maßgebliche Einfluß Savignys:
"In Bezug auf die Bestimmungen über die Korporationsgewalt wollen jedoch viele Rechtslehrer (z.B. Thibaut, Göschen, Maurenbrecher, Vangerow) noch eine allgemeine Regel aufstellen, und darunter vorzüglich die, daß der Mehrheit der Korporationsglieder die Korporationsgewalt, d.h. das Recht die Angelegenheiten der Korporation zu besorgen, und namentlich im vermögensrechtlichen Verkehre Namens der Korporation zu handeln, zustehe; übrigens sind sie des Nähern unter sich selbst nicht einig und lassen von der Regel mannichfache Ausnahmen zu. Für ihre Lehre berufen sie sich bald auf ein Naturrecht, (die Natur der Sache, oder wie von Vangerow in seinem Leitfaden § 54 Anmerkung sich ausdrückt, allgemeine Regeln,) bald auf gewisse Stellen in den römischen Rechtsquellen (welche theils gar nicht von Korporationen, theils blos von einzelnen Arten öffentlicher Korporationen des römischen Reiches handeln), bald auf das teutsche Recht im Gegensatz zum römischen. Die Unstichhaltigkeit der beiden ersten Gründe hat von Savigny in System des römischen Rechts Bd. II § 96-100 so treffend und überzeugend dargethan, daß ich hierauf geradezu verweisen zu dürfen glaube. Nur in Bezug auf die L. 160. § 1. D. de R.J. "Refertur ad universos, quod publice fit per majorem partem," glaube ich, weil selbst von Savigny l.c.p. 331 von ihr einräumt, daß sie die Kraft der Stimmenmehrheit als ein abstraktes Princip für alle denkbaren Fälle auszusprechen scheine, bemerken zu sollen, daß diese Stelle sich, wie die Ueberschrift:
"Differentia inter vendere et vendenti consentire. De eo, quod fit per majorem partem"
und der unmittelbar vorangehende Satz:
"Aliud est vendere, aliud vendenti consentire"
besagen, gar nicht auf die Korporationsverfassung bezieht, sondern eine auf einfache Gesellschaften, ja bloße Versammlungen eben so gut anwendbare Regel von der vermutheten Einwilligung ausdrückt, und der Nachdruck hauptsächlich auf dem Worte "publice" liegt.
Was aber den dritten von Maurenbrecher (Lehrbuch des teutschen Privatrechts § 163) geltend gemachten Grund betrifft, so sagen einmal die von Maurenbrecher angeführten Stellen des Sachsen- und Schwabenspiegels nicht, daß als Beschluß einer Dorfgemeinde (ohnehin wären diese Bestimmungen von Dorfgemeinden nicht auf andere Korporationen, namentlich die Städte des Mittelalters auszudehnen) gelte, was die Mehrheit der zur Gemeinde gehörigen Bauern beschließe, sondern vielmehr, was der Bauermeister resp. Richter in Uebereinstimmung mit der Mehrheit der Bauern beschließe, sie sprechen also gerade gegen ihn. Sodann existiert eben so wenig eine gemeinrechtliche Praxis für das Mehrheitsprinzip, wovon man sich am einfachsten dadurch überzeugen kann, daß man die Verfassungen der teutschen Korporationen vom Mittelalter bis auf die neueste Zeit, z.B. die der Städte, Klöster, Orden, Universitäten sc. durchgeht. Weit entfernt, das Princip, die Gewalt über die Korporation ruhe stets in den Händen der Mehrheit der Korporationsglieder, anerkannt zu sehen, werden wir vielmehr finden, daß bei vielen Korporationen (z.B. den heutigen Gemeinden in Würtemberg) die Korporationsglieder gar nie zusammentreten und über die Angelegenheiten der Korporation berathen und beschließen, also von einem durch Stimmenmehrheit zusammengekommenen Beschlusse gar nicht die Rede sein kann, sondern alle Angelegenheiten durch Vorsteher besorgt werden, und die Korporationsglieder nur ein Wahlrecht der Vorsteher haben, daß bei anderen Korporationen die Korporationsgenossen für manche Fälle sich zwar versammeln, aber für wichtigere Beschlüsse, namentlich für Abänderung der Statuten die Zustimmung von allen oder von 3/4, 2/3 etc. nicht blos der einfachen Mehrheit erforderlich ist. Geschäfte für die Korporation zu besorgen und hiebei Namens derselben zu handeln, ist bald mehreren Personen, welche in einem oder mehreren (z.B. Gemeinderath und Bürgerausschuß) Kollegien vereinigt zu berathen und zu beschließen haben, übertragen, bald nur einzelnen Beamten.
Die Verfassung der Korporationen läßt eben so viele Mannichfaltigkeiten zu als die der einfachen Gesellschaften, und es wäre auch nicht abzusehen, warum die Bestimmung, daß bei Korporationen das Vermögen der Korporation als juristischer Person bei einfachen Gesellschaften den Gesellschaftern gehört, in der Verfassung beider einen Unterschied begründen sollte. Deshalb erfordern solche Verfügungen, über welche in den Statuten einer Korporation nicht bestimmt ist, auf welche Weise sie gültig getroffen werden können, die Einstimmung aller Korporationsglieder, und dasselbe müßte für alle Verfügungen in Korporationssachen bei solchen Korporationen gelten, welche in ihren Statuten darüber, wem die Korporationsgewalt zustehe, keine Bestimmung hätten, wenn es je solche Korporationen geben würde."
Die kritische Distanz zu jeder demokratischen Willensbildung wird mit Hinweis auf tradierte Machtpositionen der Ortsvorsteher zu legitimieren versucht. Pfeifer tritt damit ebenso wie Savigny gegen ein demokratisches Ordnungsschema der Korporationen ein.

100 Georg Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, Leipzig 1843, S. 169.

101 Vgl. dazu Jan Schröder (Fn. 65), S. 399-459.

102 Zur Person R. Harzer, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon, München 1995, S. 428 f.

103 Stolleis (Fn. 1), S. 184.

104 C.F.A. Mittermaier, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts mit Einschluß des Handels-, Wechsel- und Seerechts, Erster Band (7. Aufl. Regensburg 1847), S. 343 ff.

105 Ebd., S. 380 f.

106 Ebd., S. 349.

107 Ebd., S. 348.

108 Ebd., S. 377.

109 Bernd-Rüdiger Kern, Georg Beseler. Leben und Werk, Berlin 1982, zu seinem Verfassungsverständnis besonders S. 127 ff.; Jan Schröder (Fn. 65), S. 399-459; Henkel (Fn. 65), S. 135-141.

110 Jörg-Detlef Kühne, 150 Jahre Revolution von 1848/49 -- ihre Bedeutung für den deutschen Verfassungsstaat, NJW 1998, S. 1513-1518, 1514.

111 Zu den Details Kern, S. 91-294.

112 Jörg-Detlef Kühne (Fn. 35), S. 437 ff

113 Dazu Kern, S. 445 ff., insbes. S. 464 ff.

114 Georg Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts (3. Aufl. Berlin 1873), S. 241f.

115 Ebd., S. 243.

116 Dazu Fred G. Bär (Fn. 21), S. 13 ff.

117 Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, Band 2, Von 1806 bis zur Gegenwart (2. Aufl. München 1993), S. 36.

118 Vgl. Bodo Pieroth, Amerikanischer Verfassungsexport nach Deutschland, NJW 1989, S. 1333 ff; K. Stern, Grundideen europäisch-amerikanischer Verfassungsstaatlichkeit, 1984; D. Kühne, Die französische Menschen- und Bürgerrechtserklärung im Rechtsvergleich mit den Vereinigten Staaten und Deutschland, JöR 1990, S. 1ff.

119 Vgl. Werner Frotscher / Bodo Pieroth, Verfassungsgeschichte, München 1997, Rn. 6, S. 3.

 


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