Als im Jahre 1716 der alte Roland in der Neustadt Brandenburg den Parademarsch der in der nahen Hauptwache untergebrachten Grenadiere störte, wurde er am 27. Oktober 1716 auf Wunsch des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. versetzt. Diesem Vorgang verdanken wir einen der ältesten Hinweise zur Bedeutung eines märkischen Rolands. Der geschäftlich denkende Bürgermeister wandte sich mit der Begründung an den König, daß die "Transportirung des Rolandes aber nicht ohne Euer Königlichen Majestät ausdrückliche allergnädigste Ordre uns einlassen können, indem dieses ein signum concessæ jurisdictionis, eine Antiquitæt, auch wegen der Größe und Schwehre zu transportiren Kosten erfordert werden".1) | 1 |
Seine Königliche Majestät, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., ließ nicht minder geschickt verlauten, "Weille der Roland so wohl, wann er von dem Markt ans Rathhauß gesetzt wird, als wann er an dem itzigen Platz stehet, ein Signum concessæ jurisdictionis und antiquitæt bleibet, die Transportierungs=Kosten auch nicht viel importiren können, alß seynd Seine Königl. Majestät allergnädigst zufrieden daß der Roland vorgeschlagenermaßen versetzet werde." | 2 |
Insofern sind wir in der glücklichen Lage, die Auffassung eines Königs in Preußen über die Bedeutung des Brandenburger Rolands zum Anfang des 18. Jahrhunderts zu kennen. Wenngleich diese vom Bürgermeister vorformuliert wurde. Aber immerhin -- die Kanzlei des Königs widersprach dieser Auffassung nicht. Insofern dürfen wir annehmen, daß es sich um eine damals in Brandenburg gängige Auffassung handelte. Welche Rechte der Neustadt Brandenburg sich allerdings hinter diesem Symbol verbargen, ist leider nicht überliefert. Die Klärung dieser Frage hat die Geschichte den Rolandforschern überlassen. | 3 |
1. Einführung: Der ikonographische Ursprung der Rolande wurde geklärt |
Nachdem um die Jahrhundertwende bis in die 20er Jahre die Rolandforschung durch die gewichtigen Beiträge von Georg Sello, Karl Heldmann, Siegfried Rietschel, Karl Hoede u.a.2) bis heute noch nicht bis in die letzten Details ausgewertete Anregungen empfing, bot aber eben diese Rolandforschung ein zerrissenes Bild. Die Meinungen über Ursprung und Bedeutung der Rolandstandbilder lagen weiter auseinander denn je, ohne daß eine Meinung allgemeine Anerkennung etwa in der Wissenschaft von der Rechtsgeschichte fand. Es ist aus der Sicht einer Rolandhistoriographie von Interesse, daß Heldmann schon 1904 meinte, daß der "Kampf" mit dem Rolandproblem ist in erster Linie ein "Kampf mit der Rolandforschung" sei.3) Es wird aber auch deutlich, daß die Rolandforschung in eine methodologische Krise geraten war, von der sie sich bis heute noch nicht vollständig erholt hat. | 4 |
Für eine Versachlichung der Rolandforschung haben die beiden großen Bestandsaufnahmen von Görlitz (1934)4) und Gathen (1960)5) wesentlich beigetragen. Ersterer bezog in einer bis heute kaum beachteten Monographie die Geschichte der Rolandsorte und ihre rechtsgeschichtliche Entwicklung als wichtigen Hintergrund für die Rolanderrichtungen mit ein und rückte damit die Rolande wieder in das Blickfeld der Stadtgeschichtsforschung.6) Letzterer verfaßte eine rechtsarchäologische Bestandsaufnahme der Rolandstandbilder, die durch ihre Systematik ganz in der Tradition eines Claudius Frhr. v. Schwerin7) lag. Neuerdings hat sich die Rechtshistorikerin Munzel-Everling der gewiss nicht leichten Aufgabe unterzogen, die gesamte Wirkungsgeschichte der Rolande an ca. 270 verwandten und oft im Volksmund als Rolande bezeichneten Figuren in einer Art Gesamtaufnahme zu untersuchen. Erste Ergebnisse stellte sie unlängst vor.8) | 5 |
Aber die Bestandsaufnahmen von Görlitz und Gathen führten auch zu keiner Lösung der beiden zentralen Probleme der Rolandforschung -- der Fragen nach Ursprung und Bedeutung der Rolandstandbilder! Der Hinweis von Hoede auf mögliche Vorbilder unserer Rolande in Frankreich wurde nicht beachtet. | 6 |
Ich meine, daß erst durch die beiden Arbeiten des Würzburger Kirchenrechtshistorikers Winfried Trusen aus den Jahren 1985/86 wieder Bewegung in die Rolandforschung kam, als er die Auffassung vertrat, daß | 7 |
-- die Errichtung der Rolandsäulen auch bei uns durch die Verehrung Rolands als Heiliger -- wie in Frankreich bei der Verbreitung der dortigen Rolandsbilder -- begründet war9) und | 8 |
-- unsere Rolandsbilder nichts anderes als Symbole des Kaiserrechts10) sind. | 9 |
In der Auseinandersetzung mit diesen beiden Thesen kam ich im Jahre 198811) zu einem anderen Ergebnis: | 10 |
-- Es ist weder beweisbar noch gibt es überzeugende Indizien dafür, daß in Deutschland mit der Errichtung von Rolandstandbildern in Bremen, Berlin, Stendal, Prenzlau usw. der Heilige Roland verehrt wurde. Vor allem nicht im Erzbistum Magdeburg, dem kirchlichen Hauptverbreitungsgebiet der 42 bisher nachgewiesenen Rolandstandbilder.12) | 11 |
-- Aus den Untersuchungen von Hoede, Lejeune, Stiennon und Trusen kann nur geschlußfolgert werden, daß der ikonographische Ursprung unserer Rolande in den im westlichen Europa weitverbreiteten Rolandbildern an Kapitellen, Portalen und Kirchenfenstern liegt, die dort bereits wesentlich früher einsetzen.13) Auch andere Phänomene wie französische Kathedralskulptur oder das Kathedralschema wurden nach Deutschland übertragen und weiterentwickelt. | 12 |
-- Die Bedeutung der Rolandstandbilder als Symbole des Kaiserrechts ist allgemein bisher nicht bewiesen. Dazu müssen noch weitere tiefergehende Untersuchungen angestellt werden. | 13 |
Zustimmend zu dieser Auffassung hat sich z. B. Hucker unlängst geäußert, indem er schreibt: "Dieter Pötschke hat zu Recht betont, daß damit die ikonographische Herleitung der Rolande, wenn auch nicht ihre neue Sinngebung, weitgehend geklärt sei." 13.1) Entsprechende über Trusen hinausgehende Untersuchungen zur Verbreitung der Idee vom Kaiserrecht hat vor allem Munzel in dieser Zeitschrift begonnen.14) Auf die Verbreitung der Auffassung vom Kaiserrecht in dem weltlichen Hauptverbreitungsgebiet der Rolande, der ehemaligen Mark Brandenburg, gehe ich weiter unten ein. | 14 |
Eine interessante Analogie zum ikonographischen Vorbild konnte Badstübner nachweisen, der als ikonographisches Vorbild des bisher noch nicht befriedigend gedeuteten Magdeburger Reiters die Justinianssäule in Byzanz15) nachweisen konnte. | 15 |
2. Zum gegenwärtigen Stand der Rolandforschung |
Jacob Grimm hatte sich gelegentlich seiner Forschungen zu Irmenstraße und Irmensäule über die Entstehung der Rolandstandbilder geäußert.16) Bereits er erkannte, daß in allen überlieferten Rechnungen und Ausgabevermerken keinerlei Hinweise auf die Motive derartiger Beschlüsse und Handlungen enthalten sind. Da helfen uns auch nicht die zahlreichen Erklärungsversuche über Ursprung und rechtliche Bedeutung der Rolande weiter, die seit über 370 Jahren in erzählenden Chroniken, Büchern und Zeitschriftenartikeln geäußert wurden, da sie sämtlich weder beweisbar waren noch in der Forschung allgemeine Anerkennung fanden.17) Alle bisherigen Theorien über die Bedeutung der Rolande wie hohe Gerichtsbarkeit, Marktrecht oder Kaiserrecht18) sind also zunächst abzulehnen, da sie weder allgemein für alle Rolande noch in Einzelfällen bisher beweisbar sind! | 16 |
Dennoch hat die wissenschaftliche Rolandforschung in den letzten 40 Jahren einige Fortschritte erzielen können: | 17 |
1. Zunächst wurden die methodologischen Grundlagen der Rolandforschung neu überdacht und zu einem sicheren Fundament umgestaltet, auf dem die weitere Rolandforschung aufbauen kann.19) Dies haben auch die bisherigen vier wissenschaftlichen Rolandtagungen 1983 in Halberstadt, Belgern (1986), Perleberg (1989) und Quedlinburg (1994) ergeben.20) | 18 |
2. Der (ikonographische) Ursprung der Rolandstandbilder konnte -- wie oben dargelegt -- endgültig geklärt werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse von Hoede, Lejeune und Stiennon und Gathen konnten Trusen21) und der Autor22) nachweisen, daß die ikonographischen Vorbilder für unsere Rolande aus Frankreich stammen. Damit sind die anderen Ursprungstheorien hinfällig. | 19 |
3. Durch verschiedene Arbeiten konnte die Rolandthematik wieder näher an die rechts- und stadtgeschichtliche Forschung gerückt werden.23) Insbesondere hat sich Lück mit rechtshistorischen Fragestellungen zum Hallenser Roland beschäftigt, den er in seiner Funktion als Markgraf sieht.24) Fragen der Rechtsgeschichte der Rolandorte, der Verbreitung von Rechtsbüchern25) und damit des Gedankens vom Kaiserrecht26) und entsprechender Symbole, aber auch Fragen der Rechtsikonographie können und müssen nach diesen Erkenntnissen im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Rolandforschung gesehen werden. | 20 |
4. Eine Bibliographie über die Rolandstandbilder mit etwa 900 Angaben über Bücher, Zeitschriftenartikel, Zeitungsartikel, Aufsätze in Heimatkalendern usw. steht kurz vor dem Abschluß.27) Sie kann als Grundlage für eine umfassende Rolandhistoriographie dienen, wie sie von Georg Sello und Karl Heldmann in verschiedenen Arbeiten begonnen wurde.28) | 21 |
Dennoch blieb bisher die Hauptfrage, wie Rolande zu Rechtssymbolen wurden und welche rechtliche Bedeutung ihnen zur Zeit der Ersterrichtung beigemessen wurde, bis heute offen. Daher ist es notwendig, zunächst Folgerungen aus den obigen Resultaten zu ziehen. Insbesondere sind die Forschungen zur Bedeutung der Rolande auf eine neue methodische Grundlage zu stellen. Dies wird in dieser Arbeit hauptsächlich der historische Aspekt der Rolandforschung sein, der hier mit dem von Jacob Grimm angewandten historischen oder genetischen Prinzip29) in Verbindung gebracht wird. Im Jahre 1983 hatte ich drei grundlegende Aspekte der Rolandforschung30) unterschieden und genauer untersucht: | 22 |
1. Untersuchung des historischen Aspektes (sowohl die Entwicklung der Rolandstandbilder als auch die historische Entwicklung ihrer rechtlichen Bedeutung betreffend) | 23 |
2. Verbreitungsgebiet und Standorte (Rolandgeographie) | 24 |
3. Sozial-politischer Aspekt. | 25 |
Die Unterscheidung dieser Aspekte hat allgemein bei der Betrachtung kulturhistorischer Erscheinungen den doppelten Vorzug, daß man einerseits eine übersichtliche Gruppierung der Vielzahl von Fragen zu dem jeweiligen Phänomen erhält und andererseits mit ihrer Hilfe eben leicht Forschungsdefizite bezüglich des jeweiligen kulturhistorischen Phänomens herausarbeiten kann.31) Es erschien mir aus der Sicht des Historikers selbstverständlich, z. B. einen Volksbrauch in seiner historischen Entwicklung zu betrachten. Berücksichtigung des historischen Aspektes heißt aber auch, daß jede Aussage über die historische Entwicklung der Bräuche quellenmäßig belegt sein muß. Für die bisherige Rolandforschung konnte ich durch die Einführung dieser drei Aspekte eine Reihe von Forschungsdesiderata aufzeigen.32) Dabei ergab sich auch eine Kritik monistischer Bedeutungstheorien, die allen Rolanden zu allen Zeiten und an allen Orten die gleiche Bedeutung beimessen wollen -- wie sie schon Gathen übte.33) Es muß auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, daß Rolanden zu unterschiedlichen Zeiten durchaus verschiedene Bedeutungen beigemessen werden können. Mit anderen Worten: Auch die Bedeutung der Rolande muß einer historischen Analyse unterzogen werden. Die älteste uns bekannte Abhandlung über die Rolande stammt von Gryphiander.34) Bereits dort wurde an eine zeitlich verschiedene Bedeutung der Rolandbilder gedacht. Allerdings bezieht sich dies bei Gryphiander nur auf die Bezeichnung Roland. Erst Jacob Grimm zog aus historischer Sicht eine andere Bedeutung und damit auch eine andere Bezeichnung der Rolandsäulen ernsthaft in Erwägung. Zeitlich nach ihm ist die Auffassung einer dem zeitlichen Wandel unterworfenen Bedeutung der Rolande durch Stappenbeck35) im Jahre 1850 am deutlichsten herausgearbeitet worden, wenn auch die dort konstruierte Bedeutungsfolge nicht kritiklos hingenommen werden kann. | 26 |
Der methodische Ansatz von Jacob Grimm zur Lösung des Ursprungsproblems der Rolande ist grundlegender Natur: Es handelt sich um das sogenannte historische oder genetische Prinzip.36) Jacob Grimm hatte im Wintersemester 1802/03 die "Anleitung" Friedrich Carl von Savignys "zu einem eigenen Studium der Jurisprudenz" eine Kollegnachschrift angefertigt, die 1951 von Gerhard Wesenberg unter dem Titel "Juristische Methodenlehre" herausgegeben wurde.37) In ihr findet sich das sog. genetische Prinzip, das Kernstück der späteren historischen Rechtsschule, die sich auf von Savigny zurückführen sollte.38) "Grundlage dieser Richtung war die geschichtliche Auffassung vom naturhaften, organischen Werden aller Kultur", beschreibt Schmidt-Wiegand dieses Prinzip.39) Etwa auf das Recht bezogen -- und damit im übertragenen Sinne für unsere Rechtssymbole, die Rolande, wichtig -- heißt es in der "Methodenlehre":40) "Jede Gesetzgebung ist doch gewissermaßen mehr oder weniger das Resultat der früheren Geschichte der Gesetzgebung. Justinian hatte nie die Absicht, ein eigenes Gesetzbuch zu machen, sondern eine bloße Kompilation aus den sehr reichlich vorhandenen Materialien zu bilden. Das historische Ganze ist selbst wieder Gesetz geworden." | 27 |
Die Rechtsquellenlehre, die Exegese und die Interpretation stehen damit im Vordergrund dieser "Juristischen Methodenlehre". Jacob Grimm hat diese Methode auf sein Studium der Sprache und der Literatur und somit als Prinzipien des wissenschaftlichen Arbeitens aus dem Bereich der Rechtswissenschaften auf die von ihm begründete Deutsche Philologie -- wie seine "Deutsche Grammatik" (1819)41) und die "Deutschen Rechtsaltertümer" (1828)42) beweisen -- übertragen. Sein Versuch, den Ursprung der Rolande auf die Irminsul zurückzuführen und eine bereits vergessene Bedeutung aufzudecken, entspricht diesem genetischen Prinzip. | 28 |
In der vorliegenden Arbeit möchte ich diesen methodischen Ansatz für Rechtssymbole weiterentwickeln. Zunächst wird begrifflich klarer als in der bisherigen Forschungsliteratur zwischen Ursprung und Bedeutung der Rolandstandbilder unterschieden (s. Abschn. 4 der vorliegenden Arbeit). Es werden erste Konsequenzen aus den o. g. Ergebnissen für die Rolandforschung gezogen (Abschn. 4.3). Untersuchungen zum "Roland von Erfurt" (Abschn. 3) zeigen, daß über Generationen durchaus die ursprüngliche Bedeutung von rechtsarchäologischen Denkmalen in Vergessenheit geraten kann und daß sogenannte "semantische Verschiebungen" hin zu anderen Bedeutungen stattfinden können.43) Anschließend gebe ich eine Übersicht über die nach meiner Ansicht noch offenen Probleme der Rolandforschung (rechtliche Bedeutung der Rolande, Rechtsgeschichte der Rolandorte sowie Bezüge zur Rechtsbuchforschung vgl. Abschn. 4 und 5.4). Alle bisherigen Theorien über den Ursprung werden hier dementsprechend überprüft, bewertet und stellen sich -- was eigentlich nicht mehr erwartet wurde -- als nachweisbar falsch heraus (s. Abschn. 4.3). | 29 |
Bezüglich der Theorien über die rechtliche Bedeutung der Rolande (Abschn. 4.1) mag ich mich aufgrund des gegenwärtigen Forschungsstandes zu derartigen Konsequenzen noch nicht durchringen. Es gibt aber Hinweise, daß auch alle bisherigen Theorien falsch sind und die rechtliche Bedeutung allein im Kaiserrecht liegen könnte.44) Noch zugespitzter würde ich formulieren, daß die Bedeutung der Rolande evtl. allein im Glauben der Auftraggeber bzw. Stadt- und Dorfgemeinden zu suchen ist, daß die jeweiligen Orte mit Kaiserrecht o.ä. bewidmet seien, was auch immer im jeweiligen Ort unter diesem Begriff verstanden bzw. im Nichtwissen um die genaue Bedeutung subsumiert wurde. Dies würde auch erklären, daß wichtige Orte keinen Roland besaßen. | 30 |
Offensichtlich bestand aber auch ein Bedürfnis der Rolandorte, ihre Selbständigkeit gegenüber dem jeweiligen Stadt- oder Landesherren oder wem auch immer durch ein derartiges Symbol zu manifestieren. Diese Indizien wurden vor allem von Gathen45) (er hat sie mit karolingischer Atmosphäre umschrieben) und Trusen46) m. E. ohne abschließendes Ergebnis eingehender untersucht. Viele Rolande sind jedenfalls von späteren Generationen offenbar als Symbole der städtischen Autonomie47) angesehen worden, und zwar nicht nur von den Bürgern. Diese Auffassung wurde offensichtlich auch von den Stadtherren übernommen. Dies zeigen die Beispiele von Bremen, Quedlinburg, Halle, Hamburg usw. | 31 |
Auch dieses festzuhaltende Ergebnis würde der methodischen Herangehensweise Jacob Grimms entsprechen, daß wir bei sog. Antiquitäten oder Rechtsaltertümern mit dem Vergessen des ursprünglichen Motivs der Benennung, des Errichtens usw. zu rechnen haben. Denn bei der relativ dichten Überlieferung mittelalterlicher Quellen z. B. in Bremen, Berlin, Prenzlau, Quedlinburg usw. ist in historischer bzw. rechtshistorischer Sicht ernsthaft der Frage nachzugehen, ob nicht schon sehr bald nach der Errichtung der ersten Rolande das eigentliche Errichtungsmotiv und die von den Verursachern den Standbildern zugedachte rechtliche Bedeutung schlicht vergessen wurden. Die Konsequenzen mögen -- evtl. auch bezüglich des in Kleidung und Datierung völlig aus der Reihe fallenden Rolandes in Halle -- nicht sehr angenehm sein. Lieb gewordene, über Jahrhunderte gefestigte Ansichten über die Rolande werden möglicherweise aufgegeben werden müssen. Aber gebührt nicht der wissenschaftlichen Erkenntnis der höhere Rang48)? | 32 |
Beispiele für derartige vergessene Bedeutungen liefern uns z. B. der Hl. Martin in Erfurt und der Hl. Christophorus.49) Allerdings ist der Nachweis einer Bedeutungsverschiebung im jeweiligen Einzelfall meist ein interessantes, aber schwierig zu lösendes Problem -- wie besonders der Fall des Erfurter "Rolands" zeigt ( Abschn. 3). | 33 |
Im Abschn. 5 wird der Verbreitung der Rolande in der Mark und der Anregung Trusens nachgegangen, die Verbreitung des Gedankens vom Kaiserrecht durch die Glossen zum Sachsenspiegel zu verfolgen. | 34 |
3. Erfurt: Vom Hl. Martin zum Roland |
"1592 ließ der Rat das steinerne Bild oder Statue gegen das Rathaus aufm Fischmarkt setzen (dergleichen etliche keyserliche Reichsstädte den Rolandum aufgerichtet) zum Beweißthum ihrer Freyheit, so die Stadt von alten Zeiten her gehabt. Die Meintzischen hätten solche gerne wieder umbgerißen gesehen." So beschreibt der Erfurter Ratssyndikus Friese (1673-1754) die Errichtung einer Statue auf dem Erfurter Fischmarkt in seiner handschriftlich überlieferten Chronik.50) Diese Quelle liefert uns den seltenen Fall, bei dem wir den Bedeutungswandel einer freistehenden Skulptur der frühen Neuzeit direkt nachweisen können. Die Verfolgung der Spur der rätselhaften, aber anmutigen, wie ein römischer Legionär gekleideten Figur auf dem Erfurter Fischmarkt lieferte ein überraschendes Resultat.51) | 35 |
Zunächst wurde an dieser Stelle nach 1385 vom Rat der Stadt anstelle der abgerissenen Kirche namens Martini intra ein "mit einer Mauer umgebenes Kreuz" errichtet.52) Vor dem Jahre 1448 wurde an dieser Stelle eine Martinsfigur errichtet, die nach der Stadtrechnung in diesem Jahr vergoldet wurde. Der Hl. Martin war der Schutzheilige des Erzbistums Mainz, zu dem Erfurt gehörte, zugleich auch der Schutzheilige der Stadt selbst. Aber schon als die Bauern am 29. April 1525 in die Stadt Erfurt stürmten und den Hl. Martin stürzten, sahen sie darin wohl weniger den Heiligen als ein Mainzer Hoheitszeichen, denn es wurde alles -- und nur das -- zerstört, was Mainzisch war: das Zollhaus und die Salzkremen, das "hankhaus" und das geistliche Gericht sowie das Notariat. Der Rat mußte sich gegenüber dem Erzbischof verpflichten, die Statue des St. Martin wieder zu errichten, was nach einigen Verzögerungen erst im Jahre 1592 erfolgte. In diesem Jahr wird er nur noch als der "Romer" bezeichnet, was seine Erklärung darin findet, daß in vielen Darstellungen der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts St. Martin in der Kleidung eines Römers dargestellt wurde. | 36 |
Interessant ist nun, daß die Bezeichnung "Roland" für den Römer erst im 18. Jahrhundert mißverständlich aufgekommen ist. Zuerst hatte der Mainzer Hofhistoriograph Gudenus gelegentlich einmal (1675) einen gelehrten und gewiß unfreundlichen Vergleich des Römers mit den Rolanden anderer Städte angestellt. Aber erst seit Friese (vor 1754, s.o.) hatte sich die Bezeichnung "Roland" mehr und mehr durchgesetzt! | 37 |
Der "Fall Erfurt" führt aber nicht nur dazu, daß die Zahl der bekannten -- und von der Rolandforschung bis 1989 anerkannten Rolande -- von 42 auf 41 reduziert wurde. Er ist auch methodologisch von Interesse, da er klar zeigt, wie der Ursprung eines derartigen mittelalterlichen Symbols in Vergessenheit geraten kann und ihm mit der Zeit eine andere Bedeutung durch die jeweiligen Zeitgenossen zugeordnet wird: St. Martin -- Mainzer Hoheitszeichen -- Römer -- Roland. Jacob Grimm hat also recht! | 38 |
Damit galt der Erfurter "Römer" oder besser St. Martin nur von 1754 bis 1988, also 234 Jahre als Roland. Ähnlich verhält es sich nun auch mit den "echten" Rolandstatuen. Die Ursprünge dieser rätselhaften, überlebensgroßen Figuren wurden offensichtlich vergessen, und nun boten Chronisten, Historikern, Germanisten und Rechtshistoriker verschiedene Erklärungsversuche an, die nach heutigem Kenntnisstand aber sämtlich verworfen werden müssen. | 39 |
4. Zu Bedeutung und Ursprung der Rolande |
Zunächst muß eine Trennung der Fragen nach dem Ursprung und nach der Bedeutung der Rolandstandbilder vorgenommen werden, klarer als bisher in der Rolandforschung üblich. Eine (scheinbare) Trennung von Ursprung und Bedeutung der Rolande erfolgte bisher nur ad hoc durch diejenigen Autoren, die durch das Vorlegen einer scheinbar überraschenden These über den Ursprung der Rolande die bisherigen und schwierigen Untersuchungen zur Bedeutung der Rolande unberücksichtigt lassen wollten.53) | 40 |
Unter Bedeutung soll im folgenden die Bedeutung oder Interpretation des Symbols R (Roland) -- im Sinne der Semantik als Teil der Erkenntnistheorie oder der mathematischen Logik, etwa des Prädikatenkalküls 1. Stufe mit Identität54) verstanden werden. Dabei ordnet eine Funktion f dem Symbol R eine Interpretation zu, bei der f(R) durchaus von f(R') für R ungleich R' verschieden sein kann. Wenn die Interpretationen f(R) für alle R gleich sein sollen, sprechen wir von monistischen Bedeutungstheorien, die allen Rolanden zu allen Zeiten und an allen Orten die gleiche Interpretation/Bedeutung zuordnen. Beispiele für f(R) sind die Marktgerechtigkeit, die hohe Gerichtsbarkeit, die Reichsunmittelbarkeit usw. | 41 |
Während wir uns für eine klare Bestimmung des Begriffs Bedeutung auf die Erkenntnistheorie55) bzw. die mathematische Logik beziehen können, ist dies für den Begriff Ursprung schwieriger, der bisher in der Rolandforschung nur im umgangssprachlichen Sinne verwendet wurde. Wir wollen daher unter Ursprung eines Rolandstandbildes die Frage verstehen, woraus sich das Rolandstandbild entwickelt hat. Dies kann also im rechtsarchäologischen Sinne56) oder im Sinne "aus einer Idee", also im ideellen Sinne verstanden werden. Daher ist der ikonographische Ursprung als spezieller Aspekt darin enthalten. | 42 |
Ursprung ist also im materiellen (Säule) und im ideellen Sinne (Symbol für eine Idee; z. B. das Götterbild) gemeint. Der Ursprung der Rolandstandbilder wäre also im ikonographischen Sinne geklärt, wenn sie auf ein älteres Vorbild zurückgeführt werden können. Ungeklärt ist bisher die ursprüngliche Idee. Es ist jedenfalls bei unseren Rolandstandbildern nicht wie Trusen57) vermutete, der Heilige Roland! Daher möchte ich die ursprüngliche Idee eher im Zusammenhang mit der frühen Bedeutung der Rolande suchen, z. B. im Kaiserrecht, da zeitgenössische Quellen dies nahelegen. | 43 |
Eine allgemein verbreitete Verehrung Rolands als Heiliger ist z. B. in der Mark Brandenburg, dem Hauptverbreitungsgebiet der Rolande, und darüber hinaus im Erzbistum Magdeburg nicht nachweisbar.58) Unter kirchengeschichtlichen Gesichtspunkten kann man auch das ehemalige Erzbistum Magdeburg als Hauptverbreitungsgebiet der Rolande auffassen. | 44 |
Zunächst könnte man meinen, daß mit dem Ursprung der Rolande auch deren Bedeutung geklärt wäre. Wir können aber nicht ausschließen -- wie oben dargestellt -- daß sich die Bedeutung der Rolande über die Jahrhunderte gewandelt hat, vgl. dazu Abschn. 2. Einen derartigen Bedeutungswandel haben verschiedene Symbole des Mittelalters durchlaufen wie z. B. der Hl. Martin in Erfurt, der Hl. Christopherus oder der Bronzelöwe in Braunschweig. | 45 |
Nachdem sich die stadtgeschichtliche und rechtshistorische Forschung am Ende des 19. Jhs. und zu Beginn dieses Jahrhunderts unter Verwendung rechtshistorischer Methoden intensiv mit Ursprung und Bedeutung der Rolande auseinandergesetzt hatte und zu keinem befriedigenden Ergebnis kam, erlosch zunächst das Interesse an dieser quellenarmen Problematik. Neuere Untersuchungen zu den deutschen Rechtsbüchern und ihrem Verhältnis zum Kaiserrecht erhellen wesentlich den ideengeschichtlichen Hintergrund der Rolanderrichtungen seit dem 14. Jahrhundert -- wie die Schildumschrift des Bremer Rolands nahelegt. | 46 |
Die Verbreitung der mittelalterlichen Rechtsbücher vor allem im Gebiet des ehemaligen Erzbistums Magdeburg, in dem sich sehr viele der 42 Rolande befanden, muß nun genauer studiert werden. | 47 |
Die Berücksichtigung der kunst-, kirchen-, stadt- und rechtsgeschichtlichen Forschungsergebnisse der letzten dreißig Jahre ermöglicht auf der einen Seite die Beantwortung einiger bisher offener Fragen der Rolandforschung. Andererseits wird die Rolandproblematik dadurch näher an die Stadt-, Rechts- und Kunstgeschichte herangerückt und zugleich deren Methoden zugänglich gemacht. Das Rolandproblem wurde wieder -- darauf hatte ich im Abschn. 1 hingewiesen -- zu einem ernst zu nehmenden Problem der Stadt- und Rechtsgeschichte qualifiziert. | 48 |
4.1. Theorien über die Bedeutung der Rolande |
Diese sind ausführlicher z. B. bei Stappenbeck und Gathen59) dargestellt. Sie sollen hier nur der Vollständigkeit halber genannt werden. | 49 |
Es ist geäußert worden, ob nicht Kaiser Karl der Große selbst dargestellt wurde. 59.1) Diese Ansicht ist wohl durch das Standbild in Wedel bestimmt, da es eine Krone und den Reichsapfel trägt. Der mit 5,95 m größte Roland wurde aber erstmals 1724 erwähnt. | 50 |
Neben Karl dem Großen wird auch Kaiser Otto II., der Rote, in der älteren Literatur als Urheber der Rolande erwähnt, dem hier ein Denkmal gesetzt worden sein soll. | 51 |
Nach der Auffassung von Sello und Zoepfl60) stellen die Rolande Denkmale von Fürsten oder Königen dar. Nach anderer Ansicht sind darin Richterbilder zu sehen.61) Gryphiander und andere Autoren, z. B. Schröder,62) sahen einen engeren Zusammenhang zum sog. Weichbild. Schröder ging noch weiter, indem er in Rolanden "monumentale Träger von Marktzeichen" vermutete. Forschungen zum Weichbildproblem, vor allem von Schmidt-Wiegand,63) lassen jedoch die einfache Gleichsetzung "Marktrecht = Weichbild" sehr fraglich erscheinen.64) Nach einer anderen Auffassung sind Rolande als Zeichen der Reichsunmittelbarkeit anzusehen. Hierbei ist aber zu bedenken, daß von den Rolandorten nur Nordhausen im Mittelalter die Reichsunmittelbarkeit besaß. Nach der Auffassung von Haltaus65) aus dem Jahre 1758 waren Rolande Zeichen besonderer eigentümlicher Freiheiten und Privilegien (signum peculiaris libertatis eximiique privilegii), die den Reichs- und Landstädten und sogar einigen Dörfern verliehen worden waren (z. B. Marktrecht). | 52 |
Schließlich sollen Rolande Zeichen des Blutbannes oder der höchsten Gerichtsbarkeit (signum jurisdictionis et quidem superioris) sein.66) Rolande sollen Zeichen von Handelsvorrechten sein.67) Rolande sollen Zeichen des Stadtrechtes sein.68) Nach Trusen69) und Munzel70) sollen Rolande Zeichen des Kaiserrechtes sein. Auf die Tatsache, daß in einigen Städten Rolande Zeichen der Autonomie der jeweiligen Stadt gegenüber dem zuständigen Stadtherrn waren, hatte ich erstmals 1983 hingewiesen.71) M. E. kann eine gründliche Untersuchung der Haltung der geistlichen und weltlichen Landes- und Stadtherren gegenüber den Rolandstädten wie Bremen, Hamburg, Magdeburg, Quedlinburg, Halle und Berlin usw. die Bedeutung der dortigen Rolandes als Zeichen der Autonomie der jeweiligen Stadt gegenüber dem zuständigen Stadtherrn erweisen: Sie dienten als Symbol der Herrschaft72) des Rates und der freien Bürgergemeinde. Damit wurde wohl erstmals eine Theorie aufgestellt, die sich nicht auf alle Rolande bezieht. In der Folge hat sich Grape eingehender mit dem Bremer Roland befaßt und legte eine Deutung dieses Rolands als Zeichen des Unabhängigkeitsstrebens des städtischen Patriziats vor.73) Ausführlich hat sich Bernd Ulrich Hucker -- auch in Auseinandersetzung mit Witteks Vortrag auf der Quedlinburger Rolandtagung 1994 -- mit der Rolle der Rolande im Freiheitskampf der Städte beschäftigt.74) Er kam zu dem Ergebnis: Es ergibt sich also, daß die weitgehend einheitliche Auffassung vom Roland als Autonomiesymbol imperialer Herleitung vor allem in den Sachsenstädten ihre Ausprägung von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an erhielt. Für welche weiteren Rolande nun diese Bedeutung nachweisbar ist, muß noch eingehender untersucht werden. | 53 |
Neuerdings kam Wittek (1998) nach einer vergleichenden stadtgeschichtlichen Untersuchung zu dem Ergebnis: "Dem Roland sind demnach nicht annähernd so eindeutig wie dem Marktkreuz die Eigenschaften des Friedenszeichens zu bestätigen. Aber der Roland ist Ratssymbol, verkörpert befriedete gesetzliche Gewalt, gedacht als Drohung gegen bürgerliche Gewalttätigkeit wie gegen stadtherrliche Übergriffe und erscheint somit als ein Instrument des Stadtfriedens".75) Also Rolande als Sinnbilder des Stadtfriedens. | 54 |
Alle diese Theorien -- bis auf die des Autonomiesymbols in ausgewählten Fällen -- sind bisher nicht vollständig bewiesen und daher aus methodischen Gründen zunächst abzulehnen. Allerdings gibt es hier Abstufungen. Für die Theorien des Kaiserrechts, des Stadtfriedens und der Autonomie werden wir in den nachfolgenden Abschnitten vor allem in Einzelfällen noch Indizien offenlegen. | 55 |
4.2. Bisherige Thesen über den Ursprung der Rolande |
Neben den verschiedenen Theorien über die Bedeutung von Rolanden wurden auch verschiedene über den Ursprung der Rolande in der Literatur entwickelt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen ernsthafteren Thesen, die oft unter volkskundlichen Gesichtspunkten oder solchen der rechtlichen Volkskunde76) entwickelt wurden, und eher phantasiereichen Thesen über den Ursprung der Rolande, mit dem sich der eine oder andere Rechtshistoriker zu profilieren versuchte, zu unterscheiden. Wenn wir von Volkskunde sprechen, ist zu beachten, daß wichtige Methoden der Volkskunde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert entwickelt wurden -- so z. B. durch eine Vielzahl von Arbeiten der Brüder Grimm77) -, während sie in ihrer Gesamtheit als Wissenschaftsdiziplin erst gegen Ende des 19. Jahrhundert antrat. | 56 |
Nachteilig, man muß sogar sagen hemmend, hat sich auf die Forschungen nach Ursprung und Bedeutung der Rolandstandbilder ausgewirkt, daß der volkskundlichen Untersuchung die historische Betrachtung weitgehend fremd war. In der Volkskunde, z. B. in der Brauch- oder Trachtenforschung, wurde dies sogar durch Schulen wie die bedeutende von Adolf Spamer zum Grundprinzip erhoben! Bereits bei Untersuchungen zu der historischen Entwicklung des Brauches vom Tonnenabschlagen78) hat sich gezeigt, daß die Einführung der historischen Betrachtungsweise für die weiteren Forschungen zu den Ursprüngen und letztlich zur Bedeutung von Volksbräuchen nicht nur zweckmäßig, sondern für einen weiteren Forschungsfortschritt notwendig ist. | 57 |
Adolf Spamer79) schrieb in seinem grundlegenden Beitrag für das Handbuch der deutschen Volkskunde: Eine Darstellung des Brauchtums kann ausgehen von dessen verschiedenen Bildungskräften oder von der bunten Erscheinungswelt seines wirklichen, zeitgebundenen Lebens. Psychologische und historische Darstellung wird den ersten, volkskundliche den zweiten Weg beschreiten. Steht ihr doch die zeitliche Erscheinungsform im lebendigen Volksraum näher als die Erfassung der Anfangsgründe eines langen geistigen Entwicklungsprozesses, die Gegenwart näher als die Vergangenheit. | 58 |
Hierzu möchte ich feststellen, daß -- solange die volkskundliche Brauch- und Symbolforschung diesen Standpunkt nicht überwindet -- auf sie das Urteil des amerikanischen Wissenschaftlers William James zutrifft, das er vor seine mehrbändige Einführung in die Psychologie (1890) stellte: Dies ist noch keine Wissenschaft, sondern nur die Hoffnung auf eine Wissenschaft!80) Denn wer sollte sich mit Brauchtum -- wie Ringreiten, Rolandspielen, Hahnrupfen usw. unter historischen Gesichtspunkten beschäftigen -- wenn nicht der Volkskundler? Insofern muß eine volkskundliche Betrachtung des Rolandproblems die historische und somit auch die rechtshistorische einschließen. Hier wäre die Volkskunde und damit die Rolandforschung schon zu Beginn des 20. Jahrhundert weiter gekommen, wenn sie die historische Methode von Savigny und Jacob Grimm81) in ihr Repertoire der Methoden aufgenommen hätte. | 59 |
Der von Spamer formulierte Grundsatz hat sich auch auf die bis heute im wesentlichen volkskundlich orientierte Rolandforschung ausgewirkt, indem der brauchgeographische Aspekt, d.h. welcher Roland mit welcher Zutat versehen (Rosen am Düsing, Horn, Hund zu Füßen, Schwert oder Zepter, Kopfbedeckung usw.) mit großer Aufmerksamkeit studiert wurde,82) aber der historisch-geographische Aspekt, d.h. wann welcher Roland in welchem Ort erwähnt wurde, fast völlig vernachlässigt wurde. In diesem Sinne wollte man das "historisch Invariante" festhalten und suchen, anstatt -- gemäß der historischen Methode -- dem zeitlichen Wandel von Bedeutung und Auffassungen über den Ursprung der Rolande Rechnung zu tragen. Demzufolge sind bei den Ursprungstheorien auch fast nur monistische Theorien und Erklärungsversuche anzutreffen, die allen Rolande zu allen Zeiten den gleichen Ursprung zugrunde legen. | 60 |
Die Thesen über den Ursprung der Rolande sind im einzelnen: | 61 |
Rolande sollen aus Marktkreuzen entstanden sein: Der bereits erwähnte Rechtshistoriker Richard Schröder glaubte nachweisen zu können, daß die Rolande aus den Marktkreuzen entstanden seien.83) Als erste Ursprungsthese konnte diese bereits 1983 widerlegt werden.84) | 62 |
Rolande sind aus Ahnen- und Gerichtspfählen hervorgegangen: Diese These wurde von Meyer und Wadstein85) vertreten. | 63 |
Rolande sollen aus Rolandspielfiguren hervorgegangen sein: Dies haben vor allem Jostes, Heldmann und Beyerle versucht nachzuweisen.86) | 64 |
Rolandspiele sind aber für das Mittelalter überhaupt nur in zwei Fällen nachgewiesen. Zum einen erzählt die Magdeburger Schöffenchronik87) zu den Jahren zwischen 1270 und 1280, daß der "Roland" gespielt wurde ohne daß eine genauere Beschreibung erfolgte. Die zweite, uns nun bekannte Erwähnung eines Rolandspiels aus dem Mittelalter stammt erst aus dem Jahre 1384 aus Berlin. In dem Berliner Schuhmachergesellenbrief aus diesem Jahr wird -- entgegen der Auffassung des Berliner Stadtarchivars Ernst Kaeber, der diesen Brief 1928 veröffentlichte und diese Erwähnung auf einen Roland in Berlin bezog -- auf ein Rolandspiel Bezug genommen.88) | 65 |
In keinem der beiden Fälle ist ein Zusammenhang zu den in diesen Orten ebenfalls vorhandenen Rolandstatuen nachweisbar, folglich ist die These, Rolande seien aus Spielfiguren hervorgegangen, reine Spekulation. In Magdeburg wird ein Rolandstandbild erst im Jahre 1419 erwähnt, so daß auch keine Kontinuität in der Überlieferung über 200 Jahre vorhanden ist. In Berlin dagegen erfolgte die Rolanderwähnung rein zufällig und an unverdächtiger Stelle, so daß dort das Rolandstandbild sogar älter als der Spielroland sein kann. Die früheste ausführliche Beschreibung eines Rolandspieles kennen wir erst aus der Chronik des Bischofs von der Hoya (1566-1574) in Münster.89) | 66 |
Rolande seien aus mythologischen Götterbildern hervorgegangen: | 67 |
Diese Auffassung wurde insbesondere von Zoepfl, Platen und Meyer90) vertreten. Jacob Grimm vertrat dagegen die Ansicht,91) Rolande seien Nachfolger der Irmensäule, des Hauptheiligtums der Sachsen. Zunächst ist einer der frühesten Belege für die Existenz der Irmensäule und zur Verehrung als Heiligtum zum Jahre 772 in den annales regni francorum, den Reichsannalen überliefert:92) "772. Damals hielt der milde König Karl eine Versammlung in Worms und begab sich von hier erstmals nach Sachsen, eroberte die Ehresburg, gelangte bis zur Ermensul ( lat. ermensul), zerstörte dieses Heiligtum und brachte das Gold und Silber, das er dort fand, mit". | 68 |
Da der erste Teil der Reichsannalen von einem unbekannten Verfasser höchstwahrscheinlich zwischen 788 und 793 unter Benutzung älterer Annalenwerke verfaßt wurde,93) können wir hier also von einer zeitgenössischen Quelle ausgehen. Später, im Jahre 938, schloß König Otto seinen aufständischen Sohn in die Ehresburg ein, berichtet uns Thietmar von Merseburg.94) Des Königs Truppen trieben den kampfesmüden jungen Mann in die St. Peterskirche, wo die Alten früher die Irminsul (lat. irminsul) verehrt hatten. Hier fiel er im Kampfe als Krieger. Die Irmensäule gilt als heidnisches Heiligtum der Engern, die an anderer Stelle als geschnitzte Baumsäule beschrieben wurde. In seiner Besprechung der "Geschichtsquellen des Erzstiftes und der Stadt Bremen"95) geht Jacob Grimm auf die Chronikstelle ein, in der die Erlaubnis König Heinrichs beschrieben wird, daß die Stadt Bremen dem Roland ein Schild vorthun darf. Diese Erwähnung zum Jahre 1111 wird von ihm völlig zu Recht als Fälschung angesehen.96) Zu den Rolanden vermerkt er hier: "ihr bloszer bezug auf den marktbann oder die ausübung der gerechtigkeit reicht nicht aus; der sitte des sächsischen volks solche säulen aufzurichten, musz ein uralter, wahrscheinlich noch in dem heidenthum wurzelnder grund untergelegt werden. die benennung nach roland ist später, schwerlich vor dem XII. oder XIII. jahrhundert hinzugetreten. unter einem volksstamm, der früher an die Irmansäule gewohnt war, begreift sich das haften der Rolandsäulen ohne mühe".97) | 69 |
4.3. Ergebnisse zum ikonographischen Ursprung und deren Konsequenzen für die bisherigen Thesen über den Ursprung der Rolande |
Soweit also die bisher vorgelegten Thesen zum Ursprung der Rolande. | 70 |
Bereits im Jahre 1911 dehnte der Zerbster Rolandforscher Karl Hoede -- Verfasser zweier Monographien zu diesem Thema -- seine Betrachtungen auf Westeuropa aus.98) Bereits er erkannte,99) daß Roland dort als Heiliger verehrt wurde. Aber erst durch die systematischen Forschungen von Rita Lejeune und Jaques Stiennon,100) Professoren an der Universität Lüttich, ist der ikonographische Umfang der bildlichen Rolanddarstellungen in Westeuropa -- von Schottland bis Italien -- deutlich geworden. An Hoede, Lejeune und Stiennon anknüpfend, konnte der Würzburger Rechtshistoriker Winfried Trusen101) in seiner Arbeit "Der Heilige' Roland und das Kaiserrecht" überzeugend nachweisen, daß das Hauptmotiv für diese bildlichen Darstellungen die Auffassung von Roland als Volksheiliger -- als St. Roland (Bekämpfer der Heiden) -- war. Davon ausgehend entwickelte er die These: "Nur über diese Auffassung (Rolands) als "Volksheiliger" sind jene zahlreichen Statuen, nicht nur in Norddeutschland zu erklären." Im Gegensatz zu Trusen mußte ich aber feststellen (s. Abschn. 2): Eine weit verbreitete Verehrung Rolands als Heiliger ist im Erzbistum Magdeburg nicht nachweisbar. Im Gegenteil: die Errichtung eines St. Roland auf dem Marktplatz von Magdeburg oder Brandenburg hätte den Ärger des jeweiligen Erzbischofs von Magdeburg heraufbeschworen, denn der Schutzheilige des Erzbistums war St. Mauritius und nicht St. Roland! | 71 |
Oben haben wir gesehen, daß allein der ikonographische Ursprung unserer Rolandstandbilder geklärt ist und in eben diesen Rolanddarstellungen in Westeuropa, vor allem in Frankreich liegt.102) Denn diese setzen bereits um das Jahr 1100 ein -- während der frühste nachweisbare Roland in Hamburg erst im Jahre 1342 erwähnt wurde. Wir haben es hier nur mit der Übernahme des Rolandbildes zu tun, nicht aber -- wie Trusen meint -- des Errichtungsmotives! Es hat gewissermaßen eine Sinnentleerung oder besser Bedeutungswandel stattgefunden, denn nun wird er zum Rechtssymbol, das er vorher nicht war. Offensichtlich bedurfte man auch eines solchen Rechtssymbols, vor allem im Gebiet des Erzbistums Magdeburg bzw. in der Mark Brandenburg, aber auch in anderen Rolandorten. | 72 |
All die oben erwähnten Ursprungstheorien sind also nicht nur abzulehnen, weil sie nicht beweisbar sind, sondern weil nicht einmal Indizien daraufhinweisen. Sicher ist die Auffassung von Eckhard Müller-Mertens zutreffend, der auf meine Frage, was er als Mediävist von den Theorien über Ursprung und Bedeutung der Rolande halte, die Gegenfrage stellte, ob diese Theorien eventuell nur in den Köpfen der Rolandforscher existierten. Zumindest gilt dies offenbar für die Thesen über den Ursprung der Rolandstandbilder. Damit ist die Frage des (ikonographischen) Ursprungs der Rolandstandbilder geklärt, wenngleich dabei m. E. drei Fragen noch offen bleiben, die allerdings im Zusammenhang stehen: Wie kamen die Rolandstandbilder von Frankreich oder allgemeiner von Westeuropa -- insbesondere nach Deutschland und vor allem in die Mark Brandenburg, dem mit 15 ehemaligen Rolanden als Hauptverbreitungsgebiet der Rolande anzusehendem Territorium (sog. Übertragungsproblem)? Die Hauptfrage nach der rechtlichen Bedeutung der Rolande, die sicher im Zusammenhang mit der Rechtsgeschichte der einzelnen Rolandorte gesehen werden muß. Wie wurden die Rolande, die ja in Frankreich erwiesenermaßen als Heilige verehrt wurden, hier zu Rechtssymbolen (also im Gegensatz zu Trusen, der auch hier in der Verehrung des Heiligen Rolands das Errichtungsmotiv sehen möchte)? Es ist nicht das Ziel dieser Arbeit, auf diese Fragen Antworten zu geben, aber es seien einige weiterführende Überlegungen zum Übertragungsproblem (Abschn. 4.4) und zur rechtlichen Bedeutung (Abschn. 6) gestattet. | 73 |
4.4. Zum Übertragungsproblem |
Bis auf gewisse Hinweise bei der Verbreitung des französischen Rolandsliedes durch Pilgerreisen z. B. zum Grab des Hl. Jacobus in Santiago de Compostela,103) aber auch durch seine Übersetzung ins Deutsche wissen wir nicht, wie die Rolandsidee nach Deutschland gekommen sein könnte. Immerhin laufen drei der vier Pilgerwege nach Santiago über Roncesvalles, das angebliche Grab Rolands. Dort ist noch heute auf dem Paß ein "Rolandstein" zu sehen. | 74 |
Überlegungen zur Verbreitung des Rolandsliedes104) sind als Hintergrund der Rolanderrichtungen vielfach angestellt worden. Sie können aber nur der Erhellung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes dienen. Bis auf den Namen sind biher keine direkten Beziehungen zu den Rolandstandbildern nachweisbar. Daher muß die Forschung einen anderen Weg beschreiten, wie ihn die Brauchforschung aufzeigt. M. Földesne hat z. B. untersucht, wie das Hahnrupfen von Deutschland nach Ungarn gekommen ist.105) Dabei hat sie in methodisch vorbildlicher Weise das sog. Übertragungsproblem von Bräuchen untersucht. Sie hat die Bedingungen untersucht, unter denen ein solcher Brauch übertragen werden kann. Es sind also -- auf unser Problem übertragen -- genauer die Bedingungen im 14.-16. Jahrhundert zu untersuchen, unter denen sich in den Rolandorten der Gedanke von der Symbolkraft der Standbilder durchsetzen konnte und sogar den jeweiligen Auftraggeber zu entsprechenden Ausgaben veranlaßt hat. Offensichtlich bedurfte es nach Auffassung der jeweiligen Stadt- oder Dorfgemeinde eines solchen Symbols, um z. B. gegenüber dem Stadt- bzw. Landesherrn ihre Eigenständigkeit, seine "Freiheit" zu demonstrieren. In einigen Fällen, so in Bremen, Halle, Quedlinburg, Hamburg ist sogar nachweisbar, daß diese Auffassung vom Landesherrn geteilt wurde: Als z. B. die Mannen des von der Äbtissin von Quedlinburg, Hedwig von Sachsen, herbeigerufenen Heeres am 25. Juli 1477 in die Stadt eindrangen und sie unterwarfen, wurde auch der Roland, das Symbol der Freiheit der Stadt, gestürzt, ziemlich zerstört und vom Marktplatz entfernt.106) In Bothos zeitgenössischer Chronecken der Sassen von 1492 heißt es Bl. 272 nach der Mitteilung der Einnahme der Stadt: He stotte vmme oeren rolant vnde nam oen alle oer priuilegia. Erst im Jahre 1869 wurde der Roland notdürftig repariert und wieder aufgestellt. Wir werden weiter unten auf die These Trusens eingehen, Rolande seien Symbole des Kaiserrechts. | 75 |
5. Zur Verbreitung der Rolande in der Mark |
5.1. Die Standorte in der Mark |
In der ehemaligen Mark Brandenburg sind also 15 der 42 ehemaligen Rolandsäulen
nachweisbar und zwar in zeitlicher Reihenfolge ihrer Ersterwähnung:
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76 |
Diese Liste zeigt einen inhomogenen Befund. Zunächst ist festzustellen, daß der Gedanke vom Roland in der Mark Brandenburg bereits wenigstens seit dem Ende des 14. Jahrhunderts verbreitet war. Immerhin sind nachweislich 6 Rolande vor dem Jahre 1500, also im Mittelalter errichtet worden. Dabei wiesen die bedeutendsten märkischen Städte Berlin (vor 1397) und Brandenburg (1402) schon sehr früh einen Roland auf. Denn Rolande sind in Deutschland erst wenig früher in Hamburg (1342) und Bremen (1366) erwähnt.107) Während es sich in Brandenburg um eine Nachricht über eine Errichtung handelt, müssen wir davon ausgehen, daß der Roland in Berlin mindestens 5-10 Jahre früher errichtet wurde, da seine Erwähnung beiläufig als Ortskennzeichnung im Stadtbuch erfolgte. Da selbst kleinere Städte wie Angermünde und Gardelegen bereits um 1420 bzw. 1450 einen Roland aufwiesen, ist anzunehmen, daß andere Rolande wie z. B. in der bedeutenden Handelsstadt Stendal (1525) und Perleberg (1498) bereits wesentlich früher vorhanden waren, obwohl urkundliche Nachrichten nicht überliefert sind. | 77 |
5.2. Zu den Motiven der Rolanderrichtungen in der Mark |
Bei den brandenburgischen Ersterwähnungen gibt es für das Mittelalter keinerlei Hinweise auf die Motive des Aufstellens derartiger Rolandstandbilder. Der erste in der Mark nachgewiesene Roland stand in Berlin, der wie oben dargelegt spätestens um 1390 errichtet wurde. Die märkischen Rolande sind also auf jeden Fall nicht ohne Vorbilder entstanden. Dürfen wir dann danach die Rolande in Hamburg, Calbe und Zerbst als ikonographische Vorbilder betrachten? Dies ist aus kunsthistorischer Sicht zulässig, da die Rolande in diesen Orten, aber auch in Brandenburg, Prenzlau, Perleberg usw. als gerüstete Ritter mit Schwert dargestellt sind, wenngleich es eine Reihe Unterschiede in der Form gibt. | 78 |
5.3. Märkische Städte und der Gedanke vom Kaiserrecht |
Die Errichtung des Rolandes wurde in Bremen seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts durch die Schildumschrift mit einer "Freiheit" in Verbindung gebracht, die "Karl der Große und mancher Fürst fürwahr dieser Stadt gegeben hat". Wenn man prüfen will, ob dieser Gedanke auch der Errichtung der märkischen, insbesondere des am frühesten erwähnten, des Berliner Rolands, zugrunde gelegen haben könnte, so ist zu untersuchen, welche Rolle der Kaiser und das von ihm hergeleitete Recht, das Kaiserrecht, in der Mark und insbesondere in Berlin spielte. Diese Untersuchung kann an zwei zeitgenössischen Quellen, dem Berliner Schöffenrecht aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und an der Sachsenspiegelglosse erfolgen. | 79 |
Das Berliner Schöffenrecht teilt im Prolog, 3. Absatz mit: "God lit in ertrike twe swert tu beschermene di cristenheit dem pawese is gesat dat geistelike. dem keisere dat werlike." D. h. Gott hinterließ im Erdenreiche zwei Schwerter, die Christenheit zu beschützen: Dem Papst ist das geistliche bestimmt, dem Kaiser das weltliche (sog. Zweischwerterlehre108)). Diese Auffassung ist dem Sachsenspiegel Landrecht I,1 entnommen, nach dem das weltliche Recht dem Kaiser bestimmt ist. Diese Auffassung wurde auf den gesamten Sachsenspiegel übertragen, das schlechthin als Kaiserrecht galt.109) Dies ist z. B. am Rande der Wolfenbüttler Glosse zum Sachsenspiegel, der frühesten datierten Glosse aus dem Jahre 1365/66, sehr oft vermerkt. Diese Auffassung wurde offensichtlich auch in Berlin geteilt. Die Glosse war in Berlin um 1325 bereits bekannt -- dies ist der Zeitpunkt der Abfassung des Berliner Schöffenrechtes -- und im Jahre 1397 -- dies ist der Zeitpunkt der Abschrift -- ins Berliner Stadtbuch übernommen. | 80 |
Die Berliner Ratsherren mußten vom Kaiserrecht (dem Sachsenspiegel) stark beeindruckt gewesen sein, denn der Sachsenspiegel hat das lokale Berliner Schöffenrecht wesentlichbeeinflußt. Letzteres stellt wohl die erste systematische Durcharbeitung des Sachsenspiegels dar und enthält zu über ca. 2/3 Sätze aus dem Sachsenspiegel.110) Eigentlich war die Auffassung, daß der Sachsenspiegel ein Privileg Konstantins war, das von Karl bestätigt wurde, im Magdeburger Raum schon älter. In den Jahren 1250-1270 war dies bereits in der ältesten Fassung des Weichbildrechtes nachzulesen.111) In Berlin sind also zwei Prozesse zu beobachten, die als Hintergrund der Rolanderrichtung zu sehen sind: Berlins Kaufleute pflegten bereits Ende des 13. Jahrhunderts enge Handelsbeziehungen mit Hamburg, wo mindestens seit 1342 ein Roland stand. Zum anderen wurde in Berlin das Sachsenspiegelrecht, das als Kaiserrecht verstanden wurde, hoch geschätzt und als wesentliche Grundlage für das lokale Schöffenrecht genommen. Nun muß die Grundhaltung der Märker zum Kaiserrecht einer eingehenderen Untersuchung unterzogen werden, um nachzuweisen, daß die Glosse in der Mark verbreitet war und von hier auch wesentliche Beiträge zu ihrer weiteren Gestaltung kamen. Und auch die Auffassung des Rolands als Ratssymbol wichtig112) und weiter zu untersuchen, da meist der Rat als Auftraggeber wirkte. | 81 |
5.4. Zur Verbreitung des Gedankens vom Kaiserrecht in der Mark durch die Glossen vom Sachsenspiegel als möglicher Hintergrund der Rolanderrichtungen |
Der Zeitraum der Rolanderwähnungen und damit wahrscheinlich auch der der Errichtungen umfaßt die Zeit von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis in die frühe Neuzeit. Obwohl uns bereits zum Ende des 13. Jahrhunderts im Magdeburgischen die Auffassung begegnet, daß der Sachsenspiegel ein Privileg Konstantins und Karls sei,113) scheint sich diese Auffassung erst im 14. Jahrhundert in der Mark durchgesetzt zu haben. Seit dieser Zeit verbreiten sich von hier aus auch die Glossen zum Sachsenspiegel. Trusen hatte die Auffassung vertreten, daß Rolande Symbole des Kaiserrechts sind. Im folgenden wird zunächst nachgewiesen, daß mit den Glossen zum Sachsenspiegel der Gedanke vom Kaiserrecht seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts in der Mark zur stärkeren Verbreitung gelangte. | 82 |
Anfang des 14. Jahrhunderts unternahm der gelehrte märkische Richter Johann von Buch,114) der seinen Sitz in Buch115) bei Tangermünde in der Altmark besaß, den Versuch, den Text des Sachsenspiegels nach dem Vorbild italienischer Glossatoren zu kommentieren. Leider ist die Originalhandschrift verschollen. Insgesamt sind 178 Glossenhandschriften des Landrechts überliefert, davon 106 vollständige Texte und 72 Fragmente.116) Bis heute gibt es keine kritische und zuverlässige Edition -- alle bisherigen Versuche in diese Richtung müssen als gescheitert angesehen werden. Dabei nehmen zwar die Glossenhandschriften unter den deutschen Rechtsbüchern des Mittelalters anerkanntermaßen eine bedeutsame Stellung ein, ja Johann von Buch wird gelegentlich als der bedeutendste deutsche Rechtsgelehrte nach Eike von Repchow bezeichnet. Mit Johann von Buch hat die wissenschaftliche Bearbeitung von Rechtsquellen ihren Anfang genommen, schreibt der Bearbeiter des Liegnitzer Rechtsbuches, Hans-Jörg Leuchte.117) Aber allein die überlieferten Textmassen stellten bisher ein unbewältigtes methodisches Problem dar. Im Gegensatz zu den Forschungen über bedeutende Rechtsbücher wie den Sachsenspiegel118) und neuerdings zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels,119) aber auch z. B. zum Kleinen Kaiserrecht120) und dem Rügenschen Landrecht des Matthäus Normann121) sind die Forschungen zu den Glossen zum Sachsenspiegel seit Steffenhagen, Sinauer, Bindewald und v. Schwerin bisher noch nicht wieder systematisch aufgenommen worden. Allerdings wird in Leipzig die Edition des Glossentextes aus der Hechtschen Sammlung durch die dortige Sächsische Akademie vorbereitet.122) | 83 |
Seit der Abfassung der ursprünglichen Glosse des Sachsenspiegels Anfang des 14. Jhs.123) ist diese mehrfach abgeschrieben, umgearbeitet und vermehrt worden. Seit 1474 kamen die ersten Drucke hinzu, die teilweise Primärdrucke nach verlorenen Handschriften darstellen und insofern die Anzahl der zur Auswertung zur Verfügung stehenden Texte vermehren.124) | 84 |
Johann von Buch arbeitete also den Sachsenspiegel erstmals wissenschaftlich durch und nahm einen systematischen Vergleich mit dem römischen und kanonischen Recht vor. Allerdings ging er von der irrigen Annahme aus, daß der Sachsenspiegel ein den Sachsen 810 erteiltes Privileg Karls des Großen sei.125) "Der Sachsenspiegel als vermeintliches Kaiserprivileg mußte mit dem römischen Recht im Sinne von Kaiserrecht im Einklang stehen, wenn er vor den immer mehr in den Vordergrund tretenden geistlichen Gerichten bestehen wollte. In diesem Nachweis sah Johann von Buch seine Aufgabe und andere folgten ihm darin", schreibt der Hallenser Rechtshistoriker Lieberwirth in seiner lesenswerten Abhandlung "Eike von Repchow und der Sachsenspiegel".126) Allerdings wurde die Gleichstellung des Sachsenspiegels mit dem Kaiserrecht nach Lieberwirth relativ spät erreicht, aber wie wir oben gesehen haben, wenigstens seit 1365/66.127) Die Weiterentwicklung der ursprünglichen Glosse Johann von Buchs erfolgte im 14. und 15. Jahrhundert im wesentlichen in der Mark Brandenburg. Dies kann als ein Indiz genommen werden, daß die Buch'sche Glosse sich in der Mark schnell verbreitete. So wurde sie unmittelbar nach ihrer Entstehung im Berliner Schöffenrecht verarbeitet. | 85 |
Durch einen noch unbekannten Stendaler Autor entstand die Stendaler Glosse (zwischen 1374 und 1410128)). Auch der in Neuruppin in der Diözese Havelberg geborene Nicolaus Wurm nahm eine Umarbeitung der Glosse vor, die sog. Wurmsche Umarbeitung (1374/87).129) Auch die Petrinische Glosse (vor 1434), die wohl von einem Petrus de Posena stammt, ist märkischen Ursprungs.130) Dagegen wurde die Tzerstedische Glosse (1442) von dem Lüneburger Ratsherr und Patrizier Brand II. von Tzerstede (gest. 1451) verfaßt.131) Schließlich hat der Bischof von Naumburg (1474-1501), Theodericus von Bocksdorf, Additionen zur Glosse verfaßt.132) | 86 |
Die kritische Überarbeitung und Mehrung der Glosse stand bei diesen Arbeiten häufig im Vordergrund. Die meisten mir bekannten Handschriften -- bis auf die Stendaler Glosse, deren Belesenheit und Zitierfreudigkeit bekannt ist -- weisen folgende Zitatgruppen auf: | 87 |
1. Stellen aus dem Corpus iuris133) | 88 |
2. Stellen aus dem Corpus iuris canonici | 89 |
3. Stellen aus dem Landrecht des Sachsenspiegels | 90 |
4. Stellen aus dem Lehnrecht des Sachsenspiegels | 91 |
5. Sonstige Zitate | 92 |
Es werden außerdem die Glosse zum Sachsenspiegel selbst zitiert, die Glossen zum Liber extra und zum Liber sextus, kaiserliche Konstitutionen, die Bibel, sehr selten Juristenschriften. Wichtig für die praktische Anwendung und Verbreitung dieses Rechtsbuches ist nun, daß man den Inhalt des Glossentextes grundsätzlich nach Erklärungen des Textes und in sich geschlossenen Abhandlungen zu speziellen juristischen Fragen unterscheiden kann. So finden sich in der Glosse Worterklärungen und (manchmal seitenlange) Abhandlungen. Daß mit der Glosse auch ein "märkisches" Rechtsbuch vorlag, beweist auch die Tatsache, daß in Landrecht I 64 der Text des Sachsenspiegels als verwandelet myt me nygen rechte, dat margreve Otto gab, bezeichnet. Die Glosse nimmt mehrfach Bezug auf das Kaiserrecht als römisches Recht. Häufig wird in ihr ein Vergleich zwischen sächsischem und fremdem Recht angestellt. Handelt es sich um eine tatsächliche oder vermeintliche Gleichheit, so wird dem Stichwort einfach ein Zitat hinzugefügt, z. B. in der Glosse zu Ldr I 25, 13: Dy dritte monchen sich durch getwang. Dysse durffen nicht dar yn bliben, ab der getwang vorworchlicht ist, ut extra l(ib.) iii quod metus et c(orpus) cum dilectus. Diese Vergleiche werden sehr häufig angestellt und haben zu der gängigen Auffassung geführt, daß der Glossator die Absicht habe, die Übereinstimmung zwischen dem Sachsenspiegel und dem römischen Recht zu beweisen. Es gibt aber Stellen in der Glosse, die dieser Absicht überhaupt nicht entsprechen. So wird z. B. in der Glosse zu Ldr I 17 bei der Frage des Einflusses des Freiheitsverlustes der schwangeren Mutter auf die Stellung des Kindes dem keyser recht das der Sachsen gegenübergestellt. Auch in bezug auf den Erbschaftsanfall stellt sich die Glosse zu Ldr I 22,1 auf den sächsischen Standpunkt. An anderen Stellen wird wieder gegen das sächsische Recht polemisiert.134) Direkte Bezüge auf das Kaiserrecht findet man z. B. an folgenden Stellen. | 93 |
1. In der Glosse zu Ldr III 45 §1 heißt es: "Wete, dat alle keiserrecht rekent io enen gulden penning vor enen schilling, ".135) | 94 |
2. Zu Ldr. I.1.: "Hir jegen sin de rechte, de seggen, de keiser si boven alle rechte unde ne dorve nein recht liden, he en wille't utliden, "136) | 95 |
3. Aber auch in Ldr. II 5 §3 wird dem Kaiserrecht gedacht. | 96 |
4. Gelegentlich wird das Kaiserrecht gegen das einheimische Recht gestellt, z. B. in der Glosse zu Ldr. I 62 §7: "na keiserrechte sprikt de richter it ordel sulven, unde hir vraget he's eme anderen. Dar umme het use recht des volkes vragens recht." | 97 |
5. Ebenso in der Glosse zu Ldr I 17. | 98 |
Vielleicht muß man die Rolande im Zusammenhang mit einem Satz in der Glosse sehen: "Lasit den keiser sines bildes gewaldig unde gotis bilde gebit gote".137) | 99 |
6. Zur rechtlichen Bedeutung der Rolande und insbesondere zum Kaiserrecht |
Wenn nunmehr geprüft werden soll, ob einige Rolande ein bestimmtes Recht, womöglich das Kaiserrecht symbolisieren, so sollten drei Komplexe näher erforscht werden: | 100 |
1. Aufarbeitung der Rechtsgeschichte der einzelnen Rolandsorte, wie es Görlitz138) begonnen hatte, in vorbildlicher Weise von der Magdeburger Historikerin Gudrun Wittek für Halberstadt,139) von Hucker für etliche Hansestädte demonstriert wurde und hier für die märkischen Rolande fortgesetzt wurde. Bei einem Blick auf die wechselvolle Geschichte Bremens drängt sich der Verdacht auf, daß bei der Errichtung des Bremer Rolands eine beanspruchte Reichsunmittelbarkeit eine wichtige Rolle spielte. Bremen hatte diese im Mittelalter nie erlangt, sie wurde erst mit dem Linzer Diplom von 1646 vom Kaiser "erkauft".140) Wenn man also die These, Rolande seien Zeichen der Reichsfreiheit, prüfen will, so gilt es zu beachten, daß von allen Rolandsorten nur Nordhausen im Mittelalter reichsfrei war. | 101 |
2. Nachdem der Ursprung der Rolande hinreichend geklärt ist, müssen wir uns mit der rechtlichen Atmosphäre in den betreffenden Gebieten beschäftigen. Die Rolanderrichtungen fallen hauptsächlich in die Zeit vom 14. 18. Jahrhundert. | 102 |
Dazu muß man sich eingehender mit der Rechtsgeschichte des Mittelalters beschäftigen. | 103 |
3. Es ist -- in Fortführung der Untersuchungen von Hucker und Wittek -- genau zu klären, in welchen Städten zu welcher Zeit Rolande als Zeichen der Autonomie der jeweiligen Stadt gegenüber dem zuständigen Stadtherrn anzusehen sind. | 104 |
Zur These von Trusen und Munzel-Everling, Rolande seien Symbole des Kaiserrechtes ist also die bisher nicht genügend beachtete Tatsache zu berücksichtigen: Die meisten der 42 Rolande sind in der Zeit vom 14. bis zum 17. Jahrhundert vor allem in der Mark Brandenburg errichtet worden -- und in eben diese Zeit fällt die Abfassung und Verbreitung der ältesten und bedeutendsten Glosse zum Sachsenspiegel. Die Glosse übte großen Einfluß auf die weitere Verbreitung des Sachsenspiegel innerhalb, aber auch außerhalb der Mark Brandenburg -- und damit auf die Verbreitung des Gedankens vom Kaiserrecht -- aus. | 105 |
Abschließend möchte ich auf einige Problemkreise hinweisen, die bei der weiteren Rolandforschung berücksichtigt werden sollten: | 106 |
1. Verbreitung des Sachsenspiegels als -- neben dem Mühlhäuser Rechtsbuch nach des Reiches Recht -- dem ältesten deutschsprachigen Rechtsbuch, sein rechtlicher Inhalt und sein Einfluß auf spätere Rechtsdenkmäler. | 107 |
2. Rezeption des Römischen Rechtes. Verbreitung des Gedankens vom Kaiserrecht durch die deutschen Rechtsbücher, z. B. Kleines Kaiserrecht oder Glossen zum Sachsenspiegel. | 108 |
3. Weitere Aufarbeitung der Rechtsgeschichte der einzelnen Rolandsorte. | 109 |
4. Verhältnis von Stadt und Landrecht: Hierbei werden wir auch die Gebiete einzubeziehen haben, in denen das Lübische Stadtrecht und das Schweriner Landrecht verbreitet war. | 110 |
5. Gibt es Beobachtungen kunsthistorischer Art, die die These vom Kaiserrecht stützen (Roland mit Krone, Zepter und Reichsapfel)? | 111 |
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Rolandforschungen der letzten 35 Jahre neue, solide methodische Grundlagen und die Klärung des ikonographischen Ursprungs dieser übermenschlich großen Bilder erbracht haben. Die Forschungen konnten näher an die Stadt- und Rechtsgeschichtsforschung gerückt werden, wodurch sie deren Methoden zugänglich werden. Auch die Forschungen zur Bedeutung der Rolande können nun wieder aufgenommen werden. Trusen und Munzel haben ein mögliches Ziel, das Kaiserrecht, genannt. Munzel hat die Verbreitung des Gedankens vom Kaiserrecht eingehend dargestellt141) -- oben wurde die Verbreitung dieses Gedankens durch die Glossen in der Mark nachgewiesen. Damit wurden neue Ergebnisse vorgelegt, die die Übertragung des Rolandgedankens in die Mark Brandenburg betreffen. | 112 |
Zunächst sind also die Rahmenbedingungen untersucht worden, das war der Gedanke vom Kaiserrecht, der mit den Glossen und dem Sachsenspiegel In der Mark weit verbreitet war. Es kann festgestellt werden, daß sich mit der Buchschen Glosse der Gedanke vom Kaiserrecht und damit auch vom Sachsenspiegel als Kaiserrecht seit den 20er Jahren des 14. Jahrhunderts in der Mark Brandenburg verbreitet. Dies ist z. B. für die Rolandorte Berlin, Stendal und Buch direkt nachweisbar. In der Mark erfolgte nicht nur die Abfassung der Glosse, sondern auch ihre kritische Durcharbeitung und Vermehrung, aber auch Aufnahme in lokale Rechte. Insofern könnte für die brandenburgischen Rolande, insbesondere in Berlin, Stendal, Buch und Brandenburg die These von Trusen zutreffen, daß sie das Kaiserrecht symbolisieren. Allerdings fehlen dafür die konkreten Belege. Die Verbreitung der Rechtsbücher und damit des Gedankens vom Kaiserrecht, aber auch die Verbreitung des deutschen und des französischen Rolandsliedes und der Karlsverehrung als Hintergrund der Rolanderrichtungen sind nun eingehender zu untersuchen und im Zusammenhang zu sehen. Für die Mark Brandenburg fällt die Entstehung der ersten beiden Rolande in Berlin und Brandenburg in die Regierungszeit der Luxemburger (1373-1415). So mag auch die Regierungszeit Kaiser Karls IV. in der Mark (1373-1378) zur weiteren Verbreitung des Kaiserrechtsgedankens beigetragen haben. | 113 |
Anlage: Zur Verbreitung der Rolande |
Insgesamt sind bisher 42 Rolande nachweisbar.142) Den "harten Kern" der nachfolgenden Liste bilden die 12 Standbilder, die bereits im Mittelalter als Rolande bezeichnet wurden. Bereits Sello hat begonnen, diese Liste zu erweitern, um die Wirkungsgeschichte der Rolande eingehender untersuchen zu können. Trusen schreibt: "Die deutsche Forschung hat sich allzu sehr auf die nördlichen Rolande konzentriert, ohne andere Darstellungen zu beachten. Es gibt Statuen nicht nur dort, sondern auch in Wittenberg, Königsberg B., in Hall/Tirol und weiteren Orten, auch in Skandinavien. Eine Verwechslung mit anderen heiligen Kriegern lag bisweilen nahe. Man muß auch fragen, ob manche Brunnenfigur mit einem ritterlichen Schwertträger wirklich nur einen Stadtbüttel darstellt, wie man so oft annimmt. Es ist sehr zweifelhaft, ob ein solcher als Repräsentationsfigur damals herangezogen werden konnte. Fest steht, daß die bildliche Verbreitung der Rolandfigur im Abendland einen Umfang im späten Mittelalter angenommen hat, der noch gar nicht voll erfaßt ist".143) Munzel-Everling folgte dieser Anregung und kommt bei der Erfassung des Gesamtbestandes zur Untersuchung der Wirkungsgeschichte heute schon auf nahezu 270 derartige Figuren.144) Daß es sich auch dabei nicht immer ursprünglich um einen Roland handeln muß, beweist das Beispiel des Rolands in Halle. Munzel-Everling kam auf bisher insgesamt 37 Rolandstandbilder und 42 in Urkunden, in der Literatur oder in Sagen erwähnte, aber untergegangene und rolandähnliche Figuren -- also insgesamt 79. Hinzu kommen noch eine Vielzahl vermeintlicher Rolande, zu denen sie auch Brunnen- und Prangerfiguren und Bismarck- und Nagelrolande zählt. | 114 |
Allerdings habe ich Zweifel, ob eine wesentliche Erweiterung der von Görlitz erabeiteten Liste der Rolande durch die Aufnahme aller rolandähnlichen Figuren in die Betrachtung, z. B. die von Trusen in Erwägung gezogene kleine Skulptur an der Wittenberger Kirche aus dem 14. Jahrhundert, uns dem eigentlichen Problem, der Bedeutung der bereits im Mittelalter als solche bezeichneten Rolande wie in Bremen, Halberstadt und Berlin näher bringt. Dafür gibt es bisher jedenfalls keine Anzeichen. Vielmehr sind wahrscheinlich durch künftige Forschungen noch "Rolande" wie Halle, Leitmeritz und Prag auszuscheiden, da für sie erst relativ spät die Bezeichnung "Roland" nachweisbar, die Skulptur aber nachweisbar älter ist. Die Untersuchung der Wirkungsgeschichte der Rolande in späterer Zeit ist eine ganz andere Aufgabe! Vielfach hat man die Bezeichnung "Roland" auf Skulpturen -- wie in Erfurt direkt nachweisbar und in Halle mit Sicherheit anzunehmen -- unbedenklich auf andere freistehende Skulpturen übertragen. Offensichtlich galt ein Ort etwas, der einen Roland besaß. Dies im Einzelfall nachzuweisen, wäre eine wichtige Rolle der Lokalforschung. Bei der Untersuchung der Wirkungsgeschichte der Rolandidee muß also jede Skulptur aufgenommen werden, die einst als Roland bezeichnet wurde. | 115 |
Immerhin werden hier eigentlich unsichere Rolande wie Sandow -- da nur an einer Stelle in einer Chronik (wie auch Freiberg 17. Jahrhundert, Angermünde 1420, Ziesar 1751, Burghorn 1501) oder Rechnung (Elbing 1404, Greifwald 1398) erwähnt -- mit aufgenommen, da anzunehmen, daß die Zahl der Rolande einst größer war als heute bekannt. | 116 |
Für unsere Zwecke verzeichnen wir Rolande in folgenden Orten: | 117 |
1- erste Erwähnung eines Rolands in diesem Ort | 118 |
2- erste Erwähnung bzw. Errichtung des heutigen Rolands | 119 |
Erhaltene Rolande
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120 |
Untergegangene Rolande
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Fußnoten: 1 Seligo,Der Roland von Brandenburg, in: Vermischte Schriften im Anschluß an die Berlinische Chronik und das Urkundenbuch, Berlin 1 (1888) Tafel 4, S. 5--7. 2 Georg Sello, Der Roland zu Bremen, Bremen 1901; Karl Heldmann, Die Rolandbilder Deutschlands in dreihundertjähriger Forschung und nach den Quellen, Halle 1904; Siegfried Rietschel, Markt und Recht in ihrem rechtlichen Verhältnis, Leipzig 1897, Neudruck Aalen 1965; Karl Hoede, Die sächsischen Rolande. Beiträge aus Zerbster Quellen zur Erkenntnis der Gerichtswahrzeichen, Zerbst 1906; Karl Hoede, Das Rätsel der Rolande. Festschrift zum Jubiläums des Rolands von Belgern 1610--1910, Gotha 1911. 3 Vgl. dazu auch Karl Heldmann, Rolandspielfiguren, Richterbilder oder Königsbilder? Neue Untersuchungen über die Rolande Deutschlands, Halle 1905. -- "Eine Abrechnung vor allem mit Herrn Archivrat Sello", schreibt Heldmann an E. Friedel, Berlin, am 23.10.1905. 4 Theodor Görlitz, Der Ursprung und die Bedeutung der Rolandsbilder, Weimar 1934. 5 Antonius David Gathen, Rolande als Rechtssymbole. Der archäologische Bestand und seine rechtshistorische Deutung, Berlin 1960. 6 Ebenda. -- Vgl. auch Gudrun Wittek, Die Entstehung der Stadt Halberstadt und die Entwicklung in der kommunalen Bewegung, Diss. Magdeburg 1983; dies., Zur Autonomie der Stadt Halberstadt, in: Nordharzer Jahrbuch 11(1986), S. 26--35; Dieter Pötschke, Rolande als Problem der Stadtgeschichtsforschung, in: JGMOD 37 (1988), S. 445; Gudrun Wittek, Zur Freiheit südhansischer Rolandstädte im Mittelalter -- Halberstadt, Magdeburg, Halle, Quedlinburg, Stendal, Nordhausen und Erfurt, in: Sachsen-Anhalt: Beiträge zur Landesgeschichte, Heft 11 (1998), S. 7--36; dies., Rolande als Sinnbilder des Stadtfriedens? in: Rolande, Kaiser und Recht. Zur Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung, hg. durch Dieter Pötschke (= Harzforschungen Bd. 11), Lukas-Verlag Berlin 1999. 7 Claudius Frhr. von Schwerin, Rechtsarchäologie. Gegenstände, Formen und Symbole des germanischen Rechts, 1. Teil: Einführung, Berlin 1943; vgl. auch Witold Maisel, Archeologia Prawna Polski, Warszawa, Poznan 1982. 8 Dieter Pötschke, Dietlinde Munzel, H. -- Jürgen Feuerstake, Computergestützter Arbeitsplatz für die Rolandforschung, in: Computer und Geschichte 6 (1998), S. 559--569. 9 Winfried Trusen, Die Rechtsspiegel und das Kaiserrecht, in: ZRG GA 102 (1985), S. 1259. 10 Winfried Trusen, Der "Heilige" Roland und das Kaiserrecht, in: Festschrift Nicolaus Grass, Kurt Ebert (ed.), Innsbruck 1986, S.395--406; Winfried Trusen, Art. Rolandsäulen, in: HRG 29, Lief. 1988, Sp. 1102--1106. 11 Pötschke, Rolande (wie Anm. 6). 12 Über die Zahl der ehemals und heute existierenden Rolande kann man verschiedener Auffassung sein. Ich hatte 1988 eine Liste angegeben, die sich nach Sello, Béringuier u.a. richtet. Aber schon Sello hat begonnen, diese Liste zu erweitern. Munzel-Everling kommt heute schon auf nahezu 270 derartige Figuren. Den "harten Kern" meiner Liste bilden die Standbilder, die im Mittelalter als Rolande bezeichnet wurden. Daß es sich auch dabei nicht immer ursprünglich um einen Roland handeln muß, beweist das Beispiel des Rolands in Halle. 13 Vgl. hierzu die Untersuchungen zur analogen Übertragung des Christopherus-Bildes in das Gebiet nördlich der Alpen von Hans Friedrich Rosenfeld, Der Hl. Christophorus. Seine Verehrung und seine Legende. Eine Untersuchung zur Kulturgeographie und Legendenbildung des Mittelalters, Leipzig 1937. 13.1 Bernd Ulrich Hucker, Der hansestädtische Roland, in: Ausstellungskatalog "Hanse Städte Bünde", hg. von Mathias Puhle, Magdeburg 1996, S. 474--494, hier S. 482. 14 Dietlinde Munzel-Everling, Kaiserrecht und Rolandfiguren, in: forum historiae iuris, Sept. 1997, http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/97_09/munzel.htm; dies., Rolandfiguren und Kaiserrecht, in: Rolande, Kaiser und Recht (wie Anm. 6). 15 Ernst Badstübner, Justinianssäule und Magdeburger Reiter, in: Skulptur des Mittelalters. Funktion und Gestalt, hg. v. Friedrich Möbius, Ernst Schubert, Weimar 1987, S.184--210. 16 Jacob Grimm, Irmenstrasze und Irmensäule. Eine mythologische Abhandlung, Wien 1815; auch in: Kleinere Schriften 8 (1890), S. 492 ff. 17 Zuletzt Hans Rempel, Die Rolandstatuen. Herkunft und geschichtliche Wandlung, Darmstadt 1989. 18 Einzelfälle sind noch zu prüfen, so z. B. für Bremen der Zusammenhang von vryheit und Kaiserrecht. 19 Hier sind vor allem die Arbeiten von Gathen, Lieberwirth und Pötschke zu nennen, die auf früheren Arbeiten von Sello, Heldmann, Hoede und vor allem auf der leider wenig beachteten Monographie von Görlitz basieren, vgl. Gathen (wie Anm. 5). -- Rolf Lieberwirth, Zum Stand der rechtsgeschichtlichen Beurteilung der Rolandbilder, in: Nordharzer Jahrbuch 11(1986), S. 59; Dieter Pötschke, Zu einigen Problemen der Rolandforschung, insbesondere die märkischen Rolande betreffend, in: Brandenburger Blätter 4(1983), S. 41--55; ders., Zu einigen methodologischen Problemen der Rolandforschung, in: Nordharzer Jahrbuch 11(1986), S. 17--26, hier S. 21; Heldmann (wie Anm. 2); Hoede (beide Monographien wie Anm. 2); Theodor Görlitz, Der Ursprung und die Bedeutung der Rolandsbilder, Weimar 1934. Sello wollte eigentlich eine umfassende Monographie zur Rolandproblematik verfassen. 20 Einige Vorträge fanden Aufnahme in: Rolande, Kaiser und Recht (wie Anm.6). 21 Hoede, Das Rätsel (wie Anm. 2); Rita Lejeune, Jaque Stiennon, La legénde de Roland dans l'art du moyen âge.1.2., Bruxelles 1966; Gathen (wie Anm. 5); Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 22 Pötschke (wie Anm. 6). 23 Lieberwirth (wie Anm. 19); Trusen (wie Anm. 9); Gudrun Wittek, Die Entstehung der Stadt Halberstadt und die Entwicklung in der kommunalen Bewegung. Diss. Magdeburg 1983; dies., Zur Autonomie der Stadt Halberstadt, in: Nordharzer Jahrbuch 11(1986), S. 26--35; Pötschke, Zu einigen Problemen (wie Anm. 19); W. Grape, Roland. Die ältesten Standbilder als Wegbereiter der Neuzeit, Hürtgenwald 1990; Hucker (wie Anm. 13.1); Munzel-Everling (wie Anm. 14); Wittek, Zur Freiheit (wie Anm. 6). 24 Heiner Lück, Der Roland und das Burggrafengericht zu Halle, in: Europa in der Frühen Neuzeit, FS für Günter Mühlpfordt, hg. von E. Donnert, Band 1, 1997, S. 61--81. 25 Ulrich-Dieter Oppitz, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters. Bd. I: Beschreibung der Rechtsbücher, Bd. II: Beschreibung der Handschriften, Köln, Wien 1990, Bd. III, IV (1992) Abb. 26 Vgl. Trusen (wie Anm. 9); Dietlinde Munzel, Art. Kaiserrecht, in: Handwörterbuch zur dt. Rechtsgeschichte, hrsg. Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann, Bd. 1 (1971) ff., Berlin, hier Bd. 3, Sp. 563--565. 27 Dieter Pötschke, Bibliographie zur Literatur über die Rolandstandbilder 1625--1999; bisher ungedruckt, seit 1975 in Arbeit. Hierzu hat Frau Munzel seit 1994 wertvolle Beiträge geliefert. 28 Z. B. Sello (wie Anm. 2); Heldmann (beide Werke wie Anm. 2 und 3). 29 Vgl. dazu grundlegend Ruth Schmidt-Wiegand, Jacob Grimm und das genetische Prinzip in Rechtswissenschaft und Philologie (= Marburger Universitätsreden. Reihe A, Heft 12), Marburg 1987, 11 S., hier S. 2 ff. 30 Pötschke, Zu einigen Problemen (wie Anm. 19), S. 43. 31 Beim Tonnenabschlagen zeigte sich z.B., daß historische Aspekte bis dahin völlig vernachlässigt wurden. Die daraufhin angestellten Untersuchungen erbrachten den frühesten Nachweis in Deutschland für das Jahr 1762, vgl. Dieter Pötschke, Das Tonnenabschlagen und verwandte Reiterspiele, in: Greifswald-Stralsunder Jahrbuch 13/14 (1982), S. 242--264, und den Ursprung des Brauches in Holland (über Dänemark oder Südschweden nach Deutschland gekommen). 32 Vgl. Pötschke, Zu einigen Problemen (wie Anm. 19), hier S. 43 ff; ders., Zu einigen methodologischen Problemen (wie Anm. 19), hier S. 18 ff. 33 Gathen (wie Anm. 5). 34 Johannes Gryphiander, De Weichbildis Saxonicis seu Colossis Rolandinis urbium quarundam Saxonicarum commentarius historico-juridicus etc., 1. Aufl. Frankfurt/Main 1625, 2. Aufl. Straßburg 1666. 35 Willy Stappenbeck, Über die Rolandsäulen. Ein historisch-kritischer Versuch, in: Märkische Forschungen 4(1850), S. 120--152. 36 Vgl. Ruth Schmidt-Wiegand (wie Anm. 29). Die nachfolgenden Ausführungen zum genetischen Prinzip beruhen auf dieser Rede Schmidt-Wiegands. 37 Friedrich Carl von Savigny, Juristische Methodenlehre. Nach der Ausarbeitung des Jacob Grimm hg. von Gerhard Wesenberg, Stuttgart 1951. 38 Hermann Conrad, Aus der Entstehungszeit der historischen Rechtsschule: Friedrich Carl von Savigny und Jacob Grimm, ZRG GA 65 (1947), S. 261--283. 39 Schmidt-Wiegand (wie Anm. 29), S. 3. 40 Von Savigny (wie Anm. 37), S. 17. 41 Jacob Grimm, Deutsche Grammatik. 1. Göttingen 1819; ders., 1.--4. Göttingen 1822--1837 (in 8 Bänden). 42 Ders., Deutsche Rechtsalterthümer. 1. 2. Göttingen 1828. 43 Grimm (wie Anm. 16), S. 492/93. 44 So Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 45 Gathen (wie Anm. 5), insbesondere S. 78 ff. 46 Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 47 Zur Bedeutung einiger Rolande als Symbole der Autonomie vgl. Pötschke (wie Anm. 6), S. 42, insbesondere Anm. 161 und 162; ders., Zu einigen methodologischen Problemen (wie Anm. 19), hier S. 22; Bernd Ulrich Hucker, Quedlinburgs Eroberung und der zerstörte Roland -- ein Fall mittelalterlicher Stadtexekution. Vortrag auf der 4. Wiss. Tagung ROLAND UND RECHT IN MITTELALTER UND FRÜHER NEUZEIT, Quedlinburg 17./18.6.1994. 48 Vergleichbar -- die überlieferten Vorstellungen brechend -- verlief die unlängst geführte Diskussion über Martin Luthers angeblichen Thesenanschlag an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. 49 Hans Friedrich Rosenfeld, Der Hl. Christophorus. Seine Verehrung und seine Legende. Eine Untersuchung zur Kulturgeographie und Legendenbildung des Mittelalters. Leipzig 1937, hier S. VI. 50 StadtA. Erfurt 2/I-16, S.63 (Chronik Friese, nicht datiert, vor 1754). 51 Die Einzelheiten wurden erstmals 1988 veröffentlicht bei Pötschke (wie Anm. 6), S. 33 ff. 52 Carl Beyer, Urkundenbuch der Stadt Erfurt. Teil II, Halle 1897, Nr. 900. 53 Typischer Vertreter Rempel (wie Anm. 17). 54 Z. B. Günter Asser, Einführung in die mathematische Logik. 2. Teil: Prädikatenlogik der ersten Stufe. Leipzig 1972. 55 Charles Saunders Peirce, Collected Papers, Vol. I-VIII, ed. by Charles Hartborne, Paul Weiss, Arthur W. Burks. Cambridge, Harvard University Press 1933-1958, hier: Vol. II, pp. 132. 56 Claudius Frhr. von Schwerin, Rechtsarchäologie. Gegenstände, Formen und Symbole des germanischen Rechts, 1. Teil: Einführung, Berlin 1943. 57 Wie Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10) behauptete. 58 Dies habe ich nachgewiesen, vgl. Pötschke (wie Anm. 6), insbesondere S. 22 ff. 59 Stappenbeck (wie Anm. 35); Gathen (wie Anm. 5); dazu zuletzt Pötschke (wie Anm. 6), S. 11 ff. 59.1 Vgl. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Leo III. in Paderborn, Bd. I, II hg. v. Christoph Stiegemann, Matthias Wemhoff, Mainz 1999, hier Bd. I, S. 2 ff.; Handbuch zur Geschichte der Karolingerzeit. Ergänzungsband zu Kunst und Kultur der Karolingerzeit, Mainz 1999. 60 Sello (wie Anm. 2); Heinrich Zoepfl, Altertümer des deutschen Reichs und Rechts. III. Die Rulandssäule, eine rechts- und kunstgeschichtliche Untersuchung. Leipzig, Heidelberg 1861. 61 Rietschel (wie Anm. 2). 62 Gryphiander (wie Anm. 34); Richard Schröder, Die Stellung der Rolandssäulen in der Rechtsgeschichte, in: Richard Béringuier (Hrsg.), Die Rolande Deutschlands, Berlin 1890, S. 1--36. 63 Ruth Schmidt-Wiegand, Wik und Weichbild. Möglichkeiten und Grenzen der Rechtssprachgeographie, in: ZRG GA 95(1978), S. 129--157, hier S. 129. 64 Vgl. zum aktuellen Stand: Pötschke (wie Anm. 6), S. 13. 65 Christian Gottlieb Haltaus, Glossarium Germanicum medii aevi maximam partem e diplomatibus etc. Bd.1.2. Leipzig 1758, Nachdruck Hildesheim, New York 1973, Sp.1555. 66 Ebenda. 67 Insbesondere Görlitz (wie Anm. 4); Wilhelm Funk, Alte deutsche Rechtsmale. Bremen/Berlin 1940; Margret Samson-Campbell, Deutschlands Rolande in Geschichte und Bild. Aachen 1938; Eberhard Frhr. von Künßberg, Rechtliche Volkskunde, Halle/Saale 1936. 68 E. Rosenstock, Rathaus und Roland im deutschen Stadtrecht zwischen 1186 und 1250 (o. O. (Leipzig) 1912, als Manuskript gedruckt; Sello (wie Anm. 2); K. Uhlirz, Neuere Literatur über das deutsche Städtewesen, in: Mitteilungen des Österreichischen Geschichtsvereins 15 (1894) S. 676--682. 69 Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 70 Munzel-Everling (wie Anm. 14). 71 Pötschke, Zu einigen Problemen der Rolandforschung (wie Anm. 19) hier S. 46; ders., Zu einigen methodologischen Problemen (wie Anm. 19) hier S. 22; ders., Rolande als Problem der Stadtgeschichtsforschung (wie Anm. 6), hier S. 42. 72 Vgl. allgemeiner zur Theorie der Herrschaftszeichen Percy E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom 3. bis zum 16. Jahrhundert, Stuttgart 1954--1956 (= Schriften der MGH Bd. 13). 73 Grape (wie Anm. 23). 74 Hucker (wie Anm. 13.1), S. 487ff. 75 Wittek, Rolande (wie Anm. 6). 76 Eduard von Künßberg, Rechtliche Volkskunde, Halle/Saale 1936. 77 Vgl. dazu verschiedene Arbeiten in den in verdienstvoller Weise von Ludwig Denecke bis Band 10 herausgegeben "Brüder Grimm Gedenken" Bd. 1 (1963)--12 (1997). 78 Vgl. Pötschke (wie Anm. 31). 79 Adolf Spamer, Sitte und Brauch, in: Handbuch der deutschen Volkskunde, 2. Bd. Potsdam o. J. (nach 1935), S. 33--236, hier S. 33ff.; ausführliches Literaturverzeichnis S. 223--236. 80 William James (1842--1910), Prof. an der Harvard University (Cambridge), ausgehend von C. S. Peirce Mitbegründer des Pragmatismus. Dieser ist für ihn ein Wahrheitskriterium, denn wissenschaftliche Theorien sind für James nur soweit wahr, als sie sich am "praktischen Leben", d. h. an den Handlungen der Menschen, messen lassen. Sein Hauptwerk war: Principles of Psychology. 2 Bde. 1890, dt. 1900. 81 Vgl. Schmidt-Wiegand (wie Anm. 29). 82 Treffendes Beispiel ist die letzte größere, zusammenfassende Darstellung des rechtsarchäologischen Befundes und des Versuches seiner Deutung von Gathen (wie Anm. 5), hier S. 10--64, der seine Untersuchung eigentlich rein rechtshistorisch anlegen wollte. Dennoch sollten die Bestandsaufnahmen von Görlitz (wie Anm. 4) zur Rechtsgeschichte der Rolandsorte und Gathen (zur Rechtsarchäologie der Rolande) die beiden tragenden Säulen jeder weiteren Rolandforschung sein. 83 Schröder (wie Anm. 62). 84 Dieter Pötschke, Zur Stellung der Rolande in der Stadt- und Rechtsgeschichte -- unter besonderer Berücksichtigung der 14 ehemaligen und noch existierenden märkischen Rolande (= Sonderband XIII der AG für uckermärkische Kirchengeschichte). Criewen 1983, 108 S. 85 Herbert Meyer, Freiheitsroland und Gottesfrieden. Neue Forschungen über den Bremer Roland, in: Hansische Geschichtsblätter 56 (1931), S. 5--82; E. Wadstein, Roland als Name von Rechtssinnbildern, in: Hansische Geschichtsblätter 61(1936), S. 25--40. 86 Heldmann (wie Anm. 3); Konrad Beyerle, Besprechung von Heldmann, Rolandsbilder, und F. Jostes, in: ZRG GA 25 (1904), 393--414; F. Jostes, Roland in Schimpf und Ernst, in: Z. d. Ver. f. rhein. u. westf. Volkskunde 1 (1904), S. 6--36; K. Beyerle, Besprechung von Heldmann, Rolandsbilder, und F. Jostes, in: ZRG GA 25 (1904), 393--414. 87 Karl Janicke (Hrsg.), Magdeburger Schöffenchronik, Leipzig 1869, S. 168 ff. 88 Nachweis bei Dieter Pötschke, Roland und Rolandspiele im mittelalterlichen Berlin, in: Miniaturen z. Gesch., Kultur und Denkmalpflege Berlins, Heft 18, Berlin 1985, S. 72--86. 89 Vgl. ebenda S. 78. 90 Die entsprechende Literatur ist bei Gathen (wie Anm. 5) nachgewiesen, vgl. Gathens Literaturverzeichnis. 91 Grimm (wie Anm. 16), S. 493. 92 Die Reichsannalen, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, 1. Teil, bearbeitet von Reinhold Rau (= Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Bd. 5), Darmstadt 1955, S. 1--156, hier S. 27. 93 Ebenda S. 3. -- Jacob Grimm kannte als älteste Erwähnung der Irmensul nur das Zeugnis des fuldaischen Mönches Rudolph aus der Mitte des 9. Jhs., vgl. Grimm (wie Anm. 16). 94 Thietmar von Merseburg, Chronik übertragen von Werner Trillmich (= Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Bd. 9), Darmstadt 1957, 6. Aufl., S. 37. 95 Hg. J.M. Lappenberg, Bremen 1841; Grimms Besprech. in: Jahrbücher f. wiss. Kritik 1841, no.101.102, S. 801--811, hier zitiert nach Jacob Grimm, Kleinere Schriften 5 (1889), S. 323 ff. 96 Vgl. Pötschke (wie Anm. 6), S. 15, Anm. 45. -- Überraschenderweise äußert sich Jacob Grimm nicht in seinen "Rechtsalterthümern" zu den Rolanden, vgl. Grimm (wie Anm. 42). 97 Grimm (wie Anm16), hier S. 325. 98 Hoede, beide Monographien (wie Anm. 2). 99 Hoede, Das Rätsel (wie Anm. 2). 100 Lejeune, Stiennon (wie Anm. 21). 101 So Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 102 Pötschke (wie Anm. 6). 103 Vgl. z.B. Kurt Benesch, Der Jacobsweg nach Santiago de Compostela, Freiburg i. Breisgau 1991; vgl. Trusen, Der "Heilige" Roland (wie Anm. 10). 104 Die erste gedruckte Ausgabe des deutschen Rolandsliedes stammt von Wilhelm Grimm, Konrad der Pfaffe: Ruolandes Liet. Göttingen 1838. Diesen Hinweis verdanke ich Ludwig Denecke. -- Vgl. F.E. Mann, Das Rolandslied als Geschichtsquelle und die Entstehung der Rolandsäulen, Leipzig 1912. -- Zum Sagenkreis um Karl den Großen vgl. Gathen (wie Anm. 5), S.78 ff.; Rempel (wie Anm. 17), S. 18. 105 Zur Literatur der Reiterspiele vgl. Pötschke (wie Anm. 31). 106 Pötschke (wie Anm. 6), S. 41 107 Der Vorgänger des Hallenser Roland läßt sich zwar kunsthistorisch auf die Zeit um 1250 datieren. Die Bezeichnung als Roland setzt aber erst 1426 ein. Hier liegt also offensichtlich -- wie in Erfurt -- eine Umbenennung vor, vgl. Lück (wie Anm. 24). 108 Zuvor Zweigewaltenlehre, vgl. Trusen, Rechtsspiegel (wie Anm. 9) S. 24. 109 Zum mittelalterlichen Verständnis vom Kaiserrecht vgl. Dietlinde Munzel, Artikel: Kaiserrecht, in: HRG II, Sp. 563-566. -- Vgl. Trusen, Rechtsspiegel (wie Anm. 9). 110 Dieter Pötschke, Sachsenspiegel und Glosse als Quellen des brandenburg-berlinischen Schöffenrechts, in: Jb. f. brandenburgische Landesgeschichte 41(1990), S. 76--107. 111 Trusen, Rechtsspiegel (wie Anm. 9) S. 28. 112 Rolande wurden als Ratssymbole angesehen von Pötschke (wie Anm. 84). 113 Vgl. Belege bei Trusen (wie Anm. 10). 114 Zu Johann von Buch vgl. Karl Friedrich Klöden, Über den Verfasser der niedersächsischen Glosse zum Sachsenspiegel und des Richtsteiges, in: Märkische Forschungen 2(1843), S. 242-296. -- Die Stellung v. Buchs in der brandenburgischen Landesgeschichte wird dargestellt bei Dieter Pötschke, Zur Rezeption des Sachsenspiegels in der Mark Brandenburg, in: Ruth Schmidt-Wiegand, Der Sachsenspiegel als Buch, Frankfurt/Main, Bern, New York, Paris 1991, S. 359--390. 115 Auch in Buch wurde ein Roland errichtet, der aber erst seit 1580 nachweisbar ist. 116 Vgl. Oppitz (wie Anm. 25). 117 Hans-Jörg Leuchte, Das Liegnitzer Stadtrechtsbuch des Nikolaus Wurm. Hintergrund, Überlieferung und Edition eines schlesischen Rechtsdenkmals (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte Bd. 25). Sigmaringen 1990. -- Eigentlich muß es "Liegnitzer Rechtsbuch" heißen. 118 Guido Kisch, Sachsenspiegel-Bibliographie, in: ZRG GA 90 (1973), S.73--100. -- Neuere Literatur bei Rolf Lieberwirth, Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte, in: Eike von Repgow: Sachsenspiegel: Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, Kommentarband zur Faksimile-Ausgabe, hg. v. Ruth Schmidt-Wiegand, Berlin 1993, Kommentarband S. 43--63, hier Fußnote 2. 119 Eike von Repgow, Sachsenspiegel: Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift hg. von Ruth Schmidt-Wiegand. Berlin 1993. Faksimileband, Textband, Kommentarband. 120 Vgl. Dietlinde Munzel, Jürgen Feuerstake, Computergestützte Erschließung deutscher Rechtsbücher des späten Mittelalters und Nachweis von Quellen in mittelalterlichen Rechten -- dargestellt am Beispiel des Kleines Kaiserrechtes und des Klever Stadtrechtes, in: Computer und Geschichte (= Berichte des 2. Brandenburger IuK-Tagung, Workshop C), hg. vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie durch Dieter Pötschke. Potsdam 1994, S. 63-71. 121 Jozef Matuszewski, Studia nad prawem rugijskim, Poznan 1947 (= Studia nad historia prawa polskiego 18,1). -- Dieter Pötschke, Neue rechtshistorische Erkenntnisse zum Rügischen Landrecht aufgrund der wiederaufgefundenen Originalhandschrift des Matthäus Normann aus dem Jahre 1522, in: BALTISCHE STUDIEN -- Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte NF 82(1996), S.63--78. 122 Rolf Lieberwirth, Frank-Michael Kaufmann, Zu grundlegenden Problemen bei der Erarbeitung einer Edition der Glosse(n) zum Sachsenspiegel-Landrecht, in: Computer und Geschichte III, hg. von Dieter Pötschke. Heidelberg 1997 (Sonderdruck aus: Anwendungen für Kommunikations-Highways, hg. von Dieter Pötschke, Mathias Weber. Heidelberg 1997), S. 427-43. 123 Zur Datierung weiter unten. 124 Vgl. Steffenhagen, S. 428ff. 125 Gerhard Buchda, Artikel: Landrechtsglosse, in: HRG, II, Sp. 1540-1545; Steffenhagen, S. 98. 126 Rolf Lieberwirth, Eike von Repchow und der Sachsenspiegel (= Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Phil.-hist. Klasse) 122(1982), Berlin 1982, S. 34; vgl. auch Rolf Lieberwirth, Über die Glosse zum Sachsenspiegel, in: Sitzungsberichte der sächsischen Akademie der Wiss. zu Leipzig Phil. hist. Klasse Bd. 32, Heft 6. Berlin 1993. 127 Dietlinde Munzel, Art. Kaiserrecht, in: HRG Bd.3, Sp.563-65; dies., Die Stellung des Kaisers bzw. Königs in den deutschen Rechtsbüchern und die Kaisersage, in: Rolande -- Kaiser -- Recht (wie Anm. 6). 128 Datierung nach Steffenhagen, S. 65. 129 Datierung nach Steffenhagen, S. 438. -- Zu dem von 1373 bis 1401 erwähnten Nicolaus Wurm vgl. Leuchte (wie Anm. 248), hier S. XXIV-XXV. 130 Vgl. Steffenhagen, S. 97. 131 Vgl. Steffenhagen, S.147. 132 Vgl. Steffenhagen, S.187. 133 Die an sich (z.B. schon für die Zwölf Tafeln übliche) echt römische Bezeichnung Corpus iuris findet sich für die Gesamtheit der Rechtsbücher des römischen Kaisers Justinian erst bei den Glossatoren des 12. Jahrhundert, vgl. Robert von Mayr, Römische Rechtsgeschichte, Bd. IV, Berlin, Leipzig 1913, S.22. Das ius civile oder älter ius Quiritium (von Quirites, röm. Bürger) war das Zivilrecht, das die Lebensverhältnisse des römischen Bürgers gegenüber seiner Stadt und gegenüber seinen Mitbürgern ordnete, vgl. Gottfried Härtel, Elmer Polay, Römisches Recht und Römische Rechtsgeschichte, Weimar 1987, S. 48ff. -- Die erste Gesamtausgabe unter dem Titel corpus iuris civilis erfolgte erst durch Dionysios Gothofredus 1583, vgl. ders., Corpus Iuris Civilis. Frankfurt/M. 3. Aufl. 1602. 134 Ähnliche Beobachtungen finden sich in Wurms Liegnitzer Rechtsbuch, vgl. Leuchte (wie Anm. 117). 135 Nach der Amsterdamer Glosse, s. Steffenhagen, S. 597. 136 Ebenda S. 611. 137 Wolfenbütteler Glosse: Abschnitt II, Absatz: 242, Seite: 103 138 Görlitz (wie Anm. 4). 139 Wittek (wie Anm. 6); neuerdings Gudrun Wittek, Rolande als Sinnbilder für Stadtfrieden? in: in: Rolande, Kaiser und Recht (wie Anm.6). 140 Zum Hintergrund vgl. Gathen (wie Anm. 5). 141 Munzel-Everling (wie Anm. 127). 142 Nach Pötschke (wie Anm. 6). 143 Trusen (wie Anm. 10) S. 400. 144 Karl-Peter Behrens, Roland. Iserlohn 1997 (im Eigenverlag) konnte in seinem ausführlichen Rolandsregister zur Wirkungsgeschichte des Rolandgedankens, sei als Straße, Weg, Skulptur oder Flurstück auf eine Unmenge Rolandspuren nachweisen. |
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FHI-Team Diese Seite ist vom 27. September 1999 |