Artikel vom 20. September 2001
© 2001 fhi
Erstveröffentlichung
Sascha Weigel
Das Verhältnis der Individualrechte zum Gemeinwohlgedanken
im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von
1794
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Die vorliegende Arbeit untersucht anhand der wichtigsten Regelungen
im ALR das Verhältnis zwischen Gemeinwohl und Individualrechten.
Insbesondere erschien es nötig, auf das preußische Grundverständnis
vom Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft einzugehen, um
die damaligen Inhalte dieser Normen herausarbeiten zu können. |
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Es wurde folgendermaßen vorgegangen: Zunächst wird das ALR
in die größeren historischen Zusammenhänge gestellt, um
die grundsätzlich möglichen Alternativen sichtbar zu machen,
die Rückschlüsse auf das Verständnis von Staat und Individuum
zulassen. Jeweilige geistesgeschichtliche und rechtsgeschichtliche Entwicklungen,
die die Fragestellung zu erhellen vermögen, werden entsprechend dargestellt,
so dass im Anschluß anhand des Gesetzestextes das Verhältnis
heraus gearbeitet werden kann. Es wurde der Weg vom Besonderen zum Allgemeinen,
vom Konkreten zum Grundsätzlichen gewählt. |
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I. Geistesgeschichtliche
Entwicklungen
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Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten trat
1794 in Kraft. Seine Vorgeschichte geht bis zu den Anfängen des 18.
Jahrhunderts zurück.1
Geistesgeschichtlich fällt dieser Prozeß in die Hochzeit der
"Aufklärung". Auf die Frage, was denn die "Aufklärung"
sei, antwortete Immanuel Kant mit seinen bekannten Worten 1784: |
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Aufklärung
ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.
Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne
Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit,
wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der
Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines
andern zu bedienen. Sapere audem! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes
zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.2
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Vernunftgebrauch war also die Maxime, mit der sich die
Menschheit die Welt neu zu erklären erhoffte. Ursache dieses Prozesses
war die Auflösung der traditionellen Strukturen oder auch Autoritäten.
In den Religionskriegen des 17. Jahrhunderts konnte der Eindruck entstehen,
dass die religiöse Lebenseinstellung und Lebensdeutung nicht mehr
oder zumindest nicht unbedingt den Königsweg zur Glückseligkeit
darstellte, wenn sie gleichsam solches Leid über ganze Völker
bringen konnte. "Die Religion" als bisher maßgeblich anerkanntes
Ordnungsinstrument der Gesellschaft wurde mehr und mehr diskreditiert.
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5 |
Dieser Prozeß wurde verstärkt, als die Naturwissenschaften
neue, vor allem aber andere Wahrheiten und obendrein noch logisch beweisbare
"verkündeten". Insbesondere Galileo Galilei (LD: 1564-1642),
der das Weltbild des Kopernikus (LD: 1473-1543) beweisen konnte, hatte
an dieser Entwicklung maßgeblichen Anteil. |
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Als
die logisch-mathematische deduktive Denkmethode, mit der sich den Naturgesetzen
genähert wurde, durch Descartes (LD: 1596-1650) und Hobbes (1588-1679)
auf die menschliche Gesellschaft übertragen wurde, wirkte das Erlebnis
der vernunftgeleiteten Welterklärung im Zeitalter der Religionskriege
als antriebsstarker Motor auch für die Rechtsbegründung. Der
Einfluß religiösen Glaubens nahm zugunsten vernünftiger
- bisweilen in glaubensähnlichen Formen verstiegenen - Überzeugungen
ab.3
Am Ende dieses Prozesses konnte sich das Naturrecht mit der "Aufklärung"
zum "profanen Vernunftrecht" verbinden.4
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Bemerkenswert daran war, dass sich die Menschen mehr und
mehr in den Mittelpunkt ihres Weltbildes und Handelns stellten - statt
einen "überirdischen Gott", und dies dadurch angestoßen
wurde, dass sie die Erde, aus dem Zentrum ihrer (weltlichen) Vorstellung
zugunsten der Sonne verdrängten. |
8 |
Das Individuum rückte näher ins Zentrum menschlicher Wahrnehmung,
es beginnt allmählich die Individualisierung, da sich jeder seines
eigenen Verstandes bedienen sollte. Deshalb galt es gesellschaftlich nunmehr
als wichtigste Aufgabe, einen abstrakten Konsens dieser Individuen zu
finden, damit der Gesellschaftsaufbau begründet und der Zusammenhalt
der Gesellschaft gewährleistet wird. Hier hat der Gedanke vom Gesellschaftsvertrag
seinen Ausgangspunkt, da sich ein jeder seiner Vernunft bedienen konnte.
Doch stellt sie eine "formale Kategorie"5,
eine menschliche Eigenschaft dar, der sich naturgemäß besser
oder schlechter bedient werden kann. Jedenfalls unterscheidet sie sich
von göttlicher Offenbarung und einer Welterklärung mittels biblischer
Texte. Aber diese Distanzierung war zunächst das aufklärerische
Ziel. Allerdings unterliegt die Vernunft vielfältigen Einflüssen
jeglicher Art. Erst die Reflexion, der ständige Versuch rationalen
Denkens, der öffentliche Diskurs legt den vernünftigen Kern
der individuellen Überzeugung frei. Jedoch kann diese nie abschließend
sein, da es dazu umfassender Kenntnis aller oder auch nur aller denkbaren
Positionen bedarf. Und selbst dann kann nicht mit Sicherheit von einer
vollkommen rational begründeten Überzeugung die Rede sein. Vernunft
ist damit keine vollendete Befindlichkeit, sondern ein menschliches, vielmals
allzumenschliches Vermögen. Letztlich ist Vernunftgebrauch ein nie
endender Prozeß; Sie ist nicht, sondern wird. Dem entsprach die
darauf aufbauende Wahrnehmung, dass die Ahnen noch nicht so aufgeklärt
waren, wie die jetzige Generation und dass Eliten aufgeklärter als
das gemeine Volk waren. Hier setzt die Bildungspädagogik auch mittels
des Gesetzes an. Doch lag zunächst die "Leistung der Aufklärung",
das qualitativ Neue eben darin, dass sie als Ausgangspunkt allen Denkens
den Gebrauch der menschlichen Vernunft proklamierte und damit grundsätzlich
von der Bildungsfähigkeit aller ausging. Gleichwohl war dies an und
für sich ein wertneutraler Ausgangspunkt. |
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II. Rechtshistorische
Entwicklungen
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Indem die Religion allgemein und die Kirche insbesondere durch die Religionskriege
und Reformation in ihrer Autorität schwer erschüttert wurden,
wurde der Weg freigelegt, Gesellschaften auf anderen Grundlagen aufzubauen.
Die Entwicklung des Naturrechts sowohl aus sozialethischem Antrieb wie
bei Hugo Grotius (LD: 1583-1645) als auch aus der neuscholastischen Philosophie
in Spanien6
durch Francisco Suarez (LD: 1548-1617) und Francisco de Vitoria (LD: 1483/93-1546)
konnte sich fruchtbar mit dem mathematisch-logischem Denken der Naturwissenschaften7
und den erkenntnistheoretischen Fortschritten bei Descartes8
zu einem rein sozialen Recht bei Samuel Pufendorf (1632-1694) verbinden.
Insbesondere befassten sich die Gelehrten im Zeitalter des Zerfalls der
alten Ordnung mit staatlichen Ordnungssystemen und ihrer neuen vernünftigen
Begründung. Hauptmerkmal aller naturrechtlichen Staatsmodelle war
die Konstruktion des "Gesellschaftsvertrages" aus einem Naturzustand
heraus, um die Menschen an Gesetze zu binden. Dieser Konstruktion bedurfte
es, weil nunmehr die göttliche Bindung an die Gesetze wegfiel. Letztlich
sollte der Vertragsgedanke helfen, das Verhältnis zwischen weltlich-positivem
Recht und Naturrecht zu klären. Nach allen Modellen entscheiden die
einzelnen Menschen, sich vertraglich zu binden. Wie dies von statten geht,
aus welchem Zustand heraus und aus welchen Motiven, wird unterschiedlich
beantwortet: |
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1. John Locke (LD: 1632-1704) und der englische Liberalismus
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Für Locke waren die Menschen im Urzustand gleiche und freie Wesen,
vor allem vernunftbegabt.9
Bereits diese Vernunft bindet die Menschen und besagt, da alle gleich
und frei sind, dürfe keinem Leid zugefügt werden. Nicht aus
Furcht oder Verzweiflung entschließen sie sich zum Gesellschaftsvertrag,
sondern aus einem Willen zur Optimierung ihrer Freiheit und ihres Eigentums.10
Damit ist der Staatszweck, die Freiheit und das Eigentum jedes Einzelnen
zu schützen, gegeben. Für Locke ist das Eigentum die durch Arbeit
verwirklichte Freiheit.11
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11 |
Da Locke das Wohl des Individuums in der Sicherung der Freiheit und
des Eigentums sah, er schließlich vom Individuum ausgehend den Staatszweck
bestimmte, war es nur folgerichtig, dass der Vertrag kündbar war,
falls die oberste Gewalt gegensätzlich handelt. Die Regierung war
ihm lediglich ein Mittel, so dass er sie in zwei rivalisierende Teile
spalten konnte, um die Macht aufzuteilen. Er teilte sie in Exekutive und
Legislative.12
Da beide in einem geordneten Verfahren zusammenarbeiten mußten,
folgerte Locke aus dem Konsens des Gesellschaftsvertrages, dass das Mehrheitsprinzip
als rechtmäßiger Verfahrensgrundsatz funktionieren sollte.13
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12 |
Im Übrigen wurde später die Zweiteilung der Staatsgewalt durch
Montesquieu (LD: 1689-1755), der stark von dem britischen Außenminister
Viscount Bolingbroke und dessen balance of power-Gedanken14
beeinflußt worden war15,
zur modernen Gewaltenteilungslehre weiterentwickelt.16
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13 |
2. Thomas Hobbes (LD: 1588-1679) und der Absolutismus
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Thomas Hobbes' prägende Erfahrungen entstammen den schweren Erschütterungen
der Herrschaft der Stuarts, der folgenden Restauration und bürgerkriegsähnlichen
Situation.17
Hobbes gilt mit seinen Schriften "de cive" (1642) und insbesondere
"Leviathan"18
(1651) als erster Staatsphilosoph des Absolutismus.19
Ausgehend davon, dass "der Mensch des Menschen Wolf ist", versuchte
Hobbes mit Hilfe des Staates Struktur, Ordnung und Sicherheit in die menschliche
Gesellschaft zu bringen. Dazu benutzte er die geometrisch-mathematische
Denkmethode der Naturwissenschaftler.20
Ordnung und gesellschaftliche Sicherheit seien nur durch Zwang möglich.
Das haben ihm seine Erfahrungen gezeigt. Die Sicherung des gesellschaftlichen
Friedens ist nicht umsonst zu haben: Der Preis war die endgültige
und vollkommene Selbstentmachtung des Einzelnen zugunsten eines einzigen
zukünftigen absoluten Herrschers durch einen Vertrag.21
Dieser stellt Verbindungs- und Unterwerfungsvertrag zugleich dar. Einen
Vertrag zur Ausübung der übertragenen Macht läßt
Hobbes außen vor.22
Zwar findet bei Hobbes der Grundsatz "pacta sunt servanda" kaum
moralischen Halt23,
doch konsequent vom Staatszweck ausgehend, steht dem Einzelnen kein Widerstandsrecht
zu24.
Alle Macht wurde vom Individuum abgegeben, so dass der Vertrag mithin
unkündbar war. Nur so, meinte Hobbes, sei der Staatszweck, Sicherung
des Gesellschaftsfriedens und der Krieg aller gegen alle zu vermeiden,
erreichbar. Nicht absolute Macht, sondern das gesellschaftliche Wohl standen
im Vordergrund. Anders als Locke, dachte Hobbes den Staat vom Gesamtgesellschaftlichen
her. Ist allerdings einmal der Staat geschaffen worden, gelten die Gesetze
kraft Autorität und nicht Wahrheit, kraft Wille oder Gewohnheit.25
Das unterscheidet ihn wiederum von Christian Wolff. |
14 |
2. Thomas Hobbes (LD: 1588-1679) und der Absolutismus
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Wolff bedient sich wie Hobbes der mathematisch-demonstrativen Methode
in seiner Staatszwecklehre26,
wobei jene bei Wolff nur ein kleiner Ausschnitt eines geschlossenen Systems
aller Wissensgebiete darstellt. Für Wolff ergibt sich aus seinem
philosophischem Menschenbild, wonach der Lebenssinn eines Jeden moralische
Entfaltung und Vervollkommnung sei,27
dass dies auch Aufgabe und Zweck des Staates darstellt. Im Naturzustand
verpflichtet nämlich das Naturrecht zur Vervollkommnung.28
Doch die individualistische Lebensweise verhinderte es.29
Daher würden sich die Menschen zu einer staatlichen Gemeinschaft
zusammenfinden. Denn nur das Streben nach moralischer Vervollkommnung
führt zur Glücksseligkeit, dem Antrieb allmenschlichen Handelns.
Daraus ergibt sich für Wolff zwingend die Frage nach der staatlichen
Regulierungsmacht und inwieweit der Einzelne für staatliche Ziele
verpflichtet werden darf, wenn dies der moralischen Vervollkommnung dient.30
Da das Ziel eines jeden moralische Vervollkommnung sei, diese aber individualistisch
nicht zu erreichen ist und daher die staatliche Gesellschaft gegründet
wird, sei es die Pflicht des Staates, das Wohl der Bürger, die moralische
Vervollkommnung, zu fördern31
Das heißt nicht nur Schutz der Rechtsgüter des Individuums
wie bei Locke; Ordnung, Sicherheit und Ruhe wie bei Hobbes, sondern auch
die Wohlfahrt zu fördern, ist Staatszweck. Vorrangig sogar, denn
erst daraus ergibt sich alles Weitere. Das ist der philosophische Unterbau
des des sog. Wohlfahrtsstaates. Dafür stellt Wolff einen
umfangreichen Pflichten- und Verhaltenskatalog auf, so dass von privater
Lebensgestaltung oder individueller Selbstverwirklichung keine Rede sein
kann, mithin kein Vorläufer des Liberalismus des 19. Jahrhunderts
gegeben ist. Das folgt bereits daraus, dass der Liberalismus individualistisch
ist und diese Erscheinung bei Wolff gerade überwunden oder doch zumindest
nicht weiter vorangetrieben werden sollte. Vielmehr wirkte sich Christian
Wolff auf den aufgeklärten Absolutismus in Preußen des 18.
Jahrhunderts aus, wo Friedrich der Große im gleichen Sinne dachte:
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15 |
Der Gesellschaftsvertrag... ist eigentlich eine stillschweigende
Übereinkunft aller Staatsbürger, mit gleichem Eifer an der allgemeinen
Wohlfahrt mitzuwirken. Hieraus entspringt für jeden Einzelnen die
Pflicht, nach Maßgabe seiner Mittel, seiner Talente und seines Standes
zum Wohl des gemeinsamen Vaterlandes beizutragen.32
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16 |
Anders als von Hobbes, der den Gesellschaftsvertrag als Zwangsmaßnahme
begriff, verstanden Wolff und Friedrich der Große ihn als Mittel
zur Vervollkommnung des an sich unvollkommenen Individuums. |
17 |
III. Vorgeschichte
und Redaktionsgeschichte des ALR
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Von seinem Regierungsantritt 1713 an ist der als "Pietistenförderer"
und "Soldatenkönig" bekannt gewordene Friedrich Wilhelm
I. (1713-1740) bestrebt, durch Vereinheitlichung des Rechts die Landesteile
zusammenzufassen. Am 18. Juni 1714 ergeht eine Kabinettsorder nach Halle
an den dortigen Rechtsgelehrten Christian Thomasius (LD: 1655-1728), eine
Reformgesetzgebung auszuarbeiten.33
Doch dieser lehnte wegen grundsätzlicher Bedenken ab.34
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18 |
Nach mehr als dreißig Jahren und einem Königswechsel, ergreift
Friedrich II. (1740-1786) erneut Initiative und erläßt an seinen
Kanzler Samuel Cocceji (LD: 1679-1755) am 30. 12. 1746 eine Kabinettsorder,
nach der er die Gesetze rational und verständlich sowie vernunftrechtlich
begründet sehen will. Doch der Tod Coccejis sowie der Zweite und
Dritte Schlesische Krieg35
(1756-1763) vereitelten den erneuten Versuch, die Gesetzgebung auf die
neuen geistigen Grundlagen zu stellen.36
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19 |
Wiederaufgenommen wurden die Coccejischen Reformversuche, nachdem der
reformfeindliche Großkanzler von Fürst, der Cocceji gefolgt
war, über die Müller-Arnold-Affäre37
zu Fall gekommen war.38
Den Posten bekam daraufhin Johann Heinrich Casimir Graf von Carmer (LD:
1721-1801), der durch erfolgreiche Prozeßreformen in den schlesischen
Gebieten von sich Reden gemacht hatte. Mitsamt seinen Mitarbeitern Carl
Gottlieb Svarez (LD: 1746-1798) und Ernst Ferdinand Klein (LD: 1744-1810)
unterstellten sie sich den Wünschen des Königs, an deren Ende
ein umfassendes Kodifikationswerk stehen sollte. Diese Männer waren
nicht nur philosophisch-aufgeklärt geschult worden, sondern verstanden
sich auch als Aufklärer, jedoch moderat, nicht revolutionär,
tief beseelt von der grundsätzlichen Bildungsfähigkeit aller,
wenngleich als pflichtbewußte Beamte im Dienste der Monarchie. Was
die Kodifikatoren antrieb, bringt Svarez selbst auf den Punkt: |
20 |
"Vermöge der Freiheit seines Willens ist er [der Mensch,
A.d.V.] fähig, sich in seinen Handlungen nach vernünftigen Beweggründen
zu bestimmen, das, was der Verstand als gut erkannt hat, zu begehren und
das, was dieser als schädlich und böse verwirft, zu verabscheuen.
Je heller nun sein Verstand, je ausgebreiteter seine Kenntnisse und Einsichten
sind, je richtiger, je freier seine Begehrungsvermögen und je mehr
es dem Einfluß der Vernunft untergeordnet ist, desto mehr nähert
sich der Mensch dem großen Zweck seines Daseins, seiner Glückseligkeit."39
|
21 |
1787 / 1788 wurde der Entwurf eines Gesetzbuches für die Preußischen
Staaten veröffentlicht, so dass sich Gelehrte und Interessierte äußern
konnten und es ausdrücklich sollten. Die eingegangenen Monita
wurden in den nächsten Jahren gesichtet und ausgewertet, so dass
1791 das Allgemeine Gesetzbuch für die Preußischen Staaten
vorgelegt werden konnte. Der neue Monarch Friedrich Wilhelm II. (1786-1797)
publizierte es am 20. März 1791. Es sollte am 1. Juni in Kraft treten.
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22 |
Doch "besann" sich der Regent vorher eines anderen, wohl nicht
ganz ohne Einflüsterungen seines einflußreichen Beraters Johann
Christoph von Wöllner (LD 1732-1800)40,
mehr aber noch unter den unmittelbaren Eindrücken der Französischen
Revolution, die nunmehr im eigenen Blute zu waten begann. Friedrich Wilhelm
II. suspendierte das Gesetzeswerk auf unbestimmte Zeit |
23 |
Allerdings scheinen die französischen Ereignisse Friedrich Wilhelm
II. gar nicht so sehr erschrocken, sondern lediglich in seiner Einschätzung
der Aufklärung bestätigt zu haben: Seit jeher bestanden
deswegen größere Differenzen zwischen ihm und seinem aufklärerischen
Onkel Friedrich dem Großen41,
so dass es nicht verwundert, den neuen Regenten als Mitglied des antiaufklärerischen
Geheimordens der Gold- und Rosenkreuzer vorzufinden. Ebenfalls Mitglieder
waren eben jener Vertrauter von Wöllner, der einigen Vermutungen
nach gar der "Unbekannte Oberste"42
war, sowie ein zweiter Minister: Hans Rudolf von Bischoffwerder (LD 1741-1803).
Dieser Orden war eine politische Vereinigung, der insbesondere personal-
und innenpolitisch Einfluß zu nehmen beabsichtigte, um die vorhandenen
absolutistischen, aber mehr und mehr in Frage gestellten Strukturen zu
stärken.43
Zumindest beim AGB gelang dies - zunächst. |
24 |
Dennoch war es von Carmer und seinen Mitstreitern vergönnt - nach
einigen inhaltlichen und sprachlichen Änderungen im AGB -, das Gesetzbuch
durchzusetzen, zumal es die Justiz ungeachtet allem anzuwenden begonnen
hatte: Am 1. Juni 1794 trat das Allgemeine Landrecht für die Preußischen
Staaten in Kraft. Im Übrigen löste kurz darauf ein Rosenkreuzer
von Carmer auf dem Posten des Großkanzlers ab.44
|
25 |
I. Einleitende
Begriffsbestimmung anhand des Gesetzes
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Der Inhalt dieser Rechte wird ausdrücklich und zusammenhängend
in den §§ 82 ff der Einleitung zum ALR genannt. Sie bringen
das neue "aufgeklärte Weltbild" zum Ausdruck, aber auch
die traditionellen Stellungen innerhalb einer Gesellschaft: Sowohl durch
die Geburt als auch durch den damit einhergehenden Stand in der Gesellschaft
begründen sich die allgemeinen Rechte des Menschen. Durch die nun
folgenden Handlungen und Begebenheiten, die dieser Mensch vollziehen wird
und diesem Menschen begegnen werden, kann er weitere (besondere) Rechte
erwerben, insoweit das positive Gesetz solche anknüpft, § 82.
|
26 |
Damit gründen die allgemeinen Rechte auf der natürlichen Freiheit,
die dem Menschen an und für sich zukommt, § 83; die besonderen
Rechte hingegen auf dem persönlichen Verhältnis zum Staat, § 84,
das allerdings durch die Gesetze festgelegt ist, § 85. |
27 |
2. Das Gemeinwohl (§ 74 Einl ALR45)
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Der Begriff "Gemeinwohl" stellt zunächst in seiner beabsichtigten
Unschärfe den Zweck des Staates dar, §§ 73 ff Einl ALR46.
Inhaltlich füllt sich der Begriff mit Blick auf den II. 13. ALR,
in dem § 2 besagt, dass die "äußere und innere
Ruhe und Sicherheit... zu erhalten" die "vorzügliche Pflicht"
des Staatsoberhauptes sei, in dem sich die "Rechte und Pflichten
des Staates" (§ 1) vereinigen. § 13 II. 13. ALR
faßt die drei Grundmomente des "Gemeinwohls" nochmals
zusammen, in dem er von der allgemeinen "Ruhe, Sicherheit und Ordnung"
spricht. Ebenso §§ 2, 3 II. 6. ALR.
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28 |
Die Sicherheit bezieht sich sowohl auf den Körper der Person, ihre
Ehre und Recht, als auch speziell auf ihr Vermögen, wie in den Grundsatznormen
§§ 1, 2 II. 17. ALR ausgeführt
ist. Zu den Aufgaben der Staatsdiener und folglich auch zum Staatszweck
im Allgemeinen erklärt das ALR neben der "Beförderung der
Sicherheit und der guten Ordnung" auch den "Wohlstand des Staates",
vgl. II. Teil 10. Titel ALR. |
29 |
II. Individualrechte
und Gemeinwohl im Privatrecht
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Zwar stellte das Naturrecht in erster Linie eine Methode zur Begründung47
rechtlicher Fragen dar, um insbesondere das Rechtsherkommen auf neue Grundlagen
zu stellen (s.o.), dennoch wurde über inhaltliche Alternativen nachgedacht.
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30 |
Seit jeher war das Privatrecht Teil der staatlichen Ordnung; keine konnte
auf es verzichten. Erst recht mit Beginn des 16. Jahrhunderts, als der
bürgerliche Kapitalismus sich Bahn zu brechen begann, waren privatrechtliche
Regelungen unverzichtbar. Und stets befand es sich im Spannungsfeld zwischen
dem autonomen Individuum, das sein Recht geschützt wissen wollte
und der Gemeinschaft, die auch für jedes einzelne Individuum Leistungen
erbrachte, und so zu Ansprüchen gegen jene Individuen berechtigt
gewesen schien.48
Als die westeuropäischen Gesellschaften sich zu verweltlichen begannen,
individualisierten sie sich gleichsam. Erster Höhepunkt dieser sog.
"Verweltlichung" war die Aufklärung: Ihr Wahlspruch von
Kant, sich seines Verstandes zu bedienen und ihn gleichsam zur letzten
moralischen und sittlichen Instanz zu erheben, war symptomatisch dafür.
Dennoch stellten Naturrechtsphilosophen das Privatrecht als staatsunabhängigen
Normenkomplex für Streitverhältnisse unter Privaten zur grundsätzlichen
Disposition. |
31 |
Vor allen Leibniz (1646-1716): Seine Idealvorstellungen mündeten
im Bereich des einstigen Privatrechtsverkehr in einen ausgeprägten
Fürsorgestaat. Alles Erwirtschaftete steht dem gemeinen Nutzen zu.49
Es steht in der Obhut des Staates, also auch in dessen Verfügungsgewalt.
Der Anteil an der Arbeit und der daraus resultierende Erfolg, wird vom
Staat zugeteilt. Leibniz beschrieb letztlich ein Klosterleben, in dem
statt der Geld- und Rechtsbeziehungen, wie sie auch damals bereits Lebenstatsache
waren, das gegenseitige Wohlwollen und die gegenseitigen Wohltaten existierten50.
Doch Leibniz erkannte im gleichen Atemzug dessen Undurchführbarkeit.
So entschied er sich für eine auf privatrechtlichen Konflikten gegründeten
Gesellschaft, in der diese Konflikte entsprechend geregelt sind. Lediglich
innerhalb dieser Rahmenbedingungen erklären die Gesetze die Menschen
als gleich und frei. So sorgen die Menschen in Eigenverantwortung ihre
Bedürfnisse zu befriedigen - durch Arbeit und Austausch. Den Menschen
werden Risiken und Chancen zugesprochen. Ihrer Verantwortung obliegt es,
arm oder reich zu werden oder auch Glück oder Unglück
zu erfahren je nach Lebenseinstellung. |
32 |
Dennoch arbeitet Leibniz einige Prinzipien aus seiner Optima Respublica
in diese Gesellschaft ein: So will er die Freiheit da begrenzt sehen,
wo sie für sich selbst zu gebrauchen unnütz, aber für einen
anderen schädlich sei. Positiv gewendet folgt aus diesem Prinzip
ein weiteres: Hilfe zu leisten, wird da zur Pflicht, wo es einem selbst
nicht zum Schaden gereicht, aber einem Bedürftigen Hilfe zukommt.
Das ist das, was später Svarez "Prinzip des Wohlwollens"
nennen wird.51
Es schaltet das Prinzip des Egoismus der Eigentümer zugunsten der
(begrenzten) Kooperation der Rechtsgenossen aus. In diesem Sinne geht
Leibniz den Mittelweg zwischen absoluter und individualistischer Eigentümergesellschaft,
die der Liberalismus später im Kapitalismus des 19. Jahrhunderts
verwirklichen auf der einen Seite, und dem klösterlich-kommunistischen
Gottesstaat auf der anderen Seite. Samuel Pufendorf (LD: 1632-1694) nimmt
diesen Gedanken späterhin auf und systematisiert ihn. Bezeichnend
dafür ist, dass zu seiner Lehre von den Pflichten gehörte, dem
anderen zu helfen, soweit er es ohne eigene Einbuße tun kann.52
Einige Jahre später knüpft Johann Gottlieb Heineccius (LD: 1681-1741)
ebenfalls an diesen Mittelweg an.53
|
33 |
Die Alternative zu dieser sozialpflichtigen Privatrechtskonzeption schlug
Christian Thomasius ein. Für ihn ergab sich aus dem (vermeintlich)
sittlich-moralisch Richtigen nicht zwingend deren gesetzliche Fixierung
bzw. Durchsetzung. Für ihn waren Gesetze, insbesondere privatrechtliche,
Freiheitsgewährungen und Rechtsgüterschutz gegenüber Eingriffen
von Außen. Sein System des Privatrechts erklärte die Menschen
frei und gleich, soweit sie ihre Rechte und Güter positiv gebrauchen.
Dies war noch ganz auf der Linie Leibniz und Pufendorfs. Damit waren
Handlungen, die gegen diese Freiheit und Gleichheit verstießen,
nicht nur unmoralisch, sondern auch gesetzlich zu verbieten. Die Abkehr
von Leibniz und Pufendorf nimmt Thomasius aber bei denjenigen Handlungen
vor, zu denen die Moral verpflichtet. Diejenigen gehören eben nicht
zum Recht. Zu ihnen zählen "zwischenmenschlichen Hilfs- und
Beistandspflichten, alle Regeln der Liebesethik und der Dankespflichten"54,
also jegliche Regeln zur Herstellung solidarischer Verhältnisse und
positiver Mitmenschlichkeit, die Thomasius dem Bereich des decorum55
zuordnete und die nicht rechtlich durchgesetzt werden können und
dürfen. Insofern trennt Thomasius das, was moralisch zu unterlassen,
also Recht ist von dem, was moralisch geboten erscheint.56
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34 |
Zwischen diesen beiden Konzeptionen konnten die Kodifikatoren des ALR
prinzipiell wählen. |
35 |
2. Die Absichten des Gesetzebers
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"Sicherheit des Eigentums und der Rechte für jeden einzelnen
durch die vereinten Kräfte aller, ungestörter Gebrauch der natürlichen
Freiheit eines jeden, soweit damit die Sicherheit und Freiheit der übrigen
bestehen kann, Erleichterung der Mittel und Gelegenheiten zur Beförderung
des Privatwohlstandes durch Veranstaltungen zur Ausbildung des Verstandes
und Herzens, wodurch allein Neigung und Bereitwilligkeit zur Erfüllung
der Pflichten des Wohlwollens erreicht werden kann - das sind die großen
und wichtigen Ziele der bürgerlichen Gesellschaft"57.
|
36 |
Die Grundeinstellung Svarez', die wohl auch für die Regelungen
des Privatrechts gelten darf, zeigt eine unentschiedene Haltung der Kodifikatoren
zwischen diesen beiden Polen auf. Zum einen ist von "Freiheit und
Sicherheit" und von "bürgerlicher Gesellschaft" die
Rede, was bereits auf die liberale Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
weist, allerdings wird im gleichen Gedankenzug die (wohlwollende) Hilfe
des Staatswesen genannt, die Svarez nötig erscheint, um des Bürgers
Verstand und Herzen auszubilden, so dass er die "Pflichten
des Wohlwollens" anzunehmen vermag.58
|
37 |
Bei aller Freiheit der Bürger und Sicherheit des Privateigentums,
die Svarez verwirklicht sehen wollte, darf das Interesse des Gemeinwohls
nicht nur nicht vernachlässigt werden, sondern ist sogar durch staatliche
Bildung und Förderung eines jeden Einzelnen erst der Garant für
jene Freiheiten und Sicherheiten. Die Freiheit des (Privat-) Rechts ist
ohne die Pflicht zum wohlwollenden Handeln nach Svarez gar nicht denkbar.
Andererseits sieht Svarez allein in der Freiheit und Sicherheit des Individuums
sowie seiner Rechte, die einzige Möglichkeit, dass es auch bereit
und fähig ist, die "Pflichten des Wohlwollens" zu erfüllen.
Kurz; hier äußern sich offenbar Leibniz und Pufendorf zusammen
in Gestalt von Svarez. Doch Svarez verschiebt die Schwerpunkte. Während
Leibniz in sein grundsätzlich liberales Privatrecht soziale
Prinzipien einarbeitet, geht Svarez vom Gemeinschaftsgedanken aus. Im
ersten Fall wird dem Gemeinwohlgedanken mit Gesetzen in der schrankenlos-liberalen
Gesellschaft Platz geschaffen, im zweiten Fall wird er erst mit liberalen
Gesetzen eingeschränkt. Es werden als notwendig erkannte -
Freiheiten gegeben, nicht ohnehin bestehende eingeschränkt. |
38 |
Die Unentschiedenheit kommt auch an anderer Stelle zum Ausdruck, bei
der Svarez von Grundsätzen des Thomasius ausging. Ebenso wie dieser
sah er von der gesetzlichen Durchsetzbarkeit moralischer Pflichten ab,
also Regeln zur Herstellung solidarischer Verhältnisse und positiver
Mitmenschlichkeit, weil sie eben nur von der Moral vorgeschrieben seien59.
Würden sie gesetzlich befohlen werden, unterhöhlten sie deren
Wahrhaftigkeit, wie Svarez an Beispielen chinesischer Gesetze zur Höflichkeit,
die zur Heuchelei verkommen, zu beweisen suchte. Dennoch brachte ihn die
Analyse des Naturzustandes, der zunächst an Locke erinnert, zum gegenteiligen
Ergebnis: |
39 |
In diesem Zustand der natürlichen Freiheit und Gleichheit
könnten die Menschen sehr glücklich sein, wenn sie alle aufgeklärt
und wohlwollend wären.60
|
40 |
Doch erkennt Svarez auch die menschlichen Sinne und Leidenschaften,
die bereits Hobbes übertrieben dargestellt hatte, an und sieht sie
als Ursache für den Krieg aller gegen alle. Svarez verbindet beide
menschliche Eigenschaften, Vernunft und Leidenschaft, sozusagen die Erkenntnisse
von Locke und Hobbes und schlußfolgert im Sinne Wolffs. Wohlwollendes
Verhalten aller ist das Ziel, Aufklärung durch (maßvolle) Gesetze
und Anstalten des Staates das Mittel. |
41 |
a. Diese Unentschiedenheit im Grundsätzlichen hatte zur Folge,
dass im Kernbereich des Privatrechts, den Rechten und Pflichten aus dem
Eigentum, die Pflichten sehr genau geregelt wurden. In § 29 I. 8. ALR
finden wir eins der Prinzipien Leibniz' wieder. Die Norm besagt, dass
der Staat das Privateigentum seiner Bürger einschränken kann,
wenn dadurch ein erheblicher Schaden von anderen abgewendet wird oder
anderen ein beträchtlicher Vorteil verschafft wird, beides aber ohne
jeden Nachteil des Eigentümers geschehen kann. |
42 |
Bemerkenswert an dieser Regelung ist insbesondere, dass der Staat das
Eigentum lediglich dann einschränken kann, wenn dem Eigentümer
kein Nachteil droht. Die Einschränkung des Eigentums an und für
sich wird folglich als Nachteil weder anerkannt noch als solcher überhaupt
gesehen. Das ergibt sich außerdem daraus, dass von einer Entschädigung
für den Eigentümer keine Rede ist. Denn eine solche ist vom
Staat nur zu leisten, wenn dem Eigentümer ein Schaden droht. |
43 |
b. Dass Individualrechte mit dem Gemeinwohl kollidieren, scheint außerhalb
der Vorstellungen des ALR zu liegen. Vielmehr widerspräche die Ansicht,
ein Recht auf etwas zu haben, geschweige denn dieses durchsetzen zu können,
wenn bei dessen Gebrauch ein anderer oder das Gemeinwohl zu leiden hätten,
dem Grundverständnis des ALR. Das zeigt sich auch im Vertragsrecht
im I. 5. § 70 ALR: Verträge, die keinem der Vertragspartner
einen Vorteil bringen, müssen vom Richter auf Antrag dessen, der
einen Nachteil erleidet, aufgehoben werden. Dasselbe Prinzip; ein Recht,
dessen Durchsetzung keinen Nutzen bringt, muß aufgegeben werden,
wenn dem anderen ein Schaden droht.61
Doch betrachtet man die Normen im Überblick, scheint sich das ALR
gar nicht mit der Frage aufgehalten zu haben, zu wessen Gunsten entschieden
wird, zugunsten des Rechts des Individuums auf Schutz seiner Rechte oder
zugunsten des Gemeinwesens. Dass das ALR diesen Konflikt nicht sieht bzw.
anerkennt, hat sich bereits unter a. gezeigt. Hier wird ebenfalls erkennbar,
beachtet man, dass nirgends - auch außerhalb des Privatrechts nicht
- von "Rechten des Gemeinwesens" die Rede ist.62
Nur solche würden in Konflikt mit Individualrechten treten (können).
Insoweit hat das Wohl des Gemeinwesens keinen Vorrang vor Individualrechten,
denn das Gemeinwesen und dessen Wohl - nicht dessen Rechte (!) - muß
"befördert" (Einl § 74 ALR) werden, nicht
aufgrund von Rechten, sondern weil es schlicht einer Art innerer
Richtigkeit entspricht. Es erscheint dem ALR als Selbstverständlichkeit,
dass die eigenen Rechte an das Gemeinwohl gebunden sind63.
Dass diese Selbstverständlichkeit dennoch gesetzlich festgeschrieben
wurde, was insofern nicht selbstverständlich ist, ist nicht viel
mehr als ein Zugeständnis an die Tatsächlichkeiten des Lebens.
Denn das einzelne Individuen eben nicht zum Wohle des Gemeinwesens auf
eigene "Rechte" verzichten mochten, war für die Kodifikatoren
ebenso Realität wie Unvernunft. Vielmehr sollte das gesetzte Recht
neben Publikations- und Klarstellungsfunktion gleichsam die zugewiesene
Erziehungsfunktion erfüllen bzw. schlicht über die als vernünftig
festgelegten Maßstäbe aufklären.64
|
44 |
III. Begrenzungen
der Individualrechte im Polizeyrecht
|
Die polizeiliche Grundsatznorm befindet sich als § 10 im zweiten
Teil des 17. Titels: |
45 |
Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen
Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen
Mitgliedern desselben, bevorstehenden Gefahr zur treffen, ist das Amt
der Polizey. |
46 |
Ein leicht abgewandelter Wortlaut und anderes Verständnis sind
heute noch als polizeiliche Eingriffsermächtigung maßgebend65,
so dass der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundrechtliche
Einschränkungen zur Folge haben können. Doch beabsichtigten
die Kodifikatoren eine größere Spannweite der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung als es heute als rein gefahrabwehrende Norm der
Fall ist. So führte denn Svarez auch in seinen Kronprinzenvorträgen
aus: |
47 |
Zu Einschränkungen [der Individualrechte, A.d.V.], welche
auf die Abwendung gemeiner Gefahren und Beschädigungen abzielen,
hat der Staat ein stärkeres Recht als zu solchen, wodurch bloß
der Privatwohlstand, die Bequemlichkeit, der angenehme Lebensgenuß
pp. befördert werden sollen.66
|
48 |
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine liberale
und individualistische Auslegung der Norm zugrunde gelegt.67
Insofern kommt auch hier der wohlfahrtliche Zweck des ALR, der die Individualrechte
an das Gemeinwohl bindet, zum Ausdruck. Für das Verhältnis zwischen
Gemeinwohl und Individualrechten ist die Norm aber in einem weiteren Sinne
erhellend. Denn hier wird die grundlegende Verknüpfung der Intensität
des staatlichen Eingriffs mit dem Freiheitsschutzgedanken eingeführt.
Die Art und Weise des staatlichen Eingriffs hat sich an der Art und Weise
der Gefahr für das gemeine Wohl zu orientieren. |
49 |
Nur die Erreichung eines überwiegenden Guts für
das Ganze kann den Staat berechtigen, die Aufopferung eines minderen Guts
von dem einzelnen zu fordern. Solange das Übergewicht nicht evident
ist, muß es bei der natürlichen Freiheit bleiben.68
|
50 |
Insofern will Svarez durchaus ein frühes Übermaßverbot
für staatliche Eingriffe verankert wissen, so dass letztlich die
Individualrechte und das Gemeinwohl, wenn schon nicht entgegengesetzt,
so doch in ihrer Verknüpfung gelockert werden. |
51 |
IV. Individualrechte
und Gemeinwohl im "Staatsrecht"
|
§ 22 Einl ALR: Die Gesetze des
Staats verbinden alle Mitglieder desselben, ohne Unterschied des Standes,
Ranges und Geschlechts. |
52 |
Die
Norm hat ein bewegte Geschichte erlebt und erscheint im ALR in sprachlich
abgemilderter Form. Im Entwurf zum AGB war noch von einer "Gesetzesunterworfenheit"
und nicht bloßen Gebundenheit die Rede.69
Nichtsdestotrotz bleibt auch in der endgültigen Fassung das "Oberhaupt
des Staates", wie der Monarch lapidar im 13. Titel des II. Teils
des ALR bezeichnet wird, an die Gesetze gebunden. Diese allgemeine Gesetzesgebundenheit
gleicht dem auch heute noch gültigen Grundsatz vom "Vorrang
des Gesetzes"70,
ja führt ihn ins positive Recht erst ein. Ob deshalb von einem "Markstein
der deutschen Verfassungsgeschichte"71
die Rede sein kann, ist dennoch fraglich. Denn eine materielle Einschränkung
und damit ein Mehr an Schutz für individuelle Rechte geht mit § 22
der Einleitung des ALR nicht einher. Das ergibt sich aus dem originär
staatsrechtlichen 13. Teil des zweiten Titels, in dem in § 6
dem Monarch die unumschränkte Gesetzgebungsgewalt zugestanden wird.
Der "Vorrang des Gesetzes" besagt lediglich und vorerst nur,
dass gemäß vernunftrechtlicher Prinzipien der Staat auf Gesetze
gründet. Über deren Inhalt wird insoweit kein Wort verloren.
§ 22 Einleitung ALR vermag materiell demnach nicht die monarchische,
also staatliche (Gesetzgebungs-) Macht einzuschränken, was auch Svarez
des Öfteren betonte.72
Allenfalls, aber immerhin hatte er eine gewisse Verifizierungsmöglichkeit
und Bürokratisierung zur Folge. |
53 |
Damit ist der Monarch zwar an die momentanen Gesetzen
gebunden, ist aber in seiner Gesetzgebungsmacht nicht eingeschränkt.
Materiell unbegrenzter Handlungsspielraum blieb sein eigen. |
54 |
Der § 22 der Einleitung beinhaltet zudem ein
Weiteres: Alle Mitglieder des Staates seien vor dem Gesetz gleich. Indes,
hier ist zu differenzieren: Was die besonderen Rechte angeht, gelten sie
für jedes Staatsmitglied entsprechend seines Standes in der Gesellschaft
(s.o.). Dass sich die Menschen an die - für sie - geltenden Gesetze
zu halten hätten, ist allerdings eine banale Aufforderung und entspricht
seit jeher dem Wesen von Gesetzen. Die Frage nach der Gleichheit aller
im Hinblick auf die natürliche Freiheit und der allgemeinen
Rechte führt so zum Problem von staatsunabhängigen Freiheitsrechte
im ALR. |
55 |
2. Freiheitsrechte im ALR
|
Fraglich ist, ob im ALR bereits Freiheitsrechte iSd amerikanischen
oder französischen Erklärungen der Menschen- Bürgerrechte
enthalten sind. Einen entsprechenden zusammenfassenden Katalog enthält
das ALR nicht. Doch lassen sich aus den nahezu 20.000 Paragraphen solche
mit entsprechendem Wortlaut herausfiltern. Ob ihnen auch ein entsprechender
Inhalt zugesprochen werden kann, ist zu untersuchen: |
56 |
In
§§ 1 ff II. 11. ALR wird umfassend
die Religionsfreiheit festgeschrieben. Dies entspricht ureigenen naturrechtlichen
und aufklärerischen Intentionen, doch ist fraglich, ob in Preußen
das Prinzip der Toleranz aus einem liberalem Verständnis
hervorging. Allenfalls dies könnte es nahelegen, auch die Inhalte
der Normen mit denen von Freiheits- und Grundrechten gleichzusetzen.
|
57 |
Seitdem
am Weihnachtsabend 1613 der brandenburgische Kurfürst Johann Sigismund
(1608-1619) zum Calvinismus übergetreten war73,
war das Glaubensband zu seinen protestantischen Untertanen zerrissen.
Gegen die Ratschläge seiner Geheimräte, die innen- und außenpolitischen
Schaden kommen sahen, vollzog der brandenburgische Kurfürst diesen
durchaus ungewöhnlichen und riskanten Schritt. Da es ihm nicht gelang,
sein Territorium samt Untertanen "nachzuziehen", mußte
die dauerhafte Spaltung zu erheblichen Spannungen führen.74
|
58 |
Im
Folgenden entluden sich allerdings diese Spannungen nicht, so dass eine
Entscheidung für oder gegen die eine oder andere Glaubensrichtung
ausblieb. Das Land blieb vorerst religiös gespalten. Dieser Gegensatz
zwischen calvinistischer Staatselite und protestantischem Adel löste
sich nach und nach in Distanz auf. Beachtet man den bis dato enormen Einfluß
der protestantischen Adelsschicht, war die jetzige Distanz zu den politischen
Handlungszentralen erstaunlich. Doch hatte der Gegensatz nicht nur politische
Folgen für den Adel, sondern für das religiöse Leben in
Preußen allgemein, so dass Schilling
zusammenfassend sagen kann: |
59 |
"Je
länger er (der Gegensatz, Anm. d. A.) bestand, desto deutlicher ergab
sich aus dem Unterschied zwischen der Konfession der Untertanen und der
des Herrscherhauses ein Zwang zur Toleranz und zur rational-säkularen
Gestaltung des Staates als einer überkonfessionellen Institution,
die sich gleichwohl oder gerade deshalb sittliche und moralische Kräfte
der Religion anzueignen vermochte. Das war in der Tat 'Zwang' zur Toleranz
und nicht 'Einsicht'. Die vielgerühmte Toleranz des preußischen
Staates, die in Deutschland lange Zeit ihresgleichen suchte, war ja nicht
aus einem Willen geboren, verschiedenen Kirchen gleiche Rechte zu gewähren
oder gar moderne Gewissensfreiheit für die Untertanen einzuführen;
sie war politische Notwendigkeit, in die sich die ersten calvinistischen
Hohenzollern schicken mußten "75.
|
60 |
Endgültig
gelang es erst Friedrich II. (1740-1786) die bestehende Kirchenhoheit
des Staates nicht mehr aus einer bestimmten Konfession, sondern aus der
Gebietsherrschaft (Territorialsystem76)
heraus zu begründen. So wurde aus einer selbst verschuldeten Not
eine vielgerühmte Tugend, doch war und blieb es eine staatlich verordnete
Toleranzpolitik. Dass jeder in religiösen Fragen nach seiner Fasson
selig werden konnte, wie es Friedrich II. zu sagen pflegte77
und im ALR zum Ausdruck kam, folgte nicht aus liberaler Gesinnung, sondern
war ein "Prinzip der Staatsräson"78.
|
61 |
Diese
sich im Gesetz niedergeschlagende religionssoziologische Entwicklung in
Preußen legt es nah, weder mit moderner Terminologie von Freiheits-
oder gar Grundrechten zu reden, noch deren moderne Inhalte als vom Staatswesen
unabhängige und durch ihn latent gefährdete Lebenstatsachen
im ALR gewährleistet zu sehen.79
Die Religionsfreiheit im ALR, die in ihrer Reichweite durchaus erheblich
und in diesem Sinne modern war, wurde von diesem preußischen Staat
erst gegeben, nicht trotz des preußischen Staates anerkannt und
durchgesetzt.80
|
62 |
b. Allgemeine Handlungsfreiheit
|
Aus
Einl §§ 82 ff, insbes § 83 ALR könnte eine
allgemeine Handlungsfreiheit iSd Art 2 I GG gesehen werden, da "die
natürliche Freiheit, sein eigenes Wohl ohne Kränkung der Rechte
eines anderen, suchen und befördern zu können" gewährleistet
wird. Doch weist Schwennicke zutreffend darauf hin, dass diese Norm lediglich
unter Privaten uneingeschränkte Geltung beanspruchen konnte.81
Denn die in § 83 benannte "natürliche Freyheit",
"auf der sich die allgemeinen Rechte gründen", ist an den
Staatszweck, das "gemeine Wohl", gebunden, ist an ihn gekoppelt
und von ihm abhängig. Die "natürliche Freyheit" entbehrt
damit einer eigenständigen Bedeutung dem Staat gegenüber.82
Insofern ist in der Einleitung eine "Freiheit durch den Staat"
gegeben worden, aber nicht eine "Freiheit vom Staat"83.
|
63 |
Im
Übrigen begegnet man dieser Einstellung gegenüber individueller
Freiheiten, die anderorts liberal, wenn auch nicht freiwillig als Grundrechte
anerkannt wurden, auch in anderweitigen Ausführungen von Svarez.
Pressefreiheit sei auch eine Freiheit, die zugestanden werden sollte,
soweit es dem Gemeinwohl zuträglich oder doch zumindest nicht abträglich
ist.84
|
64 |
3. §§ 73, 74 der Einleitung
|
§ 73: " Ein jedes Mitglied des Staats ist, das
Wohl und die Sicherheit des gemeinen Wesens, nach dem Verhältnis
seines Standes und Vermögens, zu unterstützen verpflichtet."
|
65 |
§ 74: "Einzelne Rechte und Vorteile der Mitglieder
des Staats müssen den Rechten und Pflichten zur Beförderung
des gemeinschaftlichen Wohls, wenn zwischen beiden ein wirklicher Widerspruch
(Kollision) eintritt, nachstehen." |
66 |
In
diesen Grundsatznormen tritt das gleiche Grundverständnis vom Verhältnis
zwischen Individualrechten und Gemeinwohl offen zutage, das bereits in
spezielleren Normen festgestellt wurde: § 74 ist eine
"muß"-Vorschrift.85
Sobald Rechte des Einzelnen dem Gemeinwohl unzuträglich sind, treten
sie zurück. Dabei ist zu beachten, dass nicht Rechte des Einzelnen
mit Rechten des Gemeinwohls kollidieren. Es kollidieren lediglich
Rechte des Einzelnen mit Pflichten dieses Einzelnen zur Gemeinschaftsförderung,
gleichwohl die Norm im zweiten Halbsatz von "Rechten und Pflichten
zur Beförderung des gemeinschaftlichen Wohls" spricht.
|
67 |
Fraglich ist, wie und warum es zu dieser Kopplung der
individuellen Rechte an das Gemeinwohl und dem zwingenden Zurücktreten
der einen hinter das andere kam. Da die individuellen Rechte und Pflichten
stets und ohne Prüfung hinter das Gemeinwohl zurücktreten mußten,
könne anstatt von Rechten von individuellen Freiheiten gesprochen
werden, die dem Einzelnen gewährt wurden. Denn die staatlichen
Aufklärer sahen in individuellen Rechten grundsätzlich
nicht einen Anspruch, der sich im Widerspruch mit dem Gemeinwohl befindet
und in einem streitenden Ausgleichsverfahren (Abwägung) mehr oder
minder befriedigt werden müßte. Wie die Formulierung, wenn
zwischen beyden ein wirklicher (!) Widerspruch besteht, zeigt, war
das Landrecht generell skeptisch, dass ein solcher Widerspruch tatsächlich
auftreten könne. Das erklärt sich insbesondere aus dem damaligen
Verständnis von aufgeklärten Gesetzen. Denn solche
Gesetze waren in einem zwingenden Denkverfahren gefunden worden.
Da sie doch rational und nach den Gesetzen der Logik erkannt worden waren,
seien sie ebenso wie naturwissenschaftliche Gesetze grundsätzlich
unumstößlich. |
68 |
Dieser
Irrtum ergab sich aus der Verbindung der Aufklärung als Reaktion
auf die religiöse Welterklärung mit der wissenschaftlichen Naturerforschung.
Allein, so wie den klassischen Naturwissenschaftlern die Erfahrung der
Relativität der Naturgesetze fehlte, die erst die Moderne Physik
mit Einstein und insbesondere Heißenberg86
brachte, so war der Glaube an die Vernunft als einziges und richtiges
Mittel zur Lösungsfindung für gesellschaftliche Gesetze
ungebrochen. Insofern glaubten sie an die reine unbedingte Vernunft, die
gesellschaftliche Gesetze mit ebenso großen Anspruch auf die einzige
Richtigkeit und Absolutheit findet wie naturwissenschaftliche Gesetze.
Die Erfahrung der historischen Bedingtheit von Rechtssätzen und Wertvorstellungen,
die in einem ständigen Prozeß, geradezu in einer ständigen
Abfolge von Krisenerscheinungen und deren Überwindungen nicht
viel Anderes scheint die Geschichte, insbesondere aber der Liberalismus
zu sein. neu koordiniert werden müssen, war den Aufklärern
fremd. Nun war es bereits damals ein bekannte Tatsache, dass es alternative
Staatsformen sowohl in der Geschichte, als auch in der Gegenwart gab,
doch diese erschienen eben deswegen als mehr oder minder unvernünftig
zumindest für Preußen. Bereits daran zeigt sich die
historische Bedingung der Tradition, der auch Aufklärer nicht entkommen.
|
69 |
Aus diesem grundsätzlichen (Miß-) Verständnis
gesellschaftlicher Gesetze, war es gleichwohl in der Vorstellung zwingend,
dass die vernünftigerweise zu gewährenden Rechte bzw. Freiheiten
des Individuums nicht dem Gemeinwohl entgegenstehen könnten. Denn
da der Staat (vom Monarchen) auf vernünftige Grundsätze gestellt
worden war und vernünftiges Denken rationale, logische und daher
zwingende Ergebnisse hervorbrachte, könne gleich den Wissenschaften
von der Natur kein Widerspruch denkbar sein andernfalls habe man
unvernünftig gedacht. In einer Monarchie allerdings, in der sich
der Monarch als aufgeklärt ansah, mußte es zu einem aufgeklärten
Absolutismus mit deutlicher Erziehungsaufgabe (Wolff!) kommen. Das
hatte natürlich Erscheinungen zur Folge, die auch anderorts als modern
und wegweisend angesehen worden waren. Zum Beispiel die Politik in Fragen
des Glaubens. Diese Folgen sind aber aus einem anderen gesellschaftlichen
Prozeß (Reform von Oben) hervorgegangen, nicht aus einem
liberalen Streit, der bestenfalls einen Ausgleich der Interessen bringt,
schlimmstenfalls die Umkehr der Machtverhältnisse. |
70 |
Da
der Monarch, wenn auch auf vernünftiger Basis, so doch unabhängig
das Gemeinwohl bestimmen konnte, konnten ausschließlich in diesem
Rahmen die Rechte der Individuen bestehen, .d. h. Freiheiten dem Individuum
gewährt werden. Zwischen beiden war ein Widerspruch nicht denkbar.
Das zeigt sich gesetzlich vor allem in der mangelnden Abwägung in
§ 74 Einl ALR. Insofern ist es bei der Frage nach dem Verhältnis
zwischen Gemeinwesen und den Individuen durchaus irreführend, von
Rechten des Individuums zu sprechen.
Verstanden wurde darunter auch noch in der realen Gesellschaft
- der (dem Gesellschaftsvertrag vorgelagerte) Begriff der natürlichen
Freiheit, die jedem Individuum zustand. Diese Freiheit kann auch nicht
durch den Akt des Gesellschaftsvertrages eingeschränkt oder abgegeben
werden. Denn, ob nun Naturzustand oder Gesellschaft, das private Eigentum
wurde als Tatsache anerkannt. Doch als streitbares Recht wurde es in
den preußischen Absolutismus nicht mitgenommen, sondern als
Freiheit, die, solange es nicht dem Gemeinwesen entgegenstand, vom Gemeinwesen
gewährt wurde. Das zeigt sich auch daran, dass die Einschränkung
des Eigentums zum Wohle des Gemeinwesens keinen Entschädigungsanspruch
nach sich zog, sondern erst der daraus entstehende Schaden für den
Eigentümer gab ihm einen solchen (s.o.).87
|
71 |
§ 75: Dagegen ist der Staat denjenigen,
welcher seine besondern Rechte und Vortheile dem Wohle des gemeinen Wesens
aufzuopfern genöthigt wird, zu entschädigen gehalten.
|
72 |
Diese
Normen positivieren das Prinzip der staatlichen Entschädigungspflicht
bei Aufopferung individueller Rechte zugunsten des Gemeinwohles.88
Das ist der Grundsatz. Der Anspruch verjährt nach dreißig Jahren.89
|
73 |
Späterhin
wurde dieser Grundsatz aus praktischen Bedürfnissen erweitert, so
dass der Anspruch auch gegeben war, wenn zwar die besonderen Rechte
des Einzelnen nicht mit dem Interesse des Staatsganzen, wohl aber mit
dem Interesse einer größeren oder kleineren Gemeinschaft innerhalb
des Staates in Widerspruch gerathen90
war. |
74 |
Allerdings
war der § 75 ALR nicht anwendbar, wenn eine Einschränkung
der Individualrechte durch ein allgemeines Gesetz erfolgte.91
Denn in den Gesetzen spricht der Landesherr zu seinen Unterthanen
und wenn dieser es erforderlich gefunden hat, eine Maßregel
der inneren Verwaltung unmittelbar durch einen Akt der Gesetzgebung anzuordnen,
und wenn hierbei ein Bedürfnis vorhanden gewesen ist, dem Privatinteresse
vorzusehen, ist die Verpflichtung zum Schadensersatze aus dem Staatsvermögen
besonders festgesetzt worden92.
D. h. eine Entschädigungspflicht aus § 75 ALR entstand
bei bloßen Verwaltungsmaßregeln, sonst nur, wenn es in dem
entsprechenden einschränkenden Gesetz speziell festgesetzt wurde.
Für den Anspruch aus Verwaltungsmaßregeln galt ferner, dass
sie rechtmäßig gewesen ein müssen, ansonsten war der Anspruch
nicht auf § 75 Einl ALR stützbar.93
Wiederum zeigt sich, dass zwischen den Individualrechten und dem Gemeinschaftsinteresse
grundsätzlich kein Widerspruch anerkannt worden war. Das Gemeinschaftsinteresse
begrenzt schlicht die Freiheiten des Individuums in durchaus absoluten,
wenn auch nach vernünftigen oder besser säkularen
Maßstäben. Im theoretischen Sinne also nicht (unbedingt) willkürlich.
Die Begrenztheit des Entschädigungsanspruchs in der Praxis, macht
deutlich, dass sich der preußische aufgeklärte Absolutismus
keineswegs den liberalen Gedanken eines John Locke verpflichtet hatte,
der das Gemeinwesen ausgehend vom Individuum verstanden wissen wollte.
|
75 |
Die
Frage des Verhältnis zwischen Gemeinwohl und Individuum im 18. und
19. Jahrhundert berührt die Frage nach der Entwicklung moderner Grundrechten.
Sie stehen dem Individuum in der Gesellschaft zu, ohne dass es sich für
die Ausübung rechtfertigen müsse.94
Lediglich die staatliche Gewalt muß sich rechtfertigen, wenn sie
Grundrechte einschränkt. Da gemeinschaftliche Normen das absolut
uneingeschränkt gedachte Grundrecht per Definition einschränken,
stehen die Grundrechte dem Staat stets spannungsgeladen gegenüber.
Der Staat als Gemeinschaft stellt für das individuelle Grundrecht
eine latente Bedrohung dar. Der daraus folgende Prozeß der Abwägung,
des Widerstreits, der letztlich zum Ausgleich für beide Seiten führen
mag, ist dem ALR grundsätzlich fremd.
|
76 |
Die individuellen Rechte des ALR sind an das
Gemeinwohl gekoppelt worden und nur in dessen Rahmen bestanden sie. Streitig
war allenfalls die Reichweite der vernünftigerweise zu gewährenden
Freiheit für das Individuum. Der Ausgangspunkt dabei war für
das ALR das Wohl der Gemeinschaft. Es wurde nicht individualistisch
gedacht, also vom Einzelnen ausgehend wie im Liberalismus, der das
Gemeinschaftsmoment erst mit dem Gedanken von der Nation bereitstellen
konnte. |
77 |
Die Tatsache, dass die staatliche Gemeinschaft auch oder
vielmehr gerade im aufgeklärten Absolutismus für das Individuum
geschaffen worden war (Vervollkommnung des Einzelnen!), sollte darüber
nicht täuschen. |
78 |
Sicher prägte dieses Gesellschaftskonzept, das
im Allgemeinen Landrecht für Preußen seinen klarsten Ausdruck
fand, den weiteren Fortgang der Geschichte, allein durchsetzen konnte
es sich nicht. Das blieb dem individualistischen Liberalismus zusammengeschweißt
vom Gedanken der Nation vorbehalten. |
79 |
Fußnoten:
1 siehe dazu unter B. III.
2 Kant, Immanuel: Was ist Aufklärung?
erschienen in der Dezember-Nummer der Berliner Monatsschrift
1784, hier zitiert aus: Was ist Aufklärung? Thesen und Definitionen,
Hg. Erhard Bahr. Stuttgart 1996, S. 9.
3 dazu Menger: Verfassungsgeschichte,
Rn 151
4 siehe dazu unter B. II.
5 Möller: Fürstenstaat oder
Bürgernation, S. 322.
6 vgl. nur Hirschberger: Geschichte
der Philosophie II, S. 72 ff, 76 ff.
7 Insbesondere durch Galilei (LD: 1564-1642),
der an Kepler (1571-1630) anschließt. Einflußreich waren
auch der Chemiker Robert Boyle (1627-1691) sowie I. Newton (1643-1727).
8 vgl. Abhandlung über die Methode
des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Wahreitsforschung
von 1637, Stuttgart 1961, dazu auch Hirschberger, Geschichte
der Philosophie II, S. 92 f; Rebstein: Allgemeines zur philosophischen
Rechts- und Staatslehre, in: Volkssouveränität und Freiheitsrechte,
S.9 ff.
9 Locke: Über die Regierung,
II. Der Naturzustand, TNr. 4, S. 4 f;Vgl. auch Menger:
Verfassungsgeschichte, Rn 154; Die Vernuftbegabung folgt als Umkehrschluß
aus dem Kriegszustand (III.), TNr. 16 f, S. 14 f.
10 Locke: Über die Regierung,
VIII. Die Entstehung politischer Gesellschaften, TNr. 95, S.
73.
11 Hattenhauer: Europäische
Rechtsgeschichte, S. 397; zum Ganzen auch Reibstein: John Locke,
in: Volkssouveränität und Freiheitsrechte, S. 75, 80; Schwan:
Politische Theorien, S. 157, 198 f.
12 Locke: Über die Regierung,
XII. Die legislative, exekutive und föderative Gewalt des
Staates; TNr. 143 ff, S. 111 ff. Die föderative Gewalt braucht
hier nicht ausgeführt werden; ausfrl. Reibstein: John Locke, in:
Volkssouveränität und Freiheitsrechte, S. 75, 81 ff.
13 Locke: Über die Regierung,
VIII. Die Entstehung politischer Gesellschaften, TNr. 96 ff,
S. 74 f.
14 Dieser Terminus fand erstmals 1714 im Friedensvertrag
von Utrecht Beendigung des spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714
) positiven Niederschlag.
15 dazu nur Schulze: Staat und Nation,
S. 88 ff.
16 ausfrl. Menger: Verfassungsgeschichte,
Rn 157 ff.
17 dazu, Kluxen, in:Handbuch der
Europäischen Geschichte, Band 4, S. 357 ff.
18 nach dem alttestamentarischen (Meeres-)
Ungeheuer: Hiob 3.8, 40.25; Psalm 74.14; Jesaja 27.1.
19 Hattenhauer: Europäische
Rechtsgeschichte, S. 393.
20 dazu:Diesselhorst, Systemdenken
bei Hobbes, S. 10.
21 Leviathan, II. 17., S. 151, 156 f.
22 Hattenhauer: Europäische
Rechtsgeschichte, S. 394.
23 dazu Diesselhorst, Systemdenken bei Hobbes,
S. 19 ff; Reibstein: Thomas Hobbes, in: Volkssouveränität
und Freiheitsrechte II, S. 25, 30 f.
24 Leviathan, II. 21., S. 187, 195.
25 Leviathan, II. 26., S. 228, 229. siehe
auch Senn: Rechtsgeschichte, S. 202.
26 vgl. Repgen: Wolff, Christian,
in: Juristen, S.656, 657.
27 Buchholz in HRG 5, Wolff, Christian,
1514.
28 Thoman: Christian Wolff, in: Staatsdenker,
S. 257, 259.
29 vgl. Hagen Hof: Wolff, Christian,
in: Kleinheyer / Schröder, S. 315, 319.
30 vgl. Hellmuth: Naturrechtsphilosophie
und Bürokratischer Werthorizont, S. 31.
31 so bereits, Jellinek: Allgemeine
Staatslehre, S. 243; vgl. Buchholz in HRG 5, Wolff, Christian,
1514 f.
32 vgl. Friedrich der Große: Briefe
über die Vaterlandsliebe von 1779, abgedruckt in: Friedrich der
Große und die Philosophie, S. 110, 115, 118 f.
33 Wieacker: Privatrechtsgeschichte,
S. 328, Schlosser, Grundzüge, S. 96
34 ausfrl. dazu Lieberwirth: Christian
Thomasius und die Gesetzgebung, in: Rechtshistorische Schriften, S.
121, insbes. 131 ff.
35 dazu Möller: Fürstenstaat
oder Bürgernation, S. 21 ff; Schulze: Kleine deutsche Geschichte,
S. 67 ff; zur europa- und weltpolitischen Dimension des Siebenjährigen-Krieges,
Kluxen, Kurt sowie Wagner, Fritz, in: Handbuch der Europäischen
Geschichte, Bd. 4, S. .357 ff. und S. 46 ff.
36 vgl. Kleinheyer: Das Allgemeine
Landrecht, S. 5; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 328
37 dazu Sendler: Friedrich der Große
und der Müller Arnold, in: JuS 1986, 759-763; Diesselhorst:
Prozesse des Müller Arnolds, S. 52 ff.
38 Hattenhauer, Einführung,
S. 4; Conrad: Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 387; Wieacker:
Privatrechtsgeschichte,S. 329, .
39 Svarez: Vorträge über
Recht und Staat, S. 154 f.
40 dazu von Bissing: Friedrich Wilhelm
II. S. 142 f.
41 Hattenhauer: Einführung,
S. 10.
42 Möller: Fürstenstaat
oder Bürgernation, S. 506; DBE 10, S. 557 f.
43 siehe auch Sheehan: Ausklang des
Alten Reiches, S. 267 ff.
44 von Bissing: Friedrich Wilhelm
II., S. 152.
45 Abgekürzt werden die Normen des
ALR nach Paragraphen; Einleitung/Teil, Titel, zitiert.
46 zur Entstehungsgeschichte der Normen
ausfrl. Schwennicke, Entstehung der Einleitung, S. 299 ff.
47 vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte,
S. 258, 266, 274.
48 ausfrl. Luig: Ungestörter
Gebrauch der Freiheit, S. 17, 21.
49 vgl Schneider: G.W. Leibniz, in: Staatsdenker,
S. 197, 219 f; Luig: Privatrecht des ALR, S. 255, 258; ders.:
Ungestörter Gebrauch der Freiheit, S. 17, 22.
50 vgl. Küchenhoff in HRG 2: Leibniz,
G.W., Spalte 1799.
51 bspw. Svarez: Vorträge über Recht und Staat,
S. 5, 8, vgl. aber auch 643.
52 S. von Pufendorf: Über die Pflicht
des Menschen und des Bürgers, Buch 1, Kap. 9, § 2, S. 86;
vgl Luig: Samuel Pufendorf, in: Juristen - Ein biographisches
Lexikon, S. 506, 507
53 Johann Gottlieb Heineccius: Grundlagen
des Natur- und Völkerrechts (1737), Kap. VII, § 174, S. 133,
Hg. Christoph Bergfeld (in: Bibliothek des deutschen Staatsdenkens,
Bd. 29, Frankfurt/Main - Leipzig 1994
54 Luig, Klaus in HRG 5, "Thomasius",
S. 186, 194.
55 dazu: Stolleis, Geschichte des
öffentlichen Rechts I, S. 286 f.
56 dazu: Kaufmann in Kaufmann / Hassemer,
S. 55; zur ethischen Begründung dieser Trennung, Wieacker,
Privatrechtsgeschichte, S. 316, der diese Trennung gleichsam als "Sackgasse...und...ethische
Verarmung des Naturrechts" (S. 317 f) begreift. dazu stellungnehmend:
Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts I, S. 286 ff.
57 Svarez: Vorträge über
Recht und Staat; S. 643 f.
58 vgl. Svarez: Vorträge über Recht
und Staat, S. 643 f.
59 vgl. Svarez: Vorträge über Recht
und Staat, S. 5 (XII, XIII).
60 vgl. Svarez: Vorträge über Recht
und Staat, S. 8 f (XV).
61 Im Übrigen wird dieses Prinzip im
I. 5. § 378 ALR ausgedehnt , so dass sich ein Vertragspartner auch
auf ungünstige Änderungen der tatsächlichen Lage berufen
kann.
62 Auch nicht in der Einl § 74
ALR, wo von "Rechten und Pflichten ("des Einzelnen" ist
gedanklich zu ergänzen) zur Beförderung des gemeinschaftlichen
Wohls" gesprochen wird.
63 iE ebenso Luig: Privatrecht des
ALR, 255, 270 f.
64 Weitere einschlägige Normen, die
das Verständnis von Gemeinwohlgedanke und Individualrechten erklären
könnten, sind von Luig, in: Ungestörter Gebrauch der
Freiheit, S. 17, 30 f aufgezählt. würden aber zur Aufgabenstellung
keine weitere Erhellungen beitragen.
65 vgl. nur § 17 I BerlASOG.
66 Svarez: Vorträge über Recht und Staat,
S. 40.
67 erstmals im sog. Kreuzberg-Urteil: PrOVG
E 9, 353-384 (1882), Nachdruck in DVBl 1985, 219-226.
68 Svarez: Vorträge über Recht und Staat,
S.39.
69 vgl. auch Schwennicke: Entstehung
der Einleitung, S. 218 ff
70 Merten: Rechtsstaatsidee, 109,
118.
71 Merten: Rechtsstaatsidee, 109,
119.
72 vgl.bspw. Svarez: Vorträge
über Recht und Staat, S. 229; aA: offenbar Merten: Rechtsstaatsidee,
109, 119.
73 vgl. DBE 5, S. 338; siehe wunderbar erzählend,
Rogge: brandenburgische Kurfürsten, S. 247 ff; auch
Haffner: Preußen ohne Legende, S. 117 f; allgemein
zur Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa: Iserloh, in: Handbuch
der Kirchengeschichte, Bd. IV, S. 420 ff.
74
Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte II, S. 312; Schilling:
Höfe und Allianzen, S. 380 f; aA wohl Uhlhorn/Schlesinger in Gebhardt,
Bd. 13, S. 340.
75
Schilling: Höfe und Allianzen, S. 383.
76 dazu Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte
II, S. 295; von Campenhausen: Staatskirchenrecht, S. 21
77 vgl. zB Friedrich der Große:
Das politische Testament, S. 44; auch Schieder, Theodor: Friedrich
der Große, S. 290 mwN; vgl. auch Menger, Rn 147.
78 Schilling: Höfe und Allianzen,
S. 385; aA offenbar Conrad: Das Allgemeine Landrecht, S. 24.
79 aA wohl Kleinheyer: Das Allgemeine
Landrecht, S. 20.
80 vgl. die Ausführungen von Svarez: Vorträge
über Recht und Staat, S.509 f.
81 Schwennicke, Entstehung der Einleitung,
S. 373.
82 so auch: Klippel / Pahlow: Freiheit
und aufgeklärter Absolutismus, S. 215, 252; aA Conrad, Das
Allgemeine Landrecht, S. 15.
83 auf diese griffige Formel brachte es:
Stolleis: Untertan - Bürger - Staatsbürger, S. 84.
84 Svarez: Vorträge über Recht und Staat,
S. 43, 44.
85 so Rehbein: Entscheidungen, S. 99, 100.
86 Heißenbergsche Unbestimmtheitsrelation.
87 vgl. § 29 I. 8. ALR; Striethorst:
Archiv für Rechtsfälle, S. 320, 322
88 vgl. Koch: Kommentar in Anmerkungen, S. 58,
Anm. 84 I.
89 vgl. Koch: Ergänzungen und Erläuterungen,
S. 105, § 75, E. 1).
90 vgl. Rehbein: Entscheidungen, S. 105, 107 f.
91 vgl. Rehbein: Entscheidungen, S. 99, 100; Koch:
Kommentar in Anmerkungen, S. 58, Anm. 84 I. 1.; Nachschlagewerk, S.
51, Nr. 29 für allgemeine Polizeiverordnungen, Nr. 73, 77.
92 vgl. Rehbein: Entscheidungen, S. 99, 100.
93 vgl. Nachschlagewerk, S. 62, Nr. 70.
94 Pieroth/Schlink: Grundrechte, Rn 43, 44.
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