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Reviewed by: Achim Seifert*

Thomas Pierson, Vom Vertrag zum Status. Das Dienstvertragsrecht der Frankfurter Dienstbriefe im Alten Reich. Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 321, Frankfurt am Main: Klostermann 2020. XVIII, 830 S., ISSN 1610-6040, ISBN 978-3-465-04404-8.

1Die rechtshistorische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Arbeitsrechts ist stets auf das Industriezeitalter konzentriert gewesen. Dies ist nicht weiter überraschend, ist doch das moderne Arbeitsrecht mit seinen tragenden Gedanken und Prinzipien vor allem und zuallererst ein Ergebnis der Industrialisierung und der damit verbundenen Entstehung des Arbeitsverhältnisses im Industriebetrieb. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist immer wieder in Zweifel gezogen worden, dass es auch schon vor der Industrialisierung oder der Durchsetzung des modernen Kapitalismus ein „vorindustrielles Arbeitsrecht“ gegeben hat, das dem entspricht, was wir heute als Arbeitsrecht bezeichnen. Auch wenn der moderne Betrieb durch die Einbettung der Arbeitsleistung in eine arbeitsteilige Arbeitsorganisation, der in Abhängigkeit zu erbringenden Arbeit einen neuen Charakter verliehen hat, auf welchen die soziale Gesetzgebung spätestens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts reagiert hat, lässt sich doch nicht bestreiten, dass es auch in vorindustrieller Zeit vielfältige Formen abhängiger Arbeit gab.

2Ein Beispiel hierfür waren gewiss die Dienstverhältnisse, welche die Städte mit ihren Beschäftigten seit dem späten Mittelalter begründeten. An ihrer Entwicklung lässt sich ablesen, wie sich in den Gemeinden das herausgebildet hat, was wir heute mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes umschreiben. Das hier zu besprechende Buch von Thomas Pierson, dem die von Joachim Rückert betreute und vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann-Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main im Jahre 2017 angenommene Habilitationsschrift des Autors zugrunde liegt, greift dieses Phänomen auf und untersucht die Dienstbriefe der Stadt Frankfurt vom ausgehenden Mittelalter bis zur Schwelle zur Industrialisierung um 1800. Bei den Dienstbriefen handelt es sich um Urkunden, die regelmäßig von der Stadt verfasst und vom Bediensteten unterzeichnet wurden und „in welchen der Bedienstete die Aufnahme seines Amtes und die damit verbundenen Rechte und Pflichten bekennt“ (S. 21). Ihnen lässt sich also der Inhalt der Dienstverhältnisse der städtischen Beschäftigten entnehmen. Auch wenn es sich bei den Dienstbriefen stricto sensu nur um eine einseitige Verpflichtung des Bediensteten und nicht um einen Vertrag handelt, lassen sich die Dienstbriefe doch als die zentrale Quelle betrachten, welche eine Charakterisierung des Inhaltes der ihnen zugrunde liegenden städtischen Dienstverhältnisse erlaubt. Die Anknüpfung an den Dienstbriefen der Reichsstadt Frankfurt bietet sich an, verfügt die Stadt doch über einen außerordentlich umfangreichen Archivbestand von Dienstbriefen (insgesamt 2.200), aber auch anderen mit diesen zusammenhängenden Quellen wie „Supplikationen“ von Bediensteten an den Rat der Stadt zur Erlangung günstigerer Arbeitsbedingungen (z.B. Erhöhung des Entgelts), so dass man auf insgesamt 2.400 Archivalien kommt (S. 20).

3Das Ziel der Arbeit von Pierson ist nicht nur die deskriptive Aufarbeitung der städtischen Dienstverhältnisse während des Untersuchungszeitraumes. Vielmehr geht es ihm um eine strukturierte Analyse derselben, die sich „anhand wichtiger Leitfragen und dogmatischer Kategorien auch für sehr verschiedene Verträge und über einen langen Zeitraum durchführen lassen müsste“ (S. 14). Diese heuristischen Kategorien, die seine Arbeit leiten, sind die Attribute frei, gleich und sozial. Sie bilden gleichsam den Maßstab, um die Dienstverhältnisse in Frankfurt vom 15. bis zum 18. Jahrhundert einordnen zu können. Dabei handelt es sich um begriffliche Werkzeuge, die in dieser Weise vor allem von Joachim Rückert für die Privatrechtsgeschichte fruchtbar gemacht worden sind (so z.B. Rückert, in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann, Historisch-Kritischer Kommentar zum BGB, Band I, Tübingen 2003, S. 34 ff., Rn. 69 f.). Auch wenn es sich bei diesen Begriffen um Kategorien handelt, die erst unter den Bedingungen des modernen Privatrechts entstanden sind und somit ex post auf die Dienstverhältnisse der Stadt Frankfurt in der frühen Neuzeit übertragen werden, können sie doch für die Untersuchung ein wertvolles, den rechtshistorischen Erkenntnisprozess steuerndes Instrument sein: Mit ihrer Hilfe lassen sich Veränderungen im konkreten Inhalt der Dienstbriefe gut einordnen und diachron in gleicher Weise wie horizontal mit anderen Dienstbriefen aus derselben Zeit vergleichen. Angesichts der Beschränkung auf die Frankfurter Dienstbriefe erkennt Pierson allerdings klar, dass seine Untersuchung nur ein Baustein in der Klärung der Frage nach einem „vorindustriellen Arbeitsrecht“ sein kann.

4In methodischer Hinsicht greift Pierson den in der Geschichtswissenschaft vor allem von Otto Gerhard Oexle entwickelten Ansatz einer Problemgeschichte auf und versucht, diesen für das Dienstvertragsrecht der Frankfurter Dienstbriefe nutzbar zu machen. Es geht somit vor allem um die Identifizierung von „Regelungsproblemen“, die mit den Dienstbriefen verbunden waren. Daraus sich ergebende leitende Fragestellungen sind vor allem, „wann, warum und welche Vertragsklauseln vereinbart werden konnten“ (S. 71). Ziel ist somit nicht die rechtshistorische „Abbildung“ des Untersuchungsgegenstandes – eine Darstellung, „wie es eigentlich gewesen“ (Ranke), und der damit verbundene Anspruch einer Vermittlung objektiver historischer Wahrheit sind ohnehin aus methodischen Gründen nicht haltbar –, sondern die „Konstruktion“ einer rechtsgeschichtlichen Entwicklung anhand von zeitbedingten Problemstellungen, die das Recht zu lösen hatte. Es versteht sich von selbst, dass eine solche problemorientierte Betrachtungsweise von Rechtsgeschichte die Grenzen der Rechtsgeschichte als Disziplin sprengen muss und ein interdisziplinäres Vorgehen durch Einbeziehung insbesondere wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Erkenntnisse und solcher der Stadtgeschichte unumgänglich macht.

5Den Auftakt der eigentlichen Untersuchung bildet im zweiten Kapitel (S. 81-158) ein kurzer Abriss der Stadtgeschichte Frankfurts während des fünfhundertjährigen Untersuchungszeitraumes. Pierson gelingt es hier, die Stadtgeschichte auf seinen Untersuchungsgegenstand zu fokussieren und nicht in eine allgemeine Erzählung der Frankfurter Stadtgeschichte zu verfallen. Als Ereignisse, die sich als „Anstöße für die Entwicklung der Dienstverhältnisse“ in Frankfurt erwiesen, macht er die städtische Erlangung des Schultheißenamtes Ende des 14. Jahrhunderts, die Auseinandersetzungen der Reformationszeit, den Fettmilchaufstand von 1614 sowie den Verfassungsstreit im frühen 18. Jahrhundert aus. Sämtliche dieser äußeren Vorgänge der Frankfurter Verfassungsgeschichte wirkten sich auf die Dienstverhältnisse der städtischen Bediensteten insofern aus, als sie außerstädtische Einflüsse (z.B. des Kaisers) verstärkten und „die Vertragsfreiheit spürbar einengte(n)“ (S. 125), etwa durch eine zunehmende Regelung des Besoldungswesens und auch anderer Dienstpflichten. In einem weiteren Schritt arbeitet Pierson gründlich heraus, dass die städtischen Beschäftigten, die über den Untersuchungszeitraum hinweg nahezu gleichbleibend ein Zehntel der Erwerbstätigen innerhalb der Stadt umfassten (vgl. S. 128), keine einheitliche soziale Gruppe bildeten, sondern nach Herkunft, sozialem Rang und Bildung stark differenziert waren und deshalb ihre Zusammenfassung zu einer einheitlichen Gruppe mehr als problematisch erscheinen muss. Bestand aber kein einheitlicher Berufsstand der Stadtbediensteten, ist es nur zu konsequent, für die weitere Untersuchung nach „Tätigkeitsprofilen“ zu differenzieren und Berufe in ähnlichen Tätigkeitsfeldern zu Berufsgruppen zusammenzufassen, da von der Hypothese ausgegangen werden darf, dass die Problemlösungen innerhalb dieser Berufsgruppen vergleichbar gewesen waren.

6Den umfangreichsten Teil des Werkes (S. 159-432) bildet das mit „Dienste und Dienstrechte im Spiegel der Vertragsurkunden“ überschriebene Kapitel 3. In ihm fächert Pierson die Vielfalt der konkreten Gestaltungsformen des Dienstes für die Stadt Frankfurt auf, und zwar nach einzelnen Tätigkeitsgruppen geordnet und diachronisch vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Das Kapitel schafft die Grundlage für die später erfolgende Einordnung und Beurteilung der Dienstverhältnisse der Stadt Frankfurt. Die Darstellung erfolgt auf der Grundlage von Berufsgruppen, die Pierson gebildet hat und die die Erkenntnis von Gemeinsamkeiten zwischen Angehörigen einer Berufsgruppe (z.B. Beschäftigte im Bereich der inneren Sicherheit) fördert. Die enorme Spannbreite der Tätigkeiten der von Pierson analysierten Dienstbriefe kann an dieser Stelle nur andeutungsweise vermittelt werden. So untersucht er eingehend die Entwicklung der Dienstbriefe von Handwerkern im städtischen Dienst (z.B. Baumeister, „Ratsfischer“ und „Pulvermacher“), von Personen, die „Schreibertätigkeiten“ (z.B. Kanzlisten und Gerichtsschreiber) ausübten, von Bediensteten im Bereich der Rechtspflege (z.B. „Prokuratoren“, „Stadtadvokaten“ sowie „Reichs- und Stadtschultheißen“), von Beschäftigten im Bereich der „Policey und innere(n) Sicherheit“ wie etwa Richter, „Bettelvögte“ oder „Marstaller“ oder des Militärs (z.B. „Rüstmeister“, „Reisige“ oder „Fußknechte“), von Personen, die „Hilfsdienste“ (Boten, Knechte oder Diener) erbrachten sowie von städtischen Dienstleistern und Händlern wie „Stadtärzte“, Gymnasiallehrer oder „Unterkäufer“. Die Darstellung beeindruckt durch große Sachkenntnis des Autors und seine Fähigkeit, für die einzelnen Berufsgruppen typische vertragliche Gestaltungen zu skizzieren sowie deren Veränderungen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu identifizieren. Einziger Kritikpunkt ist, dass der Inhalt, einzelner heute nicht mehr geläufiger Berufe oder Berufsbezeichnungen noch deutlicher hätte herausgearbeitet werden können: Dies gilt beispielsweise für den „Fürsprech“ (S. 238 ff.), doch handelt es sich dabei um ein Versäumnis von nur sehr untergeordnetem Gewicht.

7Pierson kann aufgrund dieser mit fast 300 Seiten gewiss sehr ausführlich geratenen Tour d’Horizon durch die zahlreichen Frankfurter Dienstbriefe die besonderen Regelungsprobleme identifizieren, die mit den Dienstverhältnissen einzelner Berufsgruppen verbunden waren, und zugleich zeigen, wie sich die Problemlösungen im Laufe des langen Untersuchungszeitraumes gewandelt haben. Schon hier zeichnet sich als Tendenz eine Entwicklung von einer stärkeren Aushandlung der einzelnen Dienstbedingungen zwischen Stadt und ihren Beschäftigten zu einer überwiegend statusgebundenen Beschäftigung im Dienst der Stadt Frankfurt ab.

8Im vierten Kapitel (S. 433-585) führt Pierson diese vielen Fäden, die er in den ersten drei Kapiteln ausgelegt hat, geschickt zusammen und arbeitet ganz im Sinne des von ihm verfolgten problemgeschichtlichen Ansatzes die „Regelungsprobleme und Lösungen im städtischen Dienstverhältnis“ heraus. Dabei benennt er zunächst insgesamt neun Regelungsprobleme der städtischen Dienstverhältnisse und skizziert, wie diese in den Dienstbriefen während des von ihm untersuchten Zeitraumes bewältigt wurden. Beispielhaft sei auf die Frage des Zustandekommens des Dienstverhältnisses, auf die von Beschäftigten der Stadt geschuldeten Treuepflichten (z.B. Verschwiegenheitsgebote, Residenz- und Aufenthaltspflichten, Wanderverbote oder Rechenschaftspflichten) sowie die Risikoverteilung insbesondere bei Leistungsstörungen (z.B. die Tragung der Kosten von Dienstreisen oder von Schäden des Dienstnehmers, die Pflicht zur Zahlung eines Lösegeldes im Falle der Gefangennahme des Dienstnehmers) hingewiesen. Sehr hilfreich und weiterführend sind auch die zahlreichen statistischen Übersichten in diesem Teil zur Verwendung einzelner Vertragsklauseln wie etwa von Treueklauseln in ihren unterschiedlichen Formen (S. 453), von Verschwiegenheitsgeboten oder von Klauseln zu „Neben- und Fremdtätigkeiten“ des Dienstnehmers (S. 483); der Leser kann nur erahnen, welche mühevolle Kleinarbeit mit der Erstellung dieser Übersichten verbunden gewesen sein muss.

9In einem zweiten Schritt misst Pierson diese Problemlösungen am Maßstab der Prinzipien der Vertragsfreiheit, der Gleichheit sowie des sozialen Schutzes, der den städtischen Bediensteten jeweils gewährt wurde. Gemessen an dem Prinzip „frei“ sei die Entwicklung „von der freien Aushandlung zur kaiserlichen Ordnung“ der städtischen Dienstverhältnisse verlaufen. Dies verdeutlicht Pierson u.a. auch am Beispiel der Beendigung des Dienstverhältnisses, für welche die Dienstbriefe die Rechte zwischen Stadt und Bediensteten ungleich verteilten: Während in der älteren Zeit nur die Stadt regelmäßig über ein Kündigungsrecht verfügte und der Bedienstete durch die Aushandlung von Befristungen seine Interessen wahren konnte, verschärfte die Entwicklung des Dienstverhältnisses zu einem Statusverhältnis die fehlende Beendigungsfreiheit des Bediensteten, da eine Beendigung durch Aufhebungsvertrag vom Wohlwollen der Stadt abhing. Mit Blick auf die Gleichheit ist die Feststellung bemerkenswert, dass eine bessere soziale Stellung eines städtischen Bediensteten nicht automatisch zu einer besseren juristischen Behandlung führte. Vielmehr beobachtet Pierson, dass die während des Untersuchungszeitraumes zunehmende Subordination der Bediensteten unter die Stadt eine wachsende Gleichbehandlung zwischen den Bediensteten begünstigte. Beim „Prinzip sozial“ betont er zunächst die Bedeutung der ständischen Bindung (z.B. durch Zunftangehörigkeit) und des Bürgerrechts, das in vielen Fällen die Stadt von ihren Bediensteten forderte und städtischen Bediensteten einen gewissen sozialen Schutz vermittelte (z.B. durch Erwerb von Ansprüchen auf Unterstützung aus dem städtischen „Almosenkasten“ in Notlagen). In der älteren Zeit sei die soziale Sicherung eher aufgrund von Einzelfallentscheidungen der Stadt erfolgt, die sich an Billigkeitsüberlegungen orientierten und denen keine allgemeinen städtischen Regelungen der Stadt zugrunde gelegen hätten. Eine Abfederung besonderer sozialer Risiken von Bediensteten wie beispielsweise des Alters bildete sich allerdings erst durch den Übergang zur Lebenszeitstellung und das dann regelmäßig praktizierte „Adjunktenwesen“ heraus.

10Das abschließende fünfte Kapitel (S. 587-634) führt die Erkenntnisse aus den vorigen Kapiteln zusammen und gibt eine Antwort auf die Fragestellung der Arbeit. Zentrales Ergebnis ist, dass „in Umkehrung der Sentenz von Henry Sumner Maine ‚From status to contract‘ […] für die Dienstverhältnisse der städtischen Bediensteten eine Entwicklung ‚From contract to status‘ zu beobachten [war]“ (S. 587). An die Stelle individueller Vertragslösungen im späten Mittelalter sei eine zunehmende „Subordination der Bediensteten“ getreten. Sinnfälliger Ausdruck für diese Entwicklung zu einer stärkeren Ungleichheit zwischen den Parteien seien die an Bedeutung wachsenden Vereinbarungen zum Kündigungsrecht der Stadt und über die Unterwerfung unter ein städtisches Dienststraf- und Disziplinarrecht. Als Gründe für diese von ihm identifizierten Entwicklungstendenzen in der longue durée nennt Pierson neben der zunehmenden Ausdifferenzierung der städtischen Verwaltung, die durch das Anwachsen der städtischen Verwaltungsaufgaben bedingt war, und der damit einhergehenden Spezialisierung der Verwaltung auch die Forderung nach Transparenz der städtischen Verwaltung, wie sie in besonderer Weise im Verfassungsstreit des frühen 18. Jahrhunderts Gegenstand politischer Auseinandersetzungen wurde: Diese Entwicklungen hätten „immer zahlreichere Ordnungen und Regulative für die einzelnen Dienste“ (vgl. S. 620) und letztlich eine „Vereinheitlichung der Dienstverhältnisse“ der Stadt begünstigt. Die städtischen Dienstverträge, die im späten Mittelalter noch „ein Muster für den freien Dienstvertrag“ waren (S. 634), veränderten sich somit allmählich zu einem statusgebundenen Dienstverhältnis und bewegten sich à la longue auf ein „kommunales Beamtenwesen“ zu, das im Laufe des 19. Jahrhunderts dann seine Ausformung erhielt.

11Das Werk enthält einen nahezu 150 Seiten umfassenden Anhang mit insgesamt 77 transkribierten Dienstbriefen der Stadt Frankfurt, welche die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen im Buch repräsentieren und aus unterschiedlichen Phasen des Untersuchungszeitraumes stammen. Auf diese Weise wird dem Leser die Möglichkeit eröffnet, zu den Quellen vorzustoßen und einen konkreten Eindruck von den Dienstbriefen zu erhalten, die den Gegenstand der Untersuchung von Pierson bilden. Mit dieser Vorgehensweise verschafft Pierson seinem Untersuchungsgegenstand eine hohe Anschaulichkeit. Die Transkription wird gewiss auch dazu beitragen können, dass die Dienstbriefe als Beispiel eines „vorindustriellen Arbeitsrechts“ stärker ins Bewusstsein rechtsgeschichtlicher Forschung gelangen.

12Die sehr umfangreiche Arbeit von Pierson beeindruckt den Leser gleich in mehrerlei Hinsicht. Große Anerkennung verdient bereits die zeitliche Spannweite des Untersuchungsgegenstandes – sie umfasst ungefähr ein halbes Jahrtausend – und die äußerst umfangreiche Archivarbeit, die Pierson bei der Aufarbeitung der Dienstbriefe der Stadt Frankfurt geleistet hat. Man kann die mit der Entstehung dieser Monographie verbundenen Mühen der Archivarbeit und die Zeit, welche sie verschlungen haben muss, nur erahnen; wie bereits eingangs erwähnt, liegen der Arbeit von Pierson mehr als 2.400 Archivalien zugrunde. Die Arbeit beeindruckt aber auch wegen ihres sehr reflektierten und konsequenten methodischen Vorgehens. Das von Pierson zugrunde gelegte Konzept einer Problemgeschichte erweist sich gerade im Fall der „vorindustriellen“ Dienstverhältnisse der Stadt Frankfurt als äußerst fruchtbar, ist sie doch ein geeignetes Mittel, die Veränderungen, welche die Dienstverhältnisse der Stadt Frankfurt vom späten Mittelalter bis 1800 durchlaufen haben, greifbar zu machen. Die Arbeit bildet ohne jeden Zweifel einen wichtigen Baustein in der Geschichte des „vorindustriellen Arbeitsrechts“ und setzt für die weitere rechtshistorische Forschung auf diesem Gebiet Maßstäbe. Ihr ist zum einen zu wünschen, dass sie eine möglichst breite Wahrnehmung nicht nur unter arbeitsrechtshistorisch Interessierten erlangt. Denn das Werk arbeitet mit den Dienstbriefen der Stadt Frankfurt auch heraus, wie sich auf kommunaler Ebene allmählich herausbilden konnte, was wir heute als das Recht des öffentlichen Dienstes bezeichnen, und leistet deshalb auch einen Beitrag zur rechtshistorischen Aufarbeitung der Stadtgeschichte. Zum anderen ist der Arbeit von Pierson zu wünschen, dass sie weitere rechtshistorische Untersuchungen zu Dienstbriefen anderer Reichsstädte auslöst, um seinen Befund einer fortlaufenden Entwicklung „from contract to status“ auf der Grundlage weitere Quellen erproben zu können.

Review by April 11, 2022
© 2022 fhi
ISSN: 1860-5605
First publication
April 11, 2022

DOI: https://doi.org/10.26032/fhi-2022-004

  • citation suggestion Reviewed by: Achim Seifert, Thomas Pierson, Vom Vertrag zum Status. Das Dienstvertragsrecht der Frankfurter Dienstbriefe im Alten Reich. (April 11, 2022), in forum historiae iuris, https://forhistiur.net/2022-04-seifert/