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Forum News

Konjunkturen des Staatsschutzes. Die Justiz und der Schutz von Republik und Verfassung (1922–1972–2022)

Feb. 28, 2022

Veranstalter: Forum Justizgeschichte. Vereinigung zur Erforschung und Darstellung der deutschen Rechts- und Justizgeschichte des 20. Jahrhunderts
Veranstaltungsort: Wustrau am Ruppiner See, Fehrbellin
Von - Bis: 23.09.2022 - 25.09.2022
Deadline: 30.04.2022

Die 24. Jahrestagung des "Forum Justizgeschichte" möchte folgende Fragen diskutieren: Aus welchen Erfahrungswerten und Denktraditionen speist sich das Konzept der "wehrhaften Demokratie"? Gibt es eine spezifische Sicht aus dem Exil auf den Untergang der Weimarer Republik (z. B. Karl Löwensteins "militant democracy")? Welche – angeblichen – "Lehren" aus dem Scheitern von Weimar zogen die Westalliierten und die bundesdeutsche Politik? Wie wurde dies speziell von der Justiz verstanden und umgesetzt?

Am 21. Juli 1922 trat das Republikschutzgesetz („Gesetz zum Schutze der Republik“) in Kraft, einen Monat nach der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau durch die völkische „Organisation Consul“. Das Gesetz enthielt eine Reihe neuer Strafbestimmungen, etwa die Herabwürdigung der „republikanischen Staatsform“, richtete einen speziellen „Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik“ ein und ermöglichte Verbote republikfeindlicher Vereinigungen, die Beschlagnahme entsprechender Druckschriften oder Wiedereinreiseverbote für „Mitglieder vormals landesherrlicher Familien“.

Auf der Grundlage des Republikschutzgesetzes wurden etwa die „Organisation Consul“ und der „Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund“ verboten, stark betroffen war aber auch die KPD. Seit 1925 galt ihre Politik der Rechtsprechung als Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Die Staatsfeindlichkeit der KPD verstand sich für die Justiz nach der Funktionärskörperlehre fast von selbst, während diejenige der NSDAP allenfalls im Einzelfall angenommen wurde. Grundsätzlich schützte die Weimarer Justiz den Staat an sich und verteidigte eher die Reichswehr oder die Ministerialbürokratie anstatt demokratische Institutionen und gesellschaftliche Partizipation.

Mitprägend für die Bundesrepublik und ihre Justiz wurde die (Fehl-)Interpretation, die nationalsozialistische Machtübernahme sei legal erfolgt und deutsche Juristen seien demgegenüber aufgrund ihres vermeintlichen Rechtspositivismus wehrlos gewesen. Der Anspruch, nunmehr eine „wehrhafte Demokratie“ zu sein, konkretisierte sich in den 1950er-Jahren juristisch im Schutz der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ („fdGO“). Angelegt im Grundgesetz (Artikel 9 Abs. 2, 18, 21 Abs. 2) waren die Grundrechtsverwirkung sowie Verbote von Vereinigungen und Parteien. Verfahren am BVerfG führten zum Verbot von SRP (1952) und KPD (1956). Behördlich wie gerichtlich breit praktiziert wurden nach dem Radikalenbeschluss von 1972 „Berufsverbote“ im öffentlichen Dienst.

Was aus einer Perspektive unvermeidlich ist, also Demokratie und Freiheitsgrundrechte zu ihrem eigenen Schutz staatlich zu beschneiden, wird umgekehrt als paradoxe Stärkung der Exekutive inklusive der Inlandsgeheimdienste kritisiert. Aktuelle Fälle von rechtsradikalen Netzwerken in Sicherheitsbehörden oder rechten Richtern zeigen die anhaltende Brisanz des Themas ebenso wie die Debatte darum, für Justizpersonal die sogenannte „Regelanfrage“ wieder einzuführen.

Aus diesem Themenfeld möchte die 24. Jahrestagung „Forum Justizgeschichte“ folgende Fragen diskutieren: Aus welchen Erfahrungswerten und Denktraditionen speist sich das Konzept der „wehrhaften Demokratie“? Gibt es eine spezifische Sicht aus dem Exil auf den Untergang der Weimarer Republik (z. B. Karl Löwensteins „militant democracy“)? Welche – angeblichen – „Lehren“ aus dem Scheitern von Weimar zogen die Westalliierten und die bundesdeutsche Politik? Wie wurde dies speziell von der Justiz verstanden und umgesetzt – etwa in der Strafverfolgung oder bei der Überprüfung von Vereinsverboten und anderen Exekutivmaßnahmen? Bestanden und bestehen Anknüpfungspunkte an einen demokratischen und verfassungsstaatlichen „Republikschutz“, können beim Umgang mit „Verfassungsfeinden“ die illiberalen Muster des hergebrachten Staatsschutzes vermieden werden?

Gesucht werden Beiträge auch junger Nachwuchswissenschaftler/innen, die sich mit diesem Themenfeld oder benachbarten Bereichen beschäftigen für die 24. Jahrestagung des Forums Justizgeschichte. Diese wird vom 23. bis 25. September 2022 in der Deutschen Richterakademie in Wustrau am Ruppiner See stattfinden.

Eine Darstellung des vorgeschlagenen Beitrags von ca. 500 Wörtern und ein kurzer Lebenslauf sind erwünscht. Einsendung bitte bis zum 30. April 2022 an: info@forum-justizgeschichte.de

Kontakt

Forum Justizgeschichte e. V.
Fitzmauriceweg 18
48155 Münster
E-Mail: info@forum-justizgeschichte.de


Quelle: Konjunkturen des Staatsschutzes. Die Justiz und der Schutz von Republik und Verfassung (1922–1972–2022). In: H-Soz-Kult, 24.02.2022, <www.hsozkult.de/event/id/event-116166>.