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„Rechtssicherheit im Wandel der Zeit“ (2. Tagung des jungen Netzwerks Rechtsgeschichte)
Jan. 12, 2024
Nachwuchstagung Rechtsgeschichte
Zeit: 20. - 22. Juni 2024
Ort: Wien
Rechtssicherheit gilt als eines der Kernziele unserer modernen
Rechtsordnung. Egal ob im Verfassungsrecht, wo das Prinzip der
Rechtssicherheit etwa in Art. 20 des deutschen Grundgesetzes oder im 5.
und 14. Zusatzartikel zur US-amerikanischen Verfassung zum Ausdruck
kommt, im Zivilrecht, wo es in den verschiedensten Bereichen vom Sachen-
und Schuldrecht über das Familienrecht bis hin zum modernen
Wirtschaftsrecht eine Schlüsselrolle spielt oder auf dem Gebiet des
Strafrechts - man denke hier nur an das Prinzip nulla poena sine lege
oder an das Spannungsverhältnis zwischen Rechtssicherheit und Verjährung
– ist sie als Garant für Rechtsstaatlichkeit von immenser Bedeutung.
Ähnliches gilt im Völkerrecht, wo Rechtssicherheit für die
Aufrechterhaltung einer internationalen Friedensordnung unabkömmlich ist
und sie sich in Grundprinzipien wie pacta sunt servanda widerspiegelt.
Doch
was ist überhaupt unter dem Begriff der Rechtssicherheit aus
dogmatischer/wissenschaftstheoretischer Sicht zu verstehen, handelt es
sich dabei – wie Joseph Raz meint – um ein „politisches Ideal“ oder nach
Hans Kelsen um eine „bloße Illusion“? Kann unter dem Begriff der
Rechtssicherheit mehr als die „Berechenbarkeit bzw. Vorhersehbarkeit des
staatlichen Handelns“ verstanden werden?
Wie wurde mit dem
Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu den verschiedenen Zeiten auf den
verschiedenen Rechtsgebieten umgegangen? Inwiefern können sich erste
Ansätze zur Schaffung von Rechtssicherheit schon im römischen Recht
identifizieren lassen, wie etwa durch das Zwölftafelgesetz (451/450. v.
Chr) des römischen Stadtstaates – zum Einen bereits durch die
öffentliche Zugänglichmachung von Rechtsvorschriften, welche dadurch für
die Allgemeinheit kontrollierbar und der Willkür des Rechtsausübenden
entzogen wurden, zum Anderen auch durch konkrete Gesetzesbestimmungen,
wie etwa jenen des Schutzes des Schuldners vor willkürlichen Übergriffen
seines Gläubigers? Welche Rolle spielt in dieser frühen Phase der
Rechtsentwicklung die enge Bindung von Rechtsprechung an Ritual? In
welchem Maße sorgt die Ablösung der jährlichen Publikation des
prätorischen Edikts durch das edictum perpetuum (ca. 130 n. Chr.),
welches den Katalog der der Rechtsgemeinschaft zur Verfügung stehenden
Klagen fixierte, und die klare und weitgehend unwandelbare Formulierung
der einzelnen Klagsformeln für Rechtssicherheit? Inwiefern können wir in
den constitutiones der späten Kaiserzeit weitere Schritte zur
Rechtssicherheit erblicken – oder gerade nicht? Welche Rolle spielt
schlussendlich die große justinianische Kodifikation (ab 530 n. Chr.)?
Und inwiefern ist Rechtssicherheit in dieser Epoche bereits ein –
explizit artikuliertes oder implizit angestrebtes – Ziel, welches ihren
Eingang in das Schrifttum und die juristische Praxis gefunden hat?
Welche
Wandlung erfuhr die Konzeption der Rechtssicherheit im Laufe der Zeit?
Wie gingen die verschiedenen politische Regime (NS-Regime, Kommunismus)
mit der Rechtssicherheit um?
Welche Rolle spielten staatliche
Einrichtungen wie etwa Verwaltungsbehörden und Gerichte – im
kontinentaleuropäischen Raum auch Notare – bei der praktischen Um- und
Durchsetzung der Rechtssicherheit?
Die aufgeworfenen Fragen
sollen eine erste Annäherung an das Generalthema der 2. Nachwuchstagung
des jungen Netzwerks Rechtsgeschichte, die vom 20. bis 22. Juni 2024 vom
Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte und vom Institut für
Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte an der Universität Wien
(Juridicum) ausgerichtet wird, darstellen und sind lediglich als
Anregungen zur Themenfindung gedacht, abweichende Beiträge zum Thema
Rechtssicherheit sind selbstverständlich ebenso willkommen!
Wir
ermuntern Interessierte ausdrücklich dazu, ihre laufende Forschung
anhand des Themas Rechtssicherheit zu reflektieren und laden dazu ein,
auf der Tagung einen Beitrag hierzu im Umfang von 20 Minuten zu leisten.
Die Tagungssprache wird Deutsch und Englisch sein.
Bewerbungen für einen Vortrag bestehend aus:
➔ einem anonymisierten Exposé von max. 500 Wörtern sowie
➔ einem Lebenslauf (ohne Bild, eine Seite)
als PDF im Anhang bitten wir bis zum 30. Jänner 2024 an nachwuchstagung2024.rechtsgeschichte@univie.ac.at
zu schicken. Eine Zusage erfolgt bis 1.März 2024. Im Anschluss an die
Tagung ist eine Publikation der Beiträge (nach Möglichkeit mit
peer-review) beabsichtigt.
Da die Tagung insbesondere dem
Austausch zwischen Rechtshistoriker:innen dienen soll, laden wir auch
sehr herzlich Personen ohne Vortrag zur Teilnahme an der Tagung ein.
Details zur Anmeldung werden ab März 2024 auf der Homepage der Tagung nachwuchstagung2024RG.univie.ac.at zur Verfügung gestellt.
Aus derzeitiger Sicht hat jeder die Reise- und Nächtigungskosten selbst zu übernehmen.
Quelle: https://nachwuchstagung2024rg.univie.ac.at/call-for-papers/ (12.01.2024)