1Roman Law and Economics – bereits der kaum treffend ins Deutsche zu übersetzende Titel des zu besprechenden, zweibändigen Werks spricht für sich: Es soll nicht um ein Nebeneinander der Wissenschaften von römischem Recht und römischer Wirtschaft im Sinne zweier unterschiedlicher Denk- bzw. Herangehensweisen1 gehen, sondern um eine Betrachtung des römischen Rechts nicht nur aus romanistisch-altertumswissenschaftlicher Sicht, sondern unter Einbeziehung moderner ökonomischer Theorie. Im Vorwort („Preface“, Bd. 1, v-vii) betonen die beiden Herausgeber des Doppelbandes, Dennis P. Kehoe, Professor am Department of Classics an der Tulane University, und Giuseppe Dari-Mattiacci, bis 2020 Alfred W. Bressler Professor of Law an der Columbia Law School und nunmehr Professor für Law and Economics an der Universiteit van Amsterdam, Faculteit der Rechtsgeleerdheid, beides ausgewiesene Spezialisten auf dem Gebiet,2 wie fruchtbar sich die in den vergangenen Jahren angestellten methodischen Rückgriffe auf die ökonomischen Konzepte von Law and Economics und New Institutional Economics erwiesen haben, um die Zusammenhänge zwischen römischem Recht und der Wirtschaft der römischen Welt zu beschreiben und zu erforschen – nicht nur aus (rechts-)historischer Sicht, sondern auch als „test case“ für die Rolle von Recht in vorindustriellen Gesellschaften (Bd. 1, v). Die Diskussion lade zu weiterer interdisziplinärer Zusammenarbeit ein (Bd. 1, vi), und diese möchte das zu rezensierende Werk bieten: Der Kreis der Beitragenden umfasst US-amerikanische Professoren der Law-and-Economics-Schule wie Richard A. Epstein und Eric A. Posner, aber auch Althistoriker wie Jean Andreau, Luuk de Ligt, Ron Harris oder Peter Temin sowie Romanistinnen und Romanisten wie Barbara Abatino, Andreas Fleckner, Iole Fargnoli, Egbert Koops oder Aldo Schiavone; einige Kapitel sind sogar in interdisziplinärer Co-Autorenschaft entstanden. Hierdurch soll, so die Herausgeber (Bd. 1, vi), ein neues Forschungsfeld konsolidiert werden: „the economic analysis of Roman law (or Roman law and economics)“. Das Versprechen bezüglich der in den beiden Bänden angewandten Methodik greift hoch: „this collection contributes a radically interdisciplinary methodological toolbox to the analysis of Roman legal institutions (and ancient legal institutions, more generally). Through the various chapters, the reader is exposed to a rich array of methodological approaches. Careful historical analysis of both legal and economic institutions is combined with cutting-edge theoretical and empirical examination“ (Bd. 1, vi).
2Der erste Band widmet sich „Institutions and Organisations“, während der zweite sich Fragen von „Exchange, Ownership, and Disputes“ zuwendet. Beide Bände beginnen jeweils mit einer den Inhalt des Bandes werkimmanent zusammenfassenden Einleitung („Rome and the Economics of Ancient Law I/II“, Bd. 1, 1–9 bzw. Bd. 2, 1–7), beide aus der Feder von Geoffrey Parsons Miller. Der erste Band enthält neben der Einleitung zehn Kapitel, die in drei Blöcke untergliedert sind. Der erste Block ist mit „Institutions“ überschrieben. Ihn eröffnet ein Beitrag von Robert K. Fleck, F. Andrew Hansen und Dennis P. Kehoe mit dem Titel „What Can the Endogenous Institutions Literature Tell Us About Ancient Rome?“ (Bd. 1, 13–46). Im Anschluss behandelt Eric A. Posner „The Constitution of the Roman Republic“ (Bd. 1, 47–83), bevor Luuk de Ligt „Law-Making and Economic Exchange during the Republic and Early Empire“ (Bd. 1, 85–108) nachgeht. Auch der zweite Block, „Markets and Trade“, umfasst drei Beiträge: Elio Lo Cascios „Setting the Rules of the Game: The Market and Its Working in the Roman Empire“ (Bd. 1, 111–136), Peter Temins „Statistics in Ancient History: Prices and Trade in the Pax Romana“ (Bd. 1, 137–162) und Ron Harris’ „The Organization of India-to-Rome-Trade: Loans and Agents in the Muziris Papyrus“ (Bd. 1, 163–196). Den letzten Block zum Thema „Organizing Business“ eröffnen Henry Hansmann, Reinier Kraaakman und Richard Squire zum Thema „Incomplete Organizations: Legal Entities and Asset Partitioning in Roman Commerce“ (Bd. 1, 199–232); Andreas Fleckner beleuchtet anschließend „Roman Business Associations“ (Bd. 1, 232–272), Barbara Abatino und Giuseppe Dari-Mattiacci behandeln dann „Agency Problems and Organizational Cost in Slave-Run Businesses“ (Bd. 1, 273–306), bevor Dennis P. Kehoe zu „Mandate and the Management of Businesses in the Roman Empire“ (Bd. 1, 307–337) den Band abschließt. Der zweite Band besteht aus vier Blöcken. Deren erster, „Slavery and the Roman Economy“, besteht aus den Beiträgen von Aldo Schiavone zu „Law, Slaves, and Markets in the Roman Imperial System“ (Bd. 2, 11–33) und von Egbert Koops zu „The Practice of Manumission through Negotiated Conditions in Imperial Rome“ (Bd. 2, 35–77). Auch der zweite Block, „Credit“, besteht aus zwei Beiträgen: Jean Andreau behandelt „Banking, Money-Lending, and Elite Financial Life in Rome“ (Bd. 2, 81–111), bevor Hendrik L.E. Verhagen „Secured Transactions in Classical Roman Law“ (Bd. 2, 113–156) untersucht. Den dritten Block zum Thema „Property“ eröffnet Robert C. Ellickson mit „Ancient Rome: Legal Foundations of the Growth of an Indispensable City“ (Bd. 2, 159–210), Gary D. Libecap und Dean Lueck lassen Ausführungen zu „Land Demarcation in Ancient Rome“ (Bd. 2, 211–245) folgen, den Abschluss macht Benito Arruñada über „The Institutions of Roman Markets“ (Bd. 2, 247–298). Der abschließende Block ist dem Thema „Dispute Resolution and Remedies“ gewidmet. Mit „One Step at a Time in Roman Law: How Roman Pleading Rules Shape the Substantive Structure of Private Law“ ist der erste Beitrag aus der Feder von Richard A. Epstein (Bd. 2, 301–326) überschrieben. Sodann behandelt David Friedman „Private Prosecution and Enforcement in Roman Law“ (Bd. 2, 327–346). „Deterrence of Wrongdoing in Ancient Law“ spüren im Anschluss Francesco Parisi, Daniel Pi, Barbara Luppi und Iole Fargnoli nach (Bd. 2, 347–378). Thomas J. Miceli untersucht „Collective Responsibility“ (Bd. 2, 379–400); Barbara Abatino und Giuseppe Dari-Mattiacci setzen mit „The Dual Origin of the Duty to Disclose in Roman Law“ (Bd. 2, 401–425) den Schlusspunkt. Der zweite Band schließt mit einem Index; ein Quellenverzeichnis wurde leider nicht angefertigt. All diese Beiträge von zusammen knapp 800 Druckseiten im Detail zu würdigen, würde den Rahmen des in dieser Rezension Leistbaren sprengen. Insofern können hier nur einige Schlaglichter gesetzt werden, die hoffentlich Interesse für den zu besprechenden Doppelband wecken können.
3Den ersten Block, „Institutions“, leiten Robert K. Fleck, F. Andrew Hansen und Dennis P. Kehoe mit ihrem Beitrag zum Thema „What Can the Endogenous Institutions Literature Tell Us About Ancient Rome?“ ein (Bd. 1, 13–46), der sich den politischen und rechtlichen Institutionen widmet, die die römische Landwirtschaft regelten (Bd. 1, 13). Nach einem kurzen Überblick über einige bedeutende Beiträge zu sog. „endogenen Institutionen“ (Bd. 1, 19–23) – diese Sichtweise geht aus von der Annahme, dass rechtliche Regeln passend zu den inneren Ursachen einer Gesellschaft entstehen und zu ihren besonderen Bedingungen passende Anreize setzen müssen, damit sich die Gesellschaft gut entwickeln kann (Bd. 1, 16) – wird die Anwendung dieser Thesen auf die Entwicklungen in römischer Zeit erprobt (Bd. 1, 23–40). Hierbei werden die historischen Entwicklungen von der Republik bis in die Spätantike nachvollzogen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf das Verhältnis von privatem Eigentum und agerpublicus eingegangen, auf die Privatisierung von Land in den Provinzen, auf die Entwicklung großer Landgüter, die damit einhergehende Stratifizierung von Grundeigentum und das Gegensteuern der Kaiser, etwa durch Konfiskation, sowie auf die Möglichkeit zur Pacht kaiserlicher3 Ländereien zu vorteilhaften, Anreize zur Produktivität setzenden Bedingungen, etwa durch die Einführung von Naturalpacht in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Erträge. Geschlossen wird, dass in Rom die institutionellen Regeln für Grundeigentum und Landbewirtschaftung über Jahrhunderte hinweg an die jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst wurden, was zu Wohlstand und Wachstum führte (Bd. 1, 40). Eric A. Posners Beitrag „The Constitution of the Roman Republic“ (Bd. 1, 47–83) setzt sich sodann das Ziel, die Verfassung der römischen Republik erstmals „within a modern political economy framework“ zu analysieren, basierend auf einer Analyse von „agency cost“, also Agenturkosten, die das Volk als der Prinzipal aufwenden muss, „um das eigennutzorientierte Verhalten des Agenten“ – also der Regierenden – „einzuschränken“4 (Bd. 1, 48). Diese seien primär dadurch reduziert worden, dass durch die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Senat, Volksversammlungen und Magistraturen eine Machtkonzentration in einer Hand verhindert wurde (Bd. 1, 48, 51–56 und 64–68). Als weitere Faktoren wird auf den Auswahlprozess für die Magistraturen (der cursus honorum stellte etwa sicher, dass Personen mit „mainstream preferences“ Konsul wurden, nicht solche, die für partikulare „ideosyncratic preferences“ standen, Bd. 1, 62) und damit zusammenhängend auf Belohnungs- und Bestrafungsmechanismen für erfolgreiche bzw. -lose Amtsinhaber (hinsichtlich Wiederwahl und persönlichem Renommee, Bd. 1, 69) eingegangen, ferner auf die Wahrung von Kontinuität durch die Institution des Senats (Bd. 1, 72). Den Block schließt Luuk de Ligt ab zum Thema „Law-Making and Economic Exchange during the Republic and Early Empire“ (Bd. 1, 85–108). Analysiert wird insbesondere, welche Ziele die Magistrate mit ihren Maßnahmen verfolgten und wie sich diese Maßnahmen zum ökonomischen Wandel verhielten (Bd. 1, 86). Dabei wird insbesondere darauf abgestellt, dass zahlreiche der neu eingeführten actiones das Vertragsrecht betrafen und damit auf eine große Zahl ökonomischer Transaktionen anwendbar waren (Bd. 1, 89f.) und dass die römische Expansion Erleichterungen und Flexibilisierungen im Handelsverkehr erforderlich machte (Bd. 1, 93). Betont wird auch, dass das Honorarrecht propter utilitatem publicam (Pap. 2 def. D. 1,1,7,1) korrigierend eingriff (Bd. 1, 94f.). Mit dem Übergang zum Prinzipat, namentlich mit der Verstetigung des prätorischen Edikts, sei das innovative, aus praktischer Sicht zufriedenstellende Lösungen produzierende Element von den Prätoren auf die das Edikt interpretierenden Juristen übergegangen (Bd. 1, 98).
4Den zweiten Block, „Markets and Trade“, leitet Elio Lo Cascio ein mit seinem Beitrag „Setting the Rules of the Game: The Market and Its Working in the Roman Empire“ (Bd. 1, 111–136). Der Beitrag befasst sich mit den widersprüchlichen Ansichten zur Rolle von Institutionen als Faktoren, die ökonomischen Wachstum bzw. Niedergang auslösen (Bd. 1, 112–114). Lo Cascio seinerseits vertritt, dass der römische Staat auf eine Kontrolle des Markts abzielte (Bd. 1, 115). Verdeutlicht wird dies anhand der rechtlichen Regeln, die Spekulation einschränken sollten: Es sei, so die These, den römischen Beamten nicht um eine Fixierung der Marktpreise gegangen, sondern um die Gewährleistung, dass auf dem Markt angesichts von Angebot und Nachfrage „faire“ Preise zustande kommen (Bd. 1, 116). Peter Temin schließt sich an zu „Statistics in Ancient History: Prices and Trade in the Pax Romana“ (Bd. 1, 137–162). Am Beispiel der Weizenpreise im römischen Reich wird, ausgehend von verschiedenen Datensätzen, unter Rückgriff auf statistische Tools gezeigt, wie die Höhe der Preise abhängig von der Distanz zu Rom war; dabei setzt sich Temin insbesondere mit der Kritik5 an seinen bereits zuvor andernorts6 geäußerten Thesen auseinander. Ron Harris beleuchtet anschließend, unter Rückgriff auf das Instrumentarium der Organisationstheorie, „The Organization of India-to-Rome-Trade: Loans and Agents in the Muziris Papyrus“ (Bd. 1, 163–196). Allgemeinen Ausführungen zum römischen Indienhandel (Bd. 1, 165–169) schließt sich eine Vorstellung des sog. Muziris-Papyrus PVindob. G40822 an (Bd. 1, 169–173). Die folgende rechtsökonomische Analyse geht auf das zwischen den Parteien vereinbarte (See-)Darlehen sowie Fragen der Stellvertretung, der Kreditsicherung und des Risikomanagements ein (Bd. 1, 176–184). Insbesondere wird die von Dominic Rathbone7 aufgestellte These, es habe sich um ein Vertragsformular und nicht um eine konkret-individuelle Parteivereinbarung gehandelt, präsentiert (Bd. 1, 184f.); Harris zieht daraus und aus anderen Dokumenten sodann Rückschlüsse auf die generelle Organisation des Indienhandels in römischer Zeit (Bd. 1, 185f.).
5Der dritte Block, „Organizing Business“, beginnt mit einem Beitrag von Henry Hansmann, Reinier Kraaakman und Richard Squire unter dem Titel „Incomplete Organizations: Legal Entities and Asset Partitioning in Roman Commerce“ (Bd. 1, 199–232). Anknüpfend an die Feststellung, dass Rom auch ohne die Anerkennung von juristischen Personen wirtschaftlichen Erfolg hatte, werden die verschiedenen Formen, in denen wirtschaftliche Aktivitäten verfolgt wurden, aus der Perspektive moderner ökonomischer Theorie analysiert (Bd. 1, 199f.). Beleuchtet werden insbesondere die Bedeutung der Familie (Bd. 1, 200–202) und des Einsatzes von Sklaven, insbesondere von solchen, die mit einem peculium ausgestattet waren (Bd. 1, 216–221), ferner das Recht der societas (Bd. 1, 202–216) und insbesondere der societatespublicanorum (Bd. 1, 221–224). Geschlossen wird, dass ursprünglich die Familie als „main organizational unit for commerce“ fungierte und sich erst später Mechanismen entwickelten, die Talente bzw. Vermögen über die Familiengrenzen hinaus bündeln konnten (Bd. 1, 224). Der folgende Beitrag von Andreas Fleckner zu „Roman Business Associations“ (Bd. 1, 232–272) basiert im Wesentlichen auf dessen bekannter Monographie zu den antiken Kapitalvereinigungen (vgl. Bd. 1, 236 mit Fn. 6).8 Ausgegangen wird von drei Feststellungen: dem Nichtvorkommen großer Kapitalvereinigungen in den römischen Quellen (Bd. 1, 235f.), der Trias von Organisationsformen, zwischen denen gegebenenfalls für kleinere gemeinsame Wirtschaftsunternehmungen gewählt werden konnte, namentlich societas, societas publicanorum und vermittels peculium gemeinschaftlich „genutzte“ Sklaven (Bd. 1, 236–239), und allgemeiner sozio-politischer Skepsis gegenüber privater Kapitalakkumulation (Bd. 1, 239–214). Dass „normale“ societates – anders als die Publikanengesellschaften – oft nur aus wenigen socii bestanden, mag – so Fleckner – Stabilitätserwägungen geschuldet gewesen sein: Je mehr Gesellschafter eine societas hatte, desto größer war das Risiko, dass sie, etwa durch den Tod eines Gesellschafters, automatisch aufgelöst wurde (Bd. 1, 241f.). Auch der Weg über einen gemeinschaftlichen Sklaven mit peculium sei von Instabilität geprägt gewesen (Bd. 1, 253–256). Als Grundlagen des römischen Gesellschaftsrechts werden Individualismus (ausgehend von der starken Stellung des pater familias) und Intimität (ausgehend von der Keimzelle des Gesellschaftsrechts in der Erbengemeinschaft) gesehen (Bd. 1, 259f.). Im Anschluss behandeln Barbara Abatino und Giuseppe Dari-Mattiacci „Agency Problems and Organizational Cost in Slave-Run Businesses“ (Bd. 1, 273–306). Der Beitrag analysiert Prinzipal-Agent-Problematiken bezüglich der Verwaltungsorganisation innerhalb einer gemeinsamen Unternehmung unter Einsatz von Sklaven,9 namentlich zwischen den Miteigentümern bzw. Gesellschaftern untereinander (Bd. 1, 281–283), zwischen diesen und den diesen unmittelbar unterstellten Sklaven (Bd. 1, 283f.) sowie zwischen Ober- und Untersklaven (Bd. 1, 284f.), und gegenüber (Bd. 1, 292f.) sowie unter Dritten (Bd. 1, 293f.) und das daraus folgende Zusammenspiel von Transaktions- und Organisationskosten (Bd. 1, 275f. und 279). Es wird dargelegt, dass die römischen Juristen für diese Probleme Lösungen vorlegten, die die aus den genannten Problematiken resultierenden Folgen jedenfalls reduzieren konnten (Bd. 1, 285–289 und 294–298).10 Ferner wird aufgezeigt, dass die Erweiterung einer solchen Unternehmung um eine weitere Person die genannten Probleme nicht etwa linear, sondern exponentiell gesteigert hätte – dieser Faktor sei zu beachten, wenn man die Größe gemeinschaftlicher Unternehmungen in römischer Zeit analysiert (Bd. 1, 289f. und 300). Den ersten Band beschließt Dennis P. Kehoe mit seinem Aufsatz zum Thema „Mandate and the Management of Businesses in the Roman Empire“ (Bd. 1, 307–337). Dieser geht dem römischen Auftragsrecht nach, das ergänzend neben die Möglichkeiten trat, die der hierarchische Aufbau der römischen familia bot (Bd. 1, 308, 315–317 und 334). Das mandatum sei ursprünglich ein innerhalb der römischen Oberschicht als „economy of friends“11 reziprok praktiziertes Rechtsinstitut gewesen (Bd. 1, 310 und 317f.), auf das später auch bei riskanten Transaktionen wie bei der Gewährung von Kredit (Bd. 1, 320–325) oder beim Kauf von Land (Bd. 1, 326–333) zurückgegriffen wurde. Eingegangen wird auch hier auf Probleme asymmetrisch verteilter Informationen im Prinzipal-Agent-Verhältnis und auf deren Auffangen durch Kompensations- und Schadensersatzmöglichkeiten vermittels der actio mandati directa und contraria, was nicht zuletzt opportunistisches Verhalten verhinderte (Bd. 1, 326–331).
6Der den zweiten Band einleitende Block „Slavery and the Roman Economy“ beginnt mit dem Beitrag von Aldo Schiavone zu „Law, Slaves, and Markets in the Roman Imperial System“ (Bd. 2, 11–33). Betont wird zunächst die Bedeutung des in Zusammenarbeit von Juristen und Prätoren zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem augusteischen Zeitalter geschaffenen „Mediterranean trading law“ (Bd. 2, 14) als Schlüssel für die römische Hegemonie. Weiter wird auf die Bedeutung der Sklavenwirtschaft (Bd. 2, 16–21) eingegangen, namentlich die Stellung der Sklaven zwischen persona und res und auf prozedurale Konsequenzen des Einsatzes von Sklaven. Es folgt Egbert Koops’ Untersuchung zur Praxis der Sklavenfreilassung in der römischen Kaiserzeit unter Rückgriff auf zwischen dominus und servus zuvor ausverhandelte Bedingungen („The Practice of Manumission through Negotiated Conditions in Imperial Rome“, Bd. 2, 35–77). Zur Freilassung des Sklaven Cronion im berühmten Testament des Antonius Silvanus12 vermutet Koops, dass auch die dort bestimmte Bedingung der ordnungsgemäßen Abrechnung (si omnia recte tractaverit) im Zusammenhang mit einem von Cronion verwalteten peculium zu sehen ist: Die Freilassung sei daher weniger als letztwillige Wohltat zu sehen, sondern vielmehr als „the winding-up of a partnership“ (Bd. 2, 38). Betont wird die große Bedeutung von Freilassung in den Quellen, seien es Inschriften oder Rechtsquellen (Bd. 2, 40). Mögliche Motive waren Dankbarkeit, Außenwirkung, Ersparnis von weiteren Aufwendungen, aber auch das Erbringen einer Gegenleistung für vorher vereinbarte und sodann vom Sklaven erwirtschaftete Gewinne (Bd. 2, 43–48). Derartige Vereinbarungen, getroffen natürlich nur mit einer bestimmten Klasse von Sklaven (Bd. 2, 51), waren für den Herrn zwar nicht rechtlich bindend, trotzdem war die Einhaltung ratsam, um keinen negativen Anreiz für andere Sklaven zu setzen und letztlich das eigene Leben nicht zu gefährden (Bd. 2, 50). Ein Freikauf konnte im Wege der sog. redemptio suis nummis erfolgen (Bd. 2, 55f.),13 daneben betont Koops aber insbesondere die Bedeutung des peculium als „freedom fund“, als „linchpin of the Roman system of self-purchase by slaves“ (Bd. 2, 57): Durch die Einräumung eines Sondervermögens seien vor allem Anreize zum Wohlverhalten und zur Ertragsteigerung im Angesicht einer verheißenen Freilassung gesetzt worden (Bd. 2, 59). In die ökonomische Bilanz einer Freilassung seien ferner nicht nur (ersparte) Überwachungskosten, sondern auch die Vorteile aus dem Patronatsverhältnis einzustellen (Bd. 2, 65–71).
7Den Block „Credit“ eröffnet Jean Andreau, bekanntlich ausgewiesener Spezialist auf diesem Themengebiet, unter dem Titel „Banking, Money-Lending, and Elite Financial Life in Rome“ (Bd. 2, 81–111). Der Beitrag beschäftigt sich anhand zahlreicher, vor allem literarischer Beispiele mit der Kreditpraxis und den Kreditnetzwerken der römischen Oberschicht und geht auch auf Alternativen zur monetären Verzinsung wie den Aufbau von Dankbarkeitsbeziehungen in der Erwartung von Gegengaben zu einem späteren, opportunen Zeitpunkt ein (Bd. 2, 86f.). Bezüglich der Frage, welche rechtlichen Standards professionellen Bankiers auferlegt wurden, fokussiert er auf die Pflichten zur Vorlage von „Kontoauszügen“ (editio rationum) und zur Saldierung bei der Geltendmachung von Ansprüchen, auf die Besonderheiten bei der Haftung von Bankiersgesellschaften sowie auf das receptum argentarii, was jeweils zu einer Reduzierung von Transaktionskosten führte (Bd. 2, 103–107). Es folgt Hendrik L.E. Verhagens mit „Secured Transactions in Classical Roman Law“ (Bd. 2, 113–156) überschriebener Beitrag zum römischen Kreditsicherungsrecht, der die These, im römischen Recht habe die Bedeutung der Personalsicherheiten die der Realsicherheiten überwogen, erschüttern möchte (Bd. 2, 113). Vorab macht er hierzu auf die große Bedeutung des pignus in den Rechtsquellen sowie auf die Befunde aus dem Archiv der Sulpizier aufmerksam, wonach Personalsicherheiten für kleine, Realsicherheiten für große Kredite genutzt wurden (Bd. 2, 114). Er weist darauf hin, dass das Kreditsicherungsrecht der Risikominimierung für den Gläubiger dient und Überwachungskosten für den Schuldner bezogen auf Person und Verhalten des Gläubigers reduziert (Bd. 2, 116–118); gerade Realsicherheiten ermöglichten die Kreditvergabe außerhalb persönlicher Netzwerke in der römischen „economy of friends“14 und dienten damit einer Entpersonalisierung von Kreditbeziehungen (Bd. 2, 119f.). Hierdurch werde adverse Selektion verhindert (Bd. 2, 120). Als Faktoren für die Effizienz des römischen Kreditsicherheitsrechts nennt Verhagen die prioritäre Vollstreckung (Bd. 2, 121f.), die Bestimmtheit bezüglich der Rangfolge (Bd. 2, 122), die Ermöglichung von „floating charges“ bzw. revolvierenden Sicherheiten (Bd. 2, 125) und besitzlosen Pfandrechten (Bd. 2, 126) und die Ertragsmaximierung durch den Rückgriff auf öffentliche Versteigerungen (Bd. 2, 128f.). Als „Achillesferse“ des römischen Kreditsicherungsrechts (Bd. 2, 150) macht er die fehlende Publizität aus, da es (abgesehen von Ägypten und Entwicklungen in der Spätantike) kein Grundbuch für Immobilien und ebenfalls keinen an den Besitz beweglicher Sachen anknüpfenden gutgläubigen Erwerb gab (Bd. 2, 130). Er vertritt, dass dieses Manko durch alternative Publizitätsformen aufgefangen worden sei, namentlich die mancipatio bei der fiducia (Bd. 2, 138–141), die Verschriftlichung von Vereinbarungen (Bd. 2, 141) oder „reputation-based mechanisms“ wie die Angst vor dem Verlust sozialen Ansehens innerhalb der eigenen peer group oder gar Infamie15 (Bd. 2, 143).
8Der Block „Property“ beginnt mit dem Beitrag „Ancient Rome: Legal Foundations of the Growth of an Indispensable City“ (Bd. 2, 159–210) von Robert Ellickson. Dieser widmet sich dem Aufstieg Roms zur Metropole (Bd. 2, 159f.) und beginnt mit einer Schilderung der Wohnverhältnisse in Rom16 (Bd. 2, 162–166). Anders als Moses Finley17 will er Rom nicht als „consumer city“ verstehen (Bd. 2, 169), sondern wendet die Theorie der Stadt nach Edward Glaeser18 an: Eine Stadt führe zu reduzierten Transport- und Informationskosten, mehr Arbeitsteilung sowie „spillover effects“ dank Ideenaustausch (Bd. 2, 171f.). Rom habe als Innovationszentrum für Kunst, Wissenschaft und Technik, aber auch für das Recht fungiert (Bd. 2, 174f.), indem es zahlreiche talentierte Personen aus dem ganzen Reich angezogen habe, sich also gleichsam als Talentmagnet erwiesen habe (Bd. 2, 176f.). Ellickson belegt dies anhand einer Liste von 41 prominenten Lehrern, Juristen, Literaten und wissenschaftlichen Autoren aus der Zeit zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. Des Weiteren betont er die vorteilhaften rechtlichen Rahmenbedingungen für die Übertragung von Land (Bd. 2, 181–188) und die Möglichkeit zum (Ver-)Mieten (Bd. 2, 188–192). Der folgende Beitrag von Gary D. Libecap und Dean Lueck zu „Land Demarcation in Ancient Rome“ (Bd. 2, 211–245) widmet sich der Landvermessung und -parzellierung durch die agrimensores19 als Schlüsselelement der landwirtschaftlichen Produktivität (Bd. 2, 212). Diese sei, so die These, dort zum Einsatz gekommen, wo es hohe Ertragspotenziale gab und das Land flach war, sodass die Implementierungskosten niedrig waren (Bd. 2, 214). Belegt wird dies sowohl über ein ökonomisches Modell (Bd. 2, 226–233) als auch über eine empirische Analyse (Bd. 2, 233–242). Abgeschossen wird der Block von Benito Arruñada über „The Institutions of Roman Markets“ (Bd. 2, 247–298), der sich den Institutionen römischer Märkte zuwendet. Dieser beginnt mit der Feststellung, dass „unpersönlicher“, also nicht auf einander näher bekannte Personen beschränkter Austausch von Informationsasymmetrien geprägt sei, insbesondere im Verhältnis zwischen Prinzipal und Agent und bei aufeinander folgenden Austauschvorgängen (Bd. 2, 248), und geht sodann der Bedeutung von „institutional choice“ (Bd. 2, 252) nach, also der Wahl des jeweiligen institutionellen Settings von Rechtsregeln. Behandelt wird hierbei wiederum, dass es in Rom zunächst in der Regel keine Grundbücher gab (Bd. 2, 261–268) und dass im Wege der mancipatio „ceremonial publicity“ ermöglicht wurde (Bd. 2, 269–273); auf die Möglichkeit der usucapio (Bd. 2, 273f.) wird ebenso eingegangen wie auf das grundsätzliche Fehlen rechtsgeschäftlicher Stellvertretung (Bd. 2, 277–282), die Rolle der Familienstruktur (Bd. 2, 285–289) sowie die Bedeutung informeller Regeln wie etwa der Pflicht zur Vertragserfüllung als Frage der persönlichen Ehre (Bd. 2, 283). Geschlossen wird, dass der von den Römern gewählte institutionelle Rahmen sowohl über Publizitätsakte den unpersönlichen Austausch ermöglicht als auch über die Familienstruktur sowie Strukturen sozialer Anerkennung den persönlichen Austausch fördert (Bd. 2, 291).
9Der letzte Block des Werks widmet sich in fünf Beiträgen dem Thema „Dispute Resolution and Remedies“. Richard A. Epstein geht zunächst unter dem Titel „One Step at a Time in Roman Law: How Roman Pleading Rules Shape the Substantive Structure of Private Law“ (Bd. 2, 301–326) den Einflüssen der römischen „pleading rules“ auf das materielle Privatrecht und der Frage nach, inwiefern diese als effiziente Rechtsregeln anzusehen sind (Bd. 2, 302). Für das zweistufige System insbesondere des Formularprozesses wird die Effizienz der Trennung zwischen der generellen Vorab-Typisierung von actiones durch den Prätor (namentlich der Untergliederung in actiones in personam und in rem sowie in deliktische und vertragliche actiones, ferner die verschiedenen Haftungsmaßstäbe) und der Tatsachenfeststellung im konkreten Einzelfall durch den iudex betont (Bd. 2, 303); gleiches gelte für die Formalisierung des Dialogs der Parteien durch exceptiones und replicationes (Bd. 2, 304). Beim wiederholt angeführten Beispiel aus den Institutionen des Gaius hat sich jedoch ein Fehler eingeschlichen (Gai. inst. 4,26 statt richtig Gai. inst. 4,126; Bd. 2, 305 und 306). Im in romanistischer Hinsicht blass bleibenden Beitrag von David Friedman („Private Prosecution and Enforcement in Roman Law“, Bd. 2, 327–346) – der mit Dank an Egbert Koops „for extensive advice and the correction of some of my errors on Roman law“ die Beschränktheit der eigenen Kenntnisse zum römischen Recht eingesteht (Bd. 2, 344 Fn. 50) – wird das Thema der privaten Rechtsverfolgung und -durchsetzung behandelt. Einleitend wird auf die moderne Trennung zwischen Delikts- und Strafrecht Bezug genommen (Bd. 2, 327). Sodann wird, ausgehend von Erwägungen zu Fehde und Blutrache (Bd. 2, 327f.), gefragt, „can a similar pattern be found in Roman law?“ (Bd. 2, 329). Eingegangen wird dann auf das private Ladungs- und Vollstreckungsverfahren der Zwölf Tafeln (Bd. 2, 330f.), wozu gefolgert wird: „Roman law […] originated as a privately enforced feud system“. Weiterhin finden sich knappe Ausführungen zur Diebstahlshaftung, bei der das zu leistende duplum bzw. quadruplum als „compensatory damages from the additional punitive sum“ klassifiziert werden (Bd. 2, 341). Einige der in diesem Beitrag angerissenen Fragen werden im folgenden interdisziplinären Beitrag von Francesco Parisi, Daniel Pi, Barbara Luppi und Iole Fargnoli zum Thema „Deterrence of Wrongdoing in Ancient Law“ (Bd. 2, 347–378) wieder aufgegriffen und vertieft. Die Autoren betonen ebenfalls, dass Ausgangspunkt (auch) in Rom das Prinzip der Privatrache war (Bd. 2, 351): Teils findet sich, etwa in XII tab. 8.2 bei bestimmten Körperverletzungen, das Talionsprinzip, teils war ein Exzess gestattet, etwa in Form der in XII tab. 8.12 gestatteten Tötung des nachts ertappten Diebs (Bd. 2, 355). Die Prozesseinleitung durch manus iniectio (XII tab. 1.1) sowie die Vollstreckung durch Versklavung bzw. „Teile Schneiden“ wird verstanden als Legitimation privater Rache (Bd. 2, 355). Hier hätte nach Sicht des Rezensenten noch auf die Anreizsetzung zum Wohlverhalten bzw. zum Auslösen des Schuldners durch Familie und Freunde eingegangen werden können, die durch die wiederholte Fristsetzung im Ladungs- und Vollstreckungsverfahren erfolgt.20 Hinsichtlich der Frage von Talion und Exzess hätte ferner darauf eingegangen werden können, dass beim partis secare nach den Zwölf Tafeln ein Zuvielschneiden – anders als in Shakespeares Merchant of Venice21 – als unschädlich angesehen wird.22 Als zweite Stufe – die sich aber ebenfalls bereits schon in XII tab. 8.2 (ni cum eo pacit) findet (Bd. 2, 366) – geht der Beitrag auf die Ablösung des Racherechts durch Geldersatz im Sinne eines „Abkaufens“ der Rachemöglichkeit ein (Bd. 2, 364f.). Rechtsökonomisch sei dies als Pareto-Verbesserung zu werten (Bd. 2, 371). Die Entwicklung der Monetarisierung finde sich später verstärkt in der auf ein Mehrfaches des Sachwerts gehenden deliktischen Haftung für Diebstahl (Bd. 2, 366f.). Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf den „turning point“ der lex Aquilia und die Trennung zwischen Straf- und Deliktsrecht (Bd. 2, 367). Anregend ist die Lektüre des Beitrags von Thomas J. Miceli über „Collective Responsibility“ (Bd. 2, 379–400). Während der gesellschaftlichen und ökonomischen Motivation von „collective responsibility“ bzw. „group punishment“ viel Raum geboten wird, beschränkt sich der Bezug auf das römische Recht jedoch leider auf einen kurzen Abschnitt (Bd. 2, 380–383): Genannt werden das Senatusconsultum Silanianum, das die Pflicht zur Tötung sämtlicher Sklaven eines unter unklaren Umständen Gestorbenen anordnete (Bd. 2, 380f.),23 die decimatio als Tötung jedes zehnten zufällig ausgewählten Soldaten zur Aufrechterhaltung militärischer Disziplin (Bd. 2, 383f.) sowie die quasideliktische Haftung für effusa vel deiecta, von Kapitänen, Stall- und Gastwirten sowie im Wege der Noxalhaftung (Bd. 2, 382f.). Letzteres Beispiel wirft beim Rezensenten zunächst die Frage auf, inwiefern denn ein Einzelner „Gruppe“ sein kann (dazu dann aber Bd. 2, 392), erinnert dann aber zugleich an die spätere Positionierung des Verbots der Kollektivhaftung von Studenten für Schulden ihrer Landsleute durch das „Scholarenprivileg“ der von Friedrich I. auf dem Reichstag von Roncaglia im November 1158 erlassenen Authentica Habita im Codex am Ende des Titels C. 4,13 – Ne filius pro patre vel pater pro filio emancipato vel libertus pro patrono conveniatur.24 Weitere Beispiele, wie etwa der Fall der lex Rhodia de iactu25 und der Kollektivhaftung im Steuerrecht26 werden nicht behandelt. An dieser Stelle hätten sich nach Sicht des Rezensenten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit des Verfassers, Professor of Economics an der Universität von Conneticut, mit Romanist/-innen reichere Erträge erzielen lassen. Hinter dem Beitrag von Barbara Abatino und Giuseppe Dari-Mattiacci unter dem Titel „The Dual Origin of the Duty to Disclose in Roman Law“ (Bd. 2, 401–425) verbirgt sich eine romanistisch-ökonomische Analyse der unterschiedlichen Rechtsbehelfe des Käufers bei Mängeln, die Prätor (actio empti) und kurulische Ädile (actio redhibitoria und actio quanti minoris)27 geschaffen haben. Die Verfasser betonen vorab, dass die ädilizischen Rechtsbehelfe für Markttransaktionen in Form von Auktionen, bei denen keine individuellen Vertragsverhandlungen stattfinden, galten, der prätorische für privat ausgehandelte Transaktionen (Bd. 2, 401f.); die Wahl zwischen beiden Formaten hatte letztlich der jeweilige Käufer (Bd. 2, 417). Bei beiden Transaktionswegen führen zulasten des Käufers bestehende Informationsasymmetrien und symmetrisches Nichtwissen beider Parteien zu Problemen (Bd. 2, 409f.). Herausgearbeitet wird zunächst, dass es zwei Arten gibt, mit symmetrischem Nichtwissen umzugehen: Entweder muss der Käufer zunächst seine Präferenzen offenbaren, was dann eine Aufklärungspflicht des Verkäufers auslöst, oder beide Parteien werden völlig am Informationsaustausch gehindert, wodurch letztlich Informationsasymmetrien verhindert werden (Bd. 2, 410). Den ersten Weg wählt nach der von Abatino und Dari-Mattiacci vorgenommenen Analyse der prätorische Rechtsbehelf: Bei privat ausgehandelten Transaktionen hat der Käufer ein Interesse daran, dass die Kaufsache bestimmte idiosynkratische Charakteristiken wahrt, die dem jeweiligen Käufer wichtig sind (Bd. 2, 411 und 416). Den zweiten Weg verfolgen dagegen die ädilizischen Rechtsbehelfe: Hier wird in Ermangelung von individuellen Verhandlungen und damit vorherigem Austausch nur für Qualitätsmängel hinsichtlich bestimmter Merkmale gehaftet (Bd. 2, 411 und 414).
10Insgesamt bietet das besprochene Werk zahlreiche inspirierende Einblicke, lädt vor allem auch bei der Lektüre der Beiträge der Nicht-Romanisten und -Altertumswissenschaftler zum Hinterfragen der eigenen disziplinär geprägten Prämissen und zum weiteren Nachdenken ein und sei daher allen interessierten Leserinnen und Lesern ans Herz gelegt.