- 1. Der erste Eindruck: ein großes Buch
- 2. Ist es ein Handbuch?
- a. Der Stil der Beiträge
- b. Wie kommt man an Informationen?
- c. Wird neuere Literatur zuverlässig erfasst?
- 3. Kasers Handbücher als Benchmark?
- a. Was möchte das Handbuch sein?
- b. Für wen ist es geschrieben?
- 4. Struktur und Anlage des Handbuchs
- a. Ein buntes und heterogenes Buch
- b. Keine Bekenntnisse
- c. Der Aufbau: ein bisschen Gaius, ein bisschen Edikt
- d. Condictio oder stipulatio? Ein Kompromiss
- 5. Vor- und Nachteile der zweigleisigen Darstellung
- a. Weitere Überschneidungen und Doppelungen
- b. … und Lücken
- c. Ein weiterer Nachteil des aktionenrechtlichen Aufbaus
- d. Vorteile der doppelgleisigen Struktur
- 6. Der neue Historismus
- a. Der aktionenrechtliche Blick
- b. Ideologie?
- c. Manierismen
- d. Pandektistische Relikte
- 7. Eine (knappe) Bewertung
1. Der erste Eindruck: ein großes Buch
1Mit dem Erscheinen des Handbuchs des Römischen Privatrechts1 kam 2023 ein großes Projekt zum Abschluss. Schon sein schierer Umfang ist beeindruckend. Über zehn Jahre zogen sich die Arbeiten an diesem Handbuch hin, und 65 Autoren haben 112 kürzere oder längere Kapitel dazu beigesteuert. Mehr als 3000 Seiten füllen diese Beiträge, und die ausführlichen Register machen noch einmal über 600 Seiten aus. Wie viele Ideen, wie viel Forschergeist und Quellenkenntnis, wie viele Stunden des Suchens, Sortierens und Schreibens stecken in diesen Seiten! Die gar nicht so kleine Gemeinschaft der juristischen Romanistik gibt damit ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Lebenszeichen. Sie zeigt zunächst, dass große Projekte auch abseits von Forscherverbünden und Exzellenzclustern durchgeführt werden können. Sie zeigt außerdem, dass es nicht Geld oder Stellen sind, sondern Begabung und Leidenschaft, die Forschung voranbringen. Und schließlich setzt sie, weil alle Beiträge in deutscher Sprache verfasst sind, auch ein wichtiges wissenschaftspolitisches Signal. Nur Eingeweihten erkennbar bezieht das Handbuch vor allem methodisch Position: Es will ein Werk von Romanisten für Romanisten sein, ein Lebenszeichen zwar, aber kein Zeichen für das lebende Recht.
2Das Werk ein „Handbuch“ zu nennen, erfüllt die deutsche Vorstellung, wonach Handbuch ist, was einer allein nicht in der Hand halten kann. Das liegt nicht nur daran, dass man drei Bände halten müsste, sondern auch daran, dass sie zusammen fast 5,5 Kilogramm wiegen. Nicht messen, sondern allenfalls vermuten lässt sich, wieviel Zeit und Kraft in die Organisation dieses Projekts geflossen sind. Zwar teilten sich diese Aufgabe sechs Herausgeber, von denen wieder jeder Mitarbeiter und Hilfskräfte einsetzen konnte, aber das schmälert nicht den Respekt vor dem organisatorischen Aufwand. Schon die Abstimmung unter den Herausgebern, alles arrivierte Wissenschaftler mit eigenem Forschungsprofil und klarer methodischer Orientierung, dürfte nicht einfach gewesen sein.
3Zu Recht werden die Herausgeber stolz sein, das Projekt zu einem glücklichen Abschluss gebracht zu haben. Ihr Selbstbewusstsein zeigt sich darin, dass es das Handbuch „des“ Römischen Privatrechts geworden ist. Nicht irgendein Handbuch möchte es sein, sondern das einzige von Bedeutung. Das wird durch die Aufmachung noch unterstrichen. Der Verlag Mohr Siebeck ist bekannt für die hohe Qualität seiner Druckerzeugnisse. Auch die drei Bände wirken, als würden sie Generationen von nachschlagewütigen Forschern überstehen. Es scheint für beide Seiten ein Glücksfall zu sein, dass Herausgeber und Verlag zusammengefunden haben. Für den Verlag dürfte sich die Zusammenarbeit auszahlen, denn das Interesse an „dem Handbuch“ ist groß. Jedenfalls waren die vorgesehenen Rezensionsexemplare im Nu vergriffen. Für das FHI war keines mehr zu bekommen2.
2. Ist es ein Handbuch?
a. Der Stil der Beiträge
4Ein „Handbuch“ im Wortsinn liegt mit dem Handbuch des Römischen Privatrechts jedenfalls vor, denn es ist umfangreich und schwer genug. Aber ist es auch hinreichend umfassend? Das ist es ja, was man landläufig von einem Handbuch erwartet, dass es ein Fach so vollständig wie möglich und so detailreich wie dafür erforderlich präsentiert. Dabei muss nicht jede Verästelung der wissenschaftlichen Diskussion abgebildet werden. Aber die Darstellung sollte doch dem Suchenden helfen, diese Verästelungen aufzufinden und ihnen nachzugehen. Handbücher sollen das vorhandene Wissen also nicht dokumentieren (und damit begraben), sondern den Zugang zu diesem Wissen ebenso wie zu den offenen Fragen ermöglichen. Erfüllt das Handbuch diese Anforderungen? Teilweise ja. Der Unterschied liegt in den Beiträgen, denn nicht jeder Autor hat einen Handbuchbeitrag geschaffen.
5In formaler Hinsicht beispielhaft für einen Handbuchbeitrag ist etwa (ohne andere auszuschließen) jener von Klingenberg3 – einer von vier Autoren, die vor Erscheinen des Handbuchs verstorben sind. Hier ist die Darstellung gleichermaßen knapp wie erschöpfend, die Literatur ist vollständig oder doch sehr weitgehend erfasst und die einschlägigen Quellen sind entweder im Text oder in den Fußnoten angegeben. In diesem Beitrag kann man sich auch gut orientieren, weil die Gliederung eingängig und übersichtlich ist. Es wären noch viele andere Beiträge zu nennen, die inhaltlich auf ähnlichem Niveau liegen. Bei manchen sind vielleicht Abstriche bei der Erfassung von Literatur oder Quellen oder in der Übersichtlichkeit der Darstellung zu machen. Beeindruckend durch Umfang und Gedankenreichtum sind die Beiträge von Babusiaux, insbesondere die zur bonorum possessio (§ 57) und zur actio praescriptis verbis (§ 90)4. Allerdings verlieren sie sich häufig in Details und gehen bis zur Exegese einzelner Quellen. Dadurch leiden sie an fehlender Übersichtlichkeit, und es fällt schwer rote Fäden in der Darstellung auszumachen. Nachschlagen kann man in solchen Beiträgen nicht, allenfalls kann man mit dem Quellen- oder Sachregister darin suchen. Die Beiträge wirken eher wie Monografien, die die vorhandenen Kenntnisse nicht aufschließen, sondern in jede erdenkliche Richtung ausleuchten wollen.
6Übertroffen wird Babusiaux in diesem Punkt von Wolfgang Ernst, der mit seinem Beitrag zu den „Klagen aus Kauf (actio empti, actio venditi)“ keinen Handbuchbeitrag, sondern tatsächlich eine Monografie abliefert. Allerdings ist diese Monografie des römischen Kaufrechts von anderem Zuschnitt als es die Beiträge Babusiaux‘ sind: sie will informieren und darstellen, Ernst geht es um eine neue Sicht auf die emptio venditio. Zwar setzt er sich mit den Argumenten seiner Gegner auseinander, doch überlässt er das Urteil über die Deutung der Quellen nicht dem Leser. Wenn er etwa zu D. 21,1,1 pr. und D. 21,1,63 (jeweils Ulp. 1 ad ed. aed. cur.) meint, die „Texte dürften aus einer ergiebigeren Textumgebung herausgelöst worden sein“ (Rn. 411), dann ist ihre Aussagekraft schon herabgesetzt, wenn nicht geleugnet. Ernst geht es in seinem Beitrag nicht nur um „close reading“ der Rechtstexte, es geht ihm zugleich um eine Dekonstruktion der herrschenden Vorstellung vom römischen Kaufrecht. Beispielhaft sind dafür die Überlegungen zum quod interest des Käufers bei ausbleibender Leistung5; ihr Ziel ist zu begründen, warum das quod interest mit dem „Erfüllungsinteresse“ des modernen Rechts6 nicht zu verwechseln sei. Auch der vordringenden Ansicht, spätestens seit Julian hätten die Juristen die im ädilizischen Edikt vorgesehenen Rechtsbehelfe als vom quod interest deractio empti erfasst angesehen, tritt er entschieden entgegen7. Der Beitrag wird für sich und unabhängig vom Handbuch ein reges Echo finden – Zuspruch ebenso wie Widerspruch. Ein Jurist, der den Beitrag aus rechtshistorischem Interesse liest, findet sich darin gut zurecht; ein Nichtjurist wird damit – trotz des quellennahen Ansatzes – wenig anfangen können.
7Wenn hier manche Beiträge herausgehoben, die vielen guten Beiträge des Handbuchs jedoch nicht gewürdigt werden, soll das nicht als Rezensententadel empfunden werden. Die Beiträge der beiden zuletzt genannten Autoren stechen durch ihren besonderen Charakter heraus. Aber ein guter Handbuchbeitrag ist nicht charaktervoll, sondern gleichermaßen zugänglich wie informativ. In einem Handbuch erwartet man, dass die Autoren hinter ihrem Werk zurücktreten, die Beiträge aber bestimmten formalen Kriterien entsprechen. Die wünschenswerten Eigenschaften habe ich zuvor genannt. Diesen Kriterien entspricht jedenfalls der Beitrag von Ernst nicht; als Monografie hingegen ist er eine Meisterleistung, von der man noch lange reden (und schreiben) wird.
8Das gilt nicht zwangsläufig für eine Reihe anderer Beiträge, die den Voraussetzungen des „Handbuchstils“ aus anderen Gründen nicht entsprechen. Sie erfassen die wichtige Literatur nicht vollständig, gehen an zentralen Quellen vorbei, erzählen viel, aber belegen wenig oder sind überhaupt davon beseelt, ein Narrativ, das schon in früheren Publikationen aufgesetzt wurde, fortzuspinnen. Dazu zählen die Beiträge einiger (aber nicht aller) italienischen Wissenschaftler. Dies sind Essays, die nicht den Ehrgeiz haben, den status quo der romanistischen Diskussion darzustellen, sondern die eine spannende Geschichte erzählen wollen. Auch die meisten der einführenden Beiträge sind dazu zu rechnen. Sie schmücken das Handbuch zwar, weil sie von eminenten Forscherinnen und Forschern stammen, aber sie geben dem, der sich zur römischen Rechtsgeschichte informieren will, eher Steine als Brot.
9Ausdrücklich ausnehmen muss ich von diesem Verdikt den Beitrag von Detlef Liebs, der es in meisterlicher Kürze versteht, einen Überblick über die römische „Rechtsliteratur“ (§ 7) zu geben. Für besonders wertvoll halte ich auch den Beitrag von José Luis Alonso und Ulrike Babusiaux über „Papyrologische und epigraphische Quellen“ (§ 8). Vollständigkeit und Richtigkeit kann ich nicht beurteilen, doch habe ich den Beitrag mit Interesse (und mit Betroffenheit darüber, was ich alles nicht weiß) gelesen. Dagegen will Babusiaux in „Römische Rechtsschichten“ (§ 6) zu viel auf einmal erreichen. Sie will nicht nur Rechtsschichten skizzieren, sondern unternimmt eine römische Rechtsquellenlehre, die über die Aufzählung wichtiger Volksgesetze (Rn. 36 ff.) und Senatuskonsulte (Rn. 60 ff.) hinausgeht. Die Beschreibung des ius civile bleibt aber bei Aphorismen (Rn. 28-33). Die Einbindung von ius gentium und ius naturale kann deswegen nicht gelingen, weil sie – wie Babusiaux selbst feststellt (Rn. 177) – keine Rechtsschichten sind, sondern heuristische Konzepte. Zwischen dem Konzept (ius naturale) und der Heuristik (etwa: ratio naturalis) wird dann aber nicht klar unterschieden. Das gilt auch für den Beitrag Stolfis8. Hier wie dort bleiben auch die philosophischen Grundlagen dieser Begriffe undeutlich. Die einschlägige Literatur wird bei Babusiaux zwar angegeben, aber inhaltlich nicht ausgeschöpft. Stolfi zitiert fast ausschließlich italienischsprachige Literatur: Behrends, Waldstein und Winkel kommen darin nicht vor.
10Weil auch Stolfis Beitrag bei den Rechtsschichten (des Prinzipats) ansetzt, vermisst man die Abstimmung zwischen seinem Beitrag und demjenigen Babusiaux‘. Auf das ius gentium gehen nicht nur Stolfi und Babusiaux, sondern auch Buongiorno9 und knapp noch Gröschler10 und Lamberti11 ein. Keiner nimmt auf das Rücksicht, was woanders schon gesagt wurde; Querverweise fehlen.
b. Wie kommt man an Informationen?
11Dass einzelne Beiträge auf dasselbe Thema zu sprechen kommen, ist ein nicht seltener Fall. Das lässt sich bei einem Handbuch, an dem viele Köche mitarbeiten, gar nicht vermeiden: Begriffe, Sachverhalte und Quellen liegen quer zur institutionellen wie zur aktionenrechtlichen Gliederung. Trotzdem wünschte man sich – nicht nur am Beispiel des ius gentium – eine bessere Abstimmung der Beiträge. In manchen Fällen hätten die Herausgeber mit lenkender Hand eingreifen müssen. Leider fehlt es oft sogar an Verweisen zwischen den Beiträgen. Dann muss man sich an das Sach- oder an das Quellenregister halten.
12Das detailreiche Sachverzeichnis leistet dabei aber einen Bärendienst, denn es verzeichnet jede Erwähnung eines Stichworts. Damit wird die Recherche mit Hilfe des Registers zur Sisyphusarbeit. Recht rasch geht das bei „ius gentium“, das überschaubar wenige Einträge hat. Drei davon beziehen sich auf bloße Erwähnungen12 und liefern dem, der nach Inhalt und Gebrauch des Begriffs sucht, keine Hilfe. Die kurze, wenn auch wichtig Erwähnung im Beitrag von Lamberti13 fehlt dagegen im Register. Hervorgehoben (fett und unterstrichen) ist die Behandlung im Beitrag Babusiaux‘14, doch deckt dieser Hinweis 100 Randnummern ab. Muss man sich also doch durch den ganzen Beitrag lesen? Wer das macht, stellt fest, dass der Verweis, der auf das ganze Kapitel („Ius gentium und ius naturale“) abstellt, schon für die erste Randnummer (176) ein Fehlverweis ist. Überhaupt ist von ius gentium nur in wenigen der folgenden Randnummern die Rede ist. Warum hat die Autorin ius gentium und ius naturale nicht getrennt? Warum werden nicht auch die Randnummern aus Stolfis Beitrag hervorgehoben?
13Dazu kommen noch verschiedene Ungenauigkeiten. So wird die alphabetische Reihenfolge der Stichworte nicht überall eingehalten15, und mitunter sind Verschiebungen in den Randnummern, die sich (offenbar) nach Erstellung des Registers ergeben haben, nicht nachgehalten. Dadurch sind zahlreiche Verweise ungenau16. In Sackgassen gerät man gar, wenn man nach quod interest sucht. Das Register verweist dafür auf „Interesse“, was – wenn man Ernst glaubt17 – nicht präzise das trifft, was quod interest eigentlich meint. Mehrere Einträge unter „Interesse“ verweisen aber nicht auf Stellen, in denen es um das quod interest geht, sondern auf solche, die von quanti ea res est/erit handeln18. Nun mag man zwar das quanti ea res als das „Interesse“ des Gläubigers beschreiben19, aber mit dem quod interest hat es deshalb nichts zu tun. Noch ein Beispiel: Wer im Sachregister nach error in materia oder in substantia, oder auch nur nach dem error in corpore sucht, gelangt nicht zu der ausführlichen Darstellung bei Ernst20, wohl aber zu jener von Finkenauer21. Mit anderen Worten: Im Dickicht der Themen ist das Sachregister nur eine unzuverlässige Hilfe.
14Das Quellenregister leidet an ähnlichen Fehlern, außerdem wird hier regelmäßig nicht vermerkt, an welche der mehreren Fundstellen man sich vor allem wenden soll. Das hätte wohl umfangreiche Mehrarbeit verursacht. Allerdings sind manche Quellen unvollständig oder gar nicht abgebildet: Problemlos ist, wenn D. 11,8,1 pr.22 als „D. 11,8,1“ wiedergegeben ist; im konkreten Fall wird der enttäuschte Suchende, der sich Aufschluss über das ganze Fragment erwartet hat, in den folgenden Fußnoten fündig. Gravierender ist es schon, wenn einige Quellen gänzlich fehlen; davon gibt es – wenn man bedenkt, dass ich nur Stichproben gezogen habe – offenbar eine ganze Menge23. Nun ist kein Register perfekt, und der Nutzer des Handbuchs wird froh sein, sowohl ein Sach- als auch ein Quellenregister zu haben. Man sollte sich aber ihrer Grenzen bewusst sein.
15Viele werden das Handbuch nutzen wollen, um zu bestimmten Quellen die neuere Literatur zu recherchieren. Für die ältere Literatur kann man dafür auf Kasers Handbücher zurückgreifen. Führt das neue Handbuch zu der nach 1970/74 (oder, zum römischen Prozessrecht, nach 1995) erschienen Literatur? Dabei muss man unterscheiden danach, ob die Autoren in ihren Beiträgen auch die jüngere Literatur erfassen, und – falls ja – danach, ob sich diese über das Quellenregister auffinden lässt. Die zweite Frage ist rasch zu beantworten: Das Auffinden relevanter Literatur ist schwieriger als in Kasers Handbüchern. Kaser nämlich gab Quellenstellen regelmäßig nicht isoliert an, sondern versah sie fast immer mit Literaturhinweisen. Wer also in Kasers Quellenregister eine Stelle gefunden hat, konnte sicher sein, dazu auch einen Literaturhinweis zu finden; es genügte, die Fundstelle aufzuschlagen. Im neuen Handbuch gelingt das selten. Das liegt daran, dass die meisten Autoren zwar fleißig aus der Sekundärliteratur zitieren, diese Hinweise aber nicht auf einzelne Quellentexte beziehen. Vielmehr fungieren in fast allen Beiträgen Quellen- wie Literaturhinweise als Belege für bestimmte im Haupttext getroffene Aussagen. Der Weg zur Literatur gestaltet sich daher wie eine Schatzsuche: Hat man im Register seinen Quellentext gefunden, schlägt man im Beitrag nach und muss aus dem Kontext erschließen, welcher der angegebenen Autoren sich zur Quelle geäußert haben könnte. Das ist umständlich und führt nur bei den Autoren, die die neuere Literatur vollständig angeben, auch zum Erfolg.
c. Wird neuere Literatur zuverlässig erfasst?
16Aber geben die Autoren die einschlägige Literatur auch zuverlässig an? Auch hier gibt es große Unterschiede. Manche Autoren zitieren möglichst alles, was zu aufgeblähten Fußnoten und – auf Seiten des Nutzers – zu neuen Suchanstrengungen führt. Ein solcher „information overload“ ist allerdings selten24. Eher trifft man auf Beiträge, die Literatur nur sparsam oder nur in konzentrierten Dosen anbieten25. Sie tragen deshalb, selbst wenn sie inhaltlich gut sein mögen, wenig zum Zweck des Handbuchs bei, ein Werk zum Nachschlagen zu sein. Das gilt auch für solche Beiträge, die sich vorwiegend aus der älteren Literatur bedienen und so über den bei Kaser konservierten Stand nicht wesentlich hinauskommen26.
17Bei den meisten anderen Beiträgen ist es umgekehrt: Hier überwiegen Hinweise auf die neuere und neueste Literatur, ältere Literatur wird dagegen meist recht spärlich zitiert. Manche verzichten gar darauf, die alten Gewährsleute anzugeben, auf die sie sich stützen. So zitieren Meissel/Novitskaya27 zur Inhärenz der exceptio pacti im bonae fidei iudicium (Rn. 8) nicht den einschlägigen Aufsatz von Knütel28, und gleich anschließend, zum contrarius consensus (Rn. 9) nicht sein Buch29. Der contrarius consensus wird dann allerdings ausführlich von Ernst dargestellt30, auch in Auseinandersetzung mit Knütel. Vielleicht haben, weil Literatur vor 1980 bei manchen Autoren recht häufig fehlt31, die Herausgeber den Autoren empfohlen, vor allem jüngere Literatur zu zitieren. Das ist, wenn die tatsächlich angegebenen Autoren selbst zuverlässig zitieren, kein Problem. Dann findet man, wenn man den Faden in die Hand nimmt, wie Ariadne durch das Labyrinth.
18Aber darauf kann man sich leider nicht immer verlassen. Nehmen wir zum Beispiel Martin Avenarius: Er hatte vor einigen Jahren die These aufgestellt, dass der Streit über die Frage, ob ein Erbschaftssklave zugunsten des künftigen Erben ein Stipulationsversprechen annehmen kann, sich daraus ergeben haben könnte, dass Cassius und Proculus unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung des Sakralrechts im Zivilrecht hatten.32 Der Aufsatz wird im Handbuch nicht erwähnt, dabei sollte man erwarten, dass er zumindest an zwei Stellen33 angegeben ist. Einen anderen Aufsatz, den zur Rechtspolitik Marc Aurels34, sollte man wenigstens bei einem der vielen Hinweise des Handbuchs auf D. 28,4,3 finden oder doch als zusätzlichen Nachweis für die These, der in Ulp. reg. 17,2 genannte „Antoninus“ sei eigentlich Marc Aurel35; er taucht aber nirgends auf. Vielleicht zu jung (2020) ist der Aufsatz über die Ursprünge der Fideikommisse36; doch weil in dem Beitrag, in dem man ihn finden sollte37, auch Aufsätze aus 2019 und 2021 zitiert werden, wird man auch ihn zu Recht vermissen.
19Gegen solche Vorhaltungen mag man einwenden, dass das Handbuch eine Vorauswahl treffen muss, um den Leser nicht in einer Flut von Literaturnachweisen ertrinken zu lassen. Dieser Einwand klingt berechtigt, doch sticht er bei keinem der hier angeführten Beispiele; im Gegenteil: an den fraglichen Stellen weist der jeweilige Autor nur wenige oder gar keine Titel aus der jüngeren Literatur nach. Außerdem bliebe zu klären, nach welchen Kriterien vorausgewählt wurde. Die Unsitte, nur aus der eigenen Schule zu zitieren, lässt sich in den Beiträgen des Handbuchs zwar nicht erkennen. Aber die Tendenz, gewisse Schulen nicht zu zitieren, registriert der kritische Leser schon. Dazu, dass der Diskurs offen bleibt, trägt das Handbuch also nicht entscheidend bei.
20Das Beispiel zeigt ein großes Problem, das die Biologen als „Flaschenhalseffekt“ kennen: Varianten werden dadurch aussortiert, dass sie eine bestimmte Evolutionsschwelle nicht überwinden. Die Erfindung des Buchdrucks produzierte in der europäischen Geistesgeschichte einen ähnlichen Effekt, und die Digitalisierung wird desgleichen tun. Ebenso gilt das für das Handbuch: Was darin nicht zitiert ist, wird nicht gesucht, nicht gelesen, nicht widerlegt. Es verschwindet einfach, still und leise, aus der Diskussion.
21Das Handbuch des Römischen Rechts wird, trotz seiner strukturellen Fehler und seiner Lücken, die zukünftige Forschung im römischen Recht anleiten und kanalisieren. Das Handbuch wird also ein „Flaschenhals“ sein. Die Autoren der Beiträge hatten deshalb keine geringe Verantwortung bei der Auswahl der zitierten Publikationen. Nicht alle sind dieser Verantwortung gerecht geworden. Man muss einräumen, dass es schwierig, wenn nicht unmöglich ist, die romanistischen Publikationen der letzten 50 Jahre verlässlich aufzufinden und in die einzelnen Beiträge einzuarbeiten. Die Zahl einschlägiger Zeitschriften und Monografien ist vor allem in den letzten zwanzig Jahren immens gestiegen.
22Allerdings scheinen die Publikationen von Avenarius kein Einzelfall zu sein. Wenn ich im Handbuch nach meinen Publikationen suche und das nur nach Stichproben, ergeben sich gleich mehrere Fehlanzeigen38. Eine sei ausdrücklich erwähnt, weil sie die Vermutung bestätigt, dass eine einmal übergangene Publikation auch später nicht mehr wahrgenommen wird: 1988 hatte ich in der Savigny-Zeitschrift einen Aufsatz zur Verarbeitungslehre des Paulus publiziert39; dabei standen nicht nur die einschlägigen Texte des Paulus im Mittelpunkt, sondern auch jene, die unter dem Namen des Gaius überliefert sind40. Auf die Befunde in diesem Aufsatz stützte ich mich ganz wesentlich in den einschlägigen Passagen einer später publizierten Monografie41, die von Behrends ausführlich rezensiert wurde42. Behrends allerdings hatte übersehen, dass ich den in dem Buch geäußerten Verdacht, die media sententia in der Spezifikationslehre sei spätklassischen Ursprungs und nicht schon dem Gaius bekannt gewesen, in dem früheren Aufsatz ausführlich begründete. Daher konnte er auf diese Argumente nicht eingehen. Ebenso wenig tat dies, 10 Jahre später, Plisecka in ihrem Aufsatz in der Tijdschrift43. Weder Plisecka44 noch andere Autoren, die im Handbuch auf das Verarbeitungsproblem eingehen45, kennen meinen Aufsatz (1988), und kennen also nicht die – meines Erachtens noch nicht erschütterten – Argumente, die gegen Gaius als Autor von D. 41,1,7,7 sprechen. Nun mag diese These falsch sein. Aber indem sie verschwiegen wird, ist sie nicht widerlegt. Sie ist einfach aus der Welt.
23Wenn man die erwähnten Beispiele hochrechnet auf die rechtshistorische Produktion der letzten fünfzig Jahre, steht die Verlässlichkeit des Handbuchs insgesamt in Frage.
3. Kasers Handbücher als Benchmark?
a. Was möchte das Handbuch sein?
24Die juristische Romanistik erhofft sich mit dem „Handbuch des Römischen Privatrechts“ einen Ersatz für die in die Jahre gekommenen Handbücher Max Kasers46. Der Titel des Werks, es sei ein „Handbuch“, bestärkt diese Hoffnung. Auch dass es eine „von Grund auf neu gearbeitete Darstellung des römischen Privatrechts“ sei, lässt sich auf Kaser beziehen. Seine drei Bände aus dem Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft haben viele Forscherleben begleitet. Auf diese Handbücher war man bei der Suche nach Primärquellen oder nach Sekundärliteratur zu bestimmten Sachfragen angewiesen, aus ihnen bezog man erste Informationen zu einem Thema des römischen Rechts, in dem man nicht ohnehin zu Hause war. Sie waren ein verlässlicher Begleiter, und nur selten legte man sie weg, weil man zu dem Gesuchten nichts gefunden hatte.
25Doch je älter diese Handbücher wurden, desto mehr vermisste man Nachweise auf die zwischenzeitlich erschienenen Publikationen. Etwa 20 Jahre nachdem Kaser die beiden Bände zum materiellen Privatrecht47 neu aufgelegt hatte (1971 und 1975), versuchte er einzelne Schüler zu ermuntern, die Handbücher zu überarbeiten und neu herauszugeben. Für den Band über das Römische Zivilprozessrecht48 hatte dies schon in den 80er Jahren Karl Hackl, einer der letzten Schüler Kasers, übernommen. Nach jahrelanger mühevoller Arbeit legte Hackl 1996 die zweite Auflage vor49. Für die beiden materiellrechtlichen Bände fand sich aber kein Nachfolger. Die Neuauflage des Kurzlehrbuchs übernahm nach dem Tod Max Kasers Rolf Knütel (ab der 17. Aufl., 2003) und ab der 21. Auflage (2016) Sebastian Lohsse. Mittlerweile ist das Lehrbuch selbst zu einem kleinen (500 Seiten starken) Handbuch geworden, was vor allem daran liegt, dass schon Knütel damit begonnen hatte, Hinweise auf die aktuelle Literatur einzuarbeiten. Weder Knütel noch Lohsse wollten aber den Anspruch erheben, die Literaturhinweise seien auch nur annähernd vollständig.
26Daher erwartete man ungeduldig einen neuen „Kaser“. Hat sich diese Hoffnung mit dem neuen Handbuch erfüllt? Wohl kaum. Meine Doktoranden beteuern, sie würden im Handbuch viel Interessantes lesen und manches finden, wonach sie gesucht haben. Doch wenn sie auf prägnante Auskunft zu einer bestimmten Frage angewiesen sind, würden sie lieber zum „Kaser“ greifen. Das dürfte damit zusammenhängen, dass Kasers Handbücher aus einem Guss geschrieben sind, von einem Autor, der nach Vollständigkeit strebte, aber Redundanzen hasste und Wiederholungen mied. Das neue „Handbuch“ ist das Werk vieler Köpfe und Hände und deshalb, man möchte sagen: naturgemäß unvollständig, redundant und teilweise gar widersprüchlich. Dafür hat es andere Qualitäten, etwa die, dass fast jedes Kapitel von einem Experten in diesem Feld geschrieben wurde. Damit soll Kasers Expertise nicht geleugnet werden, doch war er nicht in allen Gebieten des römischen Privatrechts gleich bewandert. Leider haben wir festgestellt, dass Expertise alleine nicht ausreicht, um gute Handbuchbeiträge zu schreiben; von der dadurch produzierten Heterogenität war schon die Rede.
27Ich habe auch schon darauf hingewiesen, dass die Verkettung von Quellenstellen und Sekundärliteratur bei Kaser so genau war, dass man die einschlägige Sekundärliteratur bis 1975 verlässlich auffinden konnte. Das erreicht das neue Handbuch nicht. Immerhin sind viele Autoren bemüht, die einschlägige Literatur in den Fußnoten auszubreiten; andere Autoren sahen darin offenbar nicht ihre Aufgabe. Manche Beiträge verlassen sich in der Darstellung immer noch auf Kasers Handbücher, was deren ungebrochene Aktualität verdeutlicht. Für Platschek (§ 12) und Willems (§ 14 und § 15) etwa ist Kaser/Hackl der Referenztext; dasselbe gilt für Rüfners Beitrag zum vadimonium (§ 75). Sehr häufig auf Kaser bezieht sich auch Baldus in seiner Darstellung der rei vindicatio (§ 59). Damit zollt er nicht nur seiner Schule Respekt, er dokumentiert damit auch, dass man in vielen Fragen des römischen dominium und des Eigentumsprozesses über die Erkenntnisse von Kaser (noch) nicht hinausgelangt ist. Abgesehen davon ist „Kaser RP I“ in vielen Beiträgen das am häufigsten zitierte Werk.
28Die Gliederung von Kasers Handbüchern kommt dem nicht fachkundigen Leser entgegen, weil sie entlang von geläufigen Begriffen und Lebenszusammenhängen erfolgt. Die Beiträge im neuen Handbuch dagegen tragen häufig technische Titel, die man ohne Vorkenntnisse gar nicht entschlüsseln kann. Dass Kaser dabei (in den beiden Bänden zum materiellen Recht) die Themen in einer dem BGB ähnlichen Fünfteilung darbot, machte sein Handbuch besonders für Juristen zugänglich. Doch die hatte Kaser vermutlich nicht so sehr im Blick wie Altertumswissenschaftler, die sich für das römische Recht interessierten. Er wollte, wie er im Vorwort zur 2. Auflage schreibt, „den Gegenstand als geschichtliche Erscheinung“ erfassen und wandte sich deshalb vom „herkömmlichen systematisch-juristischen“ Aufbau ab. Das führte ihn auch dazu, zwischen dem „altrömischen“, dem „vorklassischen und klassischen“ und dem „nachklassischen Recht“ zu unterscheiden. Auf eine solche zeitliche Unterscheidung verzichtet das neue Handbuch; es überlässt es jedem Autor, die tausendjährige Geschichte des römischen Rechts für den Ausschnitt auszubreiten. Manche haben das getan50, die meisten aber nicht. Damit ging verloren, was Kaser als einen entscheidenden Vorteil der zeitlichen Darstellung angesehen hat, nämlich „die geistige Struktur jeder der drei Perioden in ihrer Eigenart zu erfassen“51.
b. Für wen ist es geschrieben?
29Vielleicht tut man dem neuen Handbuch des Römischen Privatrechts aber Unrecht, wenn man es an Kasers Handbüchern misst. Schließlich handelt es sich in formaler wie in inhaltlicher Hinsicht um ganz verschiedene Werke. Und vielleicht ist mit dem „von Grund auf neu“ keine Erneuerung der Kaser’schen Tradition gemeint, sondern ein aliud, das man dem Publikum anbieten will.
30Aber an welches Publikum hat man gedacht? Ganz sicher hatte man keine Juristen im Sinn, die sich einen raschen Überblick über ein bestimmtes Recht oder eine bestimmte Klage des römischen Rechts verschaffen wollten. Für einen Seitenblick auf das römische Recht, um ein historisches Argument zu einem modernen Problem zu gewinnen, taugen die meisten Beiträge des Handbuchs nicht. Wer nicht schon belastbare Kenntnisse des römischen Rechts hat (die man etwa mithilfe der Handbücher Kasers erlangen kann), wird das neue Handbuch überrascht und womöglich frustriert zur Seite legen. Das ist erstaunlich, denn die meisten Autoren arbeiten als Professoren an juristischen Fakultäten. Will man den Kollegen nichts mehr mitteilen? Von diesem Verdikt möchte ich einige institutionell angelegte Beiträge ausnehmen: Manche, etwa die von Bastian Zahn zum Vertretungsrecht52, von Klinck zum zivilen Besitz53 und von Meissel zur societas54, werden wegen ihres dogmatischen Zugriffs und wegen der Aktualität der darin behandelten Rechtsfragen auch das Interesse moderner Juristen finden.
31Dachte man bei Komposition und Darstellung an Historiker, am ehesten an Althistoriker, die sich in dem Handbuch über römisches Recht informieren wollen? Das liegt bei manchen Beiträgen nahe, nicht aber beim gesamten Werk. Vielen der Beiträge der ersten drei Abschnitte („Grundlagen“, „Zivilprozess und Handlungsformen“, „Personen“) kann man ohne juristische Vorkenntnisse gut folgen. Wenn es dort aber um „Stipulation“55, „Tatbestände des ‚Übernehmens‘ (recepta)“56 oder „Ehegüterrecht“57 geht, könnte es mit dem Verständnis rasch schwierig werden. Breiteres Interesse werden jedenfalls die Beiträge über die Entwicklungsstufen des Zivilprozesses (§§ 9-15) wecken, sowie jene über „Rechtsliteratur“58, über „Rechtsstellung der Frauen“59 und über „Sklaven (servi)“60. Der Rest des Werks, insbesondere der vierte und der fünfte Abschnitt, ist ohne juristische Vorkenntnisse, ja ohne besondere Kenntnisse des römischen Rechts kaum verständlich. Dafür sind die Diktion wie auch meist die Darstellung selbst zu voraussetzungsvoll.
32Damit kommt man zu dem Schluss, dass hier Romanisten für Romanisten schreiben. Man teilt dem an Zahl gewachsenen aber immer noch überschaubaren Publikum mit, was im Römischen Privatrecht Stand der Forschung ist. Das ist ein ehrenvolles und durchaus nützliches Vorhaben. Doch mit sich selbst zu kommunizieren kann sich nur eine Wissenschaft leisten, die sich ihres Platzes im Kanon der Wissenschaften gewiss ist und diesen nicht (mehr) verteidigen muss. Ob Anlass für ein solches Maß an Selbstbewusstsein besteht, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube mich zu erinnern, dass einzelne rechtswissenschaftliche Epochen ihre größten Werke im späten Abendlicht geschaffen haben. Wollen wir hoffen, dass das nicht das größte Werk der modernen Romanistik gewesen sein wird.
4. Struktur und Anlage des Handbuchs
a. Ein buntes und heterogenes Buch
33Hält der Inhalt im Übrigen, was Umfang und Aufmachung des Werks versprechen? Mit dieser Frage beginnt die eigentliche Arbeit des Rezensenten; er wird sie aber kaum beantworten können. Das liegt vor allem daran, dass die Beiträge nicht nur von unterschiedlicher Qualität, sondern auch von recht verschiedenem Zuschnitt sind. Wer das Handbuch, wie andere Handbücher auch, zum Nachschlagen verwendet, wird vieles finden aber auch manches vermissen. Wer es tatsächlich liest, den überrascht seine Heterogenität. Qualitative Unterschiede sind, bei einem Werk dieser Dimension, zwar selbstverständlich: Da sind Beiträge, die verlässlich Auskunft über Quellen und Literatur geben, manche gar beispielhaft in ihrer Art als Handbucheintrag; wieder andere setzen auch in inhaltlicher Sicht neue Maßstäbe. Aber es sind auch weniger gelungene Beiträge darunter, solche, denen man anmerkt, dass ihr Autor keine rechte Freude an der Arbeit hatte. Mit solchen Unterschieden müssen Herausgeber wie Leser rechnen. Der Eindruck der Heterogenität hätte sich aber mindern lassen, wären die Autoren darüber einig gewesen, was ein Handbucheintrag leisten soll (s. oben bei 2). Auch der Aufbau des Handbuchs und die Abfolge der Themen fördern den Eindruck, es liege ein heterogenes und wenig ausgegorenes Werk vor.
34Kurios ist etwa, wie unterschiedlich die Autoren die Strukturierung ihres Beitrags in Randnummern handhaben. Während Ernst Randnummern produziert, die über beinahe zwei Seiten reichen61, ist in den Beiträgen von Baldus62 oder Strobel63 beinahe jeder Satz ein eigener Absatz, und damit eine eigene Randnummer. Die Überleitung von einem Gedanken zum nächsten fungiert hier als selbständige Randnummer64, und der knappe Satz „Verurteilt wird in Geld“ ebenso65. So ist es keine Überraschung, dass der Beitrag von Baldus zur reivindicatio der nach Randnummern umfangreichste beider Bände ist. Das ist natürlich eine Quisquilie, nur ein Schönheitsfehler; aber die Homogenität des Werks fördert es nicht.
35In anderer Hinsicht ist die fehlende Homogenität ein Lichtblick. Das gilt vor allem für die Internationalität der Autoren: Zwar stammen die meisten Autoren aus Deutschland, doch haben auch zahlreiche Wissenschaftler aus Italien und Österreich mitgearbeitet, dazu Spanier, Polen und Schweizer, und schließlich noch ein Schotte, ein Brasilianer, ein Franzose, eine Russin, ein Chilene, ein Belgier und ein Südafrikaner. Dazu kommt, was für Romanisten nicht ungewöhnlich ist, dass viele Autoren in einem anderen als ihrem Herkunftsland forschen. Auch was das Alter der Autoren angeht, ist das Werk divers: Die jüngste Autorin (Lisa Isola) und den ältesten Autor (Detlef Liebs) trennt ein Altersunterschied von 52 Jahren. Das scheint wenig zu sein, wo das Werk doch von einer Rechtsordnung handelt, die vor 2000 Jahren blühte. Aber in den letzten 50 Jahren hat die europäische Romanistik in vielfacher Weise versucht sich methodisch und inhaltlich neu zu orientieren.
36Manche Romanisten studieren Papyri und Inschriften, um das römische „law in action“ lebendig zu machen, andere deuten das in tausenden Quellen überlieferte materielle Recht als Reflex des römischen Prozessrechts, wieder andere vertiefen sich in die philologische Analyse von Rechtstexten, während manche (immer noch, möchte man sagen) versuchen, das gedankliche Gerüst der klassischen Rechtswissenschaft zu rekonstruieren. Das methodische Spektrum ist also bunt und nach wie vor im Wandel. Jedenfalls lässt sich in der modernen Forschung keine herrschende Methode, also kein „Goldstandard“, ausmachen. Konsens besteht nur darüber, dass man das klassische Recht nicht in den Formen des modernen Privatrechts beschreiben kann. Zugleich weiß man aber, dass Funktion und Bauplan eines Rechtssystems nur entschlüsseln kann, wer wenigstens ein Grundverständnis von juristischen Problemlagen und den Möglichkeiten ihrer Lösung hat. Wo aber verläuft die Grenze zwischen der verfemten „Aktualisierung“ des klassischen Rechts und der Beschreibung ihres juristischen Propriums? Davon mag jeder einzelne Herausgeber und Autor des Handbuchs eine eigene Vorstellung haben; eine gemeinsame hatte man nicht, wie der unterschiedliche Zuschnitt der Beiträge zeigt.
37Methodenvielfalt ist Kennzeichen jeder Wissenschaft und so wird man sie in einem Gemeinschaftswerk als förderlich, ja erfrischend empfinden. Bei einem Handbuch ist das anders; hier kommt es nicht nur auf formale, sondern auch auf inhaltliche Homogenität an. Die Herausgeber haben versucht, die methodische Ausrichtung der Autoren in die richtigen Bahnen zu lenken, indem sie Artikel zur äußeren Rechtsgeschichte und zum Ablauf des römischen Prozesses eher den „Historikern“ überlassen haben, jene zu institutionellen Titeln eher den „Dogmatikern“. Der aktionenrechtliche Aufbau des fünften Abschnitts (2. Band) lässt die methodischen Unterschiede aber deutlich hervortreten. Während etwa Platschek in den von ihm behandelten Abschnitten66 mit der ediktalen Klageverheißung und der Formelrekonstruktion beginnt, bauen Rainer (§ 6267) und Andrés Santos (§ 6468) ihre Kapitel institutionell auf. Rainer verzichtet gänzlich auf die Wiedergabe der vom Prätor ausgesprochenen Einweisungsformel (nuntiatio)69 ebenso wie auf die Formel der cautio ex operis novi nuntiatione70 ,und Andrés Santos beginnt mit „Begriff und Rechtsnatur“ der hereditatis petitio, ehe er unter „Prozessuales“ auf die historische Entwicklung der Klage und Rn. 11 eher beiläufig auf die ediktale Formel eingeht.
38Dieser Unterschied zwischen „aktionenrechtlichen“ und „institutionellen“ Artikeln kennzeichnet aber nicht nur ihren Aufbau, er schlägt sich auch inhaltlich nieder bei Themen, die man aus beiderlei Perspektive behandeln könnte. Während Platschek etwa den Rechtsschutz des redlichen Erwerbs als Geschichte der actio publiciana, also pointiert aktionenrechtlich, erzählt (§ 63), bietet Meissel mit dem Artikel zur actio pro socio eine im Kern institutionelle Darstellung des römischen Gesellschaftsrechts (§ 81), obwohl auch er die Klageformel an den Anfang stellt (Rn. 5-11). Mit diesen beiden Autoren (beide zugleich Herausgeber) sind zwei dominierende Schulen angesprochen: eine an der Rechtspraxis und besonderes der Prozesspraxis orientierte und eine eher dogmatisch interessierte Richtung. Viele Autoren lassen sich der einen oder anderen zuordnen, manche kehren ihren methodischen Standpunkt auch deutlicher hervor, als das bei Platschek oder Meissel der Fall ist. Bei aller Heterogenität bemerkt man allerdings das gänzliche Fehlen von Vertretern der von Okko Behrends begründeten ideengeschichtlichen Deutung des klassischen Rechts. Die Gründe für diese Abstinenz kenne ich nicht; aber damit verzichtet das Handbuch jedenfalls auf den Anspruch, die methodische Breite des Fachs abzubilden.
39Dafür ist mit Evelyn Höbenreich eine Autorin dabei, deren feministische Rechtsgeschichte weniger durch Methodik als durch Programmatik heraussticht. In ihrem Beitrag über die „Rechtsstellung der Frauen“ (§ 29) betont Höbenreich, dass sie „von der (anachronistischen, ahistorischen) Übertragung moderner Kategorien auf die Antike Abstand“ nehme71, doch zugleich meint sie, dass nur eine gendersensitive Geschichtsschreibung die (rechtliche) Rolle der römischen Frau sichtbar machen könne. Bedarf es aber, um die rechtliche Fassung sozialer Verhältnisse zu schildern, tatsächlich einer poststrukturalistischen Attitüde, muss man dafür wirklich die männerzentrierten Erzählungen des 19. und 20. Jahrhunderts dekonstruieren? Wäre das richtig, könnte man das römische Sklavenrecht nur aus postkolonialer Perspektive erzählen72 und müsste man das ädilizische Mängelrecht aus der Warte des modernen Verbraucherschutzes interpretieren. Solche Zugänge mögen angehen, um eine neue Perspektive auf die historischen Verhältnisse zu gewinnen. Aber für die Frage der rechtlichen Stellung von Sklaven und Marktkäufern sind sie belanglos. Zur rechtlichen Stellung der römischen Frau bietet Höbenreichs Beitrag zwar interessante und manche (für mich) neue Informationen, man muss sie aber aus dem zeitgeistigen Beiwerk herausschälen.
b. Keine Bekenntnisse
40Der wissenschaftstheoretische Überhang in Höbenreichs Beitrag wird aufgewogen durch die weitgehende Abstinenz der übrigen Autoren in Methodenfragen. Auch die Herausgeber äußern sich weder zur Methode noch zur Struktur des Handbuchs. Im kurzen Vorwort bekunden sie lediglich die Absicht „eine von Grund auf neu gearbeitete Darstellung des römischen Privatrechts anzubieten“73.
41Inwiefern das Gebaute neu und auf welchem Grund es errichtet sei, wird nicht enthüllt. Meinte man die Beteiligung von so vielen Autoren? In der deutschen romanistischen Forschung ist das tatsächlich eine Premiere. Oder meinte man den Aufbau des Werks? Auch das ist, jedenfalls aus deutscher Perspektive, eine Neuigkeit. Die älteren Darstellungen von Rang, von Ernst Rabel (1915) über Heinrich Siber (1928) und Wolfgang Kunkel (1949) bis zu Max Kaser (1955/59 und 1971/75), folgten alle – mehr oder weniger streng – dem „Pandektensystem“74. Davon wendet sich das Handbuch ab, vielleicht deshalb, um das römische Privatrecht aus dem modernen Blick zu rücken. Dieser Blick nämlich unterwirft das historische Recht neuzeitlichen Ordnungsmustern und Begriffen und droht damit seine Besonderheiten zu verfehlen.
42Hinter dem Abrücken vom Pandektensystem könnte eine noch grundsätzlichere Entscheidung stehen: die konsequente Historisierung des römischen Rechts. Ist es das, was die Darstellung „von Grund auf neu“ macht? Schon Wolfgang Kunkel erwähnte im Vorwort zur 3. Auflage seines von Paul Jörs begründeten Lehrbuchs, dass er ihm „eine wesentlich andere Gestalt“ zu geben gedachte und nur aus der Not der Zeit heraus (1949) bei der alten Darstellungsform geblieben ist75. Wir wissen nichts Konkretes über Kunkels Pläne, doch darf man vermuten, dass schon er von System und Begrifflichkeit der Pandektistik abrücken und sich in Einzelfragen der „historisch-genetischen Erforschung des römischen Privatrechts“76 widmen wollte. Er war, wie Coing beschrieb, „nach eigener Neigung Philologe und Historiker“77, daher interessierte ihn am römischen Privatrecht weniger sein institutioneller Bau, mehr seine soziale Funktion und seine praktische Bedeutung. Von seinen Schülern hat Dieter Nörr dieses wissenschaftstheoretische Erbe Kunkels weitergetragen, Dieter Simon hat versucht, es auch wissenschaftspolitisch wirksam zu machen78. In Aufbau und Inhalt des Handbuchs ist in vielen Beiträgen, nicht nur in denen seiner Enkelschüler, Nörrs Methode zu spüren. Ein Werk für (Alt-)Historiker ist das Handbuch dadurch aber trotzdem nicht geworden.
43Für die methodische Ausrichtung des Handbuchs scheint mir aber nicht ohne Bedeutung zu sein, wie das Herausgeberteam zusammengesetzt ist: Während zwei zur Schule von Nörr, und damit von Kunkel, gehören (Babusiaux und Platschek), lässt sich nur einer (Baldus) zur Kaser-Schule rechnen; Wieackers (Enkel-)schüler sind darin gar nicht vertreten. Daraus kann man ablesen, dass die Bedeutung der drei wirkmächtigsten wissenschaftlichen Schulen der Romanistik des 20. Jahrhunderts schwindet, man kann aber auch folgern, dass sich das wissenschaftliche Programm Kunkels durchgesetzt hat.
c. Der Aufbau: ein bisschen Gaius, ein bisschen Edikt
44Was setzen die Herausgeber an die Stelle des Pandektensystems? Auf den ersten Blick meint man, das Institutionensystem zu sehen, das Gaius wohl nicht erfunden, aber seinem wirkmächtigen Lehrbuch zugrunde gelegt hat. Justinian hat es – Gaius folgend – für seine institutiones übernommen, und so prägt es bis heute eine Reihe von Zivilrechtssystemen79. Der erste Abschnitt („Grundlagen“) bringt allerdings eine Skizze der römischen Rechtsgeschichte von den XII Tafeln bis Justinian, die durch einen umfangreichen Beitrag über „Römische Rechtsschichten“ (von Ulrike Babusiaux) und zwei Beiträgen zur Quellengeschichte ergänzt wird, einen von Liebs („Rechtsliteratur“) und einen von Alonso und Babusiaux zu „Papyrologischen und epigraphischen Quellen“. Dieser Abschnitt steht, selbstverständlich, außerhalb jedes historischen Systems der Stoffgliederung, auch wenn man sich darauf berufen könnte, dass auch Gaius sein Lehrbuch mit einer (knappen) Rechtsquellenlehre80 begann. Der erste Abschnitt soll wohl den historischen Rahmen aufspannen, in dem die übrigen Abschnitte sich bewegen. Das machen – wenn auch nicht so umfangreich – alle Hand- und Lehrbücher des römischen Rechts. Man darf allerdings keine konzise Darstellung der römischen Rechtsgeschichte erwarten. Für jeden Beitrag dieses Abschnitts hat man Experten ihres Fachs gewonnen, und so tragen alle eine unverwechselbare Handschrift. Vor allem die ersten fünf Beiträge (von Humbert, Buongiorno, Stolfi, Atzeri und Pieler) haben den Charakter von Essays: Nicht die Informationen stehen im Vordergrund, sondern ihre Einbettung in ein (je nach Autor durchaus verschieden prononciertes) Narrativ.
45Dann folgen, im zweiten Abschnitt („Zivilprozess und Handlungsformen“), eine Geschichte des römischen Zivilprozesses und eine Darstellung von „Handlungsformen im Privatrecht“. Dieser Abschnitt wirkt gekünstelt und in seiner Aufteilung in „Prozesshandlungen“ und „Rechtsgeschäftliches Handeln“ in kurioser Weise anachronistisch. Die Prozessrechtsgeschichte des ersten Teils („Entwicklungsstufen des Zivilprozessrechts“) hätte grundsätzlich besser in den fünften Abschnitt gepasst, der ja den Aktionen, Exzeptionen und Kautelen des Edikts gewidmet ist. Der Teil über die „Handlungsformen im Privatrecht“ ist ein Zugeständnis an die Systematik des modernen (deutschen) Rechts. Alles, was hier verhandelt wird, hätte im Institutionensystem unter „res“ gehört, dorthin also, wo (auch) erörtert wird, wie Schuldverhältnisse begründet und Rechte übertragen werden: Es geht um in iure cessio (§ 16) und mancipatio (§ 17), um Eid (§ 20) und stipulatio (§ 21) und sogar um „Willenseinigung“ und Konsensualkontrakte (§ 24).
46Dass die Herausgeber sich entschieden haben, dieses Durcheinander (aus römischer Sicht) in ein eigenes Kapitel zu packen, erklärt sich aus der Dominanz des allgemeinen Handlungsbegriffs in der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte. Mit dem Begriff des factum humanum ersetzte zuerst Johannes Althusius das Prozessrecht im überkommenen Institutionensystem81. Seit Samuel Pufendorf verwendet das protestantische Naturrecht actum oder actio, um die menschliche Handlung zu beschreiben82. Die einschlägigen Systeme des Naturrechts eröffnet daher üblicherweise ein Abschnitt über die rechtlich relevanten Handlungen83. Die Wandlung der römischen actio (Klage) zur deutschen actio (Handlung) ist eine Besonderheit protestantischer Rechtslehre, und hat sich über den späten Usus Modernus in die Pandektistik gerettet84. Man bezweifelt, dass die Herausgeber bei diesem Kapitel („Handlungsformen im Privatrecht“) geblieben wären, hätten sie dieses bedacht85. So hat sich das Pandektensystem, das man zur Tür hinausgeworfen hatte, an prominenter Stelle wieder an den Tisch gesetzt.
47Dann, endlich, kommen die Abschnitte personae (3. Abschnitt), res (4. Abschnitt) und actiones (5. Abschnitt). Erst wenn man genauer hinsieht, bemerkt man, dass diese Dreiteilung mitnichten dem Vorbild des Gaius oder auch nur Justinians folgt. Anstatt das Obligationenrecht unter die res einzuordnen, verschob man es unter die actiones, verhandelt also die zentralen Vertragstypen dort, wo es bei Gaius um den Zivilprozess geht. Warum man sich dazu entschied, bleibt offen. Vielleicht waren die (deutschen) Herausgeber zu sehr vom deutschen Sachbegriff beseelt, der zu den Sachen nur „körperliche Gegenstände“ (§ 90 BGB) zählt und die Aufnahme der Schuldverhältnisse nicht zuließ? Das würde bedeuten, dass das Pandektensystem wieder – im Hintergrund – Regie geführt hat.
48Der fünfte Abschnitt, „Rechtsdurchsetzung (actiones)“ nimmt den gesamten zweiten Band ein, bildet also den Schwerpunkt des Handbuchs. Er bietet aber weder, wie bei Gaius (inst. 4), eine allgemeine Darstellung des Prozessrechts, noch ahmt er die Abfolge der Rechtsbehelfe im prätorischen Edikt nach. Vielmehr sind hier einzelne Gruppen von Klagen nach modernen Gesichtspunkten angeordnet. Die Darstellung dominiert die Aufteilung in Sachenrecht86 und Schuldrecht87. Für das Schuldrecht orientierte man sich an der aus Gai. inst. 3,88 bekannten Unterscheidung zwischen vertraglichen88 und deliktischen89 Verbindlichkeiten. Darauf folgen Klagen, mit denen jemand für das Verhalten seines Gewaltunterworfenen haftbar gemacht wird90, und schließlich Einreden, in integrum restitutio, Aufrechnung und retentio91. Damit signalisiert man zwar, dass man das römische Privatrecht von der prozessualen Durchsetzung her konstruieren will, doch bleibt man auf halbem Wege stehen und übernimmt einen Teil der modernrechtlichen Systematik.
d. Condictio oder stipulatio? Ein Kompromiss
49Dieser Aufbau wirkt unentschlossen. Wenn man das aktionenrechtliche Denken der römischen Juristen sichtbar machen wollte, warum liefert man keine Kommentierung des edictum perpetuum? Wenn man die konzeptionellen und begrifflichen Leistungen der klassischen Jurisprudenz gerecht werden wollte, warum blieb man nicht bei der Institutionenordnung? Beides gleichzeitig zu machen, zwingt an vielen Stellen zu Kompromissen.
50Das zeigt beispielhaft der Abschnitt über die condictiones. Er beginnt mit einer knappen und klaren Darstellung von Platschek „Zur Formel der condictio in der Rechtsentwicklung“ (§ 69). Dann schwenkt er aber (§ 70) zu „Condictio aus Darlehen“, in dem Fargnoli das mutuum als Realvertrag darstellt. Der Blick geht also weg von der Klageformel hin zu einem Vertrag, der dem Gläubiger die condictio gibt. Wer sich erhofft, Fargnoli würde an die Darstellung Platscheks anknüpfen und – wo es sich anbietet – auf § 69 verweisen, wird enttäuscht. Dann folgt mit § 71 wieder ein Kapitel von Platschek, in dem es um die actio de pecunia constituta und die actio recepticia geht. Die beiden Klagen hängen ediktal aber gar nicht zusammen. Was sie gemeinsam haben, ist der Umstand, dass in beiden Fällen eine Geldforderung eingeklagt werden kann; Platschek erläutert an ganz anderer Stelle (§ 25 Rn. 38), dass eine solche Geldschuld beim receptum regelmäßig formlos (also ohne stipulatio) zustande kam. Nur die Erfüllungszusage (pecunia constituta) stammt aus dem Ediktstitel de rebus creditis und steht also in sachlichem Zusammenhang mit dem zuvor behandelten Darlehen. Die actio recepticia setzt weder ein Darlehen noch eine stipulatio voraus, außerdem gehört die Klage systematisch in den Ediktstitel (bei Lenel Titel XI) de receptis. Die aktionenrechtliche Verbindung zur condictio bleibt unklar.
51Dann schwenkt die Darstellung völlig um: Ab § 73 geht es um verschiedene Anwendungsformen der stipulatio, etwa um ihre Rolle als Bürgschaftsstipulation, Strafstipulation oder Prozessstipulation, und schließlich um ihren Einsatz bei Novation und Delegation. Warum findet man diesen rein institutionellen Teil nicht im zweiten Abschnitt, etwa hinter Finkenauers Beitrag über die stipulatio (§ 21)? Hier wird doch nachschlagen, wer nach dem Anwendungsfeld der Stipulation sucht. Die Herausgeber haben sich für die Einordnung unter die condictiones entschieden, obwohl es doch bei jeder stipulatio von ihrem Inhalt abhängt, ob dem Gläubiger eine condictio zusteht. Das räumt auch der Beitrag von Varvaro über „Stipulationsklage mit unbestimmtem (actio ex stipulatu) und bestimmtem Klageinhalt (condictio)“ (§ 72) ein. Dem Gläubiger stand die condictio nur zur Verfügung, wenn jemand eine Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Sache versprochen hatte. Die actio (incerti) ex stipulatu hat damit ediktal nichts zu tun. Die Stipulation im Kontext der condictio abzuhandeln, hängt also von einer Schnittstelle ab: von der Stipulation von Geld oder bestimmten Sachen.
52Am Ende des Abschnitts geht es dann noch um Bereicherungsrecht92. Damit kommt die Darstellung immerhin von der stipulatio zur condictio zurück, doch lässt sich die Bereicherungsklage nur institutionell auffächern, nicht aber der Formel nach. Das Spannungsverhältnis zwischen der aktionenrechtlichen Struktur und dem institutionellen Inhalt tritt auch hier deutlich hervor. Es lässt den gesamten Abschnitt zerklüftet und unübersichtlich wirken. Vielleicht hätte eine an den Anfang (vor oder in § 69) gestellte Übersicht demjenigen geholfen, der zu konkreten Fragen nachschlagen will. Die knappe Aufzählung bei Platschek (§ 69 Rn. 9) zeigt in diese Richtung, ist aber versteckt und inhaltlich sparsam.
53Das Verhältnis zwischen dem materiellrechtlichen Beitrag zur stipulatio (Finkenauer, § 21) und den aktionenrechtlichen Teilen der §§ 69-77 ist aus den besagten Gründen unausgewogen. Das heißt nicht, dass die Stipulation nicht von beiden Seiten her (von der institutionellen Seite als Vertrag, von der aktionenrechtlichen als klagbare Verbindlichkeit) betrachtet werden könnte. Wenn man das tut, müsste man aber sicherstellen, dass es wenig Doppelungen und keine Lücken gibt, und dass die materiellrechtlichen und die prozessualen Fäden hinreichend verbunden sind. Das ist aber nicht der Fall. So stellt man etwa fest, dass die condictio certae rei in beiden Teilen93 zwar wiederholt angesprochen wird, doch vermisst man ihre Formel94. Lediglich Varvaro weist einmal (§ 72 Rn. 2) darauf hin, dass die Kondemnationsklausel auf quanti ea res est gelautet habe; an anderer Stelle (§ 72 Rn. 15) findet man die intentio95. Das Register hilft hier nur bedingt weiter96. Im Übrigen vermisst man in den §§ 69-77 Rückverweise auf § 21, stößt aber auf Doppelungen: das gilt etwa für die adstipulatio97 oder für die prätorischen Stipulationen98.
54Fragen wird man sich außerdem, warum zu „Vadimonium und andere Prozessstipulationen“ ein eigener Beitrag (§ 75)99 geschrieben wurde, wo doch in § 11100 und in § 12101 vieles dazu schon erörtert wurde. Dort wurden vadimonium und cautio im Kontext des Formularverfahrens geschildert, jetzt geht es (in einem aktionenrechtlichen Abschnitt) um ihren Charakter als private Vereinbarung (stipulatio). Damit durchbricht man die Systematik gleich zweimal. Außerdem erhöht die doppelte Behandlung eines Themas die Gefahr von Widersprüchen. In diesem Fall hält etwa Rüfner (§ 75 Rn. 28-31) Ladungsvadimonien für wahrscheinlicher als Metzger (§ 11 Rn. 26). Der Wissenschaftler sieht das gerne, der Handbuchbenutzer weniger: Wer will schon vor- und zurückblättern, um alle Informationen zu sammeln? Wer außerdem an der falschen Stelle nachschlägt (bei Metzger), erfährt von dem anderen Standpunkt nichts102.
5. Vor- und Nachteile der zweigleisigen Darstellung
a. Weitere Überschneidungen und Doppelungen
55Die zweigleisige Darstellung führt nicht nur bei stipulatio und condictio zu Überschneidungen und Konflikten zwischen den einzelnen Beiträgen. So wird etwa das mutuum cum stipulatione zweimal behandelt, einmal in Rn. 22 (Rn. 7), einmal in § 70 (Rn. 10-11). Unklar bleibt hingegen, inwiefern sich die aus Darlehen gewährte condictio von jener aus Bereicherung unterscheidet. Erwähnt wird nur, bei Auszahlung fremden Geldes als Darlehen seien die klassischen Juristen uneinig gewesen, ob der Gläubiger aus Darlehen oder Bereicherung vorgehen könne103. Aber ging es nicht in beiden Fällen um dieselbe Klageformel104? Die pecunia aliena, bei der die unterschiedlichen Klagegründe tatsächlich eine Rolle spielen können, fehlt sogar im Sachregister.
56Zweimal behandelt wird auch die tutela mulierum105, und zwar ohne dass die Darstellungen aufeinander verweisen. Dafür fehlt in § 84 (actiotutelae) jeder Hinweis auf die Frauentutel. Vergleicht man die Beiträge, fällt etwa auf, dass Hähnchen (§ 31 Rn. 70) eine remotio tutoris ohne accusatio kennt, während Babusiaux (§ 84 Rn. 30) das eine als Folge des anderen deutet. Während Halbwachs106 (§ 33 Rn. 21) die Mündigkeit davon abhängig macht, dass ein Mädchen viripotens ist, erwähnen das Stagl/Maragno107 nicht.
57Nur das Sachregister hilft weiter, wenn man im „Ehegüterrecht“ (§ 35) zur actio rerum amotarum oder zum beneficium competentiae mehr erfahren möchte. In § 35 werden beide Institute erwähnt, doch findet man dazu erst im zweiten Band weitere Auskunft108 – allerdings hier wie dort ohne Verweisung auf den jeweils anderen Beitrag. Der Anwendungsbereich der actio rerum amotarum wird außerdem verschieden beschrieben: Nach Stagl (§ 35 Rn. 103) geht es um vorenthaltene Dotalgegenstände, nach Pennitz (§ 93 Rn. 17) ganz allgemein um wechselseitig entzogene Sachen. In § 35109 wird das beneficium competentiae zweimal nur en passant erwähnt, erst in § 89 (bei der actio rei uxoriae) wird es eingehender beschrieben. Obwohl das „Ehegüterrecht“ wie die actio rei uxoriae von einem Autor stammen (Jakob Stagl), fehlen verlässliche Verweisungen110. Man kann sich damit trösten, dass man ein Handbuch ja nicht von vorne nach hinten liest, sondern darin nachschlägt. Allerdings muss man immer beide Bände vor sich haben, um die Institutionen des ersten Bandes mit den Aktionen des zweiten vergleichen zu können.
58Doppelt behandelt wird die actio pigneraticia in rem, oder – wie sie in den Quellen häufig genannt wird – die actio quasi Serviana. Baldus erörtert sie im Anhang an die rei vindicatio (§ 59) und nennt sie wohl auch deswegen vindicatio pignoris (Rn. 360-449); das ist zwar ein quellenmäßiger Ausdruck, doch ist „vindicatio“ für eine prätorische Klage seltsam111. Schanbacher behandelt die Klage in seinem institutionellen Beitrag über das pignus112; er bezeichnet sie immer als actio Serviana. Abgestimmt sind die Beiträge nicht, wie man schon an der unterschiedlichen Bezeichnung der Klage sieht. Zwar verweist Baldus häufig auf Schanbacher, dieser aber nicht auf Baldus. Das vermisst man etwa, wo Schanbacher auf die Arbiträrklausel der actio Serviana zu sprechen kommt (§ 48 Rn. 56). Weder taucht dort der technische Begriff (clausula arbitraria) auf, noch findet sich ein Hinweis auf die einschlägigen Passagen bei Baldus113. Jeder der beiden Beiträge ist, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten, so ausführlich gefasst, dass einer von beiden ohne weiteres ausgereicht hätte, noch dazu, wo auch Schanbacher sich bei seiner Darstellung an den Tatbestandsvoraussetzungen der Klageformel orientiert.
59Erstaunlich ist, dass auch mancipatio und in iure cessio doppelt behandelt werden (einmal unter der Rubrik „Handlungsformen“114, einmal als „Formgebundene Erwerbsgeschäfte“115). Aus pandektistischer Sicht ist verständlich, dass man alle derivativen Erwerbsformen gemeinsam darstellen wollte. Aber warum präsentierte man dann mancipatio und in iure cessio zuvor schon als archaische „Handlungsformen“? Doppelt behandelt werden außerdem noch das Erbrecht des Patrons (nach dem Freigelassenen)116, beide Male sehr ausführlich und doch völlig unterschiedlich: Während Wimmer (§ 54) sehr präzise Fakten aneinanderreiht, ist die Darstellung von Masi Doria (§ 37) essayistisch. So wird nur bei Wimmer detailliert erläutert (Rn. 17-23), dass das Erbrecht des Patrons sich nach XII-Tafelrecht daraus begründet, dass es das Agnatenerbrecht nachahmt117. Masi Doria erwähnt das nur beiläufig (Rn. 34) und in einem schwer verständlichen Satz (Übersetzungsfehler?), verweist allerdings auf die Ausführungen bei Wimmer. Im Übrigen aber fehlen Verweisungen auf die jeweils andere Darstellung. Die societas Rutiliana wirkt daher verloren, wenn Wimmer sie nur in einem Halbsatz erwähnt (Rn. 24); ein Querverweis auf Masi Doria, die sie ausführlich darstellt (Rn. 41-42), fehlt. Der nicht sachkundige Leser dürfte in diesen und ähnlichen Fällen doppelter Darstellung Schwierigkeiten haben zu erkennen, dass es um dasselbe Thema geht.
60Wir haben schon zur condictio beobachtet, dass die Aufteilung in Institutionen und Klagen mitunter durchbrochen wird. Das wiederholt sich – in kleinerer Dimension – auch bei der Darstellung des Freiheitsprozesses. Dazu schreibt Richard Gamauf im Zusammenhang mit „Sklaven“ (servi)118, und man fragt sich, warum das nicht zur rei vindicatio geschlagen wurde. Eine vergleichbare Frage stellt sich bei der querela inofficiosi testamenti: sie wird im institutionellen Teil im Anschluss an die Beiträge zur „Erbfähigkeit“, zum Testament und zum gesetzlichen Erbrecht erörtert. Erwarten würde man sie im aktionenrechtlichen Teil, unter dem Titel „Rechtsschutz für erbrechtliche Ansprüche“ (§§ 97-100). Das interdictum Salvianum gehört systematisch nicht zur rei vindicatio119, sondern zu den Interdikten (§ 66). Vermutlich hat man es deswegen zur rei vindicatio verlegt, weil es als Vorstufe zu der dort behandelten vindicatio pignoris zu verstehen ist. Auch in diesem Fall hat die institutionelle Tradition die Oberhand behalten über die aktionenrechtliche Moderne. Kurioserweise verweist Isola, als sie auf das interdictum Salvianum zu sprechen kommt120, auf die eher kursorischen Passagen bei Schanbacher (pignus)121 und nicht auf den Beitrag von Baldus zur rei vindicatio, wo auch die Formel des Interdikts zu finden ist122.
61Eine weitere Durchbrechung der aktionenrechtlichen Gliederung des 5. Abschnitts zeigt sich mit der „Schenkung von Todes wegen (donatio mortis causa)“123 und der „Beschränkung der Testierfreiheit (lex Falcidia und SC Pegasianum)“124. Zwar stehen beide Beiträge im Anschluss an die Klagen aus Vermächtnissen und Fideikommissen, doch lassen sie sich nicht aktionenrechtlich aufhängen. Es sind rein institutionelle Titel. Die „Beschränkungen der Testierfreiheit“ hätten im Anschluss an die „Testamentarische Erbfolge“ (§ 53) dargestellt werden müssen. Für die Schenkung von Todes wegen fehlt die Anknüpfung, weil es einen (institutionellen) Beitrag zur Schenkung nicht gibt. Das Kapitel über die causa donandi im Beitrag „Causa als Erwerbsvoraussetzung“ (§ 45) ist ein nur schmaler Ersatz. Auch dort fällt das Problem der Ehegattenschenkung weitgehend unter den Tisch125. Zwar wird es noch bei Rüger (§ 99 Rn. 17) erwähnt und bei Stagl – als Teil des Ehegüterrechts126 – behandelt, doch wird ein Schwerpunkt des klassischen Eheschenkungsrechts, die oratio principis des Caracalla, übergangen127; die jüngste Publikation zum Thema128 scheint nicht auf.
b. … und Lücken
62Damit ist das nächste Problem des zweigleisigen Aufbaus schon genannt: Man muss nicht nur mit Überschneidungen, sondern auch mit Lücken rechnen. So gibt es in dem Handbuch etwa keinen rechten Platz für die manus-Gewalt. In § 19 („conventio in manum“) wird sie als Akt ihrer Begründung, nicht als Zustand beschrieben; in § 35 Rn. 5 („Ehegüterrecht“) wird erwähnt, dass sie „schrittweise“ ersetzt wurde durch die gewaltfreie Ehe. Auch in § 34 Rn. 44 fällt der Begriff nur am Rande, ebenso in § 29 („Rechtsstellung der Frauen“). Das Sachregister hilft hier nicht weiter, weil es zwar 34 Stellen für uxor in manu ausweist, in keiner aber ihre rechtliche Stellung geschildert wird.
63In § 24, bei den Konsensualkontrakten (Gröschler), tauchen zwar am Ende und eher beiläufig pacta nuda auf, doch wird weder hier noch in § 90 (actiones praescriptis verbis, Babusiaux) darauf eingegangen, dass die klassischen Juristen auf materieller Ebene diskutierten, welche Gründe (causae) auch solche pacta klagbar und damit verbindlich machten. Ohne Verbindung bleiben die Fälle, in denen dem Leistenden die condictio ob rem zusteht (bei Justinian: condictio causa data causa non secuta)129, wenn die Gegenleistung ausbleibt, mit jenen, in denen er die Gegenleistung fordern kann. Gar nichts findet man dazu bei Fargnoli (§ 77), weniges bei Babusiaux130; doch auch bei ihr fehlt jeweils ein Hinweis auf die entsprechenden Ausführungen in § 77.
64Der Kolonat wird mehrfach (als „das Kolonat“), aber immer nur beiläufig erwähnt. In § 80 (im Zusammenhang mit der locatio conductio) soll er laut Sachverzeichnis im Schwerpunkt behandelt sein (Rn. 92). Dort findet man aber nur Allgemeinplätze, die jeder, der schon einmal von coloni gehört hat, ohnehin kennt. Man dachte dabei wohl nicht an Althistoriker, die sich im „Handbuch des römischen Privatrechts“ über die rechtlichen Strukturen dieser Abhängigkeitsform informieren wollen.
65Auch innerhalb des institutionellen Teils finden sich Lücken, etwa in dem Beitrag „Causa als Erwerbsvoraussetzung“131. Guido Pfeifer möchte hier causa traditionis, possessionis und solutionis gemeinsam abhandeln. Dafür wird in § 45 Rn. 1 auf die traditio hingewiesen (§ 43 Rn. 6), auf die possessio (§ 40 Rn. 1) und schließlich auf die condictio (§ 77 Rn. 8). Warum die usucapio in diesem Reigen fehlt, ist unklar; immerhin wird im Beitrag über die Ersitzung132 für das Erfordernis einer iusta causa pauschal auf § 45 verwiesen; der Verweis geht ins Leere. Wer über die causa usucapionis etwas wissen will, wird meinen, damit seien dieselben causae gemeint, die auch für die traditio relevant sind. Das ist aber nicht richtig133. Andererseits passt die condictio nicht in den Reigen der causae als Erwerbsgrund. Denn während es für die traditio eine bestehende causa braucht, ist Voraussetzung der condictio, dass eine causa zum Behalten fehlt. Beides muss sich nicht decken, wie die condictio ob turpem causam zeigt. Wenn man schon das Fehlen einer causa zur Voraussetzung der condictio macht, müsste man umso mehr die causa als Voraussetzung eines wirksamen Vertrags thematisieren: In der datio ob rem verbinden sich nämlich die Fälle, in denen der Leistende die Wahl hat, Erfüllung vom Empfänger zu verlangen (mit der actio praescriptis verbis) oder er die Leistung – wegen Ausbleibens des Erfolgs – kondizieren kann. Der Beitrag über „causa als Erwerbsvoraussetzung“ ist also doppelt lückenhaft, wenn man ihn nicht insgesamt für überflüssig hält. Causa ist in der klassischen Rechtssprache nun einmal ein Allerweltsbegriff und jedenfalls im Kontext der condictio „weniger technisch, als herkömmlich angenommen“134.
66Eine weitere Lücke tut sich beim Beitrag über die fiducia auf. Das liegt daran, dass dieser Beitrag mit „Treuhand“ überschrieben ist (§ 46). Dietmar Schanbacher konzentriert sich darin auf die fiducia cum creditore, die eine Vorform des späteren, als beschränktes dingliches Recht konzipierten Pfandrechts ist. Daran ist nichts auszusetzen. Aber Formen der „Treuhand“ gibt es im klassischen Recht mehr als nur die fiducia. Das zeigt sich, wenn man die Formel der actio fiduciae (§ 88) mit der gegen den Ehemann auf Rückgabe der dos vergleicht135. Während der Ehemann darauf haftet, quod eius melius aequius erit, kommt es bei der actio fiduciae darauf an, ut inter bonos bene agier oportet et sine fraudatione. Das ist ein vergleichbarer, die (bona) fides berührender, aber nicht ansprechender Gedanke. Entwicklungsgeschichtlich jünger, aber denselben Konflikt ordnend, legt die actio tutelae dem Vormund auf quid quid … dare facere oportet ex fide bona136. Alle drei Klagen verbindet, dass sie den Schuldner in die Pflicht nehmen, die Interessen des Gläubigers bestmöglich zu fördern. Dabei zeigen alle drei Schuldverhältnisse dasselbe Merkmal, an das der moderne Begriff der „Treuhand“ anknüpft: Der Schuldner hat als Eigentümer oder als (im modernen Sinne) Verfügungsbefugter eine das Interesse des Gläubigers übersteigende Rechtsmacht. Wer von „Treuhand“ schreibt, müsste darauf zumindest hinweisen.
67Die Verlustliste ließe sich, wenn man nur ein wenig sucht, noch deutlich erweitern; das betrifft einzelne Institute ebenso wie Konstruktionen und Wertungen, die hinter bestimmten Instituten stecken. Die Frage etwa, was das quod interest eigentlich sei und wie es sich bemisst, wird nur im Rahmen des Kaufrechts erörtert137, wobei der Autor (Ernst) ausdrücklich betont, dass sich seine Ausführungen „auf das Material zur actio empti“ beschränken138. Dort, wo es zur Sprache hätte kommen sollen, im Beitrag über die bonae fidei iudicia139, fehlt das quod interest völlig. Gleichwohl verweisen andere Autoren, wenn sie überhaupt vom Interesse reden, auf jenen Beitrag140. Ein Beitrag über das römische Verjährungsrecht fehlt. Das könnte man damit begründen wollen, dass erst das (nachklassische) Kaiserrecht eine allgemeine Verjährungsregel einführte141. Aber möchte das Handbuch nicht auch diese Epoche erfassen? Und gibt es nicht auch schon im klassischen Recht Klagebefristungen? Erwarten könnte man auch, dass in den beiden Bänden ein Beitrag über verschiedene Haftungsmaßstäbe, insbesondere über culpa, zu finden ist. Die einschlägigen Ausführungen bei Winiger gehen nur (und recht allgemein) auf die culpa bei der actio legis Aquiliae142 ein; sporadisch wird die culpa noch im Rahmen einiger anderer Klagen verhandelt. Am ausführlichsten geschieht das bei Meissel143, doch muss sich der geneigte Leser aus 24 Verweisstellen des Registers die einzelnen Brocken zusammensuchen. Hatte sich nicht schon Quintus Mucius an einer übergreifenden Definition der culpa versucht144?
68Überhaupt missachten die Beiträge des Handbuchs weitgehend das dogmatische Netz, das die klassischen Juristen zwischen einzelnen Klagen oder Rechtsverhältnissen gesponnen haben. Die Klassifizierung von error iuris und error facti bleibt ausgeblendet, überhaupt werden Rechts- und Tatsachenirrtum nur sporadisch erwähnt. Das Phänomen der custodia-Haftung als Konstrukt zwischen Risikotragung und Sorgfaltsverstoß wird nur von Ernst allgemein behandelt145, verschwindet sonst aber in der Kasuistik. Das gleiche gilt für die locupletior-Haftung bei bestimmten dinglichen und bereicherungsrechtlichen Klagen. Das Utilitätsprinzip bei der Bestimmung des Haftungsrahmens wird selten erwähnt146, meist in die Fußnoten verbannt, nie aber in seiner generellen Bedeutung dargelegt. In welchen Zusammenhängen der allgemeine Risikogedanke zum Tragen kommt: qui habet commoda debet ferre onera, erfährt man überhaupt nicht. Auch diese Liste ließe sich fortsetzen147.
c. Ein weiterer Nachteil des aktionenrechtlichen Aufbaus
69Keiner führt die Entscheidung, das materielle römische Privatrecht aktionenrechtlich darzustellen, so konsequent durch wie Johannes Platschek. Regelmäßig beginnt er seine Beiträge mit der Rekonstruktion der einschlägigen Formel(n), um anschließend den Formelwortlaut lemmatisch (also nach dem Vorbild der spätklassischen Werke ad edictum) zu kommentieren. Das gibt der Darstellung mitunter aber eine elliptische Struktur, bei der erst spätere Aussagen die früheren verständlich machen. Das lässt sich etwa in § 71 beobachten: Der Tatbestand der actio de pecunia constituta verlangt ein constituere, das sich auf eine pecunia debita bezieht. Das constituere erklärt Platschek als Zusage zu zahlen oder eine andere „als die geschuldete Leistung“ zu erbringen (Rn. 11). Wie lässt sich das mit dem Erfordernis einer pecunia debita vereinbaren? Erst in Rn. 14 schildert er, dass anstatt des geschuldeten Geldes auch Sachen (etwa Getreide) zugesagt werden könnten, und in Rn. 16 wird erwogen, ob und ab wann das constitutum überhaupt auf andere Schulden als Geldschulden bezogen sein konnte. Man muss sich also gedulden, bis sich das in Rn. 11 gestellte Rätsel löst. Man kann aber auch ganz grundsätzlich bezweifeln, dass der Formelkommentar die für ein Handbuch passende Darstellungsweise ist.
d. Vorteile der doppelgleisigen Struktur
70Die zweigleisige Darstellung, die im ersten Teil einige Institute schildert, im zweiten Teil an die actiones anknüpft, hat nicht nur Nachteile, sondern auch manche Vorteile. Offenbar in Nachahmung der Digesten, die in zwei Titeln ausführlich Tatbestände des originären Eigentumserwerbs sammeln, kommt auch das Handbuch zweimal darauf zu sprechen: Unter „Erwerb durch Sachveränderung“148 wird darüber – entsprechend D. 41,1 (de adquirendo rerum dominio) – aus der Sicht des Erwerbers, im Rahmen der rei vindicatio – entsprechend D. 6,1 (de rei vindicatione) – unter dem Aspekt berichtet, dass der Eigentümer seine Klage einbüßt, wenn die Sache untergeht oder einer anderen eingefügt wird149. Das bietet die Möglichkeit Eigentumsverlust und Eigentumserwerb als unterschiedliche rechtliche Aspekte desselben Sachverhalts zu unterscheiden. Leider entsprechen sich die Darstellungen nicht; Baldus verweist auf den Beitrag von Plisecka gar nicht, ihr Verweis (in § 42 Rn. 2) auf die Darstellung des Vindikationsrechts geht ins Leere150.
71Auch im Kontext der heute so genannten „Unmöglichkeit der Leistung“ kann sich die Aufteilung in eine institutionelle und eine aktionenrechtliche Seite bewähren: Während nachträgliche Ereignisse nur die Frage stellen, ob sie den Schuldner aus der Haftung entlassen, ist bei anfänglichen Leistungshindernissen zu überlegen, ob der Verpflichtungsakt überhaupt wirksam ist. Konsequent wird jenes im Zusammenhang mit der actio ex stipulatu und der condictio (also im Abschnitt 5: actiones) geprüft151, während dieses im 2. Abschnitt („Handlungsformen“) bei der Stipulation als Verbalkontrakt erörtert wird152. Eine ganz andere Frage ist, ob man beides als „Unmöglichkeit“ beschreiben kann. Hätte ein Autor beide Probleme gemeinsam behandelt, wäre er an dieser Frage kaum vorbeigekommen. Daran erkennt man, wie unter einem Brennglas, das Dilemma des Handbuchs: Die „anfängliche Unmöglichkeit“ adressiert die Stipulation als Rechtsinstitut, die „nachträgliche Unmöglichkeit“ die aus einer Klage drohende Haftung. Aus Sicht des Historikers erscheint es sinnvoll, beides auseinanderzuhalten. Zugleich werden beide Phänomene aber mit einem einheitlichen Begriff bezeichnet, den die deutsche Zivilrechtswissenschaft Friedrich Mommsen verdankt. Das Handbuch will zwar das römische Recht „historisch“, also aktionenrechtlich darstellen, doch kann man sich nicht entschließen, die institutionellen (oder auch bloß die begrifflichen) Eierschalen abzustreifen.
72Den Irrtum bei Vertragsschluss nicht als einheitliches Problem darzustellen, sondern jeweils im Rahmen der Stipulation153 und des Kaufrechts154 zu behandeln, ist eine gut vertretbare Entscheidung. Allerdings ist uns ein Text Ulpians überliefert, der auch für den derivativen Besitzerwerb Konsens der Parteien verlangt155, weshalb es nahegelegen hätte in allgemeiner Form auf consensus und konsenshindernden Irrtum einzugehen. Weil man an den consensus nur für die „Schuldbegründung“ (§ 24) gedacht hat, war das nicht möglich. Dort, also in § 24, findet man nur den error in nomine erwähnt, und auch ihn nur beiläufig (Rn. 6). Hier stand also nicht die Aufteilung in Institute und Klagen im Weg, sondern die Fassung des relevanten Instituts. Betrachtet man die einschlägigen Passagen im Stipulations- und im Kaufrecht, stellt man allerdings fest, dass ihre Trennung keine Folge des zweigleisigen Aufbaus ist. Würde man die Quellen ernst nehmen, müsste man den kaufrechtlichen Irrtum in einem eigenen (institutionellen) Titel darüber unterbringen, wie man einen wirksamen Kaufvertrag abschließt156. In dem umfangreichen Beitrag von Ernst, der die „Klagen aus Kauf“ verhandelt, sind die Abschlussfragen bei der Erläuterung der demonstratio der actio empti untergebracht157. Allerdings hätte es auch noch einen zweiten Anlass dazu gegeben, nämlich dort, wo es um Ansprüche des Käufers wegen mangelhafter Leistung geht158, also im tatsächlich aktionenrechtlichen Teil des Beitrags: Wenn ein Irrtum des Käufers über die Beschaffenheit der Kaufsache für das Zustandekommen des Vertrags relevant ist, scheiden Mängelansprüche aus. Auf dieses Problem geht Ernst nicht ein.
6. Der neue Historismus
a. Der aktionenrechtliche Blick
73Die Aufteilung in einen institutionellen (1. Band) und einen aktionenrechtlichen Teil (2. Band) hat in den Digesten, wie schon erwähnt, ein historisches Vorbild. Dort finden sich zum selben Thema unterschiedliche Titel, je ein institutioneller und ein aktionenrechtlicher. Am bekanntesten dürfte das Gegenüber von D. 6,1 (de rei vindicatione) und D. 41,1 (de adquirendo rerum dominio) sein. Aber auch D. 18,1 (de contrahenda emptione…) und D. 19,1 (de actionibus empti venditi) bilden ein solches Paar, und ebenso D. 8,1 (de servitutibus) und D. 8,5 (si servitus vindicetur ad alium pertinere negetur). Allerdings dürften sich diese Doppelungen schlicht daraus ergeben, dass die Kompilatoren dieselben Themen sowohl in den Ediktskommentaren als auch in den institutionellen Werken (insb. jenen ad Sabinum) behandelt fanden. Ihre Quellentreue also zwang sie zur Aufnahme institutioneller und aktionenrechtlicher Titel zu gleichen Sachfragen.
74Ist die im Handbuch gewählte Darstellung deshalb auch quellentreuer als eine rein institutionelle? Das hängt davon ab, auf welche Quellen man sich bezieht: Bleibt man bei Digesten und Codex oder stellt man gar die institutiones des Gaius in den Mittelpunkt, lässt sich eine institutionelle Darstellung des römischen Privatrechts ohne weiteres rechtfertigen. Dann würde man, etwa wie Max Kaser, Prozess- und Privatrecht getrennt behandeln, obwohl viele „Erscheinungen des römischen Privatrechts … nur aus der Anschauung des Verfahrens voll verstanden werden“ können159. Stellt man aber die historischen Voraussetzungen des römischen Rechts in den Mittelpunkt oder hält man die prozessrechtlichen Zeugnisse für besonders wichtig, die in Inschriften oder Papyri überliefert sind, wird man eine aktionenrechtliche Darstellung vorziehen. Nun ist, wie schon erwähnt, ein Teil der jüngeren Romanistik, darunter auch einige Herausgeber, überzeugt, dass sich das römische Privatrecht am besten vom Prozess her verstehen lasse. Auch in seiner klassischen Ausprägung trage es die Narben des „Kampfes ums Recht“ (Jhering).
75Das ist im Ausgangspunkt richtig. Doch unterschätzt, wer das Aktionenrecht zum Leitthema macht, zwei wichtige Entwicklungen:
76aa) Die eine ist die bereits in der Frühklassik einsetzende Institutionalisierung des Rechts, die sich in einer vom Wortlaut der Klageformeln emanzipierten Begriffs- und Systembildung bemerkbar macht. Äußeres Zeichen für diesen Prozess sind die unterschiedlichen methodischen Ansätze, die sich bei Quintus Mucius Scaevola einerseits und Servius Sulpicius Rufus andererseits erkennen lassen160, und die sich später in den Rechtsschulen der Sabinianer und der Proculianer fortsetzen. Schon die Lehrbücher de iure civili des Quintus Mucius und des Massurius Sabinus folgten einer institutionellen Gliederung. Die Errungenschaften dieser, das materielle Privatrecht als System denkenden Wissenschaft, lassen sich am besten an den Institutionen des Gaius ablesen, nicht zuletzt deswegen, weil es uns beinahe vollständig überliefert ist, und an den Institutionen Justinians, die sich wiederum eng an Gaius halten. Hier ist das Prozessrecht an die Darstellung des materiellen Privatrechts angehängt (und nicht umgekehrt). Das materielle Recht wird dabei in der Form präsentiert, die ihm eine zweihundertjährige Rechtswissenschaft gegeben hat.
77bb) Die zweite Entwicklung, die die Orientierung an den ediktalen Klagen fragwürdig macht, ist die schon in der klassischen Zeit wachsende Bedeutung der extraordinaria cognitio. Zwar geht man recht einhellig davon aus, dass noch in der Severerzeit der Formularprozess die Zivilrechtspflege dominierte, doch ist in zahlreichen Sonderfällen nur die cognitio möglich161. Die Beweglichkeit der kaiserlichen Rechtsprechung, die an Klageformeln nicht gebunden war, wird aber außerhalb ihres unmittelbaren Anwendungsbereichs auch den Formularprozess beeinflusst haben. Dasselbe gilt für die Gutachten jener Juristen, die dem consilium principis angehörten, jedenfalls aber jener, die die Libellkanzlei leiteten. Es ist kaum vorstellbar, dass sich Prätoren, iudices und selbst frei tätige Berater von deren Gutachten (und anderen Schriften) nicht anleiten ließen. Umgekehrt bewegt sich die kaiserliche Rechtsprechung in den von den prätorischen Formeln und der klassischen Begrifflichkeit vorgezeichneten Bahnen, sodass sich den spätklassischen Juristenschriften oft nicht deutlich entnehmen lässt, ob sie den prätorischen Prozess oder das Kaisergericht im Auge haben. Die Grenzen zwischen den Prozessarten dürften also, jedenfalls in der Spätklassik, verschwommen sein162.
78Pflichtschuldig widmet das Handbuch der extraordinaria cognitio einen schmalen Beitrag163. Darüber, welche Streitigkeiten dort entschieden wurden, erfährt man nichts. Diese Leerstelle wiederholt sich in der Behandlung der einzelnen actiones im zweiten Band. Nie wird in Betracht gezogen, dass sich bestimmte begriffliche Verschleifungen, das Entfallen formularer Tatbestandselemente oder begriffliche Verschiebungen aus der extraordinariacognitio ergeben könnten. Daraus ließe sich aber das Aufkommen der actio confessoria (als Bezeichnung für die vindicatio servitutis/usus fructus) erklären164 oder die Einordnung der condictio als allgemeine Klage auf certum (Ulp. D. 12,1,9 pr.-3)165. Die Übernahme der ädilizischen Rechtsbehelfe in die Kaufklage (actio empti) könnte durch die extraordinaria cognitio erleichtert und möglicherweise beschleunigt worden sein166. Auch dass ein spätklassischer Jurist (Ulpian) über die Ausweitung des Minderungsverlangens auf die locatio conductio nachdenkt (D. 21,1,69), weist auf die Auflösung des Denkens in Klageformeln hin167. Und wenn Ulpian für die Lohnforderung eines Feldmessers eine actio in factum gewährte, ließe sich das ebenfalls aus der extraordinaria cognitio erklären168. Überlegungen dazu findet man nicht.
79Selbstverständlich darf man die extraordinaria cognitio nicht als die dea ex machina des spätklassischen Rechts verstehen. Allerdings muss man mit ihr rechnen. In Texten, in denen der Anwendungsbereich der prätorischen Klageformeln erweitert oder verändert wird, liegt ihr Einfluss sogar nahe. Auf diesem Auge ist das Handbuch – wohl wegen seiner aktionenrechtlichen Darstellung – blind. Schon Walter Selb, auch er ein Kunkel-Schüler, sah, dass die aus den Klageformeln sich ergebenden Differenzierungen der Früh- und Hochklassik „in der Severerzeit aufgrund der gesteigerten Bedeutung materiellrechtlichen Denkens weitgehend verloren gegangen“ seien169. Er schreibt wörtlich: „Das Verständnis für die Formelkonzeption“ musste „in der römischen Literatur in gleichem Masse fortschreitend schwinden, als das hadrianische Edikt zurücklag und der Kognitionsprozess vordrang“170. Warum nahm man darauf keine Rücksicht?
b. Ideologie?
80Sollte man die institutionelle Darstellung des römischen Rechts, wie sie etwa Gaius bietet, bloß deswegen für gering achten, weil es das „law in the books“ repräsentiert? Ist das „law in action“, soweit es sich rekonstruieren lässt, der Geschichte näher als die uns überlieferten Zeugnisse der römischen Rechtswissenschaft? Oder meint man, wenn man das „law in action“ in den Fokus rückte, den Althistorikern entgegenzukommen, die – wenn sie sich überhaupt auf römisches Recht einlassen – zu den Urkunden, Inschriften und archäologischen Zeugnissen greifen und Gaius‘ institutiones oder gar Justinians Digesten zur Seite schieben? Und woher könnte diese Verbundenheit mit den Althistorikern stammen, wenn nicht aus der Abneigung gegenüber der dogmatischen Jurisprudenz modernen Zuschnitts, die die Romanisten allzu sehr an die Pandektistik des 19. Jahrhunderts erinnert, die längst zum Feindbild einer historisch-kritischen Rechtsgeschichte geworden ist? Das Publikum erfährt dazu nichts; das Vorwort schweigt.
81Am meisten überrascht, dass der „neuhumanistische“171 Impetus, der das Handbuch prägt, sich nicht in eine andere Richtung Bahn gebrochen hat: Warum stellte man das römische Privatrecht nicht als historische Ordnung des materiellen Rechts dar? Ist es nicht die von den römischen Klassikern entwickelte Dogmatik, die dem römischen Privatrecht (gegenüber anderen antiken Rechten) seine Besonderheit verleiht? Dieser Weg hätte auch an Scylla und Charybdis sicher vorbeigeführt: an der Gefahr, mit pandektistischen Konzepten den historischen Kern der römischen Quellen zu verfehlen und an der Gefahr, mit dem starren Blick auf die römischen Klageformeln die institutionellen Fortschritte der Hoch- und Spätklassiker zu übergehen.
82Das gewählte Format blendet die feinsinnigen dogmatischen Konstruktionen der hoch- und spätklassischen Juristen weitgehend aus. Es bietet daher nur ein unvollständiges Bild des römischen Privatrechts. Den Fachkundigen mag das nicht stören, weil er das „law in the books“ kennt und bewerten kann. Aber welches römische Privatrecht wird Althistorikern, Philologen und Archäologen geboten, denen der juristische Blick auf die Quellen fehlt? Sie erfahren zum Beispiel nichts darüber, dass und wie schon die klassischen Juristen über die allgemeine Klagbarkeit synallagmatischer Vereinbarungen diskutiert haben. Wenn sie wissen, wonach sie suchen, erfahren sie zwar davon, in welchen Fällen der Vorleistung eine actio praescriptis verbis in Betracht kam172 und dass eine datio ob causam zur Kondiktion der bereits erbrachten Leistung berechtigte, wenn die Gegenleistung nicht erfolgte173. Aber sie erfahren nichts darüber, dass die Juristen den vereinbarten Grund (causa) der Vorleistung als Anker einer Klage auf Erbringung der Gegenleistung angesehen haben.
83Ähnliches gilt für das Problem der „Gefahrtragung“ in der Erfüllung einer schuldrechtlichen Verbindlichkeit. Selbstverständlich wäre es unrömisch, für dieses Rechtsproblem die modernen Begriffe von Sach- und Preisgefahr anzuwenden. Aber man kommt, will man das römische Privatrecht insgesamt darstellen, nicht an der Tatsache vorbei, dass schon die römischen Klassiker Fallgruppen der Risikotragung gebildet und benannt haben. Regelmäßig geht es um die Frage, ob ein Schuldner befreit wird, obwohl dem Gläubiger nicht vorgeworfen werden kann, er habe treuwidrig (also gegen die bona fides) gehandelt: Mit dieser Umschreibung zieht sich Ernst aus der Affäre, als er das periculum emptoris erläutert174. Aber ließe sich das nicht auch positiv formulieren, und käme man dem juristischen Denken der Römer damit nicht näher? Es geht doch bei allen einschlägigen Fällen um die vertragliche Risikoverteilung175.
84Weniger elegant ist die Lösung von du Plessis, der für die Gefahrtragung bei der locatio conductio zwischen einer „streng rechtsdogmatisch orientierten“ und einer „stärker historische(n) Sichtweise“ unterscheidet176. Er selbst neigt letzterer Sichtweise zu und meint, der remissio mercedis komme „keine aus der Dogmatik erklärbare Funktion“ zu, vielmehr sei dieses Institut „Ausdruck ökonomischer Erwägungen in Bezug auf das vertragliche Synallagma“177. Das klingt, als würden Dogmatik und Ökonomik ein Gegensatz sein. Lassen sich denn nicht auch ökonomische Erwägungen regelhaft beschreiben? Sind die klassischen Juristen nicht deswegen „Klassiker“, weil sie in der Kasuistik nach Regeln suchen und solche finden? Und ist es nicht gerade die Aufgabe der Wissenschaft vom römischen Recht, das Netz juristischen Abwägens hinter der Kasuistik aufzuspüren? Ich wiederhole: Selbstverständlich muss dieses Abwägen nicht den Regeln (oder: der Dogmatik) folgen, die wir heute anlegen würden. Aber der Ansatz, das Regelmäßige an der römischen Kasuistik lasse sich nicht aufspüren, geschweige denn benennen, ist eine Kapitulation vor den römischen Quellen. Wenn man das ernst meint, wäre es doch besser, dem geneigten Leser an Stelle des Handbuchs eine deutsche Übersetzung der Digesten in die Hand zu drücken.
85Die Beiträge von Ernst und du Plessis machen klar, dass das Abrücken von der „traditionellen, eher dogmatischen Herangehensweise“178 bedeutet, dass die Kasuistik zum Leitstern der Darstellung wird. Dabei wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet: Das Juristische an den römischen Rechtstexten verschwindet hinter wie zufällig wirkenden Differenzierungen.
86Seltsamerweise gehen andere Autoren mit dem Begriff der „Gefahrtragung“ ganz anders um; das ist Ausdruck der bereits beschriebenen Heterogenität des Werks: Stagl verweist für die „Gefahrtragung“ bei der Rückgabe der dos aestimata unumwunden auf die kaufrechtlichen Regeln – so, als gäbe es doch ein einheitliches Konzept179. Auch Meissel setzt für die societas ein einheitliches Regime der „Gefahrtragung“ voraus180, das macht auch Scheibelreiter bei der Darstellung des commodatum181. Über das Ziel hinaus schießt allerdings Babusiaux, wenn sie schreibt: „Die Gefahr für das Mündelvermögen trägt der Tutor“182, denn in den einschlägigen Fällen geht es gerade nicht um Risikotragung, sondern um Verantwortlichkeit.
c. Manierismen
87Das Bemühen um Historizität führt nicht nur dazu, dass die historische Dogmatik verschwimmt oder ganz verschwindet. Sie zeugt auch seltsame Auswüchse in Darstellung und Präsentation des Handbuchs. Beiden Bänden ist etwa ein Abkürzungsverzeichnis beigegeben, das jeweils eröffnet wird mit einer Liste der von Lenel rekonstruierten Schriften der römischen Juristen. Welchen Zweck soll das erfüllen? Meinen die Herausgeber und Autoren, Leser des Handbuchs würden mit Lenels Palingenesie anstatt mit den Digesten arbeiten? Vielleicht wollte man historisches Bewusstsein signalisieren: Wir wissen, dass die Digesten nur eine späte Sammlung sind (die ihren eigenen Gesetzen folgt); uns interessieren aber die originalen Autoren und Werke. Dann allerdings wäre es konsequent gewesen, die Quellen im Handbuch nicht nach den Digesten zu zitieren, sondern nach Lenels Palingenesie, also nicht: D. 19,1,13, sondern Ulpian, frg. 934. Immerhin zitieren alle Autoren den Juristen und sein Werk, ehe die Stelle in den Digesten genannt wird – also Ulp. 32 ad ed. D. 19,1,13 anstatt D. 19,1,13 (Ulp. 32 ad ed.). Damit zeigt man die „richtige“ (nämlich die historisch bewusste) Haltung.
88Zurück zum Abkürzungsverzeichnis der römischen Juristen und ihrer Werke; es bietet keine Informationen, die man nicht aus den Beiträgen selbst ziehen könnte. Welchen Leser könnte es interessieren zu wissen, dass Iulian nicht nur „Digestorum libri XC“ geschrieben hat, sondern auch einen liber singularis de ambiguitatibus? Und außerdem: die Namen! Warum wird Quintus Cervidius Scaevola als „Q. Cervidius Scaevola“ angegeben, während man Sextus Pomponius mit dem vollen Vornamen zitiert? Konsequent und also richtig wäre gewesen, ihn als „S. Pomponius“ anzugeben.
89Seltsam ist auch, dass man bei den Werken, bei denen man aus der inscriptio183 weiß, dass es sich um ein Einzelwerk handelte, ein „sing.“ anschloss. So erfährt man etwa von Iulians de ambiguitatibus liber singularis, dass dieses Werk mit „amb. sing.“ abzukürzen sei. Warum eigentlich? Die inscriptio der Digestenfragmente weist zwar tatsächlich aus, ob ein Werk einbändig ist, doch tut sie gleiches auch bei mehrbändigen Werken, indem sie die Bandzahl angibt. Also lautet die inscriptio etwa – um beim bereits frequentierten Beispiel zu bleiben – Ulp. libro trigesimo secundo ad edictum. Wenn das Abkürzungsverzeichnis schon mit „sing.“ markiert, was einbändig ist, müsste es für jedes Werk auch die Gesamtzahl der libri angeben. Ulpians Ediktskommentar wäre also richtig mit „ed. lib. LXXXIII“ abzukürzen. Wenn man das – was ich verstehen kann – nicht machen will, weil eine Abkürzung eine Abkürzung sein soll, dann hätte man auch das „sing.“ weglassen müssen.
90Bei alldem überrascht, dass die institutiones des Gaius in den Beiträgen meistens nur als „Gai.“ zitiert werden184, während das Werk im Abkürzungsverzeichnis mit Gai. inst. angegeben ist. Etwas komplexer liegen die Dinge bei Alfenus: Seine Digesten sind uns nur mittelbar überliefert, teils in einer von Paulus, teils in einer von einem Anonymus epitomierten Fassung. Im Abkürzungsverzeichnis tauchen allerdings die ab Anonymo epitomierten Fragmente nicht auf, dagegen zweimal die von Paulus: als epit. Alf. und als dig. a Paul. epit. Außerdem kommt auch Alf. dig. vor, so als gäbe es doch unmittelbare Zeugnisse. Zu allem Überfluss findet sich das Werk auch unter „Paulus“ wieder, und zwar als epit. Alf. dig. Lab. Lenel hat, den inscriptiones folgend, die Epitome des Paulus dem Alfenus zugeordnet185. Wenn die Autoren des Handbuchs meinen, bestimmte Fragmente aus der paulinischen Epitome dem Paulus, und nicht dem Alfenus zuschreiben zu müssen, dürfte epit. Alf. nur unter „Paulus“ auftauchen, nicht aber unter „Alfenus“; und epit. Alf. dig. Lab. wäre dann eine erklärungsbedürftige Doppelung. Wenn man aber – wie das Verzeichnis selbst angibt – Lenel folgte, dann ist epit. Alf. dig. Lab. unter „Paulus“ überflüssig, und unter „Alfenus“ müsste nicht nur eine der beiden Abkürzungen (epit. Alf. oder dig. a Paul. epit.) verschwinden, sondern auch Alf. dig. Man sieht: historisch korrekt zu arbeiten, ist eine intrikate Angelegenheit. Oder haben die einzelnen Autoren Alfens Digesten in ganz unterschiedlicher Weise (also ohne Lenel zu konsultieren) zitiert? Das habe ich nicht überprüft, ich möchte es mir aber auch nicht vorstellen.
d. Pandektistische Relikte
91Man wird davon ausgehen können, dass alle Autoren willens waren, den Vorgaben einer historisch bewussten Darstellung des römischen Rechts zu folgen; sonst hätten sie sich an dem Projekt kaum beteiligt. Aber selbst die – von Höbenreich erwähnte186 – Regel, dass man moderne Begriffe am besten gar nicht oder doch nur sehr vorsichtig auf historische Verhältnisse überträgt, wird nicht von allen Autoren befolgt. Stagl/Maragno (§ 30) etwa stellen Probleme der Geschäfts- und Deliktsfähigkeit unter den voraussetzungsvollen modernen Begriff der (beschränkten) „Handlungsfähigkeit“187. Wegmann Stockebrand188, Heinemeyer189, Meissel190 und Walter191 (und auch andere) sprechen von „Verpflichtungen“, die ein Schuldner eingehen würde, obwohl es doch allenfalls um „Verbindlichkeiten“ gehen kann. „Verpflichtung“ hat, weil die klassischen Juristen streng zwischen officium und obligatio unterschieden192, eine andere Bedeutung als „Verbindlichkeit“. Auch trifft man allenthalben auf Formulierungen, die von der „Verpflichtung“ des Schuldners zur Sachleistung reden193, obwohl sich das Handbuch – vor allem der zweite Band, in dem das Obligationenrecht dargestellt wird – auf den aktionenrechtlichen Kern der Verbindlichkeit konzentriert will.
92Aber auch in anderen Kontexten kennzeichnet man historische Phänomene mit modernen Begriffen: Halbwachs bezeichnet das repudium (übrigens Kunkel folgend) als „Rechtsgeschäft“194, Gröschler den Konsens wiederholt als „Willenseinigung“195, Schanbacher ebenso196, und Heinemeyer spricht gar von „Willensübereinstimmung“197. Solche Formulierungen fördern schiefe oder gar falsche Vorstellungen davon, was die Römer unter dem vertraglichen consensus verstanden haben198. Der Charakter des „Einigseins“ als Rechtsakt wird im Beitrag über die „Willenseinigung“ (§ 24, Gröschler) nicht einmal angesprochen; einschlägige Literatur fehlt199. Anachronistisch ist es außerdem, wenn Wegmann Stockebrand über „vorübergehende Unmöglichkeit“ im römischen Recht nachdenkt200. Ebenso pandektistisch klingt die „nachträgliche Unmöglichkeit“, der Varvaro im Rahmen der Stipulationsschuld ein eigenes Kapitel widmet201. Beide berufen sich im Kontext auf D. 50,17,185 (impossibilium nulla obligatioest)202, und beide scheinen die Stimmen nicht zu kennen, die davor warnten, die Bedeutung dieser Regel zu überschätzen203.
93Ähnliche Vorbehalte müssen für den Einsatz lateinischer Begriffe des Gemeinen Rechts gelten: dolus praeteritus204 und mala fides superveniens nocet205 stammen ebenso aus der mittelalterlichen Jurisprudenz wie die causa praeterita206. Die Grenze zur „Aktualisierung“ des römischen Rechts ist aber auch sonst schnell überschritten. Gleich zu Beginn ihres Beitrags zur actio praescriptis verbis meint etwa Babusiaux, dass diese Form der Klagbarkeit atypischer Verträge auch Fälle „quasivertraglicher“ Haftung oder „quasideliktischen“ Verhaltens fassen konnte. Obwohl beide Begriffe unter Anführungszeichen stehen, evozieren sie ein modernes Gliederungskonzept. Auf die in den libri aureorum (D. 44,7,5) überlieferte Unterscheidung in obligationes quasi ex contractu und quasi ex maleficio passen die angegeben Beispiele jedenfalls nicht. Warum man übrigens in § 96 den justinianischen Begriff der Verbindlichkeit „Quasidelikt“ (quasi ex delictum) wählte und nicht – wie die libri aureorum – quasi ex maleficium, bleibt unklar. Wollte man, wie das Gemeine Recht, an Justinians Kompilation anknüpfen oder war ausschlaggebend, dass das „Quasidelikt“ sich in der modernen Rechtssprache etabliert hat?
94Solche Beispiele ließen sich vermehren. Sie mögen zeigen, dass die Historisierung der Rechtsgeschichte bei dogmatischen Fragen an Grenzen stößt; vielleicht dokumentieren sie auch, dass sich noch nicht alle Romanisten entschließen konnten, ob sie sich dem römischen Recht eher aus juristischem oder eher aus historischem Interesse widmen.
7. Eine (knappe) Bewertung
95Eine Rezension, die so umfangreich geraten ist wie diese, will keiner lesen. Da geht es der Rezension nicht anders als dem rezensierten Handbuch. Daher versuche ich ein kurzes Resümee zu ziehen: Das „Handbuch“ ist kein Handbuch, sondern ein Sammelband, der bemüht ist, die wichtigsten Bereiche des römischen Privatrechts abzudecken. Um ein Handbuch zu sein, fehlen ihm eine durchdachte Struktur, eine gewisse Homogenität in der Darstellung der einzelnen Beiträge und – auch das ist wichtig – ihre durchgehende Qualität. Selbstverständlich ist bei einem Werk wie diesem, an dem Dutzende Autoren mitgeschrieben haben, kein einheitliches Niveau zu erreichen. Aber die qualitative Spannweite der 112 Kapitel ist so groß, dass es verwegen erscheint, sie unter demselben Dach zusammenzubringen. Jüngere Wissenschaftler versicherten mir immerhin, dass sie – Qualität hin oder her – froh darüber sind, für viele Begriffe und Klageformeln des römischen Privatrechts eine Literatur und Quellen zusammenfassende Darstellung in deutscher Sprache aufsuchen zu können. Für die wirklich guten Beiträge des Sammelwerks darf man außerdem erwarten, dass sie ihr Publikum auch noch in 50 Jahren finden werden, so, wie das heute noch bei Kasers Handbüchern der Fall ist.
96Das Handbuch ist jedenfalls hilfreich für die Standortbestimmung der juristischen Romanistik. Es zeigt eine Wissenschaft am Scheideweg – oder, weniger optimistisch, eine im Methodenstreit verhakte Wissenschaft. Der Anlage nach ist es ein geschichtliches Werk, ja es trägt das Bekenntnis eine historische Wissenschaft zu betreiben wie eine Monstranz vor sich her. Hinter dieser Fassade geht es aber recht bunt zu. Da wird nicht nur Sozial- und Prozessgeschichte geboten, werden nicht nur juristische Antiquitäten ausgestellt, sondern es wird auch historische Dogmatik betrieben mit erkennbarem Interesse an juristischen Problemstellungen. Häufig allerdings hängt diese Dogmatik in alten modernen Formen fest, hat also noch kein hinreichendes Sensorium für die Besonderheiten der römischen Jurisprudenz und die Fallstricke moderner Begrifflichkeit entwickelt. Aber gerade in den institutionell-dogmatischen Beiträgen sehe ich vielversprechende Ansätze auf dem Weg zu einer wirklich „von Grund auf neuen“ Sicht auf das römische Privatrecht.