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Zeitschrift Debatten Nuovomondo: Paradigmen, Tendenzen und Bedeutung der lateinam

Herausgegeben von: Thomas Duve
Manuel Martinez Neira
Massimo Meccarelli

Nuovomondo: Paradigmen, Tendenzen und Bedeutung der lateinamerikanischen Rechtsgeschichtsschreibung

<p>Wer den jüngsten Film <i>Nuovomondo<a href="http://fhi.rg.mpg.de/static_de/nuovomondo_einf_de.htm#sdfootnote1sym"><sup>*</sup></a> </i>von Emanuele Crialese gesehen hat, musste sich unweigerlich die
Frage stellen, inwieweit nicht seine hergebrachten Vorstellungsbilder
und Repräsentationen der Entwicklung der Beziehungen zwischen
Lateinamerika und Europa auf den Prüfstand gehören.
Riesige Zwiebeln und gigantische Mohrrüben, Bäume, die
Goldmünzen tragen und Flüsse, in denen Milch fließt,
sind nur ein Spiegel der vielen Vorstellungsbildern und Ideen,
die zwischen beiden Kontinenten zirkulierten. So wie die Neue
Welt die Mentalität in der Alten beeinflusste, so sah man
auch aus der Neuen Welt in die Alte, und nicht selten vermischten
sich beide Geschichten und Kulturen – so auch das Recht.</p><p>Aus der
Perspektive des Jahres 2008 – das Jahr der Zweihundertjahrfeier
des Beginns der Revolutionsbewegungen in der spanischen Welt,
von der auch die Unabhängigkeitsbewegung in diesem Teil Amerikas
ihren Ausgang nahm – erscheint die Verbreitung der Kultur
des ius commune auf der anderen Seite des Atlantik erstaunlich,
genauso wie auch die rasche Entstehung von Universitäten,
in denen es gelehrt wurde. Früh entstanden auch – so
scheint es – Verfassungen, Gesetzbücher, Verwaltungsrecht,
und mit ihnen die als liberal bezeichnete Rechtskultur. Und es
entstand, wie in Europa auch, eine neue Aufgabe für die Rechtsgeschichte.</p><p>Diese
Sektion soll Kollegen auf beiden Kontinenten dazu einladen, über
die Entwicklung dieser Rechtsgeschichte nachzudenken und auf diese
Weise auch dabei zu helfen, einige der Gründungsmythen und
Paradigmen, die ihr als Ausgangspunkt dienten, aufzudecken und
zu gewichten: In welchem politischen und kulturellen Kontext entstanden
diese Arbeiten?; Welche Argumente hat man stark gemacht in Forschung
und Lehre?; Wer waren die Protagonisten in dieser Spezialdisziplin?;
Was waren die prägenden Einflüsse?; Was waren die epistemologischen
Grundannahmen – in den Rechtswissenschaften, in den historischen,
philosophischen, soziologischen oder anthropologischen Disziplinen
– auf denen die Rechtsgeschichte aufbaute? War es eine nationale
Geschichtsschreibung oder blickte man über die Grenzen hinaus?;
Auf welche historischen Epochen hat man sich konzentriert? –
Stellt man diese Fragen, wird deutlich, dass mit ihnen zugleich
Überlegungen zur Identität und Orientierung der Rechtsgeschichte
in der Zukunft verbunden sind: es geht damit zugleich um aktuelle
Tendenzen und Perspektiven unserer Disziplin.</p>
<p>Schließlich
soll es nicht allein um “Rechtsgeschichte in Lateinamerika”,
sondern auch um “Rechtsgeschichte und Lateinamerika”
gehen. Damit soll nach dem Profil einer auf Lateinamerika bezogenen
Rechtsgeschichtsschreibung gefragt werden und wie diese sich zu
der europäischen Rechtsgeschichte verhält.</p>
<p>Ziel
dieser – hoffentlich ein gewisses Echo bei den Lesern dieser
Zeitschrift hervorrufenden – Sektion ist es nicht, abstrakte
Theoriegebilde zur Rechtsgeschichte zu entwickeln; wir möchten
vielmehr dazu einladen, einige der jeweiligen eigenen Spezialforschungen
zugrundeliegenden methodische Grundprobleme vorzustellen. Auch
wird keine historiographiegeschichtliche Bilanz angestrebt, sondern
– so wie es der Stil des forum historiae iuris ist –
versucht, einen Beitrag zu der Frage nach möglichen gemeinsamen
Perspektiven für die Rechtsgeschichte und zum Austausch zwischen
rechtshistorischem Wissen in Europa und Amerika zu leisten.</p>
<p><a href="http://fhi.rg.mpg.de/static_de/nuovomondo_einf_de.htm#sdfootnote1anc">*</a>AKA
<i>Golden Door</i> and <i>Ellis Island</i>, a 2006 movie by Emanuele
Crialese, writer and director. </p>