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Forum News

CfP: Die Rechtsordnung Elsass-Lothringens

20. Juli 2020

Datum: 6.-7. Mai 2021

Ort: Universität Regensburg

Bewerbungsschluss: 30. September 2020

Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 annektierte das neugegründete Deutsche Kaiserreich im Frankfurter Frieden Teile Ostfrankreichs, nämlich den überwiegenden Teil der beiden elsässischen Départements und ungefähr die Nordhälfte Lothringens als „Reichsland Elsaß-Lothringen“. Dadurch vergrößerte sich nicht nur der räumliche Geltungs-bereich des französischen Rechts in diesem Reich, sondern es wurde überdies auch die gesamte zu diesem Zeitpunkt geltende französische Rechtsordnung gleichsam importiert. Im Zuge des inneren Ausbaus des Kaiserreichs, zu dem eine breit angelegte Rechtsvereinheitlichung gehörte, traten maßgebliche Reichsgesetze wie die Reichsjustizgesetze (1877) oder Bürgerliches Gesetzbuch und Handelsgesetzbuch (1900) auch im sogenannten „Reichsland“ in Kraft, ohne daß jedoch die gesamte französische Rechtordnung dort außer Kraft gesetzt worden wäre.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mit dem Versailler Vertrag das 1871 annektierte Gebiet wieder Frankreich angegliedert, womit nun umgekehrt maßgebliche deutsche Gesetze nach Frankreich importiert wurden. Zwischen 1919 und 1924 wurde zwar das deutsche Recht durch das geltende französische Recht ersetzt, jedoch nicht vollständig – zahlreiche Besonderheiten gelten bis heute (im Bereich des Staatskirchenrechts ebenso wie im Handelsrecht oder Arbeitsrecht) und andere Regelungen inspirierten die gesamtfranzösische Gesetzgebung (was beispielsweise zur Einführung der GmbH in Frankreich Anlaß gab). 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht das Elsaß und Lothringen und unterstellte es einer Zivilverwaltung; damit waren diese Gebiete faktisch annektiert und es wurde beispielsweise deutsches Straf- und Zivilrecht eingeführt, das nach der Rückeroberung 1944/45 wieder außer Kraft trat.

Jenseits dreier verheerender Kriege erscheinen die von Deutschland 1871 annektierten und 1918 zurückübertragenen Gebiete Frankreichs in den letzten 150 Jahren als Regionen, in denen französisches und deutsches Recht in einen besonders engen Austausch miteinander getreten sind, sei es auf der Ebene des geltenden Normbestands, sei es auf der Ebene der alltäglichen Rechtsanwendung. Das jeweils „andere“ Recht wird zumal bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem als Fremdkörper in der eigenen nationalen Rechtsordnung wahrgenommen worden sein, bevor sich aufgrund der engen und freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen beiden Staaten entstanden sind, und dem Fortschreiten der europäischen Integration der Blick gewandelt haben mag.

Wissenschaftler/innen aller einschlägigen Wissenschaftsdisziplinen und Qualifikationsstufen, die zu einer Exploration dieser rechtlichen (cross-)border-Region beitragen können, werden gebeten, bis 30. September 2020 einen kurzen Themenaufriß (französisch, deutsch, englisch) und ein CV einzusenden an rechtskultur@ur.de. Die ausgewählten Themen (Nachricht erfolgt bis 15. Oktober 2020) sollen auf einer Tagung, die (so es die Pandemie erlaubt) am 6./7. Mai 2021 an der Universität Regensburg stattfindet, präsentiert und diskutiert werden; die hiernach überarbeiteten Texte werden in einem Tagungsband publiziert, welcher in einem renommierten Fachverlag erscheinen wird. Reise- und Übernachtungskosten werden erstattet. 

Kontakt:

Prof. Dr. Martin Löhnig
Universität Regensburg
D-93040 Regensburg
martin.loehnig@ur.de


Quelle: HSozKult