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Elsaß-Lothringen als juristisches Laboratorium / Alsace-Lorraine – un laboratoire de droit
29. August 2021
Veranstalter : Universität Regenburg
Veranstaltungsort : Universität Regensburg und/oder ZOOM
Gefördert durch : Fritz-Thyssen-Stiftung
Ort : Regensburg
Vom - Bis : 25.10.2021 - 26.10.2021
Die französisch-deutsche Grenzregion war auch in der Moderne (und ist bis heute) eine hybride Region, gekennzeichnet nicht nur durch Mehrsprachigkeit, Polykonfessionalität sowie multiple Loyalitäten und Identitäten, sondern auch durch rechtskulturellen Austausch und Rechtspluralität, unabhängig davon, wo die Grenze gerade verlief. Sie diente geradezu als ein Laboratorium für die Erprobung neuer Modelle.
Nach
1815 galt französisches Recht in Baden (Badisches Landrecht) sowie in
den Rheinprovinzen Preußens, in der bayerischen Rheinpfalz und in
Rheinhessen (Rheinisches Recht) fort und beeinflußte die
Rechtsentwicklung in den Staaten des Deutschen Bundes vor allem nach
1848/49, während umgekehrt die deutsche Zivilrechtswissenschaft in
Frankreich breit rezipiert wurde. Damit ist jedoch nur die eine, gut
erforschte Seite dieser Vorgänge angesprochen.
Die andere, dunkle
(weil zum einen bislang unerforschte, zum anderen von zwei Kriegen
umrahmte) Seite betrifft Einführung und Geltung deutschen Rechts im
„Reichsland Elsass-Lothringen“ (1871-1918) und damit gleichsam das
Spiegelbild der Geltung französischen Rechts im Rheinland. Das
„Reichland“, insbesondere der elsässische Teil, seltener der annektierte
Teil Lothringens (Moselle), war in den letzten Jahren zwar wiederholt
Gegenstand von Forschungsarbeiten. Im weitesten Sinne rechtshistorische
Fragestellungen wurden jedoch – abgesehen von einigen Entwicklungen auf
Verfassungsebene – bislang nicht behandelt. Auf der Ebene des einfachen
Rechts fehlen präzise Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte des
französisch-deutschen Mischrechts im „Reichsland“, obschon Teile dieser
Rechtsordnung als droit local alsacien-mosellan – vom Staatskirchenrecht
über das Versicherungsrecht bis hin zum Wirtschaftsrecht – bis heute
fortgelten. Ebenso fehlen für das „Reichsland“ Untersuchungen zur
Rechtspflege, also zu Gerichtsverfassung, Gerichtspersonal und
Rechtspraxis. Die Geschichtswissenschaft spricht teilweise recht
pauschal und eher abwertend von einer „kuriosen deutsch-französischen
Mischung aus Vorgaben und Gesetzen“, was einem einseitig national
grundierten Blick auf Recht geschuldet sein dürfte und das Potential
dieser Mischrechtsordnung verkennt.
Programm
25. Oktober 2021
Panel 1: Verfassung und Verwaltung (09.00)
- Benoit Vaillot – Das Verfassungsrecht des Reichslandes Elsass-Lothringen
- Stefan Fisch – Besatzungs- und Regelverwaltungen im Elsass zwischen 1870 und 1918
- Philipp Heckmann-Umhau – Städtebau statt Planung? Baurecht im Reichsland Elsass-Lothringen (1871-1918)
- Damien de Santis – „Les Maudits“: Analyse de la germanisation judiciaire dans le Reichsland Elsass Lothringen 1871-1880
Panel 2: Franzosen? Deutsche? Elsass-Lothringer? (13.30)
- Benoit Vaillot – Die Elsass-Lothringer, Deutsche wie alle anderen? Das Staatsangehörigkeitsrecht in Elsass-Lothringen
- Leonie Bausch – Nationale Zugehörigkeit als Verhandlungssache: Das französische Identitätskartensystem im Elsass (1918-1919)
-
Johannes Großmann – Ein inneres Exil? Die kriegsbedingte Evakuierung
der elsässischen und lothringischen Grenzbevölkerung 1939/40 in den
Südwesten Frankreichs
Panel 3: Rechtspluralismus (16.00)
-
Nicolas Nord – De l’organisation de la coexistence entre le droit
français et le droit local: Etude des règles de conflit issues de la loi
du 24 juillet 1921
- Eray Gündüz – Zwischen Konsens- und Abstraktionsprinzip: die Entwicklung der Eigentumsordnung in Elsass-Lothringen
- Elodie Coutant – L’inspiration allemande en droit français grâce au droit local alsacien-mosellan: l’exemple de la prokura
26. Oktober 2021
Panel 4: Staat und Kirche (09.00)
- Martin Otto – Gallisches Dorf im Laizismus? Gallikanisches Dorf im Landeskirchentum?
- Cordula Scholz Löhnig – Kulturkampf im Reichsland? Die Wiedereinführung der Ehescheidung in Elsass-Lothringen
Panel 5: Droit Local (10.30)
- Elisabeth Schneider – Histoire et actualité du droit local alsacien-mosellan: Exemples du droit local des assurances
- Michel Mattoug – Das elsässisch-moselländische Recht in der neueren französischen höchstrichterlichen Rechtsprechung
ANMELDUNGEN bitte an rechtskultur@ur.de
Quelle:
Elsaß-Lothringen als juristisches Laboratorium / Alsace-Lorraine – un laboratoire de droit.
In: H-Soz-Kult, 29.08.2021, <www.hsozkult.de/event/id/event-112489>.