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Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratie und Grundrechte. Von Hans Kelsen bis zu den heutigen Tagen
11. Februar 2023
Italienisch- und französischsprachiger Workshop an der Universität Turin
über Hans Kelsens Beitrag zur richterlichen Kontrolle der Politik und
über die heutigen Herausforderungen angesichts rechtswissenschaftlicher
und politischer Debatten, Entwicklungen. Der Workshop findet zum Anlass
des 50. Todesjahres von Hans Kelsen statt.
Veranstalter: Università di Torino
Ort: Turin, Italien
Zeit: 17. April 2023
Der
berühmte österreichisch-amerikanische Jurist Hans Kelsen (1881-1973)
erkannte das Problem im frühen 20. Jahrhundert, dass eine Verfassung
nicht rechtsbindend sei, wenn verfassungswidrige Akten nicht aufgehoben
werden können. Deswegen befürwortete er in der neuen österreichischen
Republik nach dem Ersten Weltkrieg -- aufgrund früherer Debatten
(Heinrich Jacques, Georg Jellinek, Edmund Bernatzik usw.) -- die
Etablierung eines neuen Gerichtshofes, welcher die Verfassung schützen
und im Besonderen die Gefahr der Mehrheitsdiktatur abwehren sollte.
Somit enstand der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) 1919,
der 1920 mit der Kompetenz der konzentrierten Normenkontrolle (etwa
Gesetzesaufhebung) ausgestattet wurde. Neben den tschechoslowakischen
(1920) und liechtensteinischen (1921/1925) Verfassungs- bzw.
Staatsgericht(shöf)en ist der österreichische VfGH die älteste
Institution für die richterliche Kontrolle der Politik, somit ein
veritables Novum in der Rechtsgeschichte und ein gutes Beispiel für die
Anwendung rechtstheoretischer Vorschläge.
In den letzten Zeiten
entwickelte sich eine lebendige Debatte über die Legitimität der
Verfassungsgerichtsbarkeit, was zugleich als Reaktion auf die erhöhte
Präsenz und Bedeutung der obergerichtlichen Institutionen zu verstehen
ist.
Angesichts solcher Entwicklungen und Diskussionen strebt der
italienisch- und französischsprachige Workshop „Giustizia
costituzionale, democrazia e diritti. Da Hans Kelsen ai giorni nostri:
una riflessione interdisciplinare“ an, im 50. Todesjahr von Kelsen über
die Verfassungsgerichtsbarkeit nachzudenken.
Kelsens Modell der
Verfassungsgerichtsbarkeit bildet bis heute einen wesentlichen
Bezugspunkt. Indem er die Notwendigkeit eines selbständigen, teilweise
von der Legislative zu ernennenden Verfassungsgerichtshofes als Hüter
der Verfassung begründete, sprach er die bis heute relevante Gefahr der
Mehrheitsdiktatur an, welche sich im Gestalt des legislativen Organs
herausbilden könne.
Der Workshop will dem Verhältnis zwischen
Verfassungsgerichtsbarkeit und demokratischer Legitimität bzw. der
Bedeutung der Verfassungsgerichtsbarkeit für den Grundrechts- oder
Menschenrechtsschutz interdisziplinär nachgehen, zugleich
Rechtsphilosophie, Öffentliches Recht, politische Ideengeschichte,
politische Theorie und das positive Recht miteinander in einen Dialog
setzen.
Zeit: 17. April 2023 (Montag)
Ort: Università di Torino, Campus Luigi Einaudi, Sala lauree rossa (Lungo Dora Siena 100, I-10153 Torino, Italien)
Wissenschaftlicher Beirat und Organisationsteam: Elisabetta Palici Di Suni (Turin), Sara Lagi (Turin), Peter Techet (Freiburg).
Programm17. April 2023
Erstes Panel (9:00 – 12:00)
Giustizia costituzionale e democrazia in Europa: Dalla Rivoluzione francese a Hans Kelsen
Moderation: Sara Lagi (Turin)
Peter Techet (Freiburg): “Giustizia costituzionale e Impero asburgico”
Christian Zendri (Trient): “Però che, giunti, l’un l’altro non teme. Giustizia costituzionale, Kelsen e Dante”
Pasquale Pasquino (Paris/New York): “Costituzione rigida e tribunale costituzionale: Sieyès e Kelsen”
Giovanni Bisogni (Salerno): “Habermas e Kelsen ovvero ratio e voluntas nella giustizia costituzionale”
Zweites Panel (14:30 – 19:00)
Giustizia costituzionale e democrazia in Europa: Da Kelsen ai giorni nostri
Moderation: Elisabetta Palici di Suni (Turin)
Thomas Hochmann (Paris/Nanterre): “Kelsen, Merkl et le problème des décisions erroneés de juge constitutionnel”
Nicolò Zanon (Mailand): “Kelsen e il giudice costituzionale come 'legislatore negativo', cent’anni dopo”
Xavier Arbos Marin (Barcelona): “Kelsen in Spagna: Conoscenza precoce, frutto tardivo”
Vladimiro Zagrebelsky (Turin): “Sul ruolo della Corte europea dei diritti umani nei confronti dei Parlamenti e delle Corti costituzionali nazionali"
Abschließender Vortrag:
Lucio Pegoraro (Bologna): “Politico/giurisdizionale, concentrato/diffuso: Che resta di Kelsen e del modello austriaco?”
Kontakt
Sara Lagi: sara.lagi@unito.it
Peter Techet: peter.techet@jura.uni-freiburg.de
Quelle: Verfassungsgerichtsbarkeit, Demokratie und Grundrechte. Von Hans Kelsen bis zu den heutigen Tagen.
In: H-Soz-Kult, 09.02.2023, <www.hsozkult.de/event/id/event-133913>.